Samstag, 10. Oktober 2009
Gary Lineker hatte mal wieder Recht
Es gibt ein Gen, das offenbar jeder deutsche Fußballer in sich trägt: Das Sieges-Gen in den Qualifikationsspielen zu Welt- oder Europameisterschaften. So war es auch diesmal: Durch einen 1:0-Sieg in Russland, dem schärfsten Rivalen um den Gruppensieg, qualifizierte sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft direkt für die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika und spart sich damit zwei nervenaufreibende Relegationsspiele.
Undenkbar, dass Deutschland bei solchen Großereignissen mal fehlt – andere Großmächte des Fußballs wie England oder die Niederlande (beide diesmal allerdings schon für Südafrika qualifiziert) kennen hingegen das Gefühl des Scheiterns. In Moskau bewahrheitete sich zudem mal wieder der alte Spruch von Gary Lineker, dass am Ende immer die Deutschen gewinnen.

Russenfrust dank Adler
Es war nämlich ein mehr als enges Spiel, in dem die Mannschaft von Joachim Löw ziemlich viel Glück hatte. Nach 35 Minuten brachte der in der Bundesliga chronisch erfolglose Klose Deutschland nach einer schönen Kombination über Özil und Podolski in Führung, während die Russen beste Möglichkeiten vergaben bzw. am herausragenden Oliver Adler im deutschen Tor scheiterten. Wie immer in den letzten Jahren, wenn es darauf ankam, zeigte sich das DFB-Team hochkonzentriert und zeigte von Beginn an, dass man nach Moskau kam, um zu gewinnen.
Verlief die erste Hälfte noch ziemlich ausgeglichen, änderte sich das Bild in der zweiten Halbzeit: Die spielstarken Russen um den herausragenden Arshavin drehten jetzt richtig auf, doch wie bei der Europameisterschaft 2008 bewiesen sie eindrucksvoll, dass sie das Tore schießen nicht erfunden haben. Und wenn ein Bild mal auf das Tor kam, stand da immer noch ein Rene Adler in Überform. Zehn Deutsche – der Debütant Jerome Boateng sah nach 69. Minuten Gelb-Rot – kamen kaum noch zu Entlastungsangriffen und hatten zudem Glück, dass der Schweizer Schiedsrichter ein elfmeterreifes Foul von Friedrich gegen Bystrov nicht ahndete.
Das letzte deutsche Qualifikationsspiel gegen Finnland am Mittwoch ist damit nur noch Schaulaufen. Nach den letzten Leistungen der Mannschaft in solchen Spielen, in denen es um nichts mehr geht, kann man sich das als Zuschauer durchaus schenken.



Mittwoch, 7. Oktober 2009
Sie nannten ihn die Deislerin
Als „Basti Fantasti“ feierte ihn einst die Boulevardpresse. Doch Sebastian Deisler wollte nie ein Liebling der Massen sein, hatte regelrecht Angst vor dieser Rolle. Der technisch herausragende Mittelfeldspieler galt als Ausnahmetalent im kriselnden deutschen Fußball der Nach-Bosman-Ära. Er war der Hoffnungsträger, der die deutsche Nationalmannschaft als Spielmacher zum Weltmeistertitel im eigenen Land führen sollte.
Daraus wurde nichts, beim Sommermärchen fehlte Deisler. Im Januar 2007 war dann Schluss: Mit nur 27 Jahren beendete der einstige Hoffnungsträger, der in der Bundesliga für Borussia Mönchengladbach, Hertha BSC Berlin und Bayern München spielte, seine Karriere. Zahlreiche schwere Verletzungen an Knie und Leiste forderten ihren Tribut. Zudem litt Deisler unter schweren Depressionen und gab dies zu – ein Novum in der Männerwelt des Fußballs, in der man Schwächen nicht zeigt.
Auf einmal war das einstige Ausnahmetalent von der Bildfläche verschwunden. Zweieinhalb Jahre später kommt nun seine Biografie (Michael Rosentritt: Sebastian Deisler.Zurück ins Leben) in die Buchläden. Dazu hat der einstige Fußballprofi der Wochenzeitung Die Zeit ein Interview gegeben, das tiefe Einblicke in das System des Profifußballs mit all seinen Eitelkeiten bietet.



Montag, 5. Oktober 2009
Immer einen Gang mehr als die Gegner


Sehe ich das richtig? Hat Jockey Mick Kinane, am 22. Juni 50 Jahre geworden, da eine Träne vergossen nach dem Triumph von Sea The Stars im Prix De L' Arc de Triomphe? Der sonst so coole Kinane, der in seiner langen Karriere alles gewonnen hat, was im Turf wichtig ist?
Ganz großes Kino, die BBC-Übertragung des Monster-Rennens aus Longchamp. Sea The Stars pullt am Anfang ganz wild, normalerweise ist das ein schlechtes Zeichen, wenn ein Pferd schon zu diesem Zeitpunkt seine Energie verbraucht. Kinane beruhigt den Hengst mit all seiner Routine, meistert im Rennen hypercool weitere knifflige Situationen, findet die Lücke und gewinnt das nächste Gruppe I-Rennen. "Too much petrol in the tank" analysiert Willie Carson das Rennen, einst selbst ein höchst erfolgreicher Jockey und haut dann noch ein richtiges Bonmot raus, als er die Reaktion von Kinane schildert, als dieser zum ersten Mal Sea The Stars ritt.
Bei aller Ekstase um Sea The Stars, der endgültig Aufnahme ins Reich der Turf-Legenden gefunden hat, verdient aber auch der tapfere Youmzain Applaus. Zum dritten Mal wurde der Galopper aus dem Stall von Mick Channon Zweiter im Arc - und das ist aller Ehren wert.



Der Galopper der Woche: Sassoaloro
Am Ende war es eine Ein-Pferde-Show: Der fünfjährige Hengst Sassoaloro gewann überlegen mit vier Längen Vorsprung das 125. St. Leger auf der Galopprennbahn in Dortmund-Wambel und ist damit unser Galopper der Woche – trotz Sea The Stars oder Antara, denen noch mehr die Schlagzeilen an diesem Wochenende gehörten. Aber die beiden letztgenannten haben wir in dieser Rubrik ja schon vorgestellt.
Vor dem Rennen über die Marathondistanz von 2800 Meter war für mich Sassoaloro das große Fragezeichen im Rennen. Der 3. Platz aus dem hochdotierten Bosphorus Cup in Istanbul klang zwar nicht schlecht, doch der Sieger Halicarnassus ist zwar ein eisenharter Bursche, aber nach meinem Geschmack war er zu oft in englischen Gruppe- und Listenrennen geschlagen.
Viele Wetter hatten allerdings volles Vertrauen in den Schützling von Trainer Hans Albert Blume. Für 54:10 ging Sassoaloro ab – und als Jockey Terence Hellier plangemäß die frühzeitige Entscheidung suchte, war das Rennen schnell entschieden.
Für die Verantwortlichen war der Sieg keine Überraschung. „Wir sind mit großen Hoffnungen aus Köln angereist“, erklärte Alida Blume bei der Siegerehrung. Besonders nach dem Rennen in Istanbul war man im Blume-Lager optimistisch, weil der „Hengst dort zeigte, welches Potenzial er hat“, so die Tochter des Trainers.
Ein Siegertyp war er vorher aber nicht unbedingt: Den letzten Erfolg feierte Sassoaloro am 22. April 2007 in Köln, als er dort als Dreijähriger im Ausgleich 3 siegte. Damals trainierte ihn noch Andreas Wöhler – und in dessen Quartier galt er durchaus als Derbyhoffnung. Doch nach einem enttäuschenden vierten Platz im Bavarian Classic in München war die Dreijährigen-Saison beendet.
Beim Comeback im September 2008 war er dann Zweiter in Krefeld. Die Besitzer des Stalles Schwindelfrei entschieden sich für einen Trainerwechsel, seit Oktober 2008 hat Hans-Albert Blume das Pferd in seiner Obhut und schaffte im gleichen Jahr noch eine Placierung in einem französischen Listenrennen.
2009 ist offensichtlich der Knoten geplatzt. Davon zeugen der vierte Platz im Preis der Badischen Unternehmen, der dritte Rang in der Bosphorus-Trophy und jetzt der überlegene Erfolg im St. Leger.