Polarisierend, aber gut: Spencer im Klub der besten 20
Herzlichen Glückwunsch Jamie Spencer. Der englische Jockey feierte seinen 2069. Erfolg in Großbritannien und schaffte damit den Sprung in die illustre Liste der 20 erfolgreichsten Jockeys auf der Insel. Doch sein Stil gefällt nicht jedem.
Late Change hieß das Pferd, das Spencer am Mittwoch in Yarmouth zum Erfolg steuerte. Mit diesem Sieg reihte der 38järige sich unter die Turf-Größen ein: Sir Gordon Richards (4870 Siege), Pat Eddery (4633), Lester Piggott (4493) oder Willie Carson (3828). Von den noch aktiven Jockeys sind Frankie Dettori (3131), Joe Fanning (2349) und Ryan Moore (2117) vor ihm platziert.
Doch kaum ein anderer Jockey polarisiert so sehr wie Spencer. Man betrachte nur die Kommentare auf der Facebook-Seite der Racing Post. „Fakt ist: Diese Marke hätte er viel eher erreicht, wenn er seine Ritte danach ausrichten würde, was wirklich in einem Rennen passiert“, schreibt User Gabs Silva. Andere nennen ihn den „schlechtesten Jockey aller Zeiten“.
Letzteres ist natürlich Unfug, denn kein „Unfähiger“ gewinnt so viele Rennen und hält sich so lange in der Spitzengruppe gegen starke Konkurrenz. Ohne die Unterstützung eines absoluten Top-Quartiers – ohne etwas Ballydoyle (für die er eine Saison ritt), Godolphin, Gosden, Stoute oder Mark Johnston. Spencer feiert seine Erfolge für die Trainer, die nicht ganz so im Rampenlicht stehen: David Simcock, Michael Bell, James Fanshawe oder Altmeister Luca Cumani.
Es ist der Stil des Jamie Spencer, der vielen Kritikern nicht gefällt. Spencer kommt gerne spät, am liebsten hält er sein Pferd am Ende des Feldes und gewinnt dann von hinten mit viel Speed. Das sieht immer ungemein stilvoll aus, geht aber manchmal auch daneben, wenn er zu spät kommt. Und dann wirkt das oft arrogant – zumindest auf manche Betrachter.
Der Pferdeversteher
Sein Jubiläumsgewinner Late Change am Mittwoch in Yarmouth war ein typischer Spencer-Ritt. Zuerst hielt er das Pferd von Trainer David Simcock an letzter Stelle und schob sich dann in der Zielgerade an den Gegnern vorbei.
Simcock setzt gerne Spencer ein – ebenso Altmeister Luca Cumani, bei dem Simcock mal Assistent war. Es ist eine lange Zusammenarbeit. „Er ist genauso gut von der Spitze als von hinten“, sagt der Trainer. „In neun von zehn Fällen reitet er meine Pferde wie ich es will.“ Eben, weil er nicht mit Gewalt den Erfolg wolle, wenn ein Pferd mal nicht so gut in Form sei. Und das „ist so wichtig für das Wohlbefinden und die langfristige Karriere des Pferdes.“
„Jamie ist ein Pferdemann und er hat den Überblick. Wetter mögen das nicht immer, aber Trainer“, meint Richard Hughes, heute Trainer, vor gar nicht langer Zeit noch Top-Jockey und in seiner aktiven Zeit auch jemand, der gerne wartete und spät zum Angriff ansetzte. Spencer mache Pferde besser, betont Hughes.
Wie viele Top-Jockeys kommt auch Jamie Spencer aus Irland. Sein Vater George trainierte erfolgreich Rennpferde, sein Schützling Winning Eye triumphierte 1963 in der Champion Hurdle. Sein Sohn wurde Jockey, gewann Ende 1996 sein erstes Rennen und holte sich im zarten Alten von 18 Jahren den ersten Klassiker mit Tarascon in den irischen 1000 Guineas. Schnell galt er als eine Art Wunderkind des Turfs. Doch sein Gastspiel als Ballydoyle-Jockey dauerte nur eine Saison und es war ein relativ schlechtes Jahr für Aidan O' Brien.
Zidane
2004 war Spencer Champion-Jockey in Irland, 2006 und 2007 holte er sich den Meistertitel in England. 2014 kündigte er den Rücktritt aus dem Sattel an, denn er später im Jahr wieder revidierte.
Mir hat Jamie Spencer mal wunderbar die Wette versaut. 2007 war es im Stewards Cup, diesem unglaublich schwerem Sprint-Handicap in Goodwood. In diesen auf dem Papier unmöglich erscheinenden Aufgaben einen Sieger zu treffen, ist das Nonplusultra für den sportiven Zockers. Egal, ob er 100 oder nur 1 Euro eingesetzt hat.
Jedenfalls sah es bis kurz vor Schluss günstig aus, als mein Tipp Borderlescott schon in Sicherheit vor den anderen 25 Mitstreitern schien. Doch dann kam er angeflogen – Zidane mit Jamie Spencer. Zielfoto und am Ende hatte Zidane gewonnen. Ein perfekt abgestimmter Spencer-Ritt, der mir das Herz brach. Aber perfekt gemacht war es schon, auch wenn ich immer noch meine, dass die Stewards in Goodwood falsch entschieden haben. Aber das ist ein anderes Thema.
Einer der größten Spencer-Erfolge: 2009 der Sieg in den englischen Oaks mit Sariska für Trainer Michael Bell. Auch wenn der Erfolg gegen Midday ein wenig glücklich ausfällt.