Montag, 5. Mai 2014
Die Helden aus Köln, Kentucky und Newmarket
Kentucky, Newmarket und Köln – es war eine Wochenende der Höchstleistungen im Turf. Und es bestätigte sich mal wieder die Weisheit, dass die Leistungen von Pferden nur schwer vorhersehbar sind. Oder anders gesagt: Grau ist alle Theorie, entscheidend ist auf dem Platz.

Unsere Reise beginnt in der Heimat – in Köln, fußballerisch wieder erstklassig, Vize im Eishockey. Und Heimat der Rennbahn in Weidenpesch, immer noch meine deutsche Lieblings-Rennbahn.
Dort gab es am Sonntag eine sehr interessante Karte, in dessen Mittelpunkt der Gerling-Preis über 2400 Meter stand. Und der Sieger sah nach Rennpferd aus. Ivanhowe gewann sehr überzeugend.
Zugegeben, es war nur eine Gruppe 2-Prüfung, aber wie leicht der Hengst aus dem Gestüt Schlenderhan nach nicht optimalem Rennverlauf noch an den Konkurrenten vorbeizog, das stimmte den Beobachter froh. Vielleicht hat der deutsche Rennsport wieder einen Kandidaten der Kategorie Novellist oder Danedream, der in den europäischen Top-Rennen mitmischen kann.
Es war erst der vierte Start des Hengstes: Ivanhowe beeindruckte bereits im letzten Jahr mit dem leichten Erfolg im Union-Rennen, lief dann als Derbyfavorit schlecht und pausierte danach. Jetzt also folgte dieses vielversprechende Comeback.

Churchill Downs/USA
Zweite Station unserer Reise ist Kentucky, genauer die Rennbahn Churchill Downs/Louisville, die Heimat des berühmten Kentucky Derbys. Nun bin ich nicht gerade ein glühender Anhänger des US-Turfs, weil dort Apotheke gegen Apotheke läuft. Auch ansonsten plagen den Sport so seine Skandale.
Das ist aber alles vergessen am Tag des Kentucky Derbys: Zum ersten Mal schaue ich dieses Rennen live im Netz und bin zutiefst beeindruckt, wie die Amerikaner dieses Ereignis zelebrieren. Ganz großes Kino – und dazu passt auch, dass mit California Chrome der Favorit gewinnt. Grandios, wie er sich vom Feld löst. Die Freude bei allen Beteiligten ist immens, so wie beim Gewinn von Champions League und Meisterschaft im Fußball zusammen.
Der Trainer ist bereits 77 Jahre alt, trainiert gerade mal 20 Pferde und schlägt jetzt all die großen Namen. Die beliebte Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär gehört zum amerikanischen Mythos – und an diesem Tag wurde sie mal wieder Realität. Fast 165 000 Besucher waren auf der Rennbahn – Wahnsinn! Und auch die Homepage ist Weltklasse.

Newmarket/GB
Im Vorfeld der englischen 2000 Guineas sprachen alle von Kingman. Der Galopper aus dem Stall von John Gosden hatte nicht nur alle seine Rennen leicht gewonnen, manche sprachen sogar schon von einem neuen Frankel – auch weil die beiden Pferde die gleichen Farben von Khalid Abdullah tragen. Ich bin bei diesen Vergleichen immer etwas skeptisch – und diese Skepsis bestätigte sich.
Kingman lief zwar ein gutes Rennen, doch im Ziel hatte der Außenseiter Night of Thunder mit einer halben Länge knapp die Nase vorn, obwohl er zum Schluss fast noch einmal quer über die Bahn schrammte. Ausgerechnet Night of Thunder, der in den Greenham Stakes noch chancenloser Zweiter und viereinhalb Längen hinter Kingman war. Ja, entscheidend ist immer auf dem Platz.
Der Sieger war auch nicht die erste Wahl aus dem großen Quartier von Richard Hannon. Die war Craven-Sieger Toormore mit Stalljockey Richard Hughes. Das war auch mein Tipp, doch er lief eher enttäuschend und endete im geschlagenen Feld. Eine gute Analyse des Rennens gibt es hier von Florian Christoph.
Auch Florian war beeindruckt von Australia aus dem Quartier von Aidan O’Brien. Der Hengst, dessen Abstammung (Vater Galileo, Mutter die mehrfache Gruppe I-Siegerin Quija Board) nobel zu nennen fast schon untertrieben ist, wurde Dritter und zog trotz aller Unreife noch mal gut an. Definitiv ein Pferd für weitere Wege – und O’Brien schickt ihn dann auch ohne Umwege ins englische Derby.
Der Sonntag begann schon vielversprechend. Andre Fabre im Interview bei Racing UK – das gibt es doch gar nicht. Ich dachte immer, der französische Meistertrainer spricht nicht mit den Medien. Von wegen, der Mann macht einen sehr freundlichen Eindruck und spricht sogar verständliches Englisch. Jedenfalls verdanke ich Fabre zwei Sieger an diesem Sonntag in Newmarket – zum einem schlug Esoterique in den Dahlia-Stakes (Gruppe 3) die Favoritin Integral nach Zielfoto, zum anderen triumphierte Miss France in den englischen 1000 Guineas.
Allerdings hätte ich die Stute aus Frankreich auch ohne die lobenden Einschätzungen ihres Trainers gespielt. Miss France enttäuschte zwar bei ihrem ersten Jahres-Start in diesem Jahr, doch die Formen aus 2013 waren gut genug. Bedenken bereitete mir nur ein wenig die Tatsache, dass französische Spitzenjockeys in England manchmal grottenschlecht reiten.
Aber dieses Mal machte Maxim Guyon alles richtig, auch wenn sein Trainer meinte, dass die Stute etwas früh an der Spitze gewesen wäre. Es reichte knapp und wieder war die tapfere Lightning Thunder knapp geschlagen gegen Miss France. Wie schon im September in Newmarket. Aber Trainer Olly Stevens war trotzdem glücklich.
Wenn mich übrigens jemand fragen würde, wem ich von den jungen Trainern eine große Karriere im englischen Turf zutraue, dann würde ich zwei Namen nennen: Roger Varian und eben jenen Olly Stevens.
Lobenswerte 80:10 gab es übrigens für die Siegerin Miss France, obwohl sie im Vorfeld als Mitfavoritin galt. Viel Geld floss auf Tapestry aus dem irischen O’Brien-Quartier. Doch die Stute endete weit geschlagen.