Die Nachricht kam doch ziemlich überraschend: Red Cadeaux ist an den Folgen seiner Verletzung im Melbourne Cup gestorben. Kleiner Schock am Sonntagmorgen: Denn eigentlich schien der Wallach nicht mehr gefährdet, von einem Ruhestand inmitten anderer Legenden in Australien war die Rede. Nachruf auf ein großartiges Rennpferd, das nicht nur Down under die Massen bewegte.
Das Problem bei vielen guten Flachrennpferden? Sie sind einfach viel zu kurz aktiv – ein Jahr, maximal zwei. Bestes Beispiel ist Golden Horn, aktueller englischer Derbysieger und Arc-Triumphator. Leider tanzte er nur eine Turf-Saison. Das liegt natürlich am System Rennsport und Vollblutzucht. Denn es folgt eine lukrative Karriere als Deckhengst, weitere kleine Golden Horns lassen ihre Besitzer hoffen und viel Geld bezahlen. Doch leider werden Helden der Rennbahn nicht in zwei Jahren gemacht.
Es sind die erst Unscheinbaren, die diese Rolle übernehmen. Die Pferde, die dreijährig im klassischen Alter gar nicht entdeckt waren, weil ihre Leistungen noch nicht gut genug waren. Wie Red Cadeaux: ein fuchsfarbener Hengst (damals noch). Der Vater war ein guter Sprinter namens Cadeaux Genereux. Die Mutter Artiste lief dreimal, wurde einmal in einem Rennen mit nur drei Startern weit geschlagen Zweite. Das war ihre beste Leistung. Auch ihre späteren Nachkommen hinterließen keine großen Spuren.
Ron Arculli kaufte den jungen Red Cadeaux für 55 000 Guineas und schickte ihn zu Ed Dunlop ins Training. Dunlop ist ein bekannter Name im englischen Turf, schon Vater John Dunlop feierte schöne Trainer-Erfolge. Das beste Pferd von Sohn Ed war die grandiose Stute Ouija Board. Dunlop junior gilt als Trainer, der seinen Pferden Zeit lässt.
So war das auch mit Red Cadeaux: Das Debüt absolvierte er dreijährig am 13. April 2009 in den Toteplacepot Maiden Stakes in Yarmouth über die Meile. Favoriten waren andere, das Pferd von Besitzer Ron Arculli wurde als 50:1-Schuss Sechster. Auch der nächste Start in Kempton erneut über die Meile brachte keine Verbesserung: Wieder landete Red Cadeaux als 50:1-Chance im Mittelfeld.
Erst beim vierten Start auf der Allwetterbahn in Wolverhampton platzte im Handicap über lange 2400 Meter der Knoten: Der Fuchs siegte deutlich vor Decorum, später übrigens in Deutschland trainiert von Sascha Smrczek. „Ein fortschrittlicher Typ, der noch weiter nach oben klettern sollte“, analysierte die Racing Post. Das Fachblatt sollte Recht behalten.
Löwenherz
Weitere gute Leistungen folgten und vierjährig hatte sich Red Cadeaux weiter verbessert. Er gewann ein besseres Handicap in Lingfield und lief in guten Rennen. Zum ersten Mal fiel der Fuchs dem Kolumnisten auf, als er im Old Borough Cup, einem Heritage Handicap über 2800 Meter und dotiert mit rund 70 000 Pfund, Zweiter wurde. Schon damals zeigte er viel Kampfgeist, doch es reichte nicht ganz. Einige Wochen später wurde er wiederum Zweiter im Cesarewitch Trial in Newmarket.
Je länger die Strecke war, desto besser wurde der Sohn eines Sprinters. Dazu erreichte er erst mit fünf, sechs und sieben Jahren den Zenit seines Leistungsvermögens. Aber es waren nicht unbedingt die Siege, für die Red Cadeaux bekannt wurde.
Denn sieben Erfolge bei 54 Starts sind keine Bilanz eines Siegertypen, obwohl er einige schöne erste Plätze feierte. Zum Beispiel der Curragh Cup auf der gleichnamigen irischen Bahn, der erste Gruppe-Sieg. Oder der auch finanziell sehr lukrative Triumph in der Hong Kong Vase im Dezember 2012, übrigens sein letzter Erfolg.
Fette Beute: Der Treffer in der Hong Kong Vase
Doch es waren die zweiten Plätze, mit denen Red Cadeaux die Herzen des Rennvolks eroberte. Im Sport liebt man oft den knapp geschlagenen Verlierer mehr als den Gewinner. Die drei zweiten Plätze im Melbourne Cup – dem Rennen, bei dem ein ganzer Kontinent stillsteht – machten Red Cadeaux zum Helden. 2011 mit Nase von Dunaden geschlagen, 2013 eine drei-viertel Länge gegen Fiorente unterlegen und dann 2014 mit acht Jahren ehrenvoller Zweiter hinter Protectionist – das ist eigentlich die Bilanz eines Siegers.
Leider wurde dann auch der Melbourne Cup quasi sein Schicksal. Das Bild vom weinenden Jockey Gerald Mosse ging um die Welt, als er den verletzten Red Cadeaux angehalten hatte. Fast fünf Millionen Pfund galoppierte Red Cadeaux in seiner sechsjährigen Karriere ein. Er lief in England, Schottland, Irland, Dubai, Frankreich, Hongkong, Singapur, Japan und Australien.
„Er hatte das Herz eines Löwen und wusste nie, wann er aufgeben sollte“, sagte sein Trainer Ed Dunlop. „Das ist der traurigste Moment in meinem Leben“, so der Trainer nach dem Tod von Red Cadeaux. „Er war ein vielgeliebtes Mitglied unserer Familie.“
„Er liebte Australien und Australien liebte ihn“, erklärte Victoria Racing Club Chief Executive Simon Love. Natürlich findet der Vielgeliebte seine letzte Ruhestätte auf der Rennbahn in Flemington, dem Ort des Melbourne Cups.