Idaho kann überraschen
So lange ist das noch gar her, die Zeit der deutschen Triumphe in den King George VI and Queen Elizabeth Stakes in Ascot: 2013 siegte überlegen Novellist, 2012 behielt die Arc-Heldin Danedream in einem tollen Kampf gegen Nathaniel die Oberhand. Ich bin zwar nicht gerade patriotisch, aber es wäre dennoch schön, wenn es in Deutschland mal wieder ein Pferd geben würde, dass in solchen Rennen mitmischen könnte. 2017 ist eine dreijährige Stute aus dem Quartier von John Gosden die klare Favoritin in diesem Traditionsrennen über 2414 Meter. Starter und Chancen im King George 2017. Der Boden in Ascot ist derzeit gut bis weich, bis Samstag werden weitere Regenfälle erwartet. Es könnte also weich werden.

1. Desert Encounter (Trainer David Simcock / Jockey Sean Levey): Überraschte als 51:1-Chance mit Platz 3 in den Gruppe 1-Eclipse Stakes, aber ohne Chance auf den Sieg. Ein gut gesteigerter Aufsteiger aus der Handicap-Klasse, der gerne von hinten kommt. Der Halling-Sohn kann die Distanz und den Boden, ein Erfolg in den King George wäre aber persönliche Bestleistung.

2. Highland Reel (Trainer Aidan O’Brien / Jockey Ryan Moore): Aktuell eines der besten älteren Pferde über längere Strecken und der Vorjahressieger des King George. Globetrotter, der die schwache Leistung zum Saisonauftakt in Meydan schnell korrigierte und danach zweimal imponierend siegte. 2400 Meter sollten ihn noch besser zur Geltung kommen lassen. Einziges kleines Fragenzeichen ist der Boden. Auf gut bis weichem Boden war er immerhin mal Zweiter in den Hardwicke Stakes 2016, eine halbe Länge hinter Dartmouth.

3. Idaho (Trainer Aidan O’Brien / Jockey Seamie Heffernan): Der Halbbruder von Highland Reel. Sehr überzeugender Sieg in den Hardwicke Stakes (Gruppe 2) über 2400 Meter. Das sah noch nach mehr aus, obwohl er schon dreijährig gute Formen (unter anderem Zweiter im Englischen Derby) aufweisen konnte. Auf schwerem Boden schon platziert hinter dem späteren Derby-Sieger Harzand, der ihn dann auch in Epsom besiegte.



Danedream siegt knapp gegen Nathaniel 2013 – eine der größten Momente des deutschen Turfs. 2017 wird die Nathaniel-Tochter Enable in der Favoritenrolle stehen.

4. Jack Hobbs (Trainer John Gosden / Jockey William Buick): Enttäuschte zuletzt als Favorit in den Prince of Wales’s Stakes in Ascot, davor aber überzeugender Sieger in den Dubai Sheema Classics. 2016 war der Hengst lange verletzt, 2015 immerhin irischer Derbysieger und Zweiter im Epsom-Klassiker hinter dem grandiosen Golden Horn. Ein wenig die Wundertüte im Rennen, nach Bestform kann er so etwas. Der weiche Boden sollte ihm nutzen.

5. Maverick Wave (Trainer John Gosden / Jockey Graham Lee): Gruppe 3-Sieger, der auch weichen Boden kann, aber selbst nach Bestform überfordert und wahrscheinlich Tempomacher für Jack Hobbs.

6. My Dream Boat (Trainer Clive Cox / Jockey Adam Kirby): Sehr solides Pferd, das zuletzt immer ordentlich lief, aber nie gewann. Größter Erfolg war der erste Platz in den Prince of Wales’s Stakes 2016, wo er die spätere Arc-Siegerin Found schlug. Kann weichen Boden, gewann aber noch nie über 2400 Meter. Es gibt aussichtsreichere Kandidaten.

7. Ulysses (Trainer Sir Michael Stoute / Jockey Jim Crowley): Famoser Sieger zuletzt in den Gruppe 1-Eclipse Stakes, der Galileo-Sohn aus einer Oaks-Ersten hat in diesem Jahr noch einmal einen Sprung gemacht. Wenn das Rennen über 2000 Meter wäre, wäre er mein Tipp. Aber 2400 Meter in der Top-Klasse könnten sein Stehvermögen doch arg strapazieren. Auf gut-weichem Boden bereits erfolgreich.

8. Sixties Song (Trainer Alfredo Gaitan / Jockey Gerald Mosse): Zweifacher Gruppe 1-Sieger aus Argentinien, kann die Distanz und den Boden, aber dennoch nur klarer Außenseiter. Aber ein schöner Farbtupfer. „Ich fühle mich wie ein Kind in Disneyland“, sagte der Sohn des Trainers über Ascot und seine Möglichkeiten.

9. Benbatl (Trainer Saeed Bin Suroor / Jockey Oisin Murphy): Wenig geprüfter Dreijähriger aus dem Godolphin-Imperium, zuletzt Sieger in den Gruppe 3-Hampden Court Stakes. Auch die Leistungen im Epsom Derby (5.) und den Dante Stakes (5.) waren nicht verkehrt. Sollte noch Reserven haben, aber das King George könnte (noch) eine Nummer zu groß sein.

10. Enable (Trainer John Gosden / Jockey Frankie Dettori): 2014 triumphierte John Gosden mit der dreijährigen Stute Taghrooda im King George, Enable soll ihr folgen. Zweimal distanzierte die Stute ihre Altersgenossinnen in den englischen und irischen Oaks. Das hatte schon einen Hauch von Frankel. Zweifellos eine grandiose Stute, weicher Boden ist allerdings Neuland. Und gegen die großen Jungs wird das trotz des günstigen Gewichts nicht so einfach.

Urteil
Enable gewann ihre bisherigen Rennen im Stile eines Ausnahmeathleten. Sie wird das zu schlagende Pferd sein und hat Gewichtsvorteile als dreijährige Stute, aber gegen etablierten Gruppe 1-Renner auf wahrscheinlich weichem Boden spiele ich keine 21:10-Favoritin. Highland Reel ist ein Muster an Konstanz und Härte, der erstmal besiegt werden muss. Jack Hobbs ist deutlich besser als sein letzter Flop. Ich versuche es trotzdem mal mit Idaho, der längst noch nicht alle Karten aufgedeckt hat.