Montag, 30. Januar 2012
Der elegante Schleicher aus der Schweiz

Schöner Tribut der Herzblutborussen an Stephane Chapuisat

„Legendäre Legionäre“ heißt es seit einiger Zeit im Fachmagazin kicker. Diese Woche interviewte das Zentralorgan des Deutschen Fußballs Stephane Chapuisat. Für die jüngeren: Der Schweizer Stürmer spielte von 1991 bis 1999 bei Borussia Dortmund und erzielte in 228 Bundesligaspielen 106 Toren. Damit liegt er – gemeinsam mit Ailton – auf Rang 3 der erfolgreichsten ausländischen Torschützen in der Bundesliga. Nur Claudio Pizarro (150 Tore) und Giovane Elber (133 Tore) waren noch besser.
Leider gibt es das Interview nur in der gedruckten Version des kickers, online findet sich nur dieser Ausschnitt. Aber ich finde es auch etwas enttäuschend, jedenfalls waren manche Folgen der Vorwochen – zum Beispiel das Gespräch der Vorwoche mit dem ehemaligen Kölner Roger van Gool – deutlich ergiebiger.
Das mag aber auch daran liegen, dass Chapuisat eigentlich nie der große Interviewpartner war und in seiner aktiven Zeit um die meisten Journalisten einen großen Bogen machte. „Der Mann für die dicken Schlagzeilen war ich nie“, sagt er selbst im Gespräch.
Chapuisat spricht unter anderem über die damalige Rivalität mit dem FC Bayern. Da gab es nicht nur den legendären Kung-Fu-Tritt von Oliver Kahn, auch Mehmet Scholl klebte „Chappi“ 1996 eine und regte sich darüber auf, dass Chapuisat wie ein „Lämmchen aussehe“, aber seine Kontrahenten dauernd kneife, anspucke und in den Rücken trete.

Fressen oder gefressen werden
Ja, der gute Mehmet, er firmierte bei allen technischen Qualitäten auch immer in der Kategorie Heulsuse. „Wer als Stürmer provoziert wird, muss sich wehren. Ein Stürmer muss sich wehren. Sonst wird er gefressen“, sagt der Schweizer im kicker-Gespräch.
Fakt ist jedenfalls, dass Chapuisat einer der besten Stürmer war, den ich je im schwarz-gelben Dress gesehen habe. Vielleicht war Manfred Burgsmüller ähnlich schlitzohrig, aber „Chappi“ war schon eine Hausnummer. Technisch unheimlich versiert, wirkte sein Spiel von der Tribüne aus immer etwas behäbig. Dabei war er richtig antrittsschnell, nur kam das nie so rüber. Und Chappis Tore sahen immer nach Stil aus, manche Erfolge wirkten sogar richtig elegant.
Zudem stand er häufig einfach nur richtig, verfügte über den berühmten Torinstinkt – etwas, was ein Spieler nicht lernen kann. In dieser Form habe ich das erst wieder bei Lucas Barrios gesehen, der einen ähnlichen Torriecher hat.
„Wir hatten mehr Spieler, die den Unterschied ausmachen konnten. Das Team ist heute vor allen als Mannschaft stärker“, antwortet Chapuisat auf die Frage, ob das „Dortmunder Starensemble von damals gegen die Dauerrenner von heute eine Chance hätte.“ Aber er räumt auch ein, dass solche Vergleiche hinken.
Und ich rege mich wieder über den Begriff „Dauerrenner“ auf. Weil die aktuelle BVB-Mannschaft zwar viel läuft, aber auch hervorragend spielt – zu sehen am Samstag gegen Hoffenheim. Die ersten 60 Minuten waren brilliant – läuferisch und spielerisch. Nur mit blinder Athletik werden keine Spiele gewonnen, der Begriff Dauerrenner suggeriert das aber.



Donnerstag, 26. Januar 2012
Besuch aus dem schönen Hoffenheim
Die Angst geht um beim einstigen Dorfverein, selbst Macher Dietmar Hopp ist besorgt. „Hoffentlich gehen wir am Samstag in Dortmund nicht unter. Dann wird es wackelig“, fürchtet der Gründer des Software-Giganten SAP und Sponsor von 1899 Hoffenheim. Hopps Bedenken wirken nicht ganz deplaciert: Der einstige Torjäger Vedat Ibisevic nach Stuttgart verkauft, der Rückrundenauftakt gegen Hannover schwach, die Leistungen davor auch nicht gerade überragend – Zuversicht manifestiert sich anders.
In der Tabelle sieht es mit Platz 8 rechnerisch nicht schlecht aus, zumal es nur sechs Punkte Rückstand auf die Euro League-Position 6 sind. Andererseits: Auf den Relegationsplatz 16 sind es jedoch auch nur sechs Punkte Vorsprung. Kein Wunder, dass Trainer Holger Stanislawski gegensteuert. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Verein schon untergegangen ist", erklärte er am Donnerstag.
Am Samstag geht es nun nach Dortmund zum BVB, dem mit dem 5:1 beim HSV ein Rückrundenauftakt nach Maß gelang. Es ist ein Duell mit einigem Zündstoff: 1899 Hoffenheim ist für viele Dortmunder Fans ein rotes Tuch und nach Schalke vielleicht der meist verhasste Klub der Bundesliga.
Besonders nach den Vorfällen aus dem Hinspiel in Sinsheim: Natürlich ist es geschmacklos, die Mutter von Dietmar Hopp zu verunglimpfen. Die Revanche mit dem schönen Namen „Pieepgate“ war aber auch nicht die feine Art. Das letzte Wort ist darüber zudem noch nicht gesprochen.

Der Traum eines jedes Sponsors
Kaum ein deutscher Verein ruft so viel Zorn in Fankreisen hervor wie der einstige Dorfverein, der mit den Geldern des erfolgreichen Unternehmers Hopp den Sprung von der Kreisliga bis in die Bundesliga schaffte. Viele Argumente – zum Beispiel dieses Gastautors vom BVB-Fanportal schwatzgelb.de – unterschreibe ich sofort, aber manches ist leider auch ziemlich weg von der aktuellen Welt des Profifußballs.
„Wettbewerbsverzerrung“ zum Beispiel klingt plausibel, aber auch naiv: Der gesamte professionelle Fußball ist eine einstige Verzerrung, der Starke frisst dort oftmals mit fremden Geld den Schwachen. „Financial Fairplay“ klingt schön; ich hoffe, dass die Bemühungen der UEFA Erfolg haben. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass die UEFA zum Beispiel Real Madrid aus Gründen des Financial Fairplays die Teilnahme an der Champions League verhindert.
Jedenfalls ist Hoffenheim zwar ein ziemlicher Plastikklub, aber es gibt viel schlimmere Zeitgenossen als Dietmar Hopp, die ihr Geld in Fußballvereine stecken – dieser zum Beispiel.
Sportlich ist die einstige TSG ein richtiger Angstgegner für den BVB. Gegen keinen andere Mannschaft hat Borussia in der Klopp-Ära so eine schlechte Bilanz. Im letzten Gastspiel in Dortmund hielt Hoffenheim lange Zeit ein 1:0, spielte eine Halbzeit ganz stark, stellte sich danach aber nur noch in die Defensive und kassierte den verdienten Ausgleich durch einen Freistoß von Antonio da Silva in der Nachspielzeit. Danach spielten sich unglaubliche Jubelszenen auf Dortmunds Südtribüne ab.
Zweimal Platz 11, einmal Platz 7 lautet die Hoffenheimer Bilanz nach drei Jahren Bundesliga. Eigentlich nicht schlecht, musste der Verein als Aufsteiger doch nie gegen den Abstieg kämpfen. Dennoch herrscht Ernüchterung im Jahr 4. Viele erinnern sich an das erste Halbjahr der Saison 2008/2009, als 1899 mit Trainer Ralf Rangnick und spektakulärem Fußball die Liga rockte und lange Zeit Tabellenführer war. Einer der herausragenden Spieler hieß Vedad Ibisevic, der traf damals wie er wollte. Seine Sturmkollegen hießen Demba Ba und Obasi – beide sind inzwischen nicht mehr in Hoffenheim. Ibisevic verletzte sich zudem schwer in der Winterpause; in der Rückrunde endete dann auch der Hoffenheimer Höhenflug sehr schnell.

Nachtrag 27.1.
Großer Imageschaden: Dietmar Hopp im Interview mit Der Westen, dem Online-Portal der WAZ-Gruppe.



Montag, 23. Januar 2012
Wettkrise
Nehmen wir einmal an, ich wäre der deutsche Pricewise, die heimische Version von Tom Segal aus der Racing Post. Regelmäßig würde ich hier in dieser Kolumne ein paar Pferdewetten für das Wochenende ansagen – und Sie würden diesen ergeben folgen, weil diese so erfolgreich sind. Dann hätten Sie aktuell ein Problem: Es geht derzeit nämlich gar nichts. Seit Weihnachten läuft erfolgsmäßig kaum noch etwas. Dabei habe ich ansonsten eine ordentliche Bilanz in englischen Hindernisrennen– auch wenn es mal schwächere Perioden gab. Die letzte liegt jedoch schon längere Zeit zurück.
Das letzte Wochenende war typisch. Wobei die letzte Folter erspart blieb. Besonders grauenhaft ist es, wenn die Siegtipps nur knapp geschlagene Zweite werden. Am letzten Samstag liefen meine Pferde aber weit hinterher.
Dabei könnte ich zurzeit jeden Wettgewinn gut gebrauchen, zumal auch noch meine Waschmaschine am Wochenende den Geist aufgegeben hat. Aber wie das so ist: Wenn es gut im Leben läuft, läuft es auch auf der Rennbahn gut – umgekehrt gilt das ebenso.
Die Malaise begann im ersten Rennen in Ascot, als Bunclody stürzte. Im vierten Rennen schwankte ich zwischen Joseph Lister und Smad Place. Die Wahl fiel auf Joseph Lister auch wegen der angeblich besseren Quote, zudem sagte Trainer Alan King in der Racing Post, dass Smad Place das Rennen wahrscheinlich noch benötigt. Er sagte aber auch, dass sein Schützling dennoch gut laufen würde. So war es dann auch: Smad Place gewann, der als Favorit herunter gewettete Joseph Lister wurde
Vierter
.

Endlich Somersby
Die nächste Enttäuschung trug den Namen Wishfull Thinking, der diesmal völlig chancenlos in der Victor Chandler Chase gegen Finian’s Rainbow blieb. Es siegte mein alter Freund Somersby, im letzten Jahr immerhin hier für die Champion Chase in Cheltenham angesagt. Die gewann der Wallach natürlich nicht.
Die nächste Demütigung folgte in Gestalt von All for Free. Der Wallach war eigentlich mein bester Tipp des Tages, weil er vor 14 Tagen in Sandown so lief, dass ihm die längere Strecke Strecke in Ascot eigentlich passen müsste. Aber grau ist alle Theorie: „Nie dabei“ stand im Rennkommentar und folgerichtig endete All for Free geschlagen im Feld.
Und auch The Sawyer blieb in der Peter Marsh Chase in Haydock letztlich chancenlos. Das war aber auch ein sehr schweres Rennen und der Tipp eher Ausdruck von Hoffnung als von sauberer Analyse. Und so ging es die Wochen zuvor auch immer.
Es gewann übrigens According to Pete. Das war der Pricewise-Tipp und damit setzte Tom Segal seine Serie der letzten Wochen fort. Ist ja auch ein guter Mann, beschäftigt sich ja den ganzen Tag mit nichts anderem. Aber selbst er hat Zeiten, an denen gar nichts geht.
Das letzte richtige Erfolgserlebnis hatte ich hingegen am 19. Dezember auf der Dortmunder Sandbahn: Da hatte ich mich ungeduscht nach dem Sport an den PC gesetzt, in Dortmund stand gerade das erste Rennen mit dem schönen Namen „Galopp 2011 – das Rennjahr auf DVD“ auf der Karte. Es war für dreijährige Pferde, es gab mit Nautika Danon einen klaren Favoriten und den habe ich mit Knock Out im Einlauf für zwei Euro hin und zurück kombiniert. Der 105:10-Schuss Knock Out gewann, der „Heiße“ wurde Zweiter und der Einlauf zahlte sensationelle 360. Also nicht mehr duschen!