Die Jungs von der Boulevard-Front haben wieder zugeschlagen: Nächste Woche steht das Revierderby zwischen Schalke und Dortmund an und da brauchen Sport-BLÖD BILD und BLÖD BILD ein paar knackige Schlagzeilen, um die Stimmung anzuheizen und ein paar Zeitungen mehr zu verkaufen. Also legt man dem Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz einen Fragebogen mit folgenden Antwortmöglichkeiten vor:
Großkreutz macht natürlich dass, was Manuel Neuer auf Schalker Seite auch gemacht hätte, wenn sein Sohn BVB-Fan wäre und kreuzt die einzig richtige Lösung an. Und schon haben Springers Gazetten die großen Schlagzeilen, die sie wollen, um danach noch die große moralische Keule zu schwingen. Die komplette Geschichte gibt es beim Bildblog.
Kritik an der Aktion gab es vom Dortmunder Trainer Jürgen Klopp auf der gestrigen Pressekonferenz. Eine Wutrede wie einst bei Herrn Doll, liebe Ruhr-Nachrichten, war das aber nicht. „Die Freunde hier“, sagte der Übungsleiter, „schaffen es tatsächlich, da so ein Ding raus zu machen, um uns alle gleichzeitig aufzufordern, Ruhe zu bewahren, damit sich Zuschauer vor dem Spiel nicht gegenseitig auf den Kopf hauen.“
Großkreutz hat jetzt erst einmal Sendepause und vielleicht schweigt Klopp nächste Woche auch. Zumal ja erst das Heimspiel gegen Hannover ansteht.
Für die Fans der Frankfurter Eintracht war es ein schöner Sonntag – und den verdanken sie Borussia Dortmund. Nicht nur dass die Eintracht nach gefühlten 80 Jahren mal wieder im Westfalenstadion/Signal-Iduna-Park gewonnen hat. Borussias Zweite in Liga 3 siegte nämlich völlig überraschend mit 2:1 beim Erzrivalen Offenbacher Kickers. Was wiederum aus schwarz-gelber Sicht ein kleiner Trost ist.
Es war, das muss man leider konstatieren, ein hoch verdienter Frankfurter Sieg 3:2-Erfolg. Wer dachte, dass das Team von Trainer Michael Skibbe und Assistent Edwin Boekamp, beide lange in Diensten von Borussia, erst einmal hinten Beton anrührt, der sah sich getäuscht. Die Eintracht war bissig in den Zweikämpfen, störte früh und spielte gekonnt nach vorne. Besonders Neuzugang Halil Altintop, von Magath beim Revierrivalen Schalke aussortiert, brachte Dortmunds wackelige Abwehr ziemlich durcheinander.
Die Hessen profitierten allerdings von der Fahrigkeit des BVB, der mit vielen Fehlpässen sein eigenes Spiel ruinierte. Es war ein Sonntag zum Vergessen, an dem auch die Südtribüne ziemlich still blieb: Dortmund drehte zwar den 0:1-Rückstand bis zur 57. Minute zu einer 2:1-Führung um, kassierte aber nach haarsträubenden Fehlern noch zwei Gegentreffer und damit die zweite Niederlage in Serie.
Kein Grund zur Panik
Bei der Mannschaft von Jürgen Klopp fehlten diesmal Bissigkeit und hohe Laufarbeit - Tugenden, die Borussia in der Hinserie stark machten und den wahrlich nicht schlechten Hamburger SV im ersten Heimspiel der Rückserie zur Verzweiflung trieben.
Die Rückschläge waren allerdings zu erwarten: Dortmunds junge Mannschaft spielte schon vorher immer bis zum Anschlag. Zudem fehlte ein wichtiger Spieler im defensiven Mittelfeld wie Sven Bender, der eigentlich auch nur als Vertreter des schon die ganze Saison verletzten Sebastian Kehl fungierte, diese Position aber herausragend spielte und sich hervorragend mit Nuri Sahin ergänzte.
Kein Grund zur Panik also! Das BVB-Team 2009/2010 hat immer noch viel Potenzial nach oben, liegt absolut im Soll und hat mit Jürgen Klopp einen schlauen Trainer, der bislang auf alles eine Antwort wusste. Ob er die schon in München bei den derzeit überragenden Bayern (Geld schießt eben doch Tore) hat – abwarten. Eine Niederlage wäre normal, ein Unentschieden schön, ein Sieg triumphal.
Für Frankfurts Trainer Michael Skibbe war der Sonntag übrigens ein besonderes Datum: Genau vor zehn Jahren, am 7.2.2000, feuerte ihn der BVB als Cheftrainer. Borussia hatte zwei Tage vorher den Rückrundenstart mit 0:1 gegen Kaiserslautern verpatzt, die Zuschauer pfiffen und Dortmunds damalige Vereinsführung mit Präsident Dr. Gerd Niebaum und Manager Michael Meier war der Meinung, reagieren zu müssen. Was danach kam, war aber noch schlimmer: Mit Trainer Bernd Krauss folgte eine unglaubliche Talfahrt, erst das Trainerduo Udo Lattek/Matthias Sammer sicherte den Klassenerhalt.
Vielleicht gibt es ja noch ein paar Leute (etwa in Bayern oder Baden-Württemberg etwa), die es nicht mitbekommen haben: Am Samstag feierte Borussia Dortmund seinen 100. Geburtstag und das Wochenende gehörte nur dem ruhmreichen BVB. Sportlich blieb die Mannschaft auf Erfolgskurs, gewann 1:0 gegen (nicht schlechte) Freiburger. Im Stadion war die Stimmung gigantisch, es gab eine tolle Choreographie vor dem Spiel und eine beeindruckende Lasershow danach. Das Schönste allerdings war, als bei gefühlten minus 15 Grad das ganze Stadion (einschließlich Sitzplätze) anfing zu hüpfen.
Der WDR zeigte sein Herz für Westfalen (böse Stimmen behaupten ja, besonders zur Karnevalszeit interessiert nur Köln den Sender), übertrag die offizielle Veranstaltung „100 Jahre BVB“ aus der Westfalenhalle und glänzte später noch mit einer schwarz-gelben Nacht. Dummerweise bin ich nach dem Spiel in einer Dortmunder Fachgaststätte leicht abgestürzt und verpasste diese Höhepunkte des öffentlich-rechtlichen Schaffens. Was allerdings auch zu meiner BVB-Biografie passt, denn bei einigen wichtigen Spielen war ich nicht dabei.
Mein erstes Spiel habe ich am 22. Februar 1975 gesehen: Es war ein 6:0 gegen Alemannia Aachen in der damaligen 2. Liga Nord. Ich stand auf der alten Nordtribüne, wo die Nörgler regierten, auf die Süd traute ich mich noch nicht. Es folgten Gegner wie die SpVg. Erkenschwick, Spandauer SV oder Göttingen 05, unvergessen blieb zudem ein 7:0 gegen Bayer Leverkusen kurz vor Weihnachten.
So häufig war ich allerdings nicht im Westfalenstadion – definitiv nicht dabei war ich 1976 beim 3:2 im Relegationsspiel gegen den Nürnberger Club, der Borussia wieder in die erste Bundesliga brachte.
Dortmund etablierte sich in der Liga und bewegte sich trotz einiger bitterer Momente wie dem berüchtigten 0:12 gegen Mönchengladbach mit ganzen langsamen Schritten nach vorne. Unter dem großen Taktiker Branko Zebec schaffte der BVB dann 1981/1982 den Sprung in den UEFA-Cup.
Manni Manni Burgsmüller
Dummerweise hatte Zebec ein Alkoholproblem und musste am Ende der Saison gehen. Es kam Karl-Heinz Feldkamp und nichts blieb von der ausgeklügelten Zebec-Taktik. In die Ära Feldkamp fiel allerdings ein 11:1 gegen Arminia Bielefeld, der höchste Heimsieg der BVB-Bundesligageschichte, den ich aber nur vor dem Radio staunend verfolgte. Zur Pause stand es noch 1:1, doch nach der Halbzeit hieß es: Vorhang auf zur großen Manni Burgsmüller-Show.
Jahr für Jahr wurde es dann schlimmer: Abstiegskampf lautete das Schreckenswort. Der Tiefpunkt war das Relegationsspiel 1986 gegen Fortuna Köln. Als Jürgen Wegmann sein berühmtes Tor schoss, saß ich gerade im Auto und fuhr vor Jubel fast in die Leitplanke.
Dafür war ich beim berühmten dritten Spiel in Düsseldorf dabei. Die erste Halbzeit standen wir im Stau und kamen pünktlich zum Wiederanpfiff. Borussia führte 1:0, erzielte noch sieben weitere Tore und rettete sich vor dem Abgrund.
Ein Jahr später qualifizierte sich der BVB überraschend für den UEFA-Cup, schaltete Celtic Glasgow und Velez Mostar aus und scheiterte dann in einem bitterkalten Dezemberabend beim FC Brügge (der einige Jahre später den Dortmundern noch größeren Ärger bereitete). 3:0 siegte Borussia im Westfalenstadion, in Belgien hieß es jedoch 0:5 nach Verlängerung. Kein einziges Heimspiel habe ich live gesehen, weil ich zu diesem Zeitpunkt bei der Bundeswehr im fernen Flensburg war. Ganz schlimm war es beim Rückspiel gegen Celtic: Wir hatten irgendeine Übung und ich versuchte verzweifelt in der norddeutschen Pampa, einen Sender zu finden, der das Spiel übertrug. Der Versuch scheiterte – kein WDR weit und breit, nur NDR und RSH. Der BVB triumphierte 2:0 und ich hatte keinen blassen Schimmer davon.
Auch die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund befindet sich derzeit auf Erfolgskurs: Das 3:0 gegen Wacker Burghausen war der zweite Sieg in Serie und brachte drei wichtige Punkte im Abstiegskampf der 3. Liga.
Über mangelnden Support kann sich der BVB-Talentschuppen dabei nicht beklagen. Die Unterstützung kommt von den Fans aus der Ultra-Szene, die schon seit Jahren die Spiele der zweiten Mannschaft besuchen. Und besonders wenn die Profis nicht zeitgleich spielen, sind die Stimmungsblöcke ganz am Anfang der einzigen Tribüne im altehrwürdigen Stadion Rote Erde gut gefüllt. Von den rund 1 000 Besuchern gegen die Gäste aus Bayern waren bestimmt 400-500 aus der Ultra-Szene, obwohl Dortmund bekannteste Vereinigung The Unity zur Zeit etwas kriselt.
Diese Zuschauergruppe ist in der Regel sehr jung, bevorzugt schwarze Jacken und trägt höchstens einen Schal in den Vereinsfarben, Trikots sind offensichtlich verpönt. Der Support ist völlig anders als im Westfalenstadion: Die Fans in der Roten Erde singen die Lieder, die ihnen ihr Kapo mit dem Megafon ansagt. Dazu wird kräftig getrommelt, werden permanent Fahnen geschwenkt. Optisch sieht das sehr nett aus, klanglich wirkt das auf Dauer ziemlich monoton. Mich erinnert das immer an Kirchenprozessionen.
Gegen Stadionverbot
Die Gesänge drehen sich um die Liebe zum Verein (dass man ihn immer unterstützt, ihn liebt, immer für ihn da ist…) und wiederholen sich häufig. Was nie fehlt, sind kräftige Statements gegen Dinge, die den Ultra-Fan stören. Da steht derzeit an erster Stall das Thema Stadionverbote und wenn die paar Unverdrossenen aus Burghausen, die die langen Weg ins Ruhrgebiet gemacht haben, das ebenfalls thematisieren, ist ihnen der Applaus der Schwarz-Gelben sicher.
Der Support ist ganz anders als im Westfalenstadion, wo die Ultras eine von mehreren Gruppen sind und (noch) nicht über die Fanchöre bestimmen. Spontan geschieht wenig, der Kapo bestimmt die Richtung. Was völlig fehlt, sind die berüchtigten Stakkato-Anfeuerungen, bei denen die ganze Tribüne mitbrüllt. Auch werden die gegnerischen Mannschaften weniger geschmäht, den Song „Sch…04“ über den Revier-Rivalen, im Westfalenstadion immer gern gesungen, habe ich bei der zweiten Mannschaft noch nie gehört.
Den Spielern gefällt die Unterstützung. Daniel Ginczek, dreifacher Torschütze gegen Burghausen, rannte nach seinem dritten Tor Richtung Fanblock und bedankte sich.
Es läuft die 8. Minute im Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und dem 1.FC Nürnberg: Sven Bender spielt einen überlegten Pass hinter die aufgerückte Club-Deckung und auf einmal hat Kevin Großkreutz auf der linken Seite viel Platz, läuft ein paar Meter und schiebt den Ball dann platziert in die lange rechte Ecke zum 1:0.
Damit wurde ein Traum wahr: Denn es war das erste Bundesligator des gebürtigen Dortmunders, der im letzten Jahr noch selber auf der Südtribüne stand. „Wir sind alle Dortmunder Jungs“, skandierte die Südtribüne. Einziger „Wermutstropfen“: Das Tor fiel vor den Nürnberger Fans auf der Nordtribüne. „Eigentlich wollte ich spontan zur Südtribüne rennen und dort auf den Zaun klettern. Aber dann hätte ich Gelb und später Gelb-Rot gesehen“, erzählte der BVB-Akteur dem Fachblatt kicker.
Großkreutz kommt aus Dortmund-Eving, einem Stadtteil im sozialschwachen Dortmunder Norden. Eving grenzt direkt an die Dortmunder Nordstadt, die als sozialer Brennpunkt gilt.
Fußballerisch spielte Eving immer eine sehr gute Rolle im Dortmunder Fußball. Da ist zum einen der Traditionsverein TuS, der schon in den siebziger Jahren in der damaligen höchsten Spielklasse in Westfalen kickte. Derzeit strebt die erste Mannschaft den Aufstieg in die Westfalenliga an, ist aktueller Tabellenführer der Landesliga 5 Westfalen und hat sein Team vor der Saison ziemlich aufgerüstet, unter anderem mit dem ehemaligen BVB-Profi Francis Bugri. Ein Sponsor der Truppe ist Patrick Owomoyela aus der aktuellen Mannschaft.
Wo auch Zorc, Klos und Ricken kickten
Der TuS Eving ist die Talentschmiede für Borussia: Aus dem Vorortverein schafften mit Michael Zorc, Stefan Klos und Lars Ricken drei Spieler den Sprung zu den Profis, die die Geschichte des BVB ziemlich mitprägten.
Der Lokalrivale Phönix hielt sich lange Zeit mit bescheidenem Etat in der Landesliga, besonders gefürchtet bei den Gegnern aus der Landesliga 3 war der Aschenplatz am Grävingholz. In diesem Jahr stieg Phönix allerdings aus der Landes- in die Bezirksliga ab.
Kevin Großkreutz spielte jedoch nie beim TuS oder bei Phönix, sondern unter anderem beim FC Merkur 07 Dortmund, einem Verein aus der nördlichen Dortmunder Innenstadt, der jahrelang für seine gute Jugendarbeit bekannt war und der lange Zeit mit einer Mannschaft fast nur aus Eigengewächsen in der Landesliga kickte. Eine beachtliche Leistung, wenn man sieht, welche Summen viele Vereine in diesen Ligen ihren Spieler zahlen.
Der Angreifer wechselte frühzeitig in den Jugendbereich von Borussia Dortmund, wurde dort aber mit 14 Jahren aussortiert, weil er angeblich körperlich zu schwach war. 2002 ging er zu RW Ahlen, spielte dort sieben Jahre in der Jugend und bei den Senioren, stieg 2008 mit RW Ahlen aus der Regionalliga in die 2. Liga auf und erzielte dort in 32 Spielen 6 Toren. Im Sommer schloss sich der Kreis, als Großkreutz zurück zu seinem Traumverein wechselte.
Vom „Weltnixtorjäger” zum „Abteilungsleiter Attacke“
Im Galopprennsport würde der Richterspruch „hochüberlegen“ lauten: Lucas Barrios, Stürmer von Borussia Dortmund, ist Fußballer des Monats Oktober in der Bundesliga. 59,5 Prozent (darunter auch meine SMS) entschieden sich bei der Wahl von kicker, DSF und DFL für den Argentinier im BVB-Dress. Damit distanzierte er immerhin Claudio Pizarro (Werder Bremen, 27,2 %) und Andreas Ivanschitz (1.FSV Mainz 05) ziemlich deutlich.
Er hat es verdient, der ehemalige „Welttorjäger“, den der BVB im Sommer für 4,2 Millionen als Nachfolger von Alex Frei holte. In den letzten vier Spielen in der Bundesliga war Barrios jeweils erfolgreich, dazu kamen noch Tore im DFB-Pokal. Es war sein goldener Oktober: Der Argentinier verhinderte mit seinen Treffern die kollektive Fußball-Depression in Dortmund.
Denn überzeugend war das bislang überhaupt nicht, was der BVB in dieser Spielzeit so spielt. Das schwache 2:0 gegen den Tabellenletzten Hertha BSC war derart trostlos, dass man das Spiel schnellstens vergessen sollte. Nur das 2:0 durch Barrios in der Schlussminute wird in Erinnerung bleiben: Schnelle Drehung – wie einst Gerd Müller oder Bruno Labbadia – an Hertha-Abwehrchef Friedrich vorbei und dann ein perfekter Schuss ins Eck.
Ein Hauch von Gerd Müller
Der „Panther“ (so sein Spitzname aus Südamerika) ist der klassische Strafraumstürmer: Technisch solide, körperlich robust, behauptet er den Ball gut und sucht immer den direkten Weg zum Tor. Zudem profitiert er davon, dass Trainer Jürgen Klopp nach der Verletzung von Tamas Hajnal von einem 4-4-2-System auf ein 4-3-2-1 (der Tannenbaum) umstellte.
Dabei war sein Start mehr als holprig. Mit großen Vorschusslorbeeren als Welttorjäger vom chilenischen Traditionsklub Colo Colo geholt, hatte Barrios nach ordentlichem Debüt gegen Köln so seine Probleme. Den Tiefpunkt erreichte er am 3. Spieltag im Heimspiel gegen Stuttgart: Keinen Ball sah er gegen die Stuttgarter Innenverteidiger, verlor fast jeden Zweikampf. Zudem hatte er spürbare Probleme mit dem höheren Tempo in der Bundesliga. „Das ist keiner“, lautete mein (vorschnelles) Urteil. Bestimmt ein guter Spieler für die zweite Liga – so ein Typ wie Giovanni Federico, der jetzt bei Arminia Bielefeld wieder herausragt und bislang schon neun Tore erzielte. „Weltnixtorjäger“ höhnte das Blatt mit den vier Buchstaben.
Barrios strafte alle Skeptiker ab. Nach einer schöpferischen Pause auf der Bank traf er im Pokal beim Zweitligisten KSC zweimal. Gegen Schalke behauptete er sich in der ersten Halbzeit einige Mal sehr gut gegen die starken Bordon und Höwedes. Und hatte Pech, das sein Schuss nur unter der Latte und nicht im Tor landete. Danach lief es aber, der „Panther“ kam auch in der Bundesliga ins Rollen.
„Lucas ist jetzt körperlich in einer Topverfassung“ sagt BVB-Trainer Jürgen Klopp, dessen Spezialprogramm „seinen Abteilungsleiter Attacke erst fit für das schnellere und arbeitsintensivere Spiel in Deutschland“ machte, so der kicker.
„Barrios wird noch besser“, schrieb Dieter Hoeneß in seiner Laudatio. Der ehemalige Hertha-Manager hatte den Stürmer aus Südamerika im letzten Jahr lange beobachtet, wollte ihn nach Berlin holen. Der Plan scheiterte am Einspruch von Trainer Lucien Favre – und jetzt ist Hoeneß nicht mehr Hertha-Manager, Favre als Trainer gefeuert und die Berliner trostloser Tabellenletzter. Nur Barrios trifft – und vielleicht macht er im BVB-Dress auch bald mal so ein Tor wie im Video für Colo Colo in Chile.
Borussia Dortmund setzte am Dienstag eine lieb gewonnene Tradition fort, um die es zuletzt etwas ruhig geworden war. Gemeint ist die gute alte Blamage im DFB-Pokal: Mit einem 2:3 beim Drittligisten VfL Osnabrück verabschiedeten sich die Schwarz-Gelben im Achtelfinale aus dem Wettbewerb. Warum der BVB verlor und warum BVB-Trainer Jürgen Klopp nach dem Spiel reichlich vergrätzt war, lesen Sie hier.
Nach dem Spiel war so wie immer, wenn der angebliche David den Goliath besiegt. Das altehrwürdige Stadion an der Bremer Brücke bebte, die Anhänger des heimischen VfL lagen sich in den Armen. Pokalsensationen kennt der Fan des Traditionsvereines in dieser Saison: In der ersten Runde scheiterte Zweitligist Hansa Rostock an der Bremer Brücke; in Runde 2 kegelten die Niedersachsen den großen Nordrivalen Hamburger SV im Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb.
Im DFB-Pokal entpuppt sich für Osnabrück der Zweitligaabstieg sogar als Glücksbringer. Denn als Drittligist genießt das Team von Trainer Carsten Baumann automatisch Heimrecht gegen höherklassige Teams, als Zweitligist hätte der Verein diesen Vorteil nicht.
Nicht unbedingt für eine BVB-Ehrenmitgliedschaft sollte sich zudem VfL-Mittelfeldspieler Benjamin Siegert bewerben. Der ist ein absoluter Pokalschreck, zum siebten Mal schaffte er gegen einen höherklassigen Verein den Sprung in die nächste Runde. Dreimal hieß das Opfer Borussia Dortmund, Siegert triumphierte zudem 2001 mit den Wolfsburger Amateuren und 2005 mit Eintracht Braunschweig. Kleiner Trost: Immerhin schied Borussia in Osnabrück gegen ein Vollprofiteam aus.
Orte der Schande
Pokalpleiten ziehen sich wie ein roter Faden durch die Dortmunder Vereinsgeschichte. 2001 zum Beispiel, als sich ein BVB-Team mit Koller und Amoroso mit 0:1 bei der zweiten Mannschaft des VfL Wolfsburg (damals Oberliga Niedersachsen/Bremen) blamierte. Oder 1997: 1:2 gegen den Regionalligisten Eintracht Trier. Im Jahr zuvor feierte der kleine Revierrivale Wattenscheid 09, heute in der fünftklassigen NRW-Liga aktiv und damals Regionalligist, einen unerwarteten 4:3-Erfolg.
1990 zeigte der BVB ein weiteres Mal seine Solidarität mit kriselnden Traditionsvereinen. Bis in die Landesliga Mitte, zu diesem Zeitpunkt die vierthöchste deutsche Spielklasse in Bayern, war die stolze Spielvereinigung aus Fürth abgestürzt. Der 4. August 1990 wurde zu einem denkwürdigen Tag für die Franken: Mit 3:1 gewann die Spielvereinigung gegen den Bundesligisten, obwohl sie ab der zweiten Minute nur noch mit zehn Leuten spielte, weil ihr Spieler Schneider rot sah. Doch Borussia blamierte sich in Überzahl und bei 40 Grad Tagestemperatur nach allen Kräften...
P.S: Sind die Frankfurter besoffen? 3:0 nach 28 Minuten für Bayern München nach einem unglaublichen Fehler von Mike Franz. Aber die Eintracht-Frans singen.....