Im Geiste von Dick Francis
Mord, Wettbetrug, Doping, Erpressung auf der Rennbahn – nicht nur Jockey Rory Gillespie lebt gefährlich. Autor John Francome, ehemaliger Topjockey, liefert in Midnight Express spannende Unterhaltung ab. Kann man gut lesen, gerade im Sommer. Auch wenn die Geschichte im Winter spielt.

Es gibt (nicht nur) in Dortmund diese wunderbare Einrichtung der öffentlichen Bücherschränke. Und in einem solchem fand ich per Zufall das Buch Midnight Express von John Francome. Bei dem Namen dämmerte mir doch etwas. Francome war eim ehemaliger englischer Hindernisjockey, immerhin siebenfacher Championjockey und damit nach Tony Mc Coy (20 Championate) und Peter Scudamore (8) auf Rang 3 in der ewigen Bestenliste. Allerdings war das vor meiner Zeit, später war Francome dann Experte beim TV-Sender Channel 4.
Zudem hat der Mann Bücher geschrieben – und gar nicht so wenige Was mir neu war, denn eigentlich fällt mir in Sachen Literatur und Galopprennen nur der gute Dick Francis ein. Wie viele der Bücher von John Francome in deutscher Sprache erhältlich sind, weiß ich nicht. Auf der Seite eines bekannten Gemischtwarenhändlers findet der Interessent immerhin einige Bücher, jedoch in Englisch.
Midnight Express (Originaltitel Break Neck) liegt aber in deutscher Übersetzung vor und eines dieser seltenen Exemplare ergatterte ich in obigem Bücherschrank. Midnight Express ist der Name eines Hindernispferdes, das zu den Besten des Landes zählt und als Mitfavorit für die Champion Chase in Cheltenham gehandelt wird. Doch dazu kommt es nicht: Denn das Pferd verunglückt tödlich in einem unwichtigen Amateurrennen. Dort läuft es nur, weil es sein Besitzer, der Immobilienmogul Luke Mundy, so will und er es in dieser Amateurprüfung selber reiten kann. Doch der finanziell bankrotte Mundy (der eine hohe Siegwette auf sein Pferd platziert hat) stürzt selber tödlich. Fremde Kräfte halfen dabei: Denn Midnight Express war gedopt.

Gut und Böse
Wettbetrug, Erpressung und Doping – die Welt des englischen Hindernissports ist bei Francome nicht gerade edel. Aber es ist ja ein Krimi und langweilig ist die Geschichte eigentlich nie. Und wie bei vielen Dick Francis-Werken ist auch bei John Francome das detailliert beschriebene Turf-Milieu die große Stärke. Und wenn der Autor kenntnisreich ein Rennen schildert, dann merkt auch der Galopp-Laie, dass der Mann jahrelang sein Geld als Jockey verdient hat.
Im Mittelpunkt stehen der Profi-Jockey Rory Gillespie und die Trainerin Laura Mundy, die Midnight Express trainiert. Beide waren vorher mal ein Paar, doch dann heiratete Rory die scharfe Trainer-Tochter und die aus gutem Haus stammende Laura ehelichte den reichen Aufsteiger Luke. Beide sind jedoch unglücklich in ihrer Ehe, die alte Liebesgeschichte wird wieder aufgewärmt. Laura wird zudem von Scotland Yard verdächtigt, am Doping ihres Pferdes beteiligt zu sein. Jedenfalls ermittelt Rory auf eigene Faust, weil er an die Unschuld von Laura glaubt.
Die Charaktere sind alle ein wenig grob gestrickt, man erkennt schnell, wer Gut und wer Böse ist. Ein krimigeprüfte Leser (oder regelmäßiger Tatort-Gucker) weiß zudem bald, wer der Oberschurke ist. Es sei Francome verziehen – dafür legt er ein schönes Tempo vor, es gibt kaum Längen.
Ärgerlich ist die manchmal etwas ahnungslose Übersetzung. So wird etwa der Rennstall von Laura Mundy durchgehend als Reitstall bezeichnet.