Der strauchelnde Dino aus Hamburg
Es ist fast schon ein Klassiker des deutschen Fußballs: Am Samstag erwartet Borussia Dortmund den Hamburger SV, den „Dino“ der Fußball-Bundesliga. Zwischen den beiden Kontrahenten gab es unzählige packende Duelle, an die mich gerne erinnere. Zeitweise existierte zwischen den Klubs sogar eine Art Fanfreundschaft, aber das ist längst vorbei.
Und nachdem der HSV in den Jahren zuvor immer ein dankbarer Gegner in Dortmund war und vom BVB regelrecht an die Wand gespielt wurde, sah es in der Vorsaison anders aus: 4:1 triumphierten die Hanseaten im Westfalenstadion und boten dabei gegen (zugegeben) schlappe Dortmunder eine Leistung, die ich ihnen nie zugetraut hatte. Denn zu schwach präsentierten sich die Hamburger in der Liga, zeitweise spielten sie wie ein Abstiegskandidat. Heung-Min Son hieß der überragende Mann des Tages, traf zweimal und wirbelte die Dortmunder Abwehr durcheinander.
Es war ein positiver Ausrutscher des HSV, denn schon bald befand sich das Team von Trainer Thorsten Fink wieder in den Negativ-Schlagzeilen. „Höhepunkt“ war das 2:9 in München, wo sich die Hamburger ohne große Gegenwehr abschießen ließen. Son spielt inzwischen auch nicht mehr in Hamburg, er wechselte zu Bayer 04 Leverkusen. Und der Ur-Dortmunder Thorsten Fink steht beim HSV unter Dauerbeschuss.

Aktuelle Lage
Vier Punkte aus vier Spielen sind nicht unbedingt das, was man sich in Hamburg unter einem gelungenen Saisonstart vorstellt. Besonders nach dem desolaten 1:5 gegen Hoffenheim brannte mal wieder der Busch. „Taktisches Versagen“ attestierten die Kritiker Trainer Fink. Besonders die Abwehr wirkte ziemlich desolat.
Beim folgenden 0:1 bei Hertha BSC präsentierte sich zumindest die Defensive stabiler. Der 4:0-Heimsieg gegen schwache Braunschweiger sorgte wenigstens für etwas Ruhe im hektischen Umfeld.
Dennoch bleibt der HSV 2013 ein fragiles Gebilde: Zu sehr hängt das Offensivspiel von Rafael van der Vaart ab, auf den so wichtigen Sechser-Positionen sind die Hamburger eher schwach besetzt. Im Angriff hat der HSV mit Pierre-Michel Lasogga von Hertha einen neuen talentierten Angreifer verpflichtet, der jedoch in Berlin nicht zum Zuge kam. Zudem hofft Thorsten Fink, dass Maximilian Beister eine ähnlich positive Entwicklung wie im letzten Jahr Son durchläuft. Eine Investition für die Zukunft ist definitiv Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu, 19 Jahre alt und im letzten Jahr beim Karlsruher SC in Liga 3 herausragend.



Ein Tor für die Ewigkeit: Felix Magath trifft für den HSV gegen Torwartlegende Dino Zoff und entschied so 1983 das Landesmeister-Finale gegen Juventus Turin. Unglaublich, wie viel Platz die Spieler im Mittelfeld dort hatten und wie sie den Ball in aller Seelenruhe annehmen konnten.

Historie
1983 feierte der HSV den größten Triumph der Vereinsgeschichte: In diesem Jahr holte der Club nicht nur zum letzten Mal die Meisterschaft, sondern triumphierte auch im Finale des damaligen Europapokals der Landesmeister gegen Juventus Turin. In den Jahren zuvor hatte ein sehr starkes HSV-Team gemeinsam mit dem FC Bayern München die Bundesliga dominiert. Branko Zebec und Ernst Happel waren herausragende Trainer, Günter Netzer ein umsichtiger Manager und die Mannschaft eine gute Mischung aus Technikern und Kämpfern. Doch spätestens nach dem Abschied von Ernst Happel (1987) ging es bergab. Sein Nachfolger Josip Skoblar blieb alleine durch seinen Flop-Torhüter Mladen Pralija im Gedächtnis und auch sonst konnte der Traditionsclub nur noch gelegentlich glänzen. 21 Übungsleiter versuchten sich seit 1987, manche wie Benno Möhlmann und Frank Pagelsdorf blieben etwas länger, die meisten aber wurden wegen Erfolglosigkeit entlassen.
Dabei hat es der Nordrivale Werder Bremen mit seiner auf Kontinuität bauenden Personalpolitik doch vorgemacht. Doch während die Bremer Meisterschaften und Pokale einfuhren, gingen die Hamburger leer aus. Weil eben jeder Trainer sein eigenes Konzept hat und der Nachfolger wieder mit seinen Ideen bei Null anfängt.
Das hochgradig erregbare Umfeld leistet zudem seinen Beitrag. Den HSV zeichneten schon immer eitle Aufsichtsrat- und Vorstandsmitglieder aus, die gerne ihr eigenes Süppchen in der Öffentlichkeit kochten. Die Boulevardmedien in der Hansestadt freut das, bekommt man so doch immer wieder neues Material ins Haus geliefert.
In den letzten Jahren hat sich das alles noch verschlimmert. Spätestens mit dem Abschied von Manager Dietmar Beiersdorfer ging die letzte sportliche Kompetenz; seine Nachfolger mussten schnell feststellen, dass Profifußball nicht nur nach wirtschaftlichen Kriterien funktioniert.
Frank Arnesen sollte den Verein wieder sportlich nach vorne bringen, doch der ehemalige dänische Nationalspieler scheiterte. Ein Grund: Seine Einkäufe aus der Reserve des FC Chelsea floppten meist.
Jetzt soll es Oliver Kreuzer als Manager richten. Aber es bleibt ein schwieriges Unterfangen, siehe die Panik nach dem Hoffenheim-Debakel. Eben weil in Hamburg immer noch viele denken, aufgrund seines Status und seiner glorreichen Vergangenheit gehöre der HSV zur Liga-Spitze. Dieser Glaube ist falsch.

Die Bilanz des BVB gegen den HSV

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Nachtrag 17.09. 2013: HSV feuert Fink
Das vernichtende 2:6 in Dortmund war dann doch etwas zu viel. Der Hamburger SV hat seinen Trainer Thorsten Fink entlassen. Begründung: Die üblichen Phrasen (Wohl des Vereines usw.). Warum Fink in Hamburg scheiterte, weiß dieser launige Text.