Zum Schluss fand Thomas Broich doch noch sein sportliches Glück. In Australien beim Klub Brisbane Roar: Dort wurde er zweimal australischer Meister, dazu erhielt er die Auszeichnung „Australiens Fußballer des Jahres“. In Deutschland quälte ihn hingegen zuletzt eine „ausgewachsene Fußball-Depression“.
„Tom meets Zizou“ nannte Aljoscha Pause seine Dokumentation, die am Montag in West 3 lief. Tom steht für Thomas Broich und „Zizou“ natürlich für den großen Zinedine Zidane. Pause hatte Broich jahrelang begleitet – von den Anfängen der Karriere bis heute. Das Ergebnis ist ernüchternd – eben kein neues Sommermärchen aus dem Profifußball.
Dabei begann alles traumhaft: Broich schaffte den Sprung vom Zweitligisten Burghausen in die Bundesliga zu Borussia Mönchengladbach und galt schnell als einer der Hoffnungen des deutschen Fußballs für die WM 2006, weil er spielerisch sehr gut ist. „Ein ganz starker Fußballer“, sagt der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts und ist sich mit seinen einstigen Gladbacher Weggefährten Horst Köppel und Udo Lattek einig.
Bücherwurm
Auch die Medien stürzen sich auf den Hoffnungsträger. Zumal dieser nicht nur kicker und Sport-Bild liest, sondern auch Autoren wie Hemingway, Dostojewski oder Camus. Und weil er klassische Musik hört, hat er schnell den Spitznamen Mozart weg. Kaum eine Geschichte erscheint, bei der ein findiger Redakteur nicht irgendwelche Mozart-Wortspiele einbaut.
Und klar, dass das alles zurückkommt, wenn es nicht mehr so läuft. Unter Dick Advocaat folgte der Karriereknick, der strenge General aus den Niederlanden mag keine Schönspieler im harten Abstiegskampf. Das Schöne am Film ist die Ehrlichkeit seines Protagonisten. Broich redet erst gar nicht groß rum, ihn und Advocaat trennen Welten. Er mag den Holländer einfach nicht, der ihm den Spaß am Spiel nimmt.
Der Mittlfeldspieler wechselte dann zum 1.FC Köln, in eine Stadt, „wo man die Vergnügungen so herunterpflücken kann“ und wo der Wahnsinn irgendwie Alltag ist.“ Hier zeigt sich Thomas Broich zunehmend desillusioniert mit den Launen des Profifußballs. Zumal er auf einen Trainer wie Christoph Daum trifft, bei dem vieles Show ist. Ganz starke Szene: Während Daum schwadroniert und eigentlich nichts sagt, redet Broich Klartext über sein schwieriges Verhältnis zum FC-Zampano. Der Absturz folgte dann in Nürnberg, obwohl sein Freund Michael Oenning dort Trainer ist. Erst im fernen Australien kommt Broich wieder in die Spur – in „Roarcelona“, weil der Rucksack mit den Erwartungen weg war.
Urteil
Empfehlenswertes Portrait eines Profifußballers, das eindrucksvoll auch die negativen Seiten des Geschäfts zeigt.
Die menschliche Psyche geht manchmal schon komische Wege. Der Motzfaktor ist beispielsweise viel höher ausgeprägt als der Lobfaktor. Gibt es etwas zu kritisieren, melden sich viele zu Wort, umgekehrt ist das bei einem Lob. Positives ist selbstverständlich, da muss man oder Frau nicht extra noch loben.
Im Netz wird diese Maxime extrem befolgt – zu sehen immer wieder schön in den Foren, den quasi basis-demokratischen Spielwiesen im Internet. Da kam zum Beispiel am Samstag die Meldung auf den Tisch, dass die ARD den Großen Preis von Baden übertragen wird. Das Ganze zudem nicht als Konserve, sondern Live mit entsprechenden Vorberichten von 16:50 bis 17:05. Das gab es schon lange nicht mehr – das Erste zeigt Pferderennen live, da denken viele an den legendären Addi Furler aus Sportschau-Gründungszeiten, der für den Turf immer Sendezeit freischaufelte.
Auch diese Kolumne hat immer wieder die fehlende Präsenz des besten aller Sports im öffentlich-rechtlichen Fernsehen bemängelt. Jetzt haben wir sie – und ich finde es Klasse. Doch wer meint, jetzt breche der große öffentliche Jubel im Turfvolk aus, der irrt. Komischerweise gab es zu diesem Thema nur fünf Diskussionsbeiträge im Galopperforum von Facebook, empört hätten sich - jede Wette – viel mehr Netzbewohner. Der Shitfaktor eben – motzen ist viel schöner als loben. Allerdings: Es ist natürlich auch ein hoch attraktives Rennen, wenn Arc und King George-Heldin Danedream auf den Derbysieger Pastorius und den Derby-Zweiten Novellist treffen würde.
Shitstorm
Nächstes Beispiel gefällig? Am 15. August war Feiertag in Bayern und dem Saarland und auf der Galopprennbahn in Saarbrücken gab es ein interessantes Programm mit überwiegend Galopp- und wenigen Trabrennen. 15 000 Menschen sind auf der Rennbahn, die Ministerpräsidentin ist auch da und der Saarländische Rundfunk präsentiert eine 30minütige Sendung über den Renntag. Der Hinweis auf die Hüte durfte zwar nicht fehlen, aber ansonsten war es eine wirklich gelungene Sendung mit tollen Bildern, interessanten Interviews und kundigen Kommentaren. Besonders die Nahaufnahmen vom Endkampf bekommt man in Deutschland ansonsten in dieser Qualität nicht geliefert. Feedback im Galopperforum: Nur drei User (einer davon der Autor dieser Zeilen) äußerten sich, alle durchweg positiv. Welcher Sturm wäre allerdings ausgebrochen, wenn die Sendung fehlerhaft gewesen wäre.
Mal wieder was aus der Rubrik “Feuilleton”: eine Erinnerung an die großartige Ruhrgebiets-Schauspielerin Tana Schanzara. „In meiner Küche, dass ihr euch nicht schämt – Schalke-Gesocks“, sagt Tana nämlich in ihrer Schwarz-Gelben Küche (man beachte zudem den Traditions-Schal in den schönsten Farben der Welt) zu Sohn und Enkel.
Bei denen muss irgendetwas in der Erziehung falsch gelaufen sein, denn beide sind Anhänger des Erzrivalen Schalke 04. Besonders bei Sohn Hans Pollak (gespielt von Uwe Ochsenknecht) ist jedoch Hopfen und Malz verloren. Denn der ist eingefleischter Knappe und hat sogar mit Kollegen den südamerikanischen Stürmerstar Pablo Antonio „Dios“ Di Ospeo gekidnappt. Mit dabei in „Fußball ist unser Leben“ ist auch Ralf Richter. Fazit: Für eine Komödie, in denen der Fußball ein wichtige Rolle spielt, ist diese sogar richtig gelungen. Und in einem Film, in dem es eine Spur zu viel Blau-Weiß gibt, ist die Küche von Oma Pollak natürlich der heimliche Star.