Donnerstag, 4. April 2013
Lieber BVB als Grand National 2013
Samstag um 16:15 Ortszeit (und damit 17:15 deutscher Zeit) ist es wieder so weit: Rund 40 Pferde werden sich an der Startstelle der Galopprennbahn in Aintree bei Liverpool versammeln. Und dann gehen sie auf eine Reise von über sieben Kilometern, springen über Hindernisse, die die meisten noch nie gesehen haben und wenn sie Glück haben, schaffen sie es unversehrt ins Ziel. Und einer wird sich Grand National-Gewinner 2013 nennen dürfen.
Es ist ein rund siebenminütiges Drama, das sich in Aintree abspielt. Mit allen Elementen, die ein gutes Schauspiel auszeichnen: Spannung, Schmerz und am Ende manchmal sogar ein Happy-End.
Schon die ersten beiden Sprünge können zum Desaster werden: Weil die Pferde noch nicht richtig konzentriert sind, passieren Fehler, die diese gnadenlosen Hindernisse sofort bestrafen. Schon dort verabschieden sich häufig mehrere Kandidaten.
Und so geht es weiter. Namen wie Bechers Brook oder Foinavon mögen zwar poetisch klingen, sind aber gefährliche Hindernisse, die Ross und Reiter alles abverlangen. Dabei sind das erfahrene Pferde, die schon manche Schlacht geschlagen haben.
Das Grand National ist das umstrittenste Rennen der Turfwelt. Zu lang, zu schwere Hindernisse, zu viele Starter und damit zu gefährlich sind die bekannten Vorwürfe. Wenn ich Besitzer eines Rennpferdes wäre, würde ich es im National nicht laufen lassen. Obwohl ich ansonsten ein großer Freund des Hindernissports bin.
Mein Verhältnis zu dem Spektakel war schon immer zwiespältig. Das Aintree-Festival generell bietet guten Sport und ist nach Cheltenham das zweite wichtige Hindernismeeting in England. Generell sind ja nur drei Rennen über die großen National-Hindernisse und die beiden an den ersten Tagen finde ich auch in Ordnung. Zum einen ist die Distanz nicht so lang, zum anderen sind die Felder nicht ganz so voll. Das große Spektakel am Samstag ist das Problem.

Das große Gemetzel
Und spätestens nach den Ereignissen der letzten Jahre hatte ich endgültig die Nase voll. „Keine Lust mehr auf das National“ lautete die Überschrift 2012. Ein Grund war der Tod von Synchronised und According to Pete, ersterer gewann rund vier Wochen vorher noch den Cheltenham Gold Cup, das wichtigste Jagdrennen des Jahres. Zitat aus dem Text vor einem Jahr: „Dieser Anblick, wenn stürzende Pferde durch die Luft wirbeln – ich konnte ihn schon früher nicht ertragen und kann das auch jetzt nicht. Ein Bekannter von mir hat früher das Rennen immer als „das große Gemetzel“ bezeichnet. Er hat sich vom Rennsport inzwischen ziemlich entfernt und natürlich brechen sich auch Pferde auf der Flachen die Beine, aber dennoch hat er mit dieser zynisch klingenden Einschätzung Recht.“ Diese Sätze haben immer noch ihre Richtigkeit.
Also wer von mir einen Tipp erwartet, wartet vergeblich. Das Rennen ist ja sowieso ein Umsatzprogramm für die Buchmacher. Also irgendeinen Außenseiter auswählen und hoffen, dass er den Mon Mome macht und für über 1000-Toto triumphiert. Nicht gewinnen wird Cappa Bleu, denn das sind immer die Kandidaten, die ich im National gespielt habe. Und ich drücke die Daumen, dass Imperial Commander, Gold-Cup Sieger 2010, das Rennen heil übersteht. Allerdings ist sein Trainer Nigel Twiston-Davies dafür bekannt, gut springende Pferde in das Rennen zu schicken.
Außerdem spielt der BVB zeitgleich gegen Augsburg und da werde ich mich Richtung Stadion begeben. Es gab schon Jahre, da bekam das National den Vorzug.



Mittwoch, 27. März 2013
Michael Owen, Cool Britannia und die Trostpreise
Die einstige Teenage-Sensation beendet seine Karriere: Michael Owen (33, derzeit noch Stoke City) hört zum Saisonende auf. Der ehemalige englische Fußball-Nationalspieler hatte zuletzt wegen Verletzungen kaum noch gespielt.
Rückblick: Wir schreiben das Jahr 1997 und ich bin seit einiger Zeit so anglophil angehaucht wie noch nie. Zum Samstag gehört in der Regel die Rennzeitung Racing Post (und ich bin stocksauer, wenn diese mal nicht kommt oder beim Bookie bereits ausverkauft ist). Die Rennsportseiten lese ich bis zur letzten Form. Für den Sonntag habe ich die umfangreichen Sonntagszeitungen wie den Observer oder die Sunday Times entdeckt.
Es waren auch aufregende Zeiten im Vereinigten Königreich: Tony Blair kreierte „Cool Britannia“ und Fußball war auf einmal so sexy wie noch nie. Die mittleren und oberen Schichten hatten die einstige Hooligan-Sportart entdeckt, die Premiere League boomte wie noch nie, die Spitzenvereine schwammen dank eines lukrativen Fernsehvertrags mit Murdochs Sky regelrecht im Geld. Die Eintrittspreise schossen ebenfalls in die Höhe, den Leuten war es egal, sie zahlten diese Preise einfach.

Nicht nur Riedle war verzückt
Ausländische Stars wie Ruud Gullit oder der grandiose Gianfranco Zola prägten die Schlagzeilen. Selbst das einstige Sorgenkind Nationalmannschaft ließ auf einmal hoffen. 1996 verlor das Team bei der Heim-EM erst im Halbfinale (natürlich nach Penalties) gegen Deutschland, die Mannschaft um Paul Gascoigne glänzte nicht nur durch außersportliche Trinkgelage, sondern zeigte auch ordentliche Leistungen.
Das Beste schien noch zu kommen: In den Startboxen stand die talentierteste Generation seit Jahren mit etwa David Beckham, Paul Scholes oder Robbie Fowler. Selbst Nationaltrainer Glenn Hoddle symbolisierte den Aufbruch, zumal er schon als technisch versierter Mittelfeldspieler nicht gerade ein typischer Vertreter englischer Fußballkultur war. Die Nation hoffte: Irgendwann musste doch mal diese Seuche ein Ende haben und England wieder Fußball-Weltmeister werden.
1997 verbrachte ich meinen Urlaub auf der Insel, besuchte die Rennbahnen in Ascot, Chester, Newcastle und Newmarket, entdeckte, dass Fußball-Gucken im Pub richtig Spaß machen kann und las ausgiebig die britischen Fußballmagazine wie Four-Four Two. Ein Name tauchte immer auf: Michael Owen, ein Stürmer, der damals noch nicht mal 18 Jahre war. Im Mai 1997 gab er sein Premiere League-Debüt für den FC Liverpool.
„Es ist unglaublich, sich vorzustellen, dass er erst 17 ist, wenn du ihn spielen siehst“, sagte sein damaliger Mitspieler Karl-Heinz Riedle, der Owen vor seinem Wechsel nach Liverpool nicht kannte. „Er ist so ein guter Spieler, so schnell und für sein Alter schon so reif."



Ein Tor für die Ewigkeit: Owens Sturmlauf gegen Argentinien

Doch bereits im ersten Jahr erfüllte Owen alle Vorschusslorbeeren. 18 Tore schoss er in seiner ersten Premiere League-Saison und spätestens seit der Fußball-WM 1998 in Frankreich kannte ihn jeder Fußball-Fan. Dieses Tor gegen Argentinien verkörperte alle Qualitäten des Michael Owen: unheimlich schnell, unheimlich zielstrebig und eine exzellente Schuss-Technik. „Er war ein Killer mit Babyface. Sein Abschluss war erstaunlich“, urteilte Glenn Hoddle. Dennoch schied die junge englische Mannschaft gegen die abgezockten Argentinier aus – natürlich nach Elfmetern.

Trostpreise
Bis 2004 hatte Michael Owen sportlich seine beste Zeit beim FC Liverpool, traf in der Premiere League bei 216 Einsätzen 118 Mal. Doch die wichtigen Titel in England holten andere, besonders der Erzrivale Manchester United. Für die Reds blieben nur die „Trostpreise“ wie der FA-Cup oder der UEFA-Pokal. Und schon in dieser Zeit stoppten Knieverletzungen die Karriere des Stürmers.
Der erste richtige Karrierebruch kommt bei Real Madrid. Dort sitzt er meist nur auf der Bank. Die Heimkehr nach England zu Newcastle United sollte die Karriere wieder ankurbeln, doch verletzungsbedingt macht Owen in vier Jahren nur 71 Spiele, am Ende steigt Newcastle sogar aus der Premiere League ab. Auch die Zeiten bei Manchester United und zuletzt bei Stoke City waren nicht gerade von persönlichem Erfolg geprägt.
Der schnelle Angreifer teilte das Schicksal vieler Frühbegabter: Am Anfang großartig erfolgreich und irgendwann ebbt der Erfolg rapide ab. Was nicht verwundert – nur sind die Erwartungen so hoch, weil viele meinen, dass der Erfolg ewig bleibt. Da Owen aber sein Privatleben im Gegensatz zu anderen Mitspielern weitgehend unter Verschluss hielt, blieben die Negativ-Schlagzeilen weitgehend aus. Und im Gegensatz zu Cool Britannia hat Michael Owen wenigstens ansatzweise die Erwartungen erfüllt. Nur England zu einem Titel schießen – das konnte auch er nicht.
Was macht Owen danach? Gemeinsam mit seiner Frau besitzt er die Manor House Stables und lässt dort von Tom Dascombe Galopper trainieren. „Wird Michael Owen jetzt Galoppertrainer?“ rätselt schon die Turf-Times. In England ist das gar nicht so ungewöhnlich: Mick Channon war ein bekannter Fußballer in den 70er und 80er Jahren und ist jetzt ein erfolgreicher Trainer von Vollblütern. Jedenfalls zeigt Owen Geschmack, wie er seine Gagen anlegt.

Michael Owen bei wikipedia



Freitag, 22. März 2013
Der perfekte Renntag
In Dortmund liegen zwar noch die letzten Schneereste, aber Düsseldorf und Mannheim (wobei im Südwesten das Wetter offensichtlich besser ist) trotzen den tiefen Temperaturen. Endlich: Die Grasbahnsaison in Deutschland beginnt am kommenden Sonntag, das Winterelend in Neuss und Dortmund hat ein Ende.
Erstmals seit langer Zeit gibt es so etwas wie eine etwas bessere Stimmung im deutschen Turf, nachdem in den Jahren zuvor doch eher die Untergangs-Propheten das Sagen hatten. Es gibt wirklich positive Initiativen für das Rennjahr 2013: Die Preisgelder wurden sowohl in den Dreijährigen-Rennen als auch im Ausgleich 2 erhöht. Beides ist gut, aber besonders letzteres verdient ein Extralob. Denn gerade gut besetzte hohe Handicaps sind etwas, was dem deutschen Rennsport ungemein fehlte. Pferde dieser Klasse liefen zuletzt immer in Frankreich, weil dort die Preisgelder besser waren. Und damit kommen wir zu meinem perfekten Renntag, der mich zum Beispiel wieder mehr mit dem deutschen Turf verbinden würde. Was müsste das Rennprogramm bieten? Eigentlich sind die Zutaten ganz einfach:

• Ein Hauptrennen, das diesen Namen wirklich verdient und ein echter Höhepunkt des Tages ist: Am besten wäre natürlich ein Kracher – ein Klassiker etwa. Oder ein Grupperennen. Vierbeinige Stars sind immer gut und locken die Besucher. Wäre doch mal schön, wenn diese nicht nur im Ausland laufen würden. Zugegeben – bei den Topstars ist das schwer.
Natürlich kann nicht jede Veranstaltung mit einem Gruppe- oder Listenrennen punkten. Ein Handicap der oberen Kategorie tut es aber auch. Die Zeiten, wo es im Ausgleich 1 in Deutschland wunderbare Wettrennen gab, sind zwar leider vorerst vorbei. Ein deutsches Cambridgeshire oder Ebor-Handicap wird ein Traum bleiben. Aber wenigsten ein Ausgleich 2 sollte es sein, da laufen auch schon gute Pferde. Also bitte, keine Veranstaltung mehr mit einem Ausgleich 3 als vermeintlicher Hauptprüfung.
Wer soll das bezahlen, höre ich schon die ersten Kritiker. Und dem Wetter ist es doch so und so egal, auf was er wettet – Hauptsache kopfstarke Felder. Das stimmt nicht: Ich wette lieber auf sportlich höherwertige Angelegenheiten.

• Mehrere Prüfungen für den Derbyjahrgang: Gerade im Frühjahr sind diese Rennen das Salz in der Suppe. Weil in ihnen unzählige Talente stecken, weil es Spaß macht, die oftmals noch unreifen Pferde zu beobachten. Oftmals ist eine Leistung in einer Maidenprüfung das Ereignis, über das man nach dem Renntag spricht. Früher, als ich noch regelmäßiger das Fachblatt Sport-Welt gelesen habe, habe ich mir immer die Einschätzung der Trainer in der Stallparade notiert. Das war häufig übrigens sehr interessant – besonders, wenn Meinung und Realität noch weit auseinander klafften.

Handicaps der oberen Kategorie: Siehe oben, aber auch im Rahmenprogramm sollte es Handicaps der höheren Kategorien geben. Zumindest im Ausgleich 3 lassen sich auch sehr starke Felder zusammenstellen. Und selbstverständlich gehören die Ausgleiche der Kategorie IV und die Rennen für die vierjährigen Sieglosen auch zu einem Renntag – aber der Tag sollte nicht nur aus diesen Prüfungen bestehen.

Hindernisrennen: Bekanntlich ist der Autor ein großer Freund des englischen Hindernissports, der ihm seit Jahren über den Winter hilft. In Deutschland bin ich etwas skeptisch, weil ich oftmals katastrophale Rennen mit schlecht geschulten Pferden gesehen habe. Gut gelaufene Prüfungen über die Hindernisse sind allerdings eine willkommene Abwechslung im Rennprogramm. Es muss einfach nur mehr Rennen für diese Pferde geben, dann laufen dort auch wieder bessere Kandidaten. Und ein Pferd wie Registano gehörte einst zu den Attraktionen auf Deutschlands Rennbahnen.

Wenn dann noch das Wetter einigermaßen stimmt, dann steht einem fast perfekten Renntag nichts entgegen.