Donnerstag, 11. Februar 2016
England ist ein schlechtes Vorbild
Auf einmal flogen die Tennisbälle aus dem Fanblock auf den Platz, dazu skandierten die BVB-Fans „Fußball muss bezahlbar sein“. Die Dortmunder Fanszene machte mobil gegen die Stuttgarter Preisgestaltung beim DFB-Pokal-Viertelfinale VfB gegen Borussia.

So blieb der Gästeblock 20 Minuten lang leer, gab es auch keine Anfeuerung und wurden die Tennisbälle geworfen. Zum Glück waren es keine Golfbälle. Aber Fußball sei eben kein Tennis, bei dem solche hohen Preise bezahlt werden.
Der Kolumnist mag die Sache mit den Tennisbällen ein wenig pubertär finden, aber die Aktionen der Dortmunder Fans gegen hohe Eintrittspreise fanden sehr viel Aufmerksamkeit.. Bis zu 70 Euro für einen Sitzplatz sind ein ziemlicher Brocken und auch 19,50 Euro für einen Stehplatz sind an der Schmerzgrenze. Selbst der Verein Borussia Dortmund hatte den Protest unterstützt.
„Diese Preise sind seit der Saison 2012/2013 unverändert und aus Sicht des VfB der Bedeutung des Spiels angemessen“, antwortete der VfB vor dem Spiel in den sozialen Medien. So „angemessen“, dass es auch im Besucher-Bereich der Heimmannschaft ziemliche Lücken gab.
Die Proteste waren nicht die ersten. Es gab ähnliche Aktionen der Initiative „Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar sein“ schon vor Gastspielen der Borussia in Hoffenheim und Hamburg. Drohen also auch in der Bundesliga Verhältnisse wie in der englischen Premiere League?
England sei ein warnendes Beispiel, schrieb Ex-Nationalspieler Didi Hamann im kicker vom 4. Februar. Der Volkssport Nummer 1 entferne sich dort immer mehr von den Menschen. „Stadiontickets von happigen 80 Euro und mehr kann sich schon lange nicht mehr jeder leisten“, so Hamann, auf der Insel als Spieler und Manager tätig. Dazu passt auch die aktuelle Meldung, dass viele Fans des FC Liverpool am letzten Samstag aus Protest über Preiserhöhungen auf 77 Euro und mehr in eben jener Minute das Stadion verließen. Sie verpassten, dass die Gäste aus Sunderland aus einem 0:2 noch ein 2:2 machten.
Die Geschichte von der ach so günstigen Eintrittspreisen in der Bundesliga stimmt jedenfalls schon lange nicht mehr. Der Kolumnist ist selbst in der glücklichen Lage, eine Dauerkarte für die legendäre Südtribüne zu besitzen. Diese ist noch relativ preisgünstig, ist ja auch ein Stehplatz. 207 Euro kostet sie, das macht pro Spiel bei 17 Spielen etwas mehr als 12 Euro. Allerdings: im Vergleich zum Jahr 2005 ist die Stehplatz-Dauerkarte um rund 40 Prozent teuerer geworden.

Preisspirale
„Schluss mit billig“ titelte dann auch das Fußball-Kulturmagazin 11 Freunde bereits im August 2014. Die Tageskarten seien sogar in den letzten zehn Jahren bis zu 100 Prozent teuerer geworden, so eine Botschaft des Textes. Autor ist der im letzten Jahr leider verstorbene Arne Steding, einer der Initiatoren von „Kein Zwanni“ und sehr aktiv beim BVB-Fanzine Schwarzgelb.de. Die Fakten gelten immer noch, denn billiger sind die Tickets auch in der Saison 2015/2016 5 nicht geworden.
Die Bundesliga boomt weiterhin. Fußball ist schon lange kein „Proll-Sport“ mehr. Auch Mittel- und Oberschicht mögen ihn. Nicht nur in Dortmund, sondern auch bei anderen Vereinen wie Bayern, Schalke oder Gladbach sind Tickets Mangelware. Da können die Verantwortlichen die Preisspirale anheizen, es gibt ja genügend Interessenten.
Und: Im Vergleich zur Premiere League steht die Bundesliga immer noch gut dar. Das zeige auch diese beiden Übersichten mit aktuellen Dauerkartenpreisen in Deutschland und England. In Deutschland dämpfen zum Glück die Stehplätze, die es in England bekanntlich nicht mehr gibt, die Preise.
Aber Fußball muss für alle bezahlbar bleiben. Noch ist etwa ein Besuch im Dortmunder Signal Iduna Park ein magisches Erlebnis. Weil dort alle gesellschaftliche Schichten vertreten sind und besonders die riesige Südtribüne mit den vielen Fans fast schon „Fußballkulturerbe“ ist. Das sollte bitte auch so bleiben – die Eintrittsgelder spielen im Etat der Klubs eh’ nur noch eine geringe Rolle.