Wer hat an der Uhr gedreht? Am Samstag gibt es schon das letzte Heimspiel von Borussia Dortmund in der Bundesliga-Saison 2013/2014. Der Gast ist die TSG 1899 Hoffenheim. Ein Portrait des Emporkömmlings.
Kaum eine andere Mannschaft verachtet der traditionelle BVB-Fan mehr als diese TSG 1899 Hoffenheim – abgesehen natürlich vom Erzrivalen FC Schalke 04. All diesen ganzen Ressentiments über die „Söldner vom Dorf“ wärmt der
Vorbericht des Online-Fanzines schwatzgelb.de in bewährter Manier auf. Schon tausend Mal gelesen und daher einfach nur noch langweilig. RW Essen kommt davon auch nicht zurück in die erste Liga.
Jedenfalls hat sich Dietmar Hopp den Traum erfüllt, den jeder Mäzen eines Dorfvereins heimlich hat. Sein Verein spielt in der Bundesliga. Alles eben eine Frage des Geldes – und davon hat der Gründer eines Weltkonzerns namens SAP mehr als etwa BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und sein Heimatklub RW Erlinghausen. Deshalb spielt Hoffenheim in Liga 1, Erlinghausen hingegen in der westfälischen Landesliga Gruppe 2 und kämpft dort um den Ligaerhalt.
So werden wir am Samstag wieder die Beschimpfungen des Herrn Hopp erleben, werden Sechzehnjährige verstohlen über das H-Wort grinsen und werden 10jährige ihre Eltern fragen, was es denn bedeute.
Jedenfalls geht es für beide Teams sportlich um nichts mehr. Und da beide Mannschaften in der Offensive ihre Qualitäten haben, könnte es ein attraktives Spiel geben.
Aktuelle Lage
Da muss ich den Freunden von
schwatzgelb mal Recht geben: Der BVB leistete im letzten Jahr seinen Beitrag dazu, dass Hoffenheim weiter in der Liga spielt. 1:2 unterlag die Borussia, war zwar hoch überlegen, doch zwei berechtigte Foulelfmeter in der Schlussphase brachten 1899 den Sieg, den Sprung auf Rang 16 und die erfolgreiche Relegation gegen den Traditionsclub Kaiserslautern.
2013/2014 stabilisierte sich der Club nach der chaotischen Vorsaison mit den vier Trainern Markus Babbel, Frank Kramer, Marco Kurz und Markus Gisdol. Gisdol setzte wieder mehr auf den Nachwuchs, teuere Spieler wie Tim Wiese, Edson Braafheid oder Matthieu Delpierre wurden aussortiert.
Mit 41 Punkten befindet sich Hoffenheim aktuell jenseits von Gut und Böse in der Bundesliga. Das Torverhältnis von 67:66 zeigt eindrücklich sowohl offensive Stärke als auch defensive Schwäche.
Das ist nicht Hoffenheim zur Schützenfest-Zeit, sondern das Rathaus mit Vereinsfahnen. Triumphe werden woanders gefeiert. (Bild: Badener/Wikimedia Commons)
Ein wenig Historie
Von großer ruhmreicher Vergangenheit kann man natürlich beim Dorfverein TSG Hoffenheim nicht sprechen. Meist kickte der Club in den Niederungen der badischen Kreis- und Bezirksligen. 1990 konnte Joachim Hopp, Mitbegründer der Softwareschmiede SAP, das Elend seines Heimatklubs nach einem weiteren Abstieg in die A-Liga nicht mehr anschauen und unterstützte den Verein fort als Mäzen. Der Aufstieg begann, 2000 gelang der Sprung in die damalige Oberliga Baden-Württemberg. Danach qualifizierte man sich für die neue Regionalliga Süd, spielte dort – unter anderem mit Trainer Hansi Flick – lange Zeit, ehe mit Trainer Ralf Rangnick 2007 der Sprung in Liga 2 gelang. 2008 war Hopp am Ziel aller Träume – mit Trainer Rangnick stieg Hoffenheim in die Eliteliga auf.
Dort rockte die TSG mit attraktivem Offensivfußball ein halbes Jahr die Liga; Spieler wie Andreas Beck, Marvin Compper, Tobias Weis, Chinedu Obasi, Demba Ba und besonders Vehad Ibisevic spielten die Saison ihres Lebens. In der Winterpause war das kleine Hoffenheim Herbstmeister.
Dieses Tempo konnte die Mannschaft nicht halten, am Ende war es Platz 7 – dennoch eine sehr gute Leistung des Aufsteigers. Danach hielt sich Hoffenheim ein paar Jahre im Mittelfeld der Liga, ehe es dann zur Katastrophen-Saison 2012/2013 kam.
Das Konzept, auf große Namen zu setzten, ging völlig in die Hose. Diese Zeit war auch ein Armutszeugnis für die Trainer Markus Babbel und Marco Kurz, die hier ziemlich versagten und eine zerstrittene Mannschaft ohne Mumm, aber mit vielen Stars hinterließen. Vom einstigen Konzept Rangnicks, eine junge Mannschaft mit durchaus teueren Akteuren aufzubauen, war nichts mehr zu sehen.
Erst als Hopp die Notbremse zog und Markus Gisdol wieder installierte, gelang die Rettung. Zumindest in dieser Saison sorgte der Klub wieder für positivere Nachrichten – außer bei den Fans der sogenannten Traditionsvereine. Die wünschen ihm weiter – siehe oben – alles erdenklich Schlechte.
Die
Bilanz BVB – Hoffenheim
Eine interessante
Dokumentation über den Klub, die wir auf
diesen Seiten auch schon begutachtet haben.
In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich. Und da die Saison so langsam zu Ende geht, endet unsere Serie mit diesem Text.