Portugal ist also Fußball-Europameister. Herzlichen Glückwunsch dorthin, aber das Ergebnis passt zur Europameisterschaft 2016. Mit den Portugiesen holte eine Mannschaft den Titel, die spätestens ab den Achtelfinalspielen nur noch defensiv agierte und das Spiel des Gegners verhindern wollte. Ein stolzer Tag für Portugal, ein schlechter für den Fußball.
Es war ein trauriges Bild im Finale. Eigentlich wollten nur die Franzosen Fußball spielen, Portugal zeigte überhaupt keine Initiativen. Warum auch? Das Team von Trainer Fernando Santos hatte schon ähnlich vorsichtig in den Spielen zuvor agiert, leider mit Erfolg. Hinzu kam die Verletzung von Cristiano Ronaldo nach 25 Minuten: Bittere Tränen vergoss der Weltstar. Wieder nichts mit dem Titel für die portugiesische Nationalmannschaft, dachte CR 7 wohl.
Aber auch Frankreich setzte nicht voll auf Offensive, stand eher tief. Aber wenn ein Team zur Pause hätte führen müssen, dann die Blauen: 6:0 lautete das Chancenverhältnis, nur der herausragende Rui Patricio verhinderte die Führung.
In Abschnitt 2 wurde das Spiel noch öder. Frankreich kam kaum noch durch und wenn, dann verhinderten Rui Patricio, Pfosten und Latte die Führung. Portugal kam zum ersten Mal um die 70. Minute (!!!) gefährlich vor das französische Tor. „Bloß keine Verlängerung“, dachte der Kolumnist und wurde nicht erhört. Portugal wurde etwas offensiver und es kam so wie es kommen musste: Der eingewechselte Mann mit dem Fußball-Historie-trächtigen Namen Eder traf zum goldenen Tor. Ironischerweise spielt er auch noch in Frankreich beim OSC Lille. „Hurra, es ist vorbei“, titelte
11 Freunde.
Tauben und Schlangen
Portugal hatte schon oft starke Mannschaften. Die spielten häufig schönen Fußball, holten aber keine Titel. Und jetzt schafften sie es mit „hässlichem“ Fußball gegen müde Franzosen.
Wobei das mit dem Anti-Fußball über das ganze Turnier nicht ganz stimmt: In den ersten drei Spielen agierte Portugal noch offensiv, gegen Island (Ergebnis 1:1) und Österreich (Ergebnis 0:0) lag das Chancenverhältnis bei 12:5 bzw. 10:3. Und auch beim 3:3 gegen Ungarn setzte Trainer Santos auf Angriff. Aber der Erfolg blieb wegen der katastrophalen Chancenauswertung aus: Mit drei Unentschieden kam man so eben ins Achtelfinale.
In den Finalspielen änderte Santos dann die Taktik: So wurden die spielstarken Kroaten im Achtelfinale in der Verlängerung gestoppt und wer dachte, das war der Gipfel an Langeweile, der wusste noch nicht, dass es gegen Polen im Viertelfinale (Sieg nach Elfmeterschießen) noch schlimmer wurde. Gegen Wales im Halbfinale reichten dann 20 Minuten Initiative in der zweiten Hälfte. "Wir waren einfach wie Tauben, vorsichtig wie Schlangen",
zitierte das portugiesische Sportblatt
A Bola Fernando Santos.
Aber egal, werden sich die Portugiesen ob dieser Kritik denken. Auch andere Länder mogelten sich früher ins Finale. Nicht immer war ein Welt- und Europameister das spielerisch beste Team. Italien und Deutschland (vor 2006) kennen das sehr gut mit dem Durchmogeln. Also Glückwunsch!