Ich mag Chopin
Es ist ein historisches englisches Derby am Samstag auf dem Berg- und Talkurs zu Epsom. Denn erstmals läuft mit Chopin ein in Deutschland trainiertes Pferd in dieser prestigereichen Prüfung. Wenn man sich die Starter so anschaut, dann erkennt man schon den Wandel im englischen Rennsport: Ein starkes irisches Kontingent mit sieben Pferden (allein fünf aus dem Stall von Aidan O’Brien) trifft auf zwei starke Gäste aus Frankreich und Deutschland sowie nur drei Pferde aus England. Die zählen allesamt zu den Außenseitern. Zudem fehlen die großen englischen Trainernamen: Sir Michael Stoute, Henry Cecil, John Gosden usw. Immerhin hat Goldolphin einen Starter, jedoch trainiert von Jim Bolger und von diesem auch im letzten Jahr erst erworben. Die Teilnehmer im Überblick

Battle of Marengo (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Joseph O’Brien/ Besitzer M.Tabor/D. Smith/ Mrs. John Magnier)
Einer aus der O’Brien-Streitmacht und vielleicht die erste Wahl. Sechs Starts, fünf Siege, zuletzt erfolgreich in den Derrinstown Stud Derby Trial Stakes über 2000 Meter. Das ist eine Prüfung, in der Trainer O’Brien immer hoch eingeschätzte Pferde seines Quartiers laufen lässt. Der Erfolg sah allerdings mehr nach einem Arbeitssieg aus. Über die Distanz von 2400 Meter sollte er als Galileo-Sohn kommen, für mich wirkt er aber wie ein reiner Galoppierer ohne viel Speed.

Chopin (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jamie Spencer/Besitzer Qatar Racing Limited)
Nach dem hochüberlegenen Sieg im Krefelder Dr. Busch-Memorial kaufte Qatar Racing Limited den Hengst vom Gestüt Graditz. Einer der ersten Maßnahmen des neuen Besitzers war es, den talentierten Wöhler-Schützling für das Epsom Derby nachzunennen – gegen eine knackige Gebühr versteht sich.
Das spricht für einiges Vertrauen. Dabei ist das Stehvermögen zumindest theoretisch nicht sicher: Der bislang wenig frequentierte Deckhengst Santiago war als Mehl-Mülhens-Sieger eher ein Pferd für die Meile, sein Bruder Sordino war immerhin Derby-Zweiter. Allerdings hat die Mutter über lange Strecken gewonnen. Chopin war bislang deutlich kürzer unterwegs, läuft aber wie ein Steher. Damit der Hengst sich an den hügeligen Epsom-Kurs gewöhnt, ließ ihn Trainer Andreas Wöhler auf dem Düsseldorf Grafenberg linksherum galoppieren.

Dawn Approach (Trainer Jim Bolger/Jockey Kevin Manning/Besitzer Godolphin)
Ganz klar der Primus der englisch-irischen Dreijährigen 2013. Sieben Starts, sieben Siege lautet die eindrucksvolle Bilanz, zuletzt überlegene Ware in den englischen 2000 Guineas. Was mir gefällt, ist seine entspannte Art: Der Hengst wirkt völlig unkompliziert, pullt nicht, lässt sich im Rennen quasi Fahren wie ein Auto. Dazu besitzt er den typischen Speed eines Klassepferdes.
Trainer Jim Bolger gewann mit dem Vater New Approach das Derby 2008. Der stammt von Galileo, väterlicherseits ist also Stehvermögen vorhanden. Mütterlicherseits ist das eher fraglich, weil aus dieser Linie überwiegend Sprinter und Mittelstreckler kommen. Bolger kennt diese Bedenken, glaubt aber, dass der Hengst dank seiner ruhigen Art und seiner Klasse über die Derbydistanz kommt.


Eines dieser legendären Derbies: Shergar gewinnt 1981. Später wurde der Hengst dann gekidnappt.

Festive Cheer (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Seamie Heffernan/ Besitzer M.Tabor/D. Smith/ Mrs. John Magnier)
Zuletzt knapp geschlagener Dritter im Prix Hocqard in Longchamp (Gr. 2), davor gewann er sein Maidenrennen auf der Allwetter-Bahn in Dundalk. Erst sein dritter Start, aber andere aus dem O’Brien-Stall haben bessere Voraussetzungen.

Flying the Flag (Aidan O’Brien/ Jockey Colm O’Donoghue/Besitzer Mrs John Magnier/M. Tabor/D. Smith)
Tolle Abstammung (Mutter klassische Siegerin in den irischen 1000 Guineas), aber größter Außenseiter aus dem Ballydoyle-Quartier.

Galileo Rock (Trainer David Wachman/Jockey W.M. Lordan/Besitzer Michael O’Flynn)
Noch nicht ausgereifter Hengst, drei Starts, zweimal in besserer Gesellschaft geschlagen. Die letzte Form sah aber gut aus, als Galileo Rock noch viel Boden machte. Dennoch reichen die bisherigen Leistungen nicht aus.

Libertarian (Trainer Mrs K.Burke/Jockey William Buick/Besitzer Hubert John Strecker)
Überraschte als 33:1-Sieger in den Dante Stakes in York, immer noch die wichtigste Derbyvorprüfung. Erst drei Mal am Start, offensichtlich stark verbessert. Wenn der Hengst mit der Bahn in Epsom zurechtkommt, ist er ein chancenreicher Kandidat zu einer attraktiven Quote. An mangelndem Stehvermögen wird er nicht scheitern.

Mars (Trainer Aidan O’Brien/Jockey Richard Hughes/ Besitzer M.Tabor/D. Smith/ Mrs. John Magnier)
Erst zwei Starts und so etwas wie die Wundertüte aus dem O’Brien-Quartier. Wirkte in den englischen 2000 Guineas noch reichlich grün, lief aber gar nicht schlecht. So ganz sicher ist das Stehvermögen auch noch nicht, aber Mars muss sich so und so verbessern, um eine Chance zu haben.

Mirsaale (Trainer James Tate/Jockey Neil Callan/Besitzer Saif Ali)
Immerhin schon Bahnsieger, gewann eine Conditions Stakes und bewies, dass er mit dem Kurs zurechtkommt. Das ist immer ein Vorteil, dennoch reichen die bisherigen Formen nicht aus.

Ocean Applause (Trainer J.Ryan/Jockey D J O'Donohoe/Besitzer W.Mc Luskey)
Schon 15 mal gelaufen – und immer noch sieglos. Ein Kandidat der unteren Handicapklasse gegen die Blaublüter. Hier hilft nur die Abkürzung, aber eine große…. Zumal die Distanz auch noch zu lang ist.

Ocovango (Trainer Andre Fabre/Jockey Pierre Charles Boudot, Besitzer Prince AA Faisal)
2011 gewann Trainer Andre Fabre mit Pour Moi und das möchte der Altmeister mit Ocovango 2013 wiederholen. Auch diesen schickte er zu einem Rennbahn-Galopp nach Epsom, das Ergebnis überzeugte durchaus. Der Monsun-Sohn ist in drei Rennen noch ungeschlagen, gewann zuletzt ein Gruppe 2-Rennen und könnte noch etwas im Tank haben.

Ruler of the World ((Trainer Aidan O’Brien/Jockey Ryan Moore/Besitzer M.Tabor/D. Smith/ Mrs. John Magnier)
Sieger der Chester Vase, erst zweimal gelaufen, hochtalentiertes Pferd, aber ziemlich unerfahren. Halbbruder zum Duke of Marmalade, einem mehrfachen Gruppe I-Sieger und Steher.

Urteil
Natürlich dominierte Dawn Approach bislang den Jahrgang eindeutig. Wenn er über den Weg kommt, ist er das ideale Pferd für so ein großes Rennen. Allerdings glaube ich an Wunder: CHOPIN ist zumindest eine Sieg-/Ita (Platz 2)-Wette wert. So überragend waren die englischen Derbyjahrgänge in den letzten Jahren auch nicht und der Wöhler-Schützling macht den Eindruck, dass er eine ganze Menge Potenzial hat und über den Weg kommt. Das ist zwar viel Spekulation, aber mit meinem Bauchgefühl lag ich häufig richtig. Außerdem gefallen mir Ocovango und Libertarian noch ganz gut.