Donnerstag, 19. April 2012
Schlappes Real Madrid
Das war also das große Real Madrid, das am Dienstag im Halbfinale der Champions League dem FC Bayern mit 1:2 unterlag. Die Königlichen, später die selbsternannten Galaktischen – ich fand ihre Leistung äußerst irdisch. Die internationale Presse bescheinigte der Begegnung zwar große Klasse, aber überzeugten konnten nur die Münchener. Die Lobeshymnen von SAT 1-Kommentator Wolf-Dieter Fuß auf die Bayern wirkten zwar etwas übertrieben, die Spitzen auf den alten und neuen deutschen Meister Borussia Dortmund kann er sich zudem sparen.
Real Madrid spielte hingegen nur seinen Stiefel herunter. Der Ausgleich fiel glücklich, ansonsten wirkte das Starensemble reichlich uninspiriert. Allen voran Cristiano Ronaldo. Wahnwitzige 94 Millionen Euro Ablöse zahlten Real Madrid und sein neureicher Präsident Florentino Perez einst für den Portugiesen. 139 Tore in bisher 137 Spielen sind schon eine ordentliche Bilanz und unzählige verkaufte Trikots machen sich auch nicht schlecht. In München fiel CR 7 nur durch seine schlecht getretenen Freistösse auf, versteckte sich wie so häufig in wichtigen Spielen. Vielleicht lag es ja daran, dass Unbekannte ihm vor dem Spiel seine Schuhe aus der Kabine klauten.
Eigentlich spielt ja Real ja eine starke Saison in der heimischen Primera Division. Das beeindruckende Torverhältnis von 107:29, nur zwei Niederlagen und vier Punkte vor dem Erzrivalen Barca – das Team von Jose Mourinho ist also deutlich auf Kurs. In der Champions League konnte das Team bislang ebenfalls überzeugen. In München gelang das viel weniger, weil Bayern gerade im Defensivbereich sehr aufmerksam agierte. Nur Özil und Benzema sorgten für gelegentliche Lichtblicke.

Der gütige Mourinho
Noch nicht einmal im Kader von Real stand der ehemalige Dortmunder Nuri Sahin, im letzten Jahr in einer sehr starken BVB-Mannschaft einer der Besten. Bei den Königlichen ist der so spielstarke Sahin aber weit von einem Stammplatz entfernt. Das mag daran liegen, dass er verletzt nach Spanien kam und lange pausierte. Dennoch fällt er derzeit in Madrid in die Rubrik Fehleinkäufe (ebenso wie der ehemalige Münchener und gebürtige Gelsenkirchener Hamit Altintop). Ich bezweifele zudem, ob Sahin überhaupt in das Team von Jose Mourinho passt.
Der laut Eigeneinschätzung „beste Trainer der Welt“ wirkte an diesem Abend ziemlich schlecht gelaunt. Dass der Portugiese mal wieder die spanische Presse boykottierte, ist nicht neu, weil Journalisten in der Wertschätzung des Meisters nun mal ganz unten stehen. Wer mal unter seiner Regie gespielt hat, lernt aber einen ganz anderen Menschen kennen. „Sie müssen sich Mourinho wie einen Vater vorstellen. Er schützt jeden seinen Spieler“, erklärte etwa der heutige Stuttgarter Khalid Boulahrouz der Nachrichtenagentur dpa. Boulahrouz arbeitete bei Chelsea London mit dem Portugiesen zusammen.
Das knappe 1:2 bei den Bayern lässt Real aber für das Rückspiel im legendären Estadio Santiago Bernabeu alle Chancen. Es ist so und so ein ungleiches Duell: Während Bayern München (und alle anderen deutschen Mannschaften) auf schwarze Zahlen achten müssen, ist das bei Real Madrid scheinbar egal, haben kaufmännische Werte wenig Aussagekraft. Die Königlichen haben gigantische Schulden, aber für spanische Banken ist es offenbar eine Ehre, Real Madrid mit Kredite zu versorgen.



Montag, 16. April 2012
Keine Lust mehr auf das National
Am Ende trennte sie nach über sieben Kilometern gerade mal eine Nase: Neptune Collonges gewann als 34:1-Chance das Grand National gegen Sunnyhillboy und sicherte damit Champion-Trainer Paul Nicholls den ersten Erfolg in dieser denkwürdigen Prüfung. Doch das Ergebnis überschattete der Tod zweiter Pferde: Ausgerechnet der Gold Cup Sieger Synchronised sowie According to Pete starben nach Stürzen in der umstrittenen Prüfung.
650 Millionen Zuschauer sahen weltweit das „berühmteste Rennen der Welt“ – doch für viele dürfte es eher abschreckend gewesen sein. Aber selbst ich, ansonsten ein großer Anhänger des Hindernissports auf der Insel, habe derzeit keine Lust mehr auf das Grand National.
Denn trotz aller Modifikationen sind die Hindernisse zu schwer, die Distanz zu lang und mit 40 Teilnehmern das Feld zu groß. Dabei sind das erfahrene Pferde, doch selbst diese sind offenbar überfordert. Dieser Anblick, wenn stürzende Pferde durch die Luft wirbeln – ich konnte ihn schon früher nicht ertragen und kann das auch jetzt nicht.
Ein Bekannter von mir hat früher das Rennen immer als „das große Gemetzel“ bezeichnet. Er hat sich vom Rennsport inzwischen ziemlich entfernt und natürlich brechen sich auch Pferde auf der Flachen die Beine, aber dennoch hat er mit dieser zynisch klingenden Einschätzung Recht.

Geldmaschine
Wie es weiter geht? Natürlich werden sich die Verantwortlichen in Aintree um Modifikationen bemühen, aber das Grand National abschaffen? Das wird natürlich nicht passieren, allein schon aus finanziellen Gründen. Für die Buchmacher ist beispielsweise diese „britische Institution“ maßgeschneidert: großes Feld, keine klaren Favoriten, oft gewinnen Außenseiter – all diese Dinge, die die Bookies lieben. Darum ist das National quasi eine Lizenz zum Geld drucken. Es gibt zwar Stimmen wie die von Cornelius Lysaght von der BBC, die meinen, dass die Zukunft des Rennens in Gefahr sei, aber die sind in der Minderheit.
Und ob meine Lustlosigkeit in Sachen Grand National auch im nächsten Jahr noch anhält? Ich bin da eher skeptisch. Interessant sind zudem die Reaktionen der Verantwortlichen des tödlich verunglückten According to Pete. Während Besitzer Peter Nelson erklärt, dass er keine Pferde im National mehr laufen lässt, ist Trainer Malcolm Jefferson anderer Meinung: Die Verletzung von According to Pete hätte auch in jedem anderen Rennen passieren können.
Und natürlich gab es auch im National 2012 diese herzbrechenden Geschichten, wenn hartgesottene ältere Männer weinen vor Glück. „Aintree schuldete mir einen“, stammelte zum Beispiel nach dem Rennen John Hales, der Besitzer des siegreichen Pferdes. Hales bezog sich auf One Man, ein Pferd der Spitzenklasse, das in Aintree einst tödlich stürzte – allerdings nicht über die National-Hindernisse, sondern über den normalen Kurs. One Man war auch ein Schimmel – wie Neptune Collonges.



Freitag, 13. April 2012
Shakalakaboomboom im Grand National
Englands Buchmacher reiben sich am Samstag wieder die Hände: Das Grand National steht auf der Rennbahn in Aintree bei Liverpool auf dem Pogramm. Das ist ein Ereignis, bei dem scheinbar jeder erwachsene Engländer eine Wette tätigt.
Als deutscher Turf-Freund ist das National-Wochenende immer eine Reise auf die Insel wert. Man muss nicht unbedingt die Rennbahn in Aintree besuchen, zumal die BBC sehr umfänglich überträgt. Aber es ist einfach faszinierend zu sehen, wie so ein Rennen eine ganze Nation fesselt.
Dabei ist das Grand National auch in England nicht unumstritten. Die Bilder des letzten entkräfteten Siegers warben nicht gerade für den Sport. Auch diese Kolumne ist da durchaus gespalten. Einerseits ein großes Spektakel, andererseits schrecken die vielen Stürze einfach ab.
Immerhin haben die Verantwortlichen in diesem Jahr einige Aspekte etwas modifiziert. Meine Wettbilanz in diesem Rennen ist nicht unbedingt inspirierend, wenn es um den Sieger geht. Das Rennen ist natürlich eine ziemliche Lotterie – mit 40 Pferden, den ungewohnten Hindernissen und der langen Distanz. Noch immer ist die Prüfung der ultimative Test in Sachen Steh- und Sprungvermögen.

Wer gewinnt nicht
Fangen wir erst einmal an, wer von den meist gewetteten Pferden nicht gewinnt: Favorit könnte der Gold-Cup-Sieger Synchronised werden – allein schon deshalb, weil mit Tony Mc Coy der bekannteste Jockey im Sattel sitzt und die Einmal-im-Jahr-Wetter ihr Geld auif diesen setzen. Aber Synchronised trägt das stolze Höchstgewicht von 74,4 kg und dann wollen wir mal sehen, wie der Wallach die Strapazen des Gold Cups überstanden hat.
Zu hoch im Gewicht steht mir auch der Vorjahressieger Ballabriggs, obwohl er diese Hindernisse mag und aus einem absoluten Spezialisten-Stall für die Prüfung kommt. Bedenken habe ich zudem bei Junior (Springen), Seabass (Stamina), On his Own (zu unerfahren), Cappa Bleu (überbewertet) und Sunnyhillboy (steht sehr günstig im Handicap, springt aber oft nicht gut).

Wer gewinnt
Ich mag Shakalakaboomboom aus dem mächtigen Henderson-Stall – ein Pferd, das noch Reserven haben sollte und zudem über das nötige Stehvermögen verfügt. Außerdem gefällt mir, dass der Wallach seinen Aufgalopp in einem Hürdenrennen absolvierte. Das war in den letzten Jahren immer ein gutes Zeichen.
Wenn der Boden am Samstag schwer sein sollte, dann verdient West End Rocker besondere Beachtung. Denn auf so einem Boden gewann der Wallach die Becher Chase über den Kurs; auch sonst scheint er Stamina ohne Ende zu haben. Im letzten National fiel er übrigens am berüchtigten Beechers Brook.
Ansonsten gefallen mir noch Killyglen, Organizedconfusion (ein Lavirco-Sohn, mit 7 Jahren aber vielleicht noch etwas unerfahren) und Giles Cross sehr gut.

Nachtrag 18:00: Wer ein Pferd zu hoher Quoten haben will: According to Pete steht 34:1; Trainer Macolm Jefferson hat seine Pferde excellent in Schuss.

Heroen der Vergangenheit

Hindernis für Hindernis: Ex-Jockey Mick Fitzgerald stellt den Kurs vor