Und darauf einen Ahlenfelder .....
Der Spruch tauchte erstmals bei Frank Goosen auf. „Woanders is’ auch scheiße“ ließ der Bochumer Autor einst eine seiner Figuren sagen und schuf damit einen Spruch, der das Selbstverständnis des Ruhrgebietlers präzise trifft. Und der sich schnell verbreitete. Aber musste Tim Sohr sein Buch so betiteln? Schon der erste Negativpunkt.
In seinem Werk geht es um das Groß werden im Ruhrgebiet der neunziger Jahre und dabei spielt der lokale Fußballklub Fortuna eine wichtige Rolle. Denn die Bezirksportanlage am Waldweg in Diepenbusch, einem Kaff in der Nähe von Dortmund, prägt die Entwicklung des Protagonisten Karlheinz, genannt Kalli, Borowski entscheidend.
Inhalt
Kalli Borowski träumt von der WM 2006: Im Finale gegen Argentinien schießt er das entscheidende Tor. Kalli wächst im Ruhrgebiet der 90er Jahre auf und spielt seit der D-Jugend für die Fortuna aus Diepenbusch. Die rote Asche wird sein ständiger Begleiter, im „örtlichen Fußballverein lernt er das echte Leben kennen“ (Klappentext). Der Fußball und die Mannschaft geben ihm Selbstvertrauen.
Das Buch begleitet den Helden von der D- bis zur A-Jugendzeit, also quasi durch Pubertät und Teenagerzeit. Kalli ist nicht nur ein flinker Linksverteidiger, er entdeckt im Laufe der Zeit auch Mädchen (Freundin Melanie), Zigaretten und Alkohol. Letzteres bleibt im Amateurfußball fast unausweichlich, weil dort alle saufen. Der „Ahlenfelder“, benannt nach dem kürzlich verstorbenen
Ex-Bundesliga-Schiedsrichter, bestimmt das Vereinsleben. Es handelt sich um ein Gedeck aus Bier und Malteser – und spätestens in der B-Jugend mischen dabei auch Kalli und seine Freunde munter mit.
Positiv
An einigen Stellen ist das Buch wunderbar witzig, manche Charaktere wie der Vereinsboss Paschke, der sich nach seinem Tod als Dortmunder Rotlicht-Größe entpuppte, oder der Vereinswirt und spätere Assistenztrainer Manni sind gut getroffen. Jeder, der mal in einem Verein Fußball gespielt hat, kennt diese Typen. Und das Ruhrgebiet bietet viele davon – Typen, die fast schon aus dem Klischee-Baukasten stammen können. Aber es gibt sie wirklich. Das Vereinsleben charakterisiert Sohr teilweise großartig.
Negativ
Leider hält Sohr das Level nicht, manches wirkt ziemlich aufgesetzt und ein wenig oberlehrerhaft – etwa wenn er die Musik der 90er beschreibt. Und auch wenn es Fiktion ist, manche fußballtechnische Aspekte sind schlecht recherchiert. So pfeift in der A-Jugend nicht mehr der Vater eines Spielers, sondern ein „echter“ Schiedsrichter. Auch spielen B-Jugend und A-Jugend in Nordrhein-Westfalen nicht Samstag, sondern am Sonntag.
Und in welcher Liga spielt die Fortuna? Überkreislich wohl nicht, denn es gibt genug Lokalderbies. Im Kreis gibt es nur Kreisklassen, meist 1 und 2, und Sonderklassen.
Schwer vorstellbar ist zudem, dass auf diese Kreisliga-Spiele in Wettbüros gewettet wird. Zumal in den neunziger Jahren noch nicht einmal Wettbüros für Fußballwetten gab. Noch nicht mal Oddset war auf dem Markt. Wer abseits des Totos wetten wollte, war auf Buchmacher in Österreich oder England angewiesen.
In den Bereich Fiktion fällt zudem, dass ein Bundesligist einen 16/17jährigen in der Kreisliga entdeckt. Das gab es selbst in den 90er Jahren nicht mehr. Wer damals gut war, hatte schon frühzeitig Angebote. Aber Borowski verzichtet ja auch wegen Melanie auf seine Profikarriere und geht mit ihr nach Berlin.
Urteil
Abgesehen von obigen pedantischen Einwürfen ist „Woanders is’ auch scheiße“ die passende Lektüre für lange Sommerabende. Man sollte allerdings die gleiche Sozialisation wie der Autor haben und im Ruhrgebiet mit dem Amateur-Fußball aufgewachsen sein.
Ein Höhepunkt der englischen Turf-Sommers naht: Boxen auf für die
King George and Queen Elisabeth Stakes. Die Gruppe 1-Prüfung über 2400 Meter in Ascot, immerhin dotiert mit einer Million Pfund, war bekanntlich in den letzten zwei Jahren eine deutsche Domäne: 2013 triumphierte
Novellist, 2012 die grandiose Stute
Danedream. Leider wiederholt sich das in diesem Jahr nicht, weil kein deutsches Pferd dabei ist.
Im Gegensatz zum Arc im Herbst glänzt das King George nicht gerade durch Internationalität, nur der französische Gast Flintshire stellt sich den Kandidaten aus England und Irland. Dennoch ist die Besetzung in diesem Jahr nicht schlecht – auch dank Trainer John Gosden, der gleich drei hoffnungsvolle Dreijährige ins Rennen schickt. Die Starter und ihre Chancen.
1. Flintshire (Trainer Andre Fabre/Jockey Maxime Guyon): Der einzige Gast vom Festland. Der letztjährige Gewinner des Grand Prix de Paris wird den gut bis festen Boden mögen, die letzte Formen reichen aber nicht aus. Auch nicht Platz 2 hinter dem famosen
Cirrus Des Aigles im Coronation Cup in Epsom.
2. Leitir Mor (Trainer Jim Bolger/Jockey Ronan Whelan): Tempomacher für Trading Leather.
3. Magician (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Joseph O’Brien): Die beste Form als Sieger im Breeders Cup Turf über 2400 Meter auf festem Boden, zuletzt guter Zweiter hinter
The Fugue in Ascot auf 2000 Metern. Gefährlich, zumal er den Boden mag.
4. Mukhadram (Trainer William Haggas/Jockey Dane O’Neill): Düpierte zuletzt von der Spitze aus die hochkarätige Konkurrenz in den Eclipse Stakes. Das war eine taktische Meisterleistung von Jockey Paul Hanagan, der sitzt aber diesmal auf
Taghrooda. Dane O’Neill ist jedoch ein fähiger Ersatz. Dennoch schwer vorstellbar, dass ihn die Konkurrenz diesmal so weit enteilen lässt. Auch der Haggas-Schützling mag den gut bis festen Boden, lief aber noch nie über 2400 Meter.
5. Telescope (Trainer Sir Michael Stoute/Jockey Ryan Moore): Acht Starts, vier Siege, vier zweite Plätze und dabei eigentlich von Rennen zu Rennen verbessert. Bisheriger Höhepunkt ein sehr leichter Erfolg in den Hardwicke Stakes über Kurs und Distanz auf gut bis festem Boden, der Zweite
Hillstar bestätigte später diese Form durchaus. Das war „nur“ Gruppe 2, auf Gegner dieser Kategorie traf Telescope noch nie in seiner Laufbahn, aber der Stoute-Schützling sollte noch nicht alles gezeigt haben. Der Galileo-Sohn erinnert an
Harbinger, Sieger 2010. Gleicher Trainer, gleicher Besitzer und auch Harbinger wurde erst mit vier Jahren richtig gut. Und gewann zudem die Hardwicke Stakes als Generalprobe. Der Favorit.
So war es 2010: Harbinger deklassierte das Feld und war ein überlegener Gewinner. So schlecht waren die Gegner nicht: Zwei Derbysieger namens Workforce und Cape Blanco, dazu der unverwüstliche Youmzain. .
6. Trading Leather (Trainer Jim Bolger/Jockey Kevin Manning): Im letzten Jahr Zweiter hinter
Novellist, zuletzt der einzige, der
Mukhadram in den Eclipse Stakes über zu kurze 2000 Meter folgen konnte. Steher, der den Boden mag, aber ein wenig fehlt dem Galoppierer der Speed zur Spitzenklasse. Denn auch der Sieg im letztjährigen irischen Derby wurde so recht von den geschlagenen Pferden nicht bestätigt.
7. Eagle Top (Trainer John Gosden/ Jockey William Buick): Ein eher spätreifer Hengst, überraschte eigentlich alle mit seinem überlegenen Sieg in den King Edward VII Stakes während Royal Ascot. Das war eine beeindruckende Vorstellung, zumal es erst der dritte Lebensstart war.
Adelaide, der Zweite aus dieser Gruppe 2-Prüfung, belegte zuletzt den gleichen Platz in einem Grade 1-Rennen auf Dirt in den USA. Nach genannt für viel Geld, aber kein sicherer Starter. Trainer John Gosden ist der Boden ein wenig zu fest, obwohl Eagle Top zuletzt auf diesem Boden siegreich war. Freitag will der Trainer die Bahn in Ascot begutachten und dann entscheiden.
8. Romsdal (Trainer John Gosden/Jockey Richard Hughes): Die englische Derby-Form kommt auf den Prüfstand, denn Romsdal gefiel in Epsom durch guten Schlussakkord, ohne die beiden Erstplatzierten zu gefährden. Richard Hughes sitzt wieder im Sattel und zweifellos ist Romsdal ein talentiertes Pferd, aber diese Aufgabe könnte noch zu schwer sein.
9. Taghrooda (Trainer John Gosden/Jockey Paul Hanagan): Die Oaks-Siegerin und die Wahl von Hamdan Al-Maktoum-Stalljockey Paul Hanagan gegenüber
Mukhadram. Erst drei Starts, aber der Erfolg im Stutenklassiker war schon eine beeindruckende Angelegenheit. Was die Form wert ist, ist jedoch schwer einzuschätzen. Deutliche Gewichtsvorteile, dennoch bin ich eher skeptisch.
Urteil
Die drei Dreijährigen aus dem Gosden-Quartier bringen Pep in das Rennen, aber ich bleibe bei
Telescope, der auf den Spuren des 2010-Siegers Harbinger wandelt und der noch einiges im Tank haben sollte. Nächstes Plus ist die Kombination Trainer Michael Stoute und Jockey Ryan Moore, die in diesem Jahr an alte Glanzzeiten anknüpft. Wenn er läuft, ist
Eagle Top der Gegner.