Es war ein episches Duell, dieser Kampf zwischen Enable und Crystal Ocean in den King George Stakes am Samstag in Ascot. Die beiden Pferde schrieben Turfgeschichte. Grundy gegen Bustino war vor meiner Zeit, im letzten Jahr Poet’s Word gegen Crystal Ocean war schon ein Thriller. Aber das Duell am Samstag toppte alles.
Es gibt ja viele Leute, denen es egal ist, ob da jetzt ein Ausgleich 4 oder ein Rennen der Gruppe 1 ansteht. In so einem Ausgleich 4 laufen mehr Pferde, es gibt viel mehr Chancen auf eine dicke Außenseiter-Quote – weil nach Formen oft keiner so recht heraussticht. Mir war und ist das nie egal, so wichtig der Basissport auch ist. Denn die vierbeinigen Stars sind das Salz in der Suppe, die den Sport erst interessant machen. Ausnahmekönner haben eben eine besondere Anziehungskraft
Zum Beispiel Enable und Crystal Ocean am Samstag im King George. Zwei Spitzenkönner duellierten sich, lieferten sich einen grandiosen Kampf. Crystal Ocean war schon mal kurz vorbei, doch dann zog die Stute von Trainer John Gosden noch mal an. Ganz großes Kino – von beiden. Es war ein grandioses Rennen, eines, an das man sich noch in vierzig Jahren erinnern wird.
Der Kolumnist ist ja nicht mehr so versessen, dass er unbedingt eine Rennbahn besuchen muss. Manches sieht man am Bildschirm sogar besser. Zudem litt er zuletzt unter einer gewissen Turf-Müdigkeit – nach dem Hamburger Derbymeeting hatten andere Dinge im Leben Vorrang. Aber in den King George VI And Queen Elizabeth Qipco Stakes lag etwas besonderes in der Luft, diese Erwartung wurde nicht enttäuscht.
Königin und König
Bei diesem Rennen wäre ich gerne live dabei gewesen. Der Lärm, die Atmosphäre, die Spannung, der frenetische Applaus danach – gigantisch. Egal, dass ich Crystal Ocean gewettet habe. Dieses Rennen war einfach purer Genuss. Enable war die amtierende Königin des Turfs und sie ist es geblieben. Frankie Dettori machte wieder mal alles richtig. Auf der anderen Seite hat James Doyle auf dem Zweiten nichts falsch gemacht. Sein Pferd kämpfte großartig, war ein würdiger Herausforderer und unterlag nach 2018 zum zweiten Mal hauchdünn im King George. Mehr als ein „Meister der Herzen“.
Am Samstag schrieben Enable und Crystal Ocean Geschichte. Auch Waldgeist lief als Dritter famos und zeigte die beste Leistung seiner Karriere. Diesmal ritt Pierre-Charles Baudot den Ammerländer viel offensiver, einen kurzen Moment dachte ich sogar, dass sein Pferd die ersten beiden erreicht. Das schaffte er nicht, dennoch verdient auch er viel Applaus.
Ich bin nicht unbedingt ein Freund großer Statistiken, aber diese von Racing TV finde ich ganz interessant. Enable hat in ihrer Laufbahn 43 Gruppe 1-Sieger geschlagen, mehr als Frankel (24) und Sea The Stars (18) zusammen.
Für Historiker: So war das damals 1975, als Grundy sich mit Bustino duellierte. Interessanter Rückblick
Im Jahre 2012 war es Danedream, ein Jahr später Novellist. Doch nicht nur die deutschen Erfolge in den King George Stakes in Ascot, einem der wichtigsten Rennen in der englischen Rennsaison, erinnern an große Stunden. Die Qipco King George VI and Queen Elizabeth Stakes (Gruppe 1, 2400 Meter), so der komplette Titel, gewinnt fast immer ein großer Namen des Turfs. Die Stars der Ausgabe 2019.
Enable
Wir beginnen mit Enable, dem Turf-Superstar der letzten Jahre. John Gosdens grandiose Stute gewann nicht nur zweimal den Arc und möchte den Hattrick in diesem Jahr schaffen. Sie triumphierte auch 2017 im King George und distanzierte dabei Ulysses und Highland Reel. Im letzten Jahr war sie zehn Tage vor dem Arc krank, dennoch siegte sie sowohl im französischen Megarennen als auch im Breeders Cup. Ihr diesjähriges Saisondebut in den Eclipse Stakes in Sandown gegen die alte Rivalin Magical fiel sehr überzeugend aus. Enable kann jeden Boden, kennt fast nur Siege und hat mit Frankie Dettori einen Mann im Sattel, der die Stute blendend unterstützt. Alle Vorzeichen stehen für eine weitere Glanzvorstellung. Aber unschlagbar ist sie nicht.
King George 2017: Die damals dreijährige Enable triumphiert überlegen gegen Ulysses und Highland Reel.
Crystal Ocean
Da wäre etwa Crystal Ocean aus dem Quartier von Sir Michael Stoute. Manche Experten sagen, er wäre Enables bislang stärkster Gegner. Mit fünf Jahren hat sich der Hengst noch mal deutlich verbessert, sein Erfolg in den Prince of Wales Stakes gegen Magical und Waldgeist war sehr beeindruckend. In diesem Jahr ist Crystal Ocean noch ungeschlagen, im letzten Jahr unterlag er im King George nur hauchdünn nach großem Kampf gegen den Stallgefährten Poet's Word. Er könnte der Gosden-Stute das Leben schwer machen.
Anthony Van Dyck
Es ist schön, wenn gute Dreijährige den Kampf gegen die älteren Superstars aufnehmen. Anthony van Dyck ist immerhin der aktuelle englische Derbysieger. Ein Kandidat aus der Armada von Aidan O'Brien, im irischen Derby war er jedoch chancenlos gegen einen vorher wenig beachteten Stallgefährten. Diese Leistung war sehr ernüchternd. AVD ist ein großer Steher, der noch Reserven haben könnte. Doch auch wenn Aidan O’Brien ein Meister darein ist, seine Pferde topfit auf den Punkt zu bekommen: Der Hengst müsste sich deutlich verbessert haben, um hier bestehen zu können.
Waldgeist
Ganz ohne deutsche Beteiligung kommt jedoch auch dieser King George nicht aus: Waldgeist ist im Besitz des Gestütes Ammerland, stammt aus einer bekannten deutschen Linie und wird in Frankreich von Andre Fabre trainiert. In Ascot blieb er hinter Crystal Ocean, seine beste Arbeit machte er dort zum Schluss. Es war kein guter Ritt von Pierre-Charles Baudot, weil er das Pferd erst nach vorne schickte, als das Rennen schon entschieden war. In Ascot wird er ihn aggressiver steuern, die 2400 Meter des King George sollten ihm zugutekommen. Die vorherigen Leistungen waren gut, im Arc 2018 kam er nach schlechtem Rennverlauf noch gut ins Rennen. Dennoch steht er unter Enable und Crystal Ocean.
Defoe
Erwähnung verdient ebenfalls noch Defoe, ein in diesem Jahr weiter verbesserter Dalakhani-Sohn. Der Schützling von Roger Varian siegte in dieser Saison in Ascot (Hardwicke Stakes, Gruppe 2) und Epsom (Coronation Cup, Gruppe 1), die King George-Gegner in diesem Jahr sind aber noch höher einzuschätzen.
Fazit
Ein Rennen zum Genießen. Enable ist der Superstar, aber Crystal Ocean kann die Serie der famosen Stute stoppen. Waldgeist würde ich nicht abschreiben.
Auf dem Papier sieht das Deutsche Derby 2019 in Hamburg nach einem Drei-Pferde-Rennen aus: Laccario, Django Freeman und Quest For Fame sind die gemeinten Pferde. Aber grau ist alle Theorie: Vielleicht verdirbt ja Dschingis First die Party.
Früher, da war dieser erste Sonntag im Juli immer etwas ganz Besonderes. Es war der Tag des Deutschen Galoppderbys, schon in der Woche vorher fieberte der Kolumnist diesem Ereignis entgegen. Und einmal im Jahr stand der Galopprennsport im medialen Interesse: Das Fernsehen übertrug live und Zeitungen, die sonst den Sport hartnäckig ignorierten, schrieben über das Derby.
Heute ist vieles anders: Der Kolumnist wurde älter und zynischer, das Fernsehen überträgt nicht mehr live, Print-Tageszeitungen haben viele Leser verloren. Das Rennen läuft natürlich bei den Online-Wettportalen und bei den Buchmachern, aber neue Interessenten lockt nur das Free-TV. Und da sieht es mit einer Übertragung ziemlich schlecht aus. Wie schon in den Jahren zuvor.
Wer gewinnt denn nun 2019? Der letzte Derbysieger, den der Kolumnist richtig angesagt hatte, hieß Lucky Speed und das war 2013. Die Strategie, gegen den Top-Favoriten zu spielen, zahlte sich in den letzten Jahren leider nicht aus – übrigens sowohl im Deutschen als auch Englischem Derby.
Der letzte Treffer: Lucky Speed triumphiert im Derby 2013
Aber auch in diesem Jahr wette ich gegen die Favoriten. So ruhen die Hoffnungen diesmal auf Dschingis First. Er kommt aus einer berühmten Familie: Von der Mutter Divya stammen die Derbyplatzierten Destino (Zweiter 2018) und Dschingis Secret (Dritter 2016, vorläufig), die alle zudem den gleichen Vater – Soldier Hollow – haben. Die Mutter weiß, was sie ihren Söhnen mitgeben muss, damit sie auf dem Hamburger Kurs erfolgreich sind.
Spätreif
Vieles an Dschingis First erinnert an Dschingis Secret: Auch letzterer war ein Spätentwickler, der von Start zu Start besser wurde. Auch er war Dritter in der Union, es folgte der gleiche Rang im Derby 2016. Mit vier wurde das „Geheimnis“ dann richtig gut. Dschingis First galt bei Trainer Markus Klug immer als sehr veranlagt, aber auch als spätreif. Gegen die Jahrgangsspitze zog sich der Klug-Schützling zweimal ordentlich aus der Affäre. In der Bavarian Classic im Mai lief er – ohne dass ihn Jockey Adrie de Vries groß forderte – auf Platz 3, Django Freeman und Quest The Moon gingen aber deutlich besser. Auch in der Union (Platz 4 )hatte er einen starken Moment, aber gegen Laccario und Django Freeman blieb er letzlich ohne Möglichkeiten. Kann ein Siegloser das Derby gewinnen? Schwer, aber möglich. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Für Dschingis First spricht zum einen die Distanz von 2400 Metern, die ihm entgegenkommt, zum anderen weiß sein Trainer Markus Klug, wie das Derby gewonnen wird. Wenn sich der Hengst t weiter steigert, dann ist vielleicht die Überraschung drin. Sonst wird Dschingis First erst mit vier richtig Spitze.
Die klaren Favoriten
Drei Pferde sind die Hauptgegner: Zum einen Laccario, der überlegene Sieger in der Union. Ein von Start zu Start verbesserter Scalo-Sohn und nach den bisherigen Eindrücken nur schwer zu schlagen. Die letzten Erfolge fielen sehr souverän aus, nie hatte der Beobachter den Eindruck, dass sein Jockey das Letzte von ihm fordern musste. Das Pferd von Trainer Andreas Wöhler siegte mit dem berühmten „Finger in der Nase“. Sein Jockey Eddie Pedroza vergleicht ihn mit dem berühmten Novellist, der später die King George gewann, aber im Derby mit Pedroza von Pastorius auf den letzten Meter „geschluckt wurde“.
Der nächste große Kontrahent heißt Django Freeman. Henk Grewe, sein Betreuer, ist einer der Aufsteiger bei den deutschen Trainern. Sein Schützling war einer der besten Zweijährigen des Jahrgangs und diese Leistungen bestätigte er dreijährig. Er siegte im Bavarian Classic und war Zweiter in der Union. Dort war der Rennverlauf nicht optimal, doch ob er an diesem Tag eine Chance gegen Laccario gehabt hätte, erscheint fraglich. Quest The Moon hat jetzt Andrasch Starke im Sattel, der auf dem Derbykurs eine so gute Bilanz wie kein anderer hat. Der Sea The Moon-Sohn, der in München von Sarah Steinberg betreut wird, ist der Dritte Große im Starterfeld. Auch er zeigte zweijährig schon starke Leistungen, war dann zum Saisonauftakt guter Zweiter im Bavarian Classic. Das sah schon sehr vielversprechend aus und diese Vorschusslorbeeren bestätigte er mit einem Sieg im Prix du Lys in Longchamp über 2400 Meter. Die Pferde hinter ihm bestätigten die Form durchaus.
Wer hat noch eine Chance? An den englischen Gast Surrey Thunder glaube ich auch bei weichem Boden nicht so recht, eher ist Beam Me Up das Pferd für die Überraschung. Nach Formen muss er sich gewaltig steigern, aber er ist ein Pferd mit viel Luft nach oben.