Das St. Leger und ein übermächtiger Gegner
Am Sonntag ist es mal wieder so weit: Das 131. St. Leger, der Große Preis von DSW21, steht auf dem Programm. Das letzte klassische Rennen der Saison, ein wahrer Marathon über 2800 Meter und seit 1950 (fast) immer auf der Dortmunder Rennbahn gelaufen. Leider werden etwas später circa vier Kilometer weiter westlich in Dortmund die Bundesliga-Kicker von Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen spielen. Vor mehr als 80 000 Besuchern – und diese Tatsache wird dem Dortmunder Rennverein einige Besucher kosten.

Denn beide Veranstaltungen nacheinander zu besuchen, ist fast unmöglich. Das St. Leger wird um 16:25 gelaufen, Anstoß beim BVB ist um 17:30. Auch der Kolumnist muss sich entscheiden: Er wird zum BVB gehen, weil er eine Dauerkarte hat.
Der blöde Fußball. Oder sagen wir mal lieber die dummen Sonntag-Spiele der Bundesliga. Denn eigentlich sollte der Sonntag dem Amateurfußball (und den Galopprennen) gehören. Nur leider hat sich Borussia Dortmund für diese „Strafveranstaltung“ namens Europa League qualifiziert und spielt an mindestens sechs Terminen am Donnerstag. Das bedeutet, dass bis Weihnachten jedes Heimspiel des BVB an einem Sonntag stattfindet.
Die Amateurvereine dieser Stadt sind die Leidtragenden: Wenn die Borussia kickt, kommen weniger Besucher und die Einnahmen sinken. Und an diesem Sonntag wird auch der Dortmunder Rennverein leiden. Warum die Dortmunder Verantwortlichen diesen wichtigen Renntag nicht auf den Samstag verlegt haben, weiß ich nicht. Früher gab es regelmäßig Galopprennen am Samstag in Nordrhein-Westfalen, inzwischen ist dieser Termin in Turf-Deutschland fast tabu.
Am Samstag hätte ich die Rennbahn im Dortmunder Stadtteil Wambel besucht. Es wäre ein kleines Jubiläum gewesen, denn mein erstes „bewusstes“ St. Leger habe ich 1985 erlebt. So bewusst kann das aber nicht gewesen sein, denn an die Disqualifikation des eigentlichen Siegers Cassis zugunsten Kamiros II kann ich mich nicht mehr erinnern.



2011 siegte der englische Gast Fox Hunt aus dem großen Quartier vom Mark Johnson. Im Sattel war Silvestre da Sousa. Und natürlich tippte diese Kolumne den Sieger nicht.

Stuten brachten Glück
Im Gedächtnis geblieben sind allerdings die Gewinnerinnen Präirie Neba, Gondola und Britannia, allesamt Stuten und vom Kolumnisten gewettet. Danach fehlen mir wieder einige Jahre, weil ich zeitgleich selber Fußball gespielt habe. Anwesend war ich jedoch 1992, als der englische Gast Non Partisan siegte und ich vergebens versuchte, einigen Mitspielern die Schönheiten des Galopprennsports zu vermitteln. Sie fanden den Bierstand doch deutlich attraktiver.
Jedenfalls war ich später regelmäßig in Wambel, wenn es nicht gerade in Strömen regnete. Und wurde Zeuge, als Könner wie Caballo, Wurftaube, Ungaro oder Laveron triumphierten. Nur auf dem Wettschein hatte ich die Gewinner in diesen Jahren nie.
204.000 DM (später 104 000 Euro) Preisgeld gab es zwischen 1989 bis 2004 für Sieger und Platzierte, in den neunziger Jahren waren es noch bessere Zeiten im deutschen Turf. Heute liegt die Dotierung bei 55 000 Euro, das zeigt die Talfahrt im im deutschen Rennsport.
Wie in allen Rennsport-Nationen hat das St. Leger auch in Deutschland den geringsten Stellenwert aller Klassiker. Steher sind weniger gefragt in der Zucht, diese Entwicklung gibt es aber schon länger. Schon lange laufen nicht mehr die Besten des klassischen Jahrgangs im St. Leger. Camelot machte 2012 richtig Schlagzeilen, als er in England den Dreiererfolg 2000 Guineas, Derby und St. Leger anstrebte. Das Vorhaben misslang bekanntlich.
Seitdem das Rennen für ältere Pferde offen ist, wirkt das St. Leger wie eine ganz normales Steher-Prüfung. Zuletzt gewannen aber mit Hey Little Görl und Kaldera zwei dreijährige Stuten. Mein Wettglück kehrte immerhin zurück.
Wer gewinnt 2015? Der Boden wird wahrscheinlich weich sein, vielleicht sogar schwer, wenn das so weiter regnet. Zwei interessante Stuten sind am Start: Techno Queen ist eine der Aufsteigerinnen der Saison, weichen Boden kann sie, die Distanz ist aber Neuland. Virginia Sun war im letzten Jahr Zweite hinter Kaldera, die diesjährigen Form ist jedoch schwach. Der Favorit Nordic Flight wurde nachgenannt, als Adlerflug-Sohn sollte er das notwendige Stehvermögen besitzen. Ein interessanter Außenseiter ist Finoras, der die Distanz definitiv kann. Er kommt aus dem Ausgleich 2, das ist ein großer Sprung, aber in Steher-Prüfungen verbessern sich manche Kandidaten oft gewaltig.
Zudem neigt sich die Turf-Saison dem Ende zu. Da schlägt schon mal Form Klasse, weil viele Pferde ein hartes Programm hatten.