Sea The Moon wie von einem anderen Stern
Wie soll man so eine Vorstellung nennen? Gigantisch? Atemberaubend? Phänomenal? Von einem anderen Stern? Sea The Moon gewann das deutsche Derby in Hamburg hoch überlegen vor Lucky Lion und dem Außenseiter Open your Heart. Elf Längen waren es letztendlich – wobei das noch schmeichelhaft ist. Denn während andere Jockeys im Finish hart arbeiten mussten, saß Christophe Soumillon ganz ruhig auf dem Sieger und ließ ihn quasi austrudeln. „Wie im Kino“, würde ein bekannter englisch-deutscher Rennkommentator jetzt sagen.
Der belgische Meisterjockey verglich Sea The Moon nach dem Rennen mit Orfevre, diesem großartigen Pferd aus Japan, mit dem er zweimal den zweiten Platz im Arc belegt hat: „Quirky, but hugely talented“ („Eigenwillig, aber hoch begabt“), sagte er, Quelle Twitter.
Da war die Jockey-Geschichte natürlich vergessen. Andreas Helfenbein, der Sea The Moon bei seinen drei vorherigen Erfolgen steuerte, wird sich dennoch ein wenig ärgern. Aber so ist der Sport und Helfenbein feierte mit. Verdient, denn ihm gebührt auch ein Teil des Ruhms.
Und damit herzlichen Glückwunsch an den Besitzer, das Gestüt Görlsdorf, und Trainer Markus Klug. Für beide war es der erste Derbysieger. Es sei im übrigen Taktik gewesen, so Markus Klug, in der Zielgeraden nach außen zu gehen, weil dort der Boden besser sei.

Arc-Kandidat
Was kann dieser Sea The Moon? Seit 1986 verfolge ich das Deutsche Derby und ich habe viele tolle Pferde gesehen. Aber ich kann mich nicht an einen so überlegenen Triumphator erinnern. Das wäre ein Duell - Australia, der englische und irische Derbygewinner, gegen STM. Aber diesen Zweikampf wird es frühestens im Arc geben, wenn sie denn dort laufen werden.
Der Stallgefährte von Australia, Geoffrey Chaucer blieb chancenlos, ebenso der andere Gast aus dem Ausland Pinzolo. Eine ganz starke Partie lieferte der Mehl-Mülhens-Sieger Lucky Lion als Zweiter und strafte damit Zweifler wie mich, die dem Hengst kein Stehvermögen zutrauten. Trainer Andreas Löwe hatte diese Skepsis nicht. Der Sieg wäre die Krönung eines tollen Jahres für den Trainer gewesen.
Der unerfahrene Open your Heart überraschte als Dritter und kam noch gut ins Rennen. Da bin ich mal gespannt auf die weitere Karriere – ein klassischer Steher. Vielleicht irgendwann im Melbourne Cup. Und hoffentlich mehr Erfolg als Nordvulkan, Überraschungspferd des letzten Jahres und ebenfalls trainiert von Roland Dzubasz.
Noch überraschender war der vierte Platz von Eric, dem ich nie und nimmer die Distanz von 2400 Meter zugetraut hätte. Wild Chief, nicht nur der Tipp dieser Kolumne, wurde Fünfter. Zeitweise sah es sogar noch besser aus, aber es sollte nicht sein.
Die Rennbilder waren diesmal richtig gut. Ist doch schön, wenn man mehrere Kameras einsetzt. Schade war, dass bei der Parade Bild und Ton nicht synchron waren. Wenn Sprecher Sven Wissel ein Pferd vorstellte, sah der Betrachter ganz andere Teilnehmer.
Ärgerlich außerdem die Umschalte zum Rennen nach Mannheim noch während des Interviews mit Siegjockey Christophe Soumillon. Muss das sein, muss Mannheim so kurz nach dem Derby wieder ein Rennen starten? Das Derby ist das wichtigste Rennen im Jahr und liefert jedes Jahr tolle Geschichten und Bilder. Die würde ich gerne noch intensiver erleben