Nur Deutschland ist raus
Die Favoriten wanken bei dieser WM. Doch im Gegensatz zu Titelverteidiger Deutschland sind sie noch im Rennen und haben das Achtelfinale erreicht. Ein Blick auf Frankreich, Argentinien, Spanien, Portugal und Brasilien.

Da hängt sie noch, die Mannschaft. Auf der großen Fassade des Deutschen Fußballmuseums unweit des Dortmunder Hauptbahnhofs leuchten die Portraits der 23 Auserwählten, die Bundestrainer Joachim Löw mit zur Fußball-WM nach Russland nahm. Die Szenerie wirkt irgendwie surreal, der Spruch darüber will Trost spenden: „Im Erfolg ist es leicht, stolz zu sein.“
Das Ausscheiden der DFB-Elitekicker in der Vorrunde der Fußball-WM war ein schöner Schock. Denn Jüngere erinnern sich in Sachen Nationalmannschaft immer mindestens an das Halbfinale bei großen Turnieren, ältere blicken weiter zurück und denken an Fußball der Einfach-Kategorie (kämpfen und rennen), der im schlimmsten WM-Fall im Viertelfinale endete.
Fakt ist: Der Weltmeister von 2014 ist völlig verdient aus dem Turnier ausgeschieden. Eine gute Halbzeit gegen Schweden ist dürftig, bei den Niederlagen gegen Mexiko und Südkorea enttäuschte das Team in allen Bereichen und setzte damit die schwachen Leistungen aus der Vorbereitung vor. Woran es lag, darüber gibt es genug Meinungen – viele davon gebündelt hier.
Aber ein Trend dieser WM ist: Auch die anderen Vorabfavoriten tun sich schwer. Die sogenannten Underdogs stehen inzwischen taktisch sehr gut, verengen die Räume geschickt. Und in der Offensive haben sie oft ein oder zwei spielstarke Akteure, die den Unterscheid ausmachen können.

Die anderen Favoriten
Frankreich: Fünf Punkte aus drei Spielen bedeuten immerhin den Gruppensieg. Aber diese Ansammlung der Hochbegabten enttäuschten dennoch: ein mühevolles 2:1 gegen den Underdog Australien, ein zugegeben etwas besseres 2:0 gegen Peru und dann der Nicht-Angriffspakt mit einer Reserve-Truppe gegen Dänemark. Da verwundert es nicht, dass Presse und Fans maulen. Besonders die Offensiv-Asse Griezmann, Mbappé oder Pogba blieben unter den Erwartungen. Der Ex-Dortmunder Dembelé ist völlig von der Rolle, dieses „anarchistische“ in seiner Spielweise, dass ihn beim BVB so stark machte, fehlt völlig.

Argentinien: Das Team um Top-Spieler Lionel Messi galt schon vor der WM als wacklige Sache. Zu enttäuschend waren Qualifikation und Vorbereitung, Trainer Jorge Sampaoli stand schon vorher im Kreuzfeuer. Die ersten zwei WM-Spiele bestätigten die Skepsis: Nur 1:1 gegen Außenseiter Island und dann diese Demütigung gegen spielstarke Kroaten. Die Kritiker – allen voran Altstar Diego Maradona – ließen kein gutes Haar an der Mannschaft. Die Apokalypse nahte, doch dann zog sich die Albiceleste mit einem 2:1 gegen Nigeria aus dem Sumpf. Und Messi war spielfreudig wie beim FC Barcelona – zumindest teilweise.

Spanien: Schlagzeilen machten die Iberer schon vor der WM, als sie kurz vor der WM ihren Trainer Julen Lopetegui feuerten, weil dieser die Chupze besaß, nach der WM bei Real Madrid anzuheuern. Die alte Real-Größe und jetzige Sportdirektor Hierro übernahm und nach einem begeisterndem 3:3 gegen Nachbar Portugal (dem bislang besten Spiel dieser WM) waren alle zufrieden. Diego Costa hatte getroffen, Iniesta, David Silva und Isco ließen den Ball schön laufen und Sergio Ramos hatte niemanden verletzt. Doch gegen die Außenseiter Iran und Marokko war von spanischer Spielkultur wenig zu sehen. Gegen Marokko gab es dank Videobeweis noch ein Remis, gegen den Iran biss sich La Roja erst an der gegnerischen Deckung die Zähne aus und wackelte später gewaltig in der Abwehr.

Portugal: Es begann gut gegen den Nachbarn Spanien. Cristiano Ronaldo in großer Form, der Top-Star rettete seiner Mannschaft mit drei Toren das Unentschieden. Doch gegen Mannschaften wie Marokko und Iran, die als schwächer galten, spielte Portugal diesen langweiligen Fußball, der schon bei der EM so nervte. Ohne Inspiration, ohne Mut – und selbst CR7 wirkte davon angesteckt und ließ sich gegen den Iran zu einer Tätlichkeit hinreißen, für die er eigentlich Rot hätte sehen müssen. Sie hatten einfach nur Glück. Leider ist Portugal mit diesem Anti-Fußball 2016 Europameister geworden. Aber jetzt kommt es zum Duell mit den anderen Anti-Angreifern aus Uruguay. Wir sind gespannt.

Brasilien: Von allen Top-Favoriten haben sich die Brasilianer noch am schadlosesten gehalten. Zum Auftakt gab es zwar nur ein 1:1 gegen die Schweiz (die Eidgenossen haben aber ein gutes Team) und beim 2:0 gegen Costa Rica fielen die Treffer in der Nachspielzeit. Gegen Serbien aber zeigten sie ansatzweise, welch gute Einzelspieler sie haben und wozu sie in der Lage sein können. Auch wenn Serbien Schwächen in der Abwehr deutlich aufdeckte. Und „Flugschule“ Neymar brauche ich nicht unbedingt.