Derby-Reportage mit dem Prädikat sehenswert
Eigentlich war mit dem Schlimmsten zu rechnen. „Das große Rennen - Auf dem Weg zum Deutschen Derby“, Montag Abend in der Reihe
Planetopia auf SAT 1 - und befürchtet hatte ich eine Reportage mit den üblichen Zutaten, wenn ein Privatsender eine Geschichte über den Turf ins Programm nimmt. In unserem Falle wären das erst einmal Hüte ohne Ende gewesen, dann ein paar Neureiche, die auf der Rennbahn mit Schampus protzen, und im schlimmsten Falle irgendwelche D-Promis aus der Privatsender-Verwertungskette, die hier noch mal etwas Publicity bekommen. Eben diese Leute, die man aus den Dschungelcamps, Topmodels und DSDS kennt (oder auch nicht). Zum Glück war diesmal alles anders – das Ergebnis war eine solide Reportage mit tollen Bildern und guten Typen.
Dabei hatten sich die Autoren mit den Teams von
Gereon und
Earl of Tinsdal schon zwei der interessantesten Derby-Protagonisten ausgesucht, die sie über einen längeren Zeitraum begleiteten. Die
Geschichte um Gereon und seinen Trainer und Besitzer Christian Zschache ist natürlich eine Story, auf die jeder Journalist anspringt. Leider wurde es ja nichts mit dem Happy-End für Gereon und sein Team.
Gewinner trotz Niederlage
Die muntere Damenriege als Besitzer des Earls punktete einfach durch Authentizität und Enthusiasmus. Selten habe ich so viel Freude über einen undankbaren zweiten Platz gesehen – ich habe fast mit ihnen mitgejubelt. Ist ja auch verständlich: Platz 2 im wichtigsten Rennen des Jahres, wer vergießt da Tränen.
Manchmal wäre in den rund 40 Minuten Sendezeit weniger sogar etwas mehr gewesen. Vielleicht hätten die Autoren noch mehr die Teams von Gereon und Earl of Tinsdal in den Vordergrund stellen sollen, besonders Hannes K. Gutschow, der Züchter von Earl of Tinsdal, scheint ein Typ zu sein, der noch für einige trockene Sprüche gutgewesen wäre. „Das sind alles kleine Proleten“, sagt der Züchter etwa über seine Hengst-Fohlen. Das der Sieger Waldpark nur am Rande vorkam, ist einfach Künstlerpech und nicht zu vermeiden, wenn man vorher plant. Die drei Wetter wirkten übrigens wie gecastet. Das sind allerdings Dinge, die den guten Gesamteindruck nur unwesentlich schmälern. Nur ein
paar Zuschauer mehr hätte die Geschichte verdient gehabt.
Wer die Sendung noch nicht gesehen hat, das Video gibt es
hier.
uknig22 am 19. Juli 11
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Mehr Rivalen als Partner: Galopp und Trab
Gestern Abend bin ich mal fremdgegangen und habe Traben geschaut beim Partner des deutschen Galopprennsports. Auf dem Programm standen Rennen in Berlin-Mariendorf und im niederbayerischen Straubing. Acht davon habe ich gesehen und sechs Mal versucht den Sieger mit einem Euro zu treffen – erfolglos, bestes Resultat waren zwei zweite Plätze.
Auffällig: Häufig gibt es einen Favoriten, der unter 20 steht und der auch in vielen Fällen gewinnt. Weil relativ wenig Geld im Markt ist und viele kurzfristig wetten, kann es schon mal sein, dass ein Pferd auf einmal kurz vor Rennbeginn von 60 auf 25 fällt.
Das Preisgeld ist beim Pferdesport mit dem Sulky noch bescheidener als beim Galopprennen: 700 Euro gibt es pro Rennen in Straubing, in Berlin waren es im Höchstfall 2500 Euro. Das ist verdammt wenig, für die Beteiligten – Fahrer, Trainer und Besitzer – sind es
harte Zeiten.
Nicht verwunderlich, denn auch im Trabrennsport ging es in den letzten Jahren nur noch abwärts. Der Sport ist n der Öffentlichkeit noch weniger präsent als der Galopprennsport – was eigentlich schwer vorstellbar ist. „Die Leute in Deutschland kennen kaum die Pferde, auf die sie wetten“,
sagt der Belgier Jos Verbeeck, einer
der besten Trabrennfahrer der Welt.
Differenzen
In anderen Ländern ist das anders: In Frankreich gilt der Trab als „Sport der einfachen Leuten“, Galopprennen hingegen als Upperclass-Veranstaltung. In Schweden ist Traben Volkssport und über die V 65-Wette in jedem kleinen Ort bewettbar.
In Deutschland bestimmen Rivalität und Besitzstandswahrung das Verhältnis zwischen beiden Sportarten. Dabei sitzen beide eigentlich im gleichen Boot, vertreten zum Beispiel im Bereich Wetten die gleichen Interessen und könnten als geschlossene Einheit gegenüber der Politik auftreten. In der Praxis sieht das anders aus, beide arbeiten kaum zusammen. Auch bei der Neufassung des Glücksspielvertrages gab es zwischen
Trab und
Galopp deutliche Differenzen.
Nur wenige Leute interessieren sich zudem für beide Bereiche. Bei meinem Bookie in Dortmund war (und ist, falls sie nicht alle gestorben sind) das Traberpublikum ein ganz anderes als das aus der Galopperfraktion. Und die Traber sind in der Unterzahl, die meisten Bildschirme zeigen Galopprennen aus aller Welt.
Auch ich war noch nie auf einer deutschen Trabrennbahn. Früher wollte ich immer mal freitags nach Recklinghausen (mit dem Auto maximal 25 Minuten), aber das war in den neunziger Jahren und irgendwas kam immer dazwischen. Heute existiert die Bahn in Recklinghausen nicht mehr. Und Gelsenkirchen betritt der gemeine Dortmunder aus anderen Gründen bekanntlich nur unter Protest und nur wenn man unbedingt muss. Zwei mal war ich hingegen beim Traben in Schweden auf der kleinen und heimeligen Bahn in Arvika – und das war ein tolles Erlebnis.
uknig22 am 12. Juli 11
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Frauen-WM: Fußball als Familienspaß
So richtig gepackt hat sie mich noch nicht, die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft. Parallel läuft gerade die Partie Schweden gegen die USA, aber sie dient nur als Geräuschkulisse im Hintergrund, während ich diese Zeilen schreibe.
Damit zähle ich offensichtlich zu den Außenseitern im Lande. Die Stimmung ist prima, auch wenn es zum Beispiel hier in Dortmund kein Public Viewing gibt und auch nicht massenweise schwarz-rot-goldene Fahnen durch die Stadt fahren. Aber ARD und ZDF dürfen sich über sehr gute Quoten freuen, die Stimmung in den gut besuchten Stadien ist richtig euphorisch. Es scheint ein ganz anderes Publikum als bei den Männern da zu sein: Keine Pfiffe gegen die Gegner, dafür geht die Welle schon frühzeitig durch die Arenen – egal, was auf dem Rasen abläuft. Fußball als harmloses, sauberes Familienvergnügen? Da ist zwar ganz schön, aber nicht unbedingt erstrebenswert: Zum Fußball gehören Leidenschaft, Emotionen und natürlich sportliche Rivalitäten. Aber immerhin verkürzt die WM die Wartezeit auf die Sonderhefte von
kicker und
11 Freunde zur neuen Bundesliga-Saison.
Die Lehren der ersten zehn Tage
• Wenn Deutschlands Frauen wie zuletzt das Männer-Team Dritte würden, wäre das eine Riesenenttäuschung. Bislang merkte man dem zweifachen Weltmeister die Nervosität an, immerhin gab es drei Siege und das letzte Spiel gegen die starken Französinnen war schon viel besser. Irgendwie erinnerte das Spiel gestern an die Spiele der Männer in den achtziger Jahre: Die athletischen Deutschen entzaubern die technisch guten Franzosen. Im Gegensatz zu den Männern der 80er haben die deutschen Mädels auch technisch einiges drauf.
• ARD und ZDF übertragen ausgiebig, das Niveau ist besonders bei der ARD eher mäßig. Zum Glück musste „Expertin“ Franziska von Almsick später zur Hochzeit nach Monaco (
Danke liebes Fürstenhaus), gegen die manchmal reichlich nervenden Livereporter Tom Bartels und Bernd Schmelzer half Eurosport.
• Manche Leistungen der Schiedsrichterinnen sind schwach, das zeigt nicht nur diese inzwischen
berühmte Szene. Oder die Frau aus Südkorea, die Deutschland gegen Nigeria pfiff.
• Die Leistungsunterschiede sind geringer als prognostiziert, richtige Kanterergebnisse fehlten diesmal. Überraschungen blieben dennoch aus – obwohl besonders die Frauen aus Äquatorialguinea wenigstens einen Punkt verdient gehabt hätten. Allein wegen der großartigen Anonma. Oder wegen Bruna, dem Schrecken von Brasiliens Top-Spielerin Marta (siehe Video unten…)
Ja hier stand mal ein Video, tolle Bilder wie Bruna die große Marta in "Manndeckung" nahm. Leider nimmt uns die FIFA diesen Spass, meint dass das eine Verletzung des Urheberrechts sei. Was ein Unsinn ...