Am Donnerstag triumphierte mit
Kings Theatre ein alter Favorit dieser Kolumne in der Peterborough Case, am Wochenende geht es spannend weiter im englischen Hindernissport. Cheltenham veranstaltet unter anderem am Samstag, im sportlichen Mittelpunkt steht die stanjames.com International Hurdle. Dort kommt es zur Revanche zwischen
The New One (der großen Hoffnung aus dem Stall von Nigel Twiston-Davies) und
Zarkandar, der in Aintree knapp die Nase vorn hatte. Unser Wettrennen des Tages ist jedoch der
Steward Family Thank You Gold Cup, ein Grade 3-Jagdrennen über die mittlere Distanz von rund 4400 Metern (15:25 deutscher Zeit). Und da es ein Handicap ist, ist es ein sehr offenes Rennen. Die Buchmacher werden sich freuen. Starter und Chancen in der Analyse.
1. Champion Court (Martin Keighley/Ian Popham): Donnerstag Zweiter hinter Riverside Theatre in der Peterborough Case, formbeständig, aber auch sehr hoch im Gewicht. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass er innerhalb dieser kurzen Zeit zwei Rennen dieses Kalibers bestreitet. Ist auch Nichtstarter.
2. Gauvain (Philipp Hobbs/Richard Johnson): Der Hobbs-Stall ist zwar gut in Form, aber wenn dieser Sternkönig-Sohn gewinnen würde, wäre das schon eine Überraschung. Die letzten Starts lief er durchaus akzeptabel über Hürden, aber auch in früherer Bestform derzeit schwer vorstellbar.
3. Cantlow (Paul Webber/Robert Thornton): Gut gesteigerter Steepler im zweiten Jahr, siegte zuletzt nach einem Glanzritt von Tony Mc Coy gegen Eastern Meteor und Grandioso in Newbury, gegen diese beide Kandidaten steht er jetzt natürlich deutlich schlechter im Handicap. Mc Coy hat sich für Colour Squadron entschieden.
4. Eastern Meteor (Emma Lavelle/Aidan Coleman): Kontinuierlich verbesserter Sohn von Midnight Legend, unterlag zuletzt nur knapp gegen Cantlow, den er heute günstiger trifft. Formumkehr also möglich. Ein wenig stört mich, dass er immer noch den einen oder anderen Fehler macht. So stürzte er zuletzt in Führung in der Paddy Power Gold Cup Chase in Cheltenham.
5. Johns Spirit (Jonjo O’Neil/Richie McLernon): Doppelsieger zuletzt zweimal in Cheltenham, der letzte Erfolg im Paddy Power Gold Cup gegen Colour Squadron und Attaglance. Das war nach einem sehr gut dosierten Ritt von Richie McLernon. Mit Aufgewicht wird es noch mal schwerer, aber alle Reserven hat er noch nicht aufgedeckt. Der letzte Sieg war deutlicher als es schien.
6. Grandioso (Paul Nicholls/Daryl Jacob): Am letzten Samstag war großer Nicholls-Tag, als der Trainer die wichtigsten Prüfungen des Tages gewann. Grandioso kommt nach einer hervorragenden Novice Saison, wo er zu erweiterten Spitze zählte. Nach einer Kolik lieferte er ein starkes Saisondebüt hinter Cantlow und Eastern Meteor ab, hat mit Sicherheit noch Reserven.
7. Colour Squadron (Philipp Hobbs/Tony Mc Coy): noch ohne Erfolg in Jagdrennen, die letzten Platzierung hinter Johns Spirit liest sich aber gut. Auch der 5. Platz während des Cheltenhams-Festivals ist in Odnung. Mc Coys Wahl unter den Mc Manus-Pferden, die Hobbs-Stallform bleibt weiter heiß. Ein manchmal etwas fehlerhafter Springer.
8. Tap Night (Lucinda Russell/Peter Buchanan): Gast aus dem Norden Englands, ohne Möglichkeiten im Paddy Power, beste Form als Zweiter hinter Captain Conan im April in Aintree. Für ihn könnte der Boden etwas weicher sein.
9. Salut Flo (David Pipe/Tom Scudamore): Zuletzt gesehen im März 2012, als er beim Cheltenham Festival gut gewettet ein stark besetztes Handicap entschied. Durch die langen Pausen schwer einzuschätzen, hat aber frisch schon gewonnen. Das Überraschungspaket unter den Teilnehmern.
10. Silver Roque (Fergal O’Brien/Paddy Brennan): Die Stallform ist ausgezeichnet, der letzte Sieg war überlegen. Aber Sedgefield, wo der Lavirco-Sohn zuletzt gewann, ist nicht Cheltenham. Außenseiter.
11. Ma Filleule (Nicky Henderson/Barry Geraghty): Hat zweimal als junges Pferd in Frankreich über die schwere Sprünge gewonnen, in England ist sie bislang nur über Hürden gelaufen. Dort durchaus ordentliche Formen. Jockey Geraghty ist allerdings sehr
optimistisch, zumal sie alles andere als ein Neuling über die großen Hürden ist. Sehr interessante Teilnehmerin.
12. Attaglance (Malcolm Jefferson/Brian Hughes): Nicht unbedingt ein Siegertyp über die schweren Sprünge, aber die letzte Form in Cheltenham hinter Johns Spirit war sehr ordentlich. Trifft die Gegner hier noch günstiger im Gewicht, vielleicht kommt er ja an seine gute Hürdenform heran.
13. Double Ross (Nigel Twiston-Davies/Sam Twiston-Davies): Interessanter Teilnehmer, zuletzt in Ascot aber als Zweiter schon deutlich geschlagen. Der Boden sollte zudem weicher sein, die Stallform hat aber deutlich angezogen.
14. Sew on Target (Colin Tizard/Brendan Powell): Ein weiterer Kandidat in guter Form, müsste seine Bestform noch etwas steigern. Das ist durchaus möglich.
Urteil
Johns Spirit dürfte noch etwas im Tank haben und kann das Double mit dem Paddy Power Gold Cup schaffen. Doch
Grandioso aus dem Nicholls-Stall könnte ihm die Party verdienen, auch er sollte noch Reserven haben. Die Pferde für die Überraschung sind
Salut Flo und
Ma Filleule, besonders Letztere finde ich zu einem hohen Kurs sehr interessant.
Die
Einschätzungen einiger Trainer
Was für eine
Zitterpartie gestern zwischen Olympique Marseille und Borussia Dortmund. Je länger die Partie am letzten Spieltag der Champions League-Vorrunde dauerte, desto größer wurden meine Befürchtungen. Weil Borussia zwar hoch überlegen gegen zehn Franzosen war, sich beste Chancen erarbeitete, aber Pfosten, französische Abwehrbeine und Torhüter Mandanda verhinderten gemeinsam den Erfolg.
Als dann noch Robert Lewandowski in allerbester Lage das leere Tor nicht traf, Napoli im anderen Spiel gegen Arsenal in Führung ging, dachte ich, jetzt geht sie hin, die Qualifikation für das Achtelfinale der europäischen Königsklasse. Jetzt bleibt nur noch das Trostpflaster Euro League – und die ist sportlich deutlich geringer einzustufen. Besonders, weil in der Champions League gescheiterte Mannschaften in die entscheidenden Phase dieses Wettbewerbs einsteigen und damit die anderen Mannschaften abqualifizieren. „Cup der Verlierer“, höhnte schon früher Franz Beckenbauer – und zu dieser Zeit war der damalige UEFA-Cup noch ein anerkannter Wettbewerb.
Das Gefühl wurde nicht besser, als der Schiri Dortmund einen klaren Elfmeter verweigerte, nachdem OM-Keeper Mandanda einen BVB-Spieler fällte. Alles Elend eines Fanlebens schien an diesem Abend geballt aufzutreten. Doch dann kam die 87. Minute: Der wie in den Spielen zuvor etwas unglücklich agierende Mkhitaryan spielte auf den eingewechselten Julian Schieber, der passte präzise zurück auf Kevin Großkreutz. Der traf den Ball nicht richtig, doch dieser trudelte ins Tor. 2:1 für den BVB – und nicht nur ich hatte das Gefühl, dass an diesem Abend
Murphys Gesetz außer Kraft trat.
Erleichterung
Borussia hatte an diesem Abend eine tadellose Leistung geboten. Besonders die zweite Halbzeit gegen nur zehn Franzosen war richtig stark. 11:2 zugunsten von Schwatzgelb lautete am Ende die Chancenbilanz nach meiner Zählung – und das ist noch schmeichelhaft, weil ich in den turbulenten Schlussminuten nicht jede Möglichkeit notiert habe. Garantiert!
Es war ein Erfolg, der den personell arg gebeutelten Dortmundern gut bekommen wird. Denn in der Bundesliga lief es zuletzt wahrlich nicht gut: Es gab bittere Niederlagen. Besonders das 0:1 gegen – zugegeben gute – Leverkusener frustrierte, weil der BVB überhaupt keine Antworten gegen einen taktisch blendend aufgestellten Gegner fand. Beim 0:3 gegen die Bayern stimmte nur das Ergebnis nicht; Dortmund war auf Augenhöhe gegen die beste Mannschaft der Liga.
Aber nur ein Fußballwunder hilft im Kampf gegen die Meisterschaft. Zehn Punkte Rückstand auf die überragenden Bayern scheinen nur schwer zu kompensieren, Leverkusen ist mit fünf Punkten Vorsprung auch schon relativ weit weg; die starken Gladbacher sitzen punktgleich im Nacken. Aber vielleicht strahlt der Erfolg in der Königsklasse ja auf die heimische Liga. Wer sich gegen Arsenal, Napoli und Marseille in dieser schweren Gruppe durchsetzt, der sollte seine sportliche Qualität kennen.
Es war irgendwie typisch für Bayer 04 Leverkusen, am Samstag Gegner von Borussia Dortmund in der Bundesliga: Da schaut ganz Fußball-Deutschland auf den Klub, weil seit Ewigkeiten mal wieder ein Spiel von ihm im Free-TV übertragen wird. Das Ergebnis ist bekannt: 5:0
deklassierte Manchester United Bayer in der Champions League und war in allen Belangen überlegen.
Oder anders formuliert: Leverkusen spielte, als wenn die Spieler Bleischuhe tragen würden. Es war eine Demütigung, ein Begräbnis erster Klasse – auch wenn der Gegner zur fußballerischen Oberklasse zählt.
Dabei hat sich die Leverkusener Mannschaft gut entwickelt. Unter den Trainern Sami Hyypiä und dem Urdortmunder Sascha Lewandowski (der bekanntlich ab dieser Saison nicht mehr Trainer ist) ging der Weg nach oben, etablierte sich das Team endgültig wieder in Deutschlands Elite.
Doch das Versagen in den wichtigsten Momenten zieht sich wie ein roter Faden durch die Vereinsgeschichte. So wurde die „Werkself“ (siehe unten) nur einmal Pokalsieger, holte immerhin 1988 den UEFA-Pokal, als dieser noch ein ernst zu nehmender Wettbewerb war. Den Beinamen „Vizekusen“ erwarb sich Bayer mit einiger Berechtigung.
Kaum ein anderer Verein kassiert dafür so viel Häme. Bayer Leverkusen wird finanziell vom Chemiegiganten Bayer unterstützt und trägt den Firmennamen. So etwas finden die Traditionalisten gar nicht gut und rufen Wettbewerbsverzerrung. Keine Rolle spielt in solchen Überlegungen etwa die Tatsache, dass ihr Klub beispielsweise von einem dubiosen russischen Energieunternehmen gesponsert wird. Oder die Stadt ihn subventioniert.
Leverkusen holt schon Pokale: 1988 den UEFA-Cup zum Beispiel gegen Espanyol Barcelona. Es war hochdramatisch: Das Hinspiel hatte Bayer 0:3 in Barcelona verloren, im Rückspiel egalisierte das Team den Rückstand und siegte im Elfmeterschießen.
Bildnachweis: Panotxa/Wikipedia Commons
Aktuelle Lage
Bayer spielt wie im Vorjahr eine richtig gute Saison, stellt sich bislang tapfer zwischen die Giganten Bayern München und Borussia Dortmund. 11 Siege, ein Remis und zwei Niederlagen bedeuten 34 Punkte und damit liegen die Rheinländer vier Punkte hinten den Bayern, aber auch drei Punkte vor Dortmund.
Auch in diesem Jahr verfügt der Klub über eine spielstarke Mannschaft, die sowohl in der Offensive und Defensive stark ist. Was ein wenig fehlt, ist die Qualität hinten den ersten 15,16 Spielern. Dieses Problem haben jedoch bis auf Bayern und mit Abstrichen Borussia Dortmund alle Klubs der Bundesliga.
Wie gut Bayer in der Liga auftritt, zeigen etwa die Durchschnittsnoten des Fachblattes
kicker. Da gibt es eine ganze Menge Feldspieler, die einen Schnitt um die 3,00 haben: Sidney Sam (2,5), Stefan Reinartz (2,78), Stefan Kießling (2,88), Ömer Toprak (2,95), Simon Rolfes (3.00) oder Gonzalo Castro (3,09). Torwart Bernd Leno ist bislang mit einem Schnitt von 2,57 zweitbester Keeper nach Noten hinter dem Stuttgarter Sven Ulreich (2,50). Nur Lars Bender (3,40) bleibt in dieser Saison nach Meinung der kicker-Redakteure deutlich hinter Zwillingsbruder Sven Bender (2,92).
Ein Tor wie ein Schlag in den Magen, aber wenigstens wunderschön: Zinedine Zidane entscheidet das CL-Finale 2002 gegen Leverkusen für Real Madrid. Den Leverkusener Fans wird die herausragende Schusstechnik von Zidane völlig egal sein.
Ein wenig Historie
Häufig ging es bei den Spielen zwischen Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen richtig zur Sache. Unvergessen, wie Dortmunds Abwehrspieler Bodo Schmidt Leverkusens Stürmer Ulf Kirsten einst in die Kabine grätschte.
1979 stieg Bayer in die Bundesliga auf. Und kein anderer wird mit Leverkusen und Bundesliga mehr verbunden als der langjährige Manager Reiner Calmund. Der Mann war nicht nur eine gewichtige rheinische Frohnatur, sondern auch ein cleverer Strippenzieher. So hatte Bayer schon gute Beziehungen nach Brasilien, bevor Fußballer von dort in allen Ligen der Welt kickten.
Und beim Werksklub spielten keine schlechten Brasilianer: Jorginho, Tita, Emerson, Paolo Sergio, Lucio, Franca (auch wenn er nicht ganz die Erwartungen erfüllte) oder Ze Roberto zum Beispiel. Für die meisten war Leverkusen das Sprungbrett zu noch größeren Klubs in Europa.
Die
Geschichten, wie Calmund sich die Dienste von Andreas Thom und Ulf Kirsten sicherte, sind Legende. Jedenfalls wechselten die meist umworbenen Spieler des DDR-Fußballs in die Chemiestadt und nicht nach Dortmund, Hamburg oder München. Aber in Leverkusen erwies sich der Mutterkonzern finanziell als sehr großzügig, die Gehälter waren sehr gut.
So hatte Leverkusen fast immer starke Teams. Gut, ein Jahr wäre man fast mal abgestiegen, als Calmund auf der Tribüne flennte und sich vorher „in aller Freundschaft“ vom Trainer Erich Ribbeck trennen musste. Aber die guten Spielzeiten überwogen doch: Die Saison 1999/2000 etwa, als der Klub mit Trainer Christoph Daum erst am letzten Spieltag in Unterhaching die Meisterschaft verspielte.
Und natürlich 2002, als man das „Vize-Triple“ schaffte: Erst verlor man den Titel auf der Zielgeraden an den BVB, dann versemmelte man das Pokalfinale gegen Schalke und zu allem Überfluss unterlag der Klub äußerst unglücklich Real Madrid im Endspiel der Champions League. Das war fast schon Tragik, weil Bayer zudem in dieser Spielzeit großartigen Fußball bot.
Es war vielleicht die beste Mannschaft der Vereinsgeschichte, die Bayer damals hatte: Lucio, Ballack, Bernd Schneider, Kirsten, Ze Roberto, Neuville, Ramelow oder Bastürk – um nur einige Namen des Teams von Klaus Toppmöller zu nennen. Lucio, Ze Roberto und Ballack gingen danach nach Bayern München.
Im Jahr danach stieg Leverkusen fast ab. Calmund nahm 2004 seinen Abschied, Rudi Völler wurde Sportlicher Leiter und Bayer platzierte sich fast immer in den UEFA-Cup-Rängen. Jupp Heynckes weckte den Verein wieder zu neuen Leben, wurde 2011 Zweiter (wie konnte es anders sein). Sein Nachfolger Robin Dutt war hingegen eher eine Fehlinvestition, aber das Trainerduo Hyypiä und Lewandowski setzte Heynckes Arbeit erfolgreich fort. Und jetzt soll es der ehemalige Weltklasse-Innenverteidiger Samy Hyypiä richten.
In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.