Sonntag, 19. Juli 2009
Der Galopper der Woche: Sehrezad
Im Franz-Günther von Gaertner-Erinnerungsrennen, der ehemaligen Hamburger Meile, klappte es noch nicht ganz: Da war Sehrezad, das Pferd im Besitz des Stalles Phillip, nach einem etwas unglücklichen Rennverlauf Zweiter und verpasste den Sieg denkbar knapp. Earl of Fire rettete sich so eben noch ins Ziel, fünf Meter weiter hätte der vierjährige Hengst aus dem Quartier von Trainer Andreas Löwe triumphiert.
Der zweite Jahresstart im Fraport AG-Pokal (1600 m, Gr. 3) in Frankfurt brachte den verdienten ersten Jahressieg. Der Titus Livius-Sohn löste sich souverän in der Zielgeraden von Querari und König Concorde, gewann zum Schluss mit Jiri Palik im Sattel hochüberlegen mit neun Längen Vorsprung. „Das war eine Demonstration, nun steuern wir das Oettingen-Rennen in Iffezheim an", sagte Trainer Andreas Löwe nach dem Rennen Galopp-Online.
Dass Sehrezad zu den Top-Meilern Deutschlands gehört, zeichnete sich schon im vergangenen Jahr ab. 2008 war er erfolgreich im damaligen Hamburger Jaxx-Pokal (dem Rennen, in dem er 2009 so unglücklich Zweiter war), hinzu kamen dritte Plätze im Frankfurter Fraport AG-Pokal und dem Darley-Oettingen-Rennen in Baden-Baden.
Für 21 000 Euro hatte Löwe einst Sehrezad auf der Auktion im englischen Newmarket erworben. Dabei hatte er, berichtet Turf-Times, vom Stall Phillip einen klaren Auftrag: Er sollte ein Pferd kaufen, das am gleichen Tag Geburtstag wie einer der Besitzer hat. Löwe fand einen Titus Livius-Hengst mit markanter weißer Blesse, Geburtsdatum 22. April. Im Rückblick war das kein schlechtes Geschäft: Mit dem Sieg in Frankfurt galoppierte Sehrezad inzwischen über 100 000 Euro an Preisgeldern ein.



Freitag, 17. Juli 2009
Ich hoffe, sie wissen, was sie tun…
Vor ein paar Tagen wollte ich an dieser Stelle etwas über die bisherige Saisonvorbereitung von Borussia Dortmund schreiben. Zeitliche Gründe verhinderten dies, passiert war allerdings auch wenig. Die Mannschaft trainierte fleißig, es gab keine schwerwiegenden Verletzungen, alles verlief weitgehend harmonisch – im Gegensatz zu früheren Jahren, da jagte manchmal eine Schreckensmeldung die nächste.
Seit gestern ist diese Harmonie beendet: Donnerstag tauchten erste Meldungen auf, dass Stürmer Alex Frei in seiner Schweizer Heimat beim FC Basel im Gespräch ist. Heute (Freitag) melden unter anderem Ruhr-Nachrichten und kicker, dass der Wechsel des charismatischen Stürmers so gut wie fest stehe. Niemand zweifle, so kicker und RN, dass Frei für 4,5 Mio. Euro (RN) bzw. 4,5 bis 5 Mio. Euro (kicker) in die Schweiz wechsele und dort einen Vierjahresvertrag unterzeichne.


Bald Sammlerwert: Autogrammkarte von Alex Frei im Dortmunder Trikot
Foto: BVB

„Wir haben alles versucht, ihn umzustimmen“, zitieren beide Blätter BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob die Verantwortlichen so hart um den 30jährigen gekämpft haben. Frei gilt als „unbequemer Charakter“, der zudem einen sehr gut dotierten Vertrag (2,5 Millionen Euro im Jahr, schätzt der meist gut informierte kicker) hat.

Ein Knipser geht
Watzke und Manager Michael Zorc setzen sich selber unter Zugzwang und wollen das Geld für einen neuen Stürmer investieren. Nur wer ist auf dem Markt? Einen Spieler wie Klaas-Jan Huntelaar, der noch bei Real Madrid unter Vertrag steht, bekommt Borussia für vier Millionen definitiv nicht.
Sportlich verliert Dortmund seinen besten Stürmer, denn die gleichen Knipserqualitäten (34 Tore in 74 Spielen) besitzt kein anderer Angreifer im BVB-Kader. Im letzten Halbjahr trumpfte der Schweizer nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Trainer Jürgen Klopp groß auf, ergänzte sich hervorragend mit Nelson Valdez und integrierte sich gut ins Pressing-System des Trainers.
Aber vielleicht musste der 30jährige nach seinem Geschmack etwas zu viel laufen im Klopp-System und möchte es nun etwas ruhiger haben. Menschlich ist der Wechsel in die Heimat ja nachzuvollziehen, aber sportlich? Die Schweizer Liga ist um einiges schwächer als die Bundesliga, auch in der Alpenrepublik kritisieren Experten wie der ehemalige Gladbacher Torhüter Jörg Stiel den Transfer. Und dass der FC Basel die Gruppenphase der Euro League erreicht, ist fraglich. Gerade gab es ein 3:0 im Hinspiel gegen den FC Santa Coloma aus Andorra, noch sind zwei weitere Qualifikationsrunden zu überstehen.
P.S: Gerade melden verschiedene Quellen (hier der Westen), dass der Transfer perfekt sei.



Deutschland braucht mehr Egons
Gut, das mit dem Derby hat nicht ganz hingehauen. Egon, das Pferd mit den vier weißen Beinen aus dem Stall Domstadt, zeigte zwar nach Aussage seines Jockey Richard Hughes großes Stehvermögen („he can stay forever“), im Deutschen Galoppderby reichte es aber „nur“ für einen Platz im gesicherten Mittelfeld. Zum Trost: Der 1.FC Köln könnte mit dieser Platzierung in der Fußball-Bundesliga gut leben.
Selten hat eine Geschichte im Vorfeld des Derbys für so viel Aufsehen in den Medien gesorgt. Mal abgesehen von den Fachmedien Galopp Intern und Turf-TimesGeschichten in Welt am Sonntag, BILD, Rheinische Post und Hamburger Abendblatt erhält nicht jedes Rennpferd. Selbst die taz erwähnte den Galopper in einem Artikel, der sich vorrangig mit der Heimkehr von Lukas Podolski zum 1.FC Köln beschäftigte. Zudem berichtete WDR 4, die Schlagerwelle für die Generation 50+ im WDR-Hörfunk, über den Groom Dancer-Sohn.
Dabei ist die Geschichte des Galoppers Egon noch nicht einmal das typische Märchen vom Tellerwäscher zum Millionär. Nicht so wie Overdose, den keiner auf der Auktion haben wollte, der dann für ein Taschengeld nach Ungarn kam und zum ungeschlagenen „Wunderpferd“ über Sprintdistanzen avancierte. Egon ist eher das Kind aus der Mittelklasse, der seinen Besitzern den Traum vom Derbysieg erfüllen sollte.
Natürlich verstehen Till Grewe und seine Mitstreiter aus dem Stall Domstadt etwas von PR und Marketing: der einprägsame Name Egon, die witzig gemachte Homepage, der Pixelkauf für FC-Heimkehrer Lukas Podolski – damit schafft man Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.
Allerdings schreibt der Rennsport auch andere schöne Geschichten, die erzählenswert sind. Nur kann das eben nicht jeder so gut kommunizieren wie Grewe und seine Mitstreiter. Und das wäre mal ein guter PR-Ansatz für DVR oder Besitzervereinigung. Dafür braucht man nur jemanden, der etwas von PR versteht und diese Stories in die Öffentlichkeit transportiert...



Mittwoch, 15. Juli 2009
Jürgen Kohler: Comeback auf Asche?
Weltmeister, Europameister, Champions League-Gewinner, UEFA-Cup-Sieger, Italienischer Meister, Deutscher Meister und jetzt vielleicht der Aufstieg in die Kreisliga B – Jürgen Kohler, 105facher Nationalmannschaft und lange Zeit der Inbegriff des deutschen Abwehrspielers, spielt zukünftig für den SV Alemannia Adendorf in der Kreisliga C Bonn.
Ob er noch mal die Schuhe anzieht für den Club auf dem heimischen Tennenplatz, dahinter stehen aber noch einige Fragezeichen. „Wir wollen abwarten, wie sich das entwickelt. Es ist für ihn keine Verpflichtung", sagte der Vereinsvorsitzende Hubert Neukirchen dem Bonner Generalanzeiger, „er macht so mit, wie er will und Zeit hat.“ Den Spielerpass hat Kohler allerdings schon für seinen neuen Klub beantragt.
Der SV Alemannia stieg 2008 aus der Kreisliga D (so etwas gibt es in Bonn) in die Kreisliga C auf und belegte in der letzten Saison mit 38:50 Toren und 32 Punkten den 12. Platz in der Kreisliga C, Staffel 3, Bonn. Experten sehen sofort, dass die Mannschaft bei nur 38 geschossenen Toren eher einen Stürmer braucht als einen gestandenen Abwehrspieler wie Jürgen Kohler, der in seiner ganzen Karriere doch eher für das Tore verhindern zuständig war.


In der Stunde des größten Triumphes: Kohler mit Trainer Ottmar Hitzfeld nach dem Gewinn der Champions League
Foto: DFL

Von 1995 bis 2002 spielte Kohler bei Borussia Dortmund und bildete dort zusammen mit dem Brasilianer Julio Cesar die vielleicht beste Innenverteidigung, die der BVB je hatte. Unvergessen bleibt die artistische Rettungstat des „Koksers“ im Champions League-Halbfinale bei Manchester United.
Kohler kam damals von Juventus Turin und dort lernte der frühere reine Zerstörer auch das Fußball spielen. In Dortmund war er nicht mehr nur der reine Grätscher aus der berüchtigten Waldhof-Schule, die für kompromisslose Abwehrspieler bekannt war. Namen wie Karlheinz und Bernd Förster, Schlindwein, Dickgießer, Tsionanis oder zuletzt Christian Wörns verkörperten das nackte Grauen für viele Angreifer.