Die Ballade von Otto und „Töppi“
Man muss die ARD auch mal loben für ihr Sportprogramm. Vergessen wir einfach mal die endlosen Wintersportübertragungen unter schwarz-rot-goldener Brille und widmen uns dem ARD-Landessender WDR. Der Westdeutsche Rundfunk zeigt neben anderen lobenswerten Angeboten wie etwa Zeiglers Wunderbare Welt des Fußballs auch die Sendung Sport Inside. Diese beschäftigt sich mit den Hintergründen und zeigt häufig die Schattenseiten des Sports: Doping, Profitgier, Vetternwirtschaft, Rassismus oder ähnliche Sauereien.
Bei Sport Inside landen Themen im Programm, die nicht unbedingt massenkompatibel sind. Jedenfalls beruft sich der WDR mal auf seinen journalistischen Auftrag.
Nun sind nicht alle Beiträge die großen Enthüllungsgeschichten, ist die Qualität nicht überraschend unterschiedlich. Und manchmal erfährt man Dinge, die man nicht unbedingt wissen muss, die einen aber dennoch interessieren. Zum Beispiel, dass Fußballtrainer Otto Rehhagel und das ehemalige ZDF-Urgestein Rolf Töpperwien seit der Weltmeisterschaft 2010 nicht mehr miteinander reden.
„Alter schützt vor Dummheit nicht“, lautete der Titel des Beitrags von Boris Poscharsky. Es ging um das schwierige Verhältnis von Hertha-Neutrainer Otto Rehhagel zu den Medien. Nun kann man von Rehhagel, der bekanntlich gerne Dichter und Philosophen zitiert, nicht unbedingt erwarten, dass er so profane Zeitgenossen wie Journalisten schätzt. Manchmal kann ich den guten Otto sogar verstehen, wenn beispielsweise der Boulevard mal wieder reichlich erfinderisch schreibt. Aber „seine Allergie gegen kritische Fragen“ (O-Ton Poscharsky) ist dann schon etwas peinlich. Ebenso, wenn Oberlehrer Rehhagel erklärt, was Journalismus ist. Und natürlich sprach Rehhagel nicht mit Poscharsky.

Ende einer Männerfreundschaft
Rolf Töpperwien, der selbsternannte Erfinder des Spielfeldrandinterviews, galt hingegen bislang als der Haus- und Hof-Journalist des Erfolgstrainers. Unvergessen „Töppis“ beflissenes Kopfnicken, als Otto nach dem – zugegeben – sensationellen Gewinn der Europameisterschaft 2004 mit dem Außenseiter Griechenland dozierte und Töpperwien exklusiv sein Erfolgsgeheimnis erklärte. Wenn ich mich recht erinnere, hat der jetzt im Ruhestand befindliche Journalist dieses Interview in seiner überhaupt nicht bescheidenen Biografie noch als „Sternstunde des Journalismus“ verkauft. Immerhin war der ZDF-Mann einer der wenigen Medienvertretern, mit denen sich Rehhagel überhaupt unterhielt.
Doch irgendwann kommen auch dickste Freundschaften in die Krise: In unserem Falle war es nach der Weltmeisterschaft 2010, da stellte Töpperwien nach dem Aus Griechenlands die Frage nach Rehhagels Zukunft. „Das ist privat", bellte dieser zurück und ließ den verdatterten Reporter stehen. Es war die berühmte Frage zuviel, zumal „Töppi“ - ganz der journalistische Spürhund - später noch den Rücktritt des Trainers verkündete. So etwas vergisst ein Otto Rehhagel eben nicht.
„Otto hat schon immer hinter jedem Baum einen Feind gesehen“, sagt Töpperwien heute über seinen alten Freund. Schon als junger Trainer im Dortmund in den 70er Jahren: Auch da war er manchmal etwas dünnhäutig gegenüber Journalisten. Es gibt diese schöne Anekdote, wo Rehhagel sagt, jetzt seien nur noch Fachfragen zulässig und ein Dortmunder Schreiber den gelernten Maler und Lackierer fragte, worauf er denn achten müsse, wenn er die Zimmer zuhause tapeziere.
Und auch in Berlin bleibt das Verhältnis schwierig. Sportlich steht es nicht gut um die Hertha, der Abstieg droht und selbst ein ansonsten zahmes Blatt wie der kicker nervt Rehhagels Verhalten. Immerhin kann sich Rehhagel auf seinen Freund Jürgen Flimm verlassen. Aber der ist ja auch ein Mann der Kultur...