Montag, 21. September 2015
Was Tuchel mit Klopp verbindet
Der gleiche Gedanke, aber vielleicht habe ich mich am Sonntag auch unbewusst mit einem Schreiber von schwatzgelb.de unterhalten: Der aktuelle Siegeszug von Borussia Dortmund zeigt viele Gemeinsamkeiten mit der Saison 2010/2011 – die Spielzeit, in der Borussia zum ersten Mal in der Ära Jürgen Klopp Deutscher Meister wurde.

Diese Lust am Spielen, diese Freude am Kombinieren – all das erinnert in den ersten fünf Bundesliga-Spielen unter Trainer Thomas Tuchel an die Zeit, in der Klopps „Rasselbande“ die Liga aufmischte. Das souveräne 3:0 gegen Bayer 04 Leverkusen, einem Team normalerweise auf Augenhöhe mit dem BVB, war der fünfte Sieg in der Bundesliga und der inklusive Europa League und DFB-Pokal elfte Erfolg in der Saison. Borussia ist noch ungeschlagen und erlebt den besten Saisonstart, an den ich mich erinnere.
Nie klang der Song nach der Melodie aus Pippi Langstrumpf früher durch das Stadion als in dieser Spielzeit. Gegen Leverkusen ertönte er direkt nach dem 1:0 in der 19. Minute und irgendwie ist das von Fanseite auch eine Attacke auf den übermächtigen „Rivalen“ aus München. Die Bayern marschieren leider auch und sind ebenso noch ohne Verlustpunkt.
Am Sonntag hatte der BVB-Anhänger nie den Eindruck, dass die Werkself wie in den Jahren zuvor die Punkte aus Dortmund mitnahm. Borussia begann ungemein konzentriert, hielt das Tempo hoch und kombinierte hoch kreativ. Das 1:0 war der verdiente Lohn, denn bereits vorher hatte Schwarz-Gelb mehrere gute Einschuss-Möglichkeiten.

Spiel und viel Spaß
Nur in den 15 Minuten vor der Pause kam Leverkusen etwas besser ins Spiel, ohne dass der BVB wackelte. Doch das war nur eine kurze Unterbrechung: Nach der Pause wirbelte Dortmund weiter, schoss zwei Tore und hatte noch weitere Chancen.
Es ist diese unbändige Lust am Fußball spielen, die derzeit besonders viel Spaß macht und nicht nur den Gang ins Stadion zum großen Vergnügen macht. Natürlich agiert der BVB im ersten Tuchel-Jahr anders als unter Jürgen Klopp. Borussia spielt auch mal „hinten rum“, presst zwar noch immer konsequent, befördert den Ball aber dann wird nicht mehr bedingungslos nach vorne.
Dazu können die Mannschaften 2010 und 2015 nicht mehr verglichen werden. Vor fünf Jahren war das Jugend forsch – viele Spieler standen am Anfang ihrer Karriere. Von den damaligen Akteuren zählen aktuell noch Hummels, Schmelzer und Kagawa zum Stamm; Spieler wie Weidenfeller, Piszczek, Subotic, Bender oder Sahin sitzen auf der Bank bzw. sind verletzt. Andere Spieler wie Barrios, Großkreutz oder Kuba haben den Verein verlassen.
2015 ist die Mannschaft nach den ganzen Erfolgen hochkarätiger besetzt. Aber diesen ganzen Individualisten bilden ein sehr homogenes Team, das perfekt aufeinander abgestimmt ist. „Der Himmel scheint die Grenze zu sein“ – diesen Eindruck hinterlässt der BVB jedenfalls.
2010 verlor die Borussia das erste Heimspiel 0:2 gegen Bayer Leverkusen. Dortmund spielte dabei gar nicht schlecht, doch Leverkusen präsentierte sich als ganz starkes Team mit einem überragenden Michael Ballack. Wie ein zukünftiger Meister. Doch Schwarz-Gelb startete dann die Serie, blieb danach 15 Spiele ohne Niederlage und wurde am Ende Champion. Bayer wurde Vize – und Ballack war doch eher ein Missverständnis.



Donnerstag, 17. September 2015
Das St. Leger und ein übermächtiger Gegner
Am Sonntag ist es mal wieder so weit: Das 131. St. Leger, der Große Preis von DSW21, steht auf dem Programm. Das letzte klassische Rennen der Saison, ein wahrer Marathon über 2800 Meter und seit 1950 (fast) immer auf der Dortmunder Rennbahn gelaufen. Leider werden etwas später circa vier Kilometer weiter westlich in Dortmund die Bundesliga-Kicker von Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen spielen. Vor mehr als 80 000 Besuchern – und diese Tatsache wird dem Dortmunder Rennverein einige Besucher kosten.

Denn beide Veranstaltungen nacheinander zu besuchen, ist fast unmöglich. Das St. Leger wird um 16:25 gelaufen, Anstoß beim BVB ist um 17:30. Auch der Kolumnist muss sich entscheiden: Er wird zum BVB gehen, weil er eine Dauerkarte hat.
Der blöde Fußball. Oder sagen wir mal lieber die dummen Sonntag-Spiele der Bundesliga. Denn eigentlich sollte der Sonntag dem Amateurfußball (und den Galopprennen) gehören. Nur leider hat sich Borussia Dortmund für diese „Strafveranstaltung“ namens Europa League qualifiziert und spielt an mindestens sechs Terminen am Donnerstag. Das bedeutet, dass bis Weihnachten jedes Heimspiel des BVB an einem Sonntag stattfindet.
Die Amateurvereine dieser Stadt sind die Leidtragenden: Wenn die Borussia kickt, kommen weniger Besucher und die Einnahmen sinken. Und an diesem Sonntag wird auch der Dortmunder Rennverein leiden. Warum die Dortmunder Verantwortlichen diesen wichtigen Renntag nicht auf den Samstag verlegt haben, weiß ich nicht. Früher gab es regelmäßig Galopprennen am Samstag in Nordrhein-Westfalen, inzwischen ist dieser Termin in Turf-Deutschland fast tabu.
Am Samstag hätte ich die Rennbahn im Dortmunder Stadtteil Wambel besucht. Es wäre ein kleines Jubiläum gewesen, denn mein erstes „bewusstes“ St. Leger habe ich 1985 erlebt. So bewusst kann das aber nicht gewesen sein, denn an die Disqualifikation des eigentlichen Siegers Cassis zugunsten Kamiros II kann ich mich nicht mehr erinnern.



2011 siegte der englische Gast Fox Hunt aus dem großen Quartier vom Mark Johnson. Im Sattel war Silvestre da Sousa. Und natürlich tippte diese Kolumne den Sieger nicht.

Stuten brachten Glück
Im Gedächtnis geblieben sind allerdings die Gewinnerinnen Präirie Neba, Gondola und Britannia, allesamt Stuten und vom Kolumnisten gewettet. Danach fehlen mir wieder einige Jahre, weil ich zeitgleich selber Fußball gespielt habe. Anwesend war ich jedoch 1992, als der englische Gast Non Partisan siegte und ich vergebens versuchte, einigen Mitspielern die Schönheiten des Galopprennsports zu vermitteln. Sie fanden den Bierstand doch deutlich attraktiver.
Jedenfalls war ich später regelmäßig in Wambel, wenn es nicht gerade in Strömen regnete. Und wurde Zeuge, als Könner wie Caballo, Wurftaube, Ungaro oder Laveron triumphierten. Nur auf dem Wettschein hatte ich die Gewinner in diesen Jahren nie.
204.000 DM (später 104 000 Euro) Preisgeld gab es zwischen 1989 bis 2004 für Sieger und Platzierte, in den neunziger Jahren waren es noch bessere Zeiten im deutschen Turf. Heute liegt die Dotierung bei 55 000 Euro, das zeigt die Talfahrt im im deutschen Rennsport.
Wie in allen Rennsport-Nationen hat das St. Leger auch in Deutschland den geringsten Stellenwert aller Klassiker. Steher sind weniger gefragt in der Zucht, diese Entwicklung gibt es aber schon länger. Schon lange laufen nicht mehr die Besten des klassischen Jahrgangs im St. Leger. Camelot machte 2012 richtig Schlagzeilen, als er in England den Dreiererfolg 2000 Guineas, Derby und St. Leger anstrebte. Das Vorhaben misslang bekanntlich.
Seitdem das Rennen für ältere Pferde offen ist, wirkt das St. Leger wie eine ganz normales Steher-Prüfung. Zuletzt gewannen aber mit Hey Little Görl und Kaldera zwei dreijährige Stuten. Mein Wettglück kehrte immerhin zurück.
Wer gewinnt 2015? Der Boden wird wahrscheinlich weich sein, vielleicht sogar schwer, wenn das so weiter regnet. Zwei interessante Stuten sind am Start: Techno Queen ist eine der Aufsteigerinnen der Saison, weichen Boden kann sie, die Distanz ist aber Neuland. Virginia Sun war im letzten Jahr Zweite hinter Kaldera, die diesjährigen Form ist jedoch schwach. Der Favorit Nordic Flight wurde nachgenannt, als Adlerflug-Sohn sollte er das notwendige Stehvermögen besitzen. Ein interessanter Außenseiter ist Finoras, der die Distanz definitiv kann. Er kommt aus dem Ausgleich 2, das ist ein großer Sprung, aber in Steher-Prüfungen verbessern sich manche Kandidaten oft gewaltig.
Zudem neigt sich die Turf-Saison dem Ende zu. Da schlägt schon mal Form Klasse, weil viele Pferde ein hartes Programm hatten.



Mittwoch, 16. September 2015
„Eine Ehre, Brown Panther zu besitzen“
Ein Rennpferd stirbt bei der Ausübung seines Berufes. Das ist traurig, passiert aber leider jeden Tag. Pferde verletzen sich beim Rennen, beim Training, auf der Koppel etc. Immerhin haben diese Tiere ein viel glücklicheres Leben gehabt als viele andere Tiere, die später in Topf, Pfanne oder auf Brot enden. Nichtdestotrotz hat der Tod von Brown Panther den Kolumnisten sehr traurig gemacht. Und nicht nur ihn.

Eigentlich hätte nach diesem turbulenten Turf-Wochenende andere Themen im Vordergrund stehen sollen. Fragwürdige Entscheidungen der englischen und irischen Stewards zum Beispiel – die Disqualifikation von Simple Verse im englischen St. Leger oder die Nicht-Zurücksetzung von Golden Horn in den Irish Champion Stakes. Dann war da noch die grandiose Vorstellung der Arc-Favoritin Treve in Longchamp. Oder der brillante Sprinter Limato, der die Konkurrenz im Gruppe 2-Rennen in Doncaster scheinbar mühelos distanzierte.
Der Tod von Brown Panther im irischen St. Leger stellte diese Leistungen in den Schatten. Leider, aber schlechte Nachrichten bleiben eher im Gedächtnis als gute. Diese Kolumne hatte zudem immer ein besonderes Faible für den Shirocco-Sohn – seit seinem überragenden Sieg in einem gutbesetzten Handicap in Royal Ascot und dem Lauf im Deutschen Derby 2011. Da war er ein talentierter Dreijähriger.

Trauer
Nun ist er im Alter von sieben Jahren im Pferdehimmel: Brown Panther verunglückte vor dem Schlussbogen, brach sich zwei Knochen im rechten Hinterbein und war nicht mehr zu retten. Es war ein Unglück, niemanden traf eine Schuld. Ausgerechnet in dem Rennen, das er 2014 noch gewann. Ein Schock für Besitzer Michael Owen, Trainer Tom Dascombe und sein Team, aber auch für viele Turf-Fans.
„Es ist gut zu wissen, dass völlig Fremde und viele Menschen innerhalb der Industrie unsere Trauer teilen“, erklärte Dascombe. Offensichtlich sahen viele Menschen Brown Panther als ihr Pferd. Allerdings: „Er starb bei dem, was er am liebsten mochte – Rennen laufen“, betonte der Trainer.
Vom „traurigsten Tag in seinem Leben“ sprach Besitzer und Züchter Michael Owen. Der ehemalige englische Fußball-Internationale fand beeindruckende Worte: Brown Panther sei das härteste, ehrlichste und brillanteste Pferd, das er je gesehen habe, meinte Owen. „Was für eine Ehre, ihn zu besitzen und zu züchten.“
„Brown Panther wie ein guter Wein“ titelte diese Kolumne im März 2015. Da hatte der Scirocco-Sohn die Steher-Prüfung beim Dubai World Cup gewonnen und nurpferdeundfussball würdigte den Schützling von Trainer Dascombe in einer längeren Geschichte. Dieser Text ist immer noch passend. RIP Brown Panther!
Ach ja, im irischen St. Leger siegte Order of St. George aus dem Stall von Aidan O’Brien. Der einzige Dreijährige triumphierte im Stile eines hochtalentierten Pferdes. Freud und Leid – sie liegen nicht nur im Turf eng zusammen.



Vielleicht sein größter Sieg: Brown Panther siegt beim Dubai World Cup.