Eine Inszenierung, die nur der Rennsport so gestalten kann. Drei Rennen hatte das irische Dream-Team mit Trainer Willie Mullins und Jockey Ruby Walsh bereits am ersten Tag des Cheltenham-Festivals gewonnen. Die heißen Favoriten Douvan, Un De Sceaux und Faugheen hatten leicht gepunktet, die berühmten „Ruby, Ruby-Rufe“ tönten laut über die Rennbahn. Alle warteten auf Annie Power in der Mares Hurdle, die nach Vorleistungen deutlich über dem Feld stand und als klare Favoritin an den Start ging.
Annie ging fantastisch, zog leicht in Front, doch das Drama nahte in Gestalt der letzten Hürde. Die Stute sprang einen Hauch zu früh ab, stolperte und beförderte Ruby Walsh aus dem Sattel. Pferd und Reiter waren zum Glück schnell wieder in Ordnung, doch nichts war es mit dem vierten Favoritensieg für Mullins/Walsh. Kleiner Trost für den Trainer: Die Erste
Glens Melody wird ebenfalls betreut von Willie Mullins.
Die Buchmacher kamen nach eigenen Angaben mit einem
blauen Auge davon. „Jeder Ire hier auf der Bahn hat diese Pferde in Schiebewetten gespielt“, sagte Buchmacher Ray Mulvany auf Channel 4. „Ich bin schon ein wenig ängstlich“, erklärte eine Buchmacherin schon nach den Erfolgen von Douvan und Un de Sceaux.
Viele Engländer müssen es den Iren nachgemacht haben und die Favoriten
DouvanUn De Sceaux (1,66),
Faugheen (1,8) und
Annie Power (1,5) geschoben haben. Doch Annie „rettete“ die Wettunternehmen.
Für die Buchmacher sind diese Tage auch schöne PR. Da kann man betonen, dass auch der Wetter mal gewinnt, aber ansonsten haben sie die Nase vorn. Wer das nicht glaubt, möge sich nur mal die Zahlen von
Ladbrokes, William Hill und co. anschauen.
Champions League
Es war ein denkwürdiger Tag: Fünf Mal siegten die Gäste aus Irland, vier Mal allein Trainer Willie Mullins. Dieser sattelte auch die ersten drei in der Champion Hurdle mit
Faugheen,
Arctic Fire und Altmeister
Hurricane Fly. Alle drei liefen ein fantastisches Rennen.
Die Pferde von Willie Mullins sind das „FC Bayern des Rennsports“. Denn keiner seiner Kollegen trainiert so ein hochkarätiges Aufgebot. Douvan, Un De Sceaux, Faugheen oder auch der in Deutschland gezogenen Arctic Fire sind Kandidaten, die die Gruppe 1-Rennen im Hindernissport über Jahre dominieren können. Hinzu kommt Stalljockey Ruby Walsh, vielleicht der beste Taktiker unter den Reitern und speziell in Cheltenham noch famoser als sonst.
Leider sind Mullins-/Walsh-Tage für mich keine Glückstage, weil deren Pferde mir immer zu tief stehen und ich ungern Kandidaten unter Toto 2 wette. Meine Wetten des ersten Tages kamen nicht an, aber das Cheltenham-Festival ist eben die Champions League. Nirgendwo ist es schwerer zu treffen, Erfolge dort sind allerdings Meilensteine.
Am Dienstag habe ich das Festival auf Channel 4, dem englischen TV-Sender, geguckt. In den englischen Rennforen und bei Facebook wird häufig über die Übertragungen gelästert, aber aus deutscher Sicht sind sie das Paradies. Weil es in Deutschland so etwas nicht gibt.
Mittendrin statt nur dabei
Allein der personelle Aufwand vor den Kameras ist immens: Drei Mitarbeiter im Studio analysieren das Geschehen, zwei sind bei den Buchmachern, zwei sind zuständig für die schnellen Interviews, dazu noch Moderatorin Clare Balding (die ebenfalls Interviews führt) und Ex-Jockey Mick Fitzgerald.
Zudem produziert Channel 4 fantastische Bilder, die die Atmosphäre großartig wiedergeben. Besonders die Bilder aus der Panorama-Kamera sind famos. Ich habe mich noch bei keiner Veranstaltung so „mittendrin“ gefühlt. Die Bilder von
Racing UK sind schon deutlich besser als die von den deutschen Bahnen, aber Channel 4 ist noch mal eine Liga besser. Da verzeihe ich einige Plattheiten doch gerne.