Dienstag, 11. Juni 2013
„Gentleman und Meistertrainer“: Henry Cecil ist tot
Sir Henry Cecil, der große englische Trainer von Galopprennpferden, ist am Dienstag im Alter von 70 Jahren gestorben.
Überall Nachrufe und Würdigungen in der englischen Presse – und nicht nur in der Fachpresse. „Der Tod von Sir Henry hat dem Rennsport einen seiner begabtesten und fähigsten Trainer genommen“, schreibt etwa Chris Cox im Guardian. „Er gehörte zu den herausragenden Trainer des 20 Jahrhunderts“, titelte der Telegraph in seinem Nachruf. „Es war ein Privileg, für ihn zu reiten. Ein wahrer Gentleman und Freund“, so Jockey Ian Mongan in der Racing Post. „Sir Henry Cecil war ein Meistertrainer, aber noch wichtiger, ein wahrer Gentleman. Einer meiner lebenslangen Helden ist gegangen“, so der australische Top-Trainer Lee Freedman.
Der Mann zählte wahrlich zu den Großen seiner Zunft. Seine klassischen Siege kann man hier noch mal nachlesen, dazu feierte er unter anderem große Erfolge während der königlichen Rennwoche Royal Ascot.

Blaublüter
Mein erstes Erlebnis mit den Henry Cecil-Pferden hatte ich zu Beginn der neunziger Jahre: Zu diesem Zeitpunkt begannen die Übertragungen der englischen Rennen beim Buchmacher und die Fachgazetten Racing Post und Sporting Life waren in Dortmund erhältlich. Cecil trainierte damals viele Pferde in den rot-weißen Sheikh Mohammed-Farben, sein Stalljockey hieß Steve Cauthen und ich hatte den Eindruck, dass er kein Pferd unter 100000 DM (oder Guineas oder Pfund oder Dollar) Kaufsumme im Stall hatte. Oder sie waren so blaublütig gezogen, dass sie schlicht unbezahlt waren. Wetten konnte man die meistens nicht, weil sie viel zu tief am Toto standen. Zum Glück boten die Herren Stoute, Dunlop oder Hills immer wieder Alternativen.
Aber ich habe mich trotzdem geärgert, als ich damals doch nicht den Cecil-Schützling Commander in Chief im englischen Derby 1993 gewettet habe, obwohl irgendein englisches Boulevardblatt am Derbytag die Schlagzeile „Hail the Commander“ brachte und mich das wirklich beeindruckte.
Irgendwann waren jedoch die goldenen Zeiten vorbei, als die rot-weißen Farben auf einmal blau wurden und die Sheikh Mohammed-Pferde zu Goldolphin mit eigenem Trainer wechselten. Cecil traf das hart, er hatte eine richtig schlechte Phase, aber kam nach einer Durststrecke wieder – auch dank der permanenten Unterstützung seines Besitzers Khaled Abdullah.
Und das Beste erlebten er und die Turfwelt bekanntlich zum Schluss: Frankel, der Ausnahmegalopper der Jahre 2011 und 2012 und nicht nur für Henry Cecil „das beste Rennpferd aller Zeiten“.



Montag, 10. Juni 2013
Das Beste von Jürgen Klopp 2012/2013
„Dein Blog solltest mal etwas über die Saison 2012/2013 des BVB schreiben“, forderte vor kurzem ein Leser per E-Mail. Mache ich doch gerne, aber eigentlich wissen wir doch alle, wie es war: Borussia Dortmund rockte bekanntlich die Champions League und scheiterte erst im Finale in einem deutsch-deutschen Duell an einem unsympathischen Verein aus Bayern. Aber Amsterdam, Manchester, Donezk, Malaga und zweimal mal Madrid – das war schon ganz großes Kino.
In der Bundesliga fiel die Bilanz etwas durchwachsener aus: Platz 2 ist in Ordnung, aber manchmal hakte es schon etwas. Der Rückstand auf den FC Bayern war zu groß. Aber selbst diese Kolumne muss einräumen, dass der FC Bayern München eine überragende Saison gespielt hat. Obwohl er mit dem Kauf von Mario Götze die BVB-Fanseele empfindlich traf. Und dann vielleicht noch Robert Lewandowski, aber der Angreifer bleibt ja offenbar noch eine Spielzeit.
Aber so ist das Geschäft. Was soll beispielsweise der SC Freiburg sagen? Dessen großartige Saison wurde in der Weise belohnt, dass es vier Offensivkräfte zu finanzkräftigeren Klubs zog.
Und Dortmund hat ja noch Trainer Jürgen Klopp. Unsere Freunde von sportlive haben auch in diesem Jahr die besten Momente des Fußball-Lehrers dokumentiert. So lustig können Pressekonferenzen sein. Aber Vorsicht, lieber potenzieller Journalisten-Nachwuchs: Klopp macht auch gerne Späße über die Pressevertreter.




Dienstag, 4. Juni 2013
Eindrucksvoller Blick hinter die Kulissen
Ansprachen des Trainers sind im Profi-Bereich auch nicht anders als in der Kreisliga. Das ist eine Erkenntnis des Filmes „Trainer“ von Aljoscha Pause, der gestern im dritten Programm des WDR lief. Und auch wenn obige Erkenntnis nicht neu ist: Die Dokumentation von Grimme-Preisträger Pause („Tom meets Zizou“) lieferte ansonsten sehenswerte Einblicke in den Alltag eines Profitrainers, die der normale Dauerkarteninhaber, Sportschau-Schauer und kicker-Leser nicht erhält.
Es ist der letzte Spieltag der Saison 2012/2013 und gerade hat der 1.FC Heidenheim den dritten Platz in der 3. Liga, der zum Relegationsspiel mit dem Zweitliga-16. berechtigt, denkbar knapp verpasst. Ein Blick in die Kabine, die Enttäuschung ist greifbar, die Spieler hocken dar wie das berühmte Häufchen Elend. Keiner sagt etwas – und Trainer Frank Schmidt geht los, gibt jedem seiner Akteure die Hand und bedankt sich so für die gute Saison.



Es sind intensive Szenen wie diese, die den Reiz der Dokumentation ausmachen. Pause hat drei Trainer über die gesamte Saison 2012/2013 begleitet. Neben Frank Schmidt (Heidenheim) sind dies Andre Schubert (FC St. Pauli) und Stephan Schmidt (SC Pàderborn). Zwei von ihnen – Schubert und Stephan Schmidt – erleben das Saisonende in dieser Funktion nicht mit. Dazu äußern sich bekannte Namen wie Jürgen Klopp, Hans Meyer, Armin Veh oder auch DFB-Ausbilder Frank Wormuth.
Der Druck auf den Fußball-Lehrer ist groß. Der Zuschauer spürt das, wenn er Heidenheims Frank Schmidt begleitet und diesem zuschaut. Schmidt lässt am meisten zu – die Kamera ist in der Kabine, bei Spielen, beim Training und bei internen Sitzungen. Dabei sitzt der Heidenheimer doch fest im Sattel, denn der Aufstieg des 1.FC in den Profi-Fußball ist stark mit dem seit 2007 amtierenden Trainer verbunden. Aber Heidenheim will weiter nach oben, das Ziel heißt Liga 2.
„Der Spieler bekommt von mir, was er bracht“, sagt Frank Schmidt und charakterisiert sich als „hart, aber herzlich“. Es sind unterschiedliche Typen, die Pause portraitiert: der eher hemdsärmelige Frank Schmidt, der höchst selbstbewusste Stephan Schmidt und der ruhige Andre Schubert.

Paderborn
„Ich bin aufgewachsen in den Käfigen Berlins, musste mich dort durchsetzen“, sagt Stephan Schmidt. Der SC Paderborn 07 ist seine erste Profistation, er übernahm die Truppe, als die Saisonvorbereitung bereits begonnen hatte und sein Vorgänger Roger Schmidt zu Red Bulls Salzburg ging. Paderborns Präsident Wilfried Finke sieht den Klub „in der oberen Tabellenhälfte der 2. Liga“, was allerdings mit dem Kader und Budget reichlich schwierig zu realisieren ist. Stephan Schmidt hält sich wacker – und wird kurz vor Schluss der Spielzeit nach einer Serie siegloser Spiele doch noch entlassen. Der Zuschauer spürt seine Frustration und begleitet ihn bei seiner letzten Tour durch die westfälische Provinz.
Schon im September 2012 endet für Andre Schubert der Job beim FC St. Pauli. Der Kiezclub startet desaströs in die neue Saison – und schuld ist wie so häufig der Trainer. Der intellektuell wirkende Schubert muss beim emotionalen Volksverein St. Pauli gehen. Auch hier liefert Pause eindrucksvolle Dokumente ab, indem er etwa die Aussagen von Schubert, Assistenztrainer Thomas Meggle oder Manager Rachid Azzouzi hintereinander legt. „Wir hatten etwas zu viel Rachid auf der Bank“, kommentiert ein sichtlich enttäuschter Schubert.
„Bei einem Verein mit einem schlechten Präsidenten bist du verloren“, sagt Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Das Problem des Trainers sei eben, dass er häufig zu viel mit Leuten zu tun habe, die vom Fußball eigentlich keine Ahnung haben. Die dafür andere Dinge besitzen – Geld etwa.

Filmmacher Aljoscha Pause im Interview