Nur 14 Pferde im wichtigsten Rennen des deutschen Rennjahres – es gab schon aufregendere Versionen des Deutschen Derbys in Hamburg-Horn. Zumindest auf dem Papier, aber entscheidend ist ja auf dem Platz. Vielleicht erleben wir ja einen Krimi oder wir sehen einen kommenden vierbeinigen Superstar. Zumindest droht bei der derzeitigen Wetterlage keine Schlammschlacht wie so oft auf dem Horner Moor. Starter und Chancen im Deutschen Derby 2018.
1. Royal Youmzain (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eduardo Pedroza)
Bislang das Top-Pferd im Jahrgang und der klare Favorit nach seinem Badener Spaziergang im Derby Trial und dem Münchner Erfolg im Bavarian Classic zum Saisonauftakt. Vielleicht beschert er Eddie Pedroza endlich den ersten Derbysieg.
2. Weltstar (Trainer Markus Klug/Jockey Adrie de Vries)
Der Sieger in der Union gegen Destino und Salve Del Rio und schon aus diesem Grund einer der Derby-Favoriten. Eine überzeugende Vorstellung nach bestens eingeteilter Ritt von Jockey Adrie de Vries. Auch vorher gute Leistungen über kurze Strecken in den Top-Rennen des Jahrgangs. Vielleicht kann er ja seinem Halbbruder Windstoß nacheifern.
3. Destino (Trainer Markus Klug/Jockey Martin Seidl)
Der Bruder von Dschingis Secret hätte beinahe in der Union für eine Überraschung gesorgt, als er sich nur dem Stallgefährten Weltstar beugen müsste. Nach dieser Form ein Siegkandidat, davor aber schwach. Man beachte zudem die gute Stallform, gilt natürlich für alle Klug-Pferde.
4. Salve Del Rio (Trainer Jean-Pierre Carvalho/Jockey Michael Cadeddu)
Unser Mumm aus dem Union-Rennen, dort lief er als Dritter ein gutes Rennen. Und machte auf den letzten Metern noch mal etwas Boden. Das gibt Hoffnung für die 200 Meter längere Strecke in Hamburg, die 2400 Meter sollten dem Rio De La Plata-Sohn noch mehr liegen. Vielleicht kann er ja die Form umdrehen.
5. Jimmu (Trainer Henk Grewe/Jockey Andrea Atzeni)
In der Union als Vierter noch halbwegs dabei, davor eine ganz starke Leistung als Zweiter im Bavarian Classic. Interessanter Teilnehmer aus einem Stall mit einer bislang starken Saison. Wenn er sich weiter steigert, mischt er mit.
6. Emerald Master (Trainer Mario Hofer/Jockey Alexis Badel)
Blieb in der Union quasi in der inneren Spur stecken und landete im geschlagenen Feld, weil die siegreichen Pferde außen endeten. In den Bavarian Classic mit einer mutigen Vorstellung von der Spitze, vom Gefühl sind andere Pferde gefährlicher.
7. Giuri (Trainer Jean-Pierre Carvalho/Jockey Filip Minarik)
Immer hocheingeschätzt im Quartier, der dritte Platz in Baden Baden sah schon besser aus als der schwächere Lauf in München. Gegen Royal Youmzain jedoch ohne Chance, der Zweite Theo hat die Form in Dortmund nicht bestätigt. Steigerung notwendig, aber das Duo Carvalho/Minarik hat nicht nur mit Ancient Spirit in den Deutschen 2000 Guineas bewiesen, dass es sowas kann.
8. Ecco (Trainer Peter Schiergen/Jockey Andrasch Starke)
In der Union chancenlos, spätreifer Hengst aus einer guten Familie, der aber bislang nur in überschaubarer Konkurrenz gewann. Im Sattel sitzt jedoch Andrasch Starke, der in Hamburg immer eine Empfehlung wert ist.
Rückblick auf 2013: Lucky Speed, damals Derby-Tipp dieser Kolumne, triumphierte. Jockey Andrasch Starke, Trainer war Peter Schiergen
9. Aldenham (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jozef Bojko)
Noch wenig geprüft, in der Union deutlich geschlagen. In Hannovers Derby Trial besser dabei, aber dennoch Außenseiter.
10. Sweet Man (Trainer Jens Hirschberger/Jockey Robert Havlin)
Noch sieglos und längst nicht ausgereift. Seine beste Vorstellung war der zweite Platz in Hannovers Derby-Trial, in der Union ohne jede Möglichkeit. Müsste sich schon gewaltig verbessern.
11. Star Max (Trainer Markus Klug/Jockey Robert Havlin)
Im Mittelfeld in Union und Hannover. Zuletzt auch nicht überzeugend in Köln. Klarer Außenseiter.
12. Capone (Trainer Sascha Smrczek/Jockey Bayarsaikhan Ganbat)
Im Frühjahr einer der Geheimtipps dieser Kolumne für das Derby, aber das Laufen in Hannovers Derby Trial war sehr ernüchternd. Noch sieglos, zumindest an mangelndem Stehvermögen wird er nicht scheitern.
13. Zargun (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Clément Lecoeuvre)
2400 Meter sind Neuland, beim Derby-Trial über 2000 Meter war er deutlich geschlagen, siegreich war er über 1850 Meter. Großer Außenseiter.
14. Chimney Rock (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Bauyrzhan Murzabayev)
Rock of Gibraltar-Sohn, drei Starts, zwei Siege. In Dresden besiegte er immerhin souverän den späteren Hannover-Derby-Trial-Gewinner Balmain, in Baden-Baden lief er hinter dem Stallgefährten Royal Youmzain aber sehr schwach. Dort wirkte er aber im Vorfeld ziemlich aufgeregt, so sein Trainer. Nicht zu unterschätzen.
Urteil
Zwei überzeugende Siege in diesem Jahr machen den Wöhler-Schützling Royal Youmzain zum klaren Favoriten für das Deutsche Derby 2018. An den Formen gibt es wenig zu mäkeln, jedes Mal schien es so, dass der Hengst noch weitere Reserven haben sollte. Sein Kurs ist mir aber zu tief und Eddie Pedrozas Bilanz im Derby ist auch nicht überwältigend. Alternativen gibt es einige: Weltstar und Destino, die ersten Beiden aus der Union, zum Beispiel. Und natürlich Salve Del Rio, der in der Union gut lief, vielleicht von der längeren Strecke profitieren könnte und unser Tipp ist. Wer Außenseiter möchte: Chimney Rock und Ecco.
Die Favoriten wanken bei dieser WM. Doch im Gegensatz zu Titelverteidiger Deutschland sind sie noch im Rennen und haben das Achtelfinale erreicht. Ein Blick auf Frankreich, Argentinien, Spanien, Portugal und Brasilien.
Da hängt sie noch, die Mannschaft. Auf der großen Fassade des Deutschen Fußballmuseums unweit des Dortmunder Hauptbahnhofs leuchten die Portraits der 23 Auserwählten, die Bundestrainer Joachim Löw mit zur Fußball-WM nach Russland nahm. Die Szenerie wirkt irgendwie surreal, der Spruch darüber will Trost spenden: „Im Erfolg ist es leicht, stolz zu sein.“
Das Ausscheiden der DFB-Elitekicker in der Vorrunde der Fußball-WM war ein schöner Schock. Denn Jüngere erinnern sich in Sachen Nationalmannschaft immer mindestens an das Halbfinale bei großen Turnieren, ältere blicken weiter zurück und denken an Fußball der Einfach-Kategorie (kämpfen und rennen), der im schlimmsten WM-Fall im Viertelfinale endete.
Fakt ist: Der Weltmeister von 2014 ist völlig verdient aus dem Turnier ausgeschieden. Eine gute Halbzeit gegen Schweden ist dürftig, bei den Niederlagen gegen Mexiko und Südkorea enttäuschte das Team in allen Bereichen und setzte damit die schwachen Leistungen aus der Vorbereitung vor. Woran es lag, darüber gibt es genug Meinungen – viele davon gebündelt hier.
Aber ein Trend dieser WM ist: Auch die anderen Vorabfavoriten tun sich schwer. Die sogenannten Underdogs stehen inzwischen taktisch sehr gut, verengen die Räume geschickt. Und in der Offensive haben sie oft ein oder zwei spielstarke Akteure, die den Unterscheid ausmachen können.
Die anderen Favoriten Frankreich: Fünf Punkte aus drei Spielen bedeuten immerhin den Gruppensieg. Aber diese Ansammlung der Hochbegabten enttäuschten dennoch: ein mühevolles 2:1 gegen den Underdog Australien, ein zugegeben etwas besseres 2:0 gegen Peru und dann der Nicht-Angriffspakt mit einer Reserve-Truppe gegen Dänemark. Da verwundert es nicht, dass Presse und Fans maulen. Besonders die Offensiv-Asse Griezmann, Mbappé oder Pogba blieben unter den Erwartungen. Der Ex-Dortmunder Dembelé ist völlig von der Rolle, dieses „anarchistische“ in seiner Spielweise, dass ihn beim BVB so stark machte, fehlt völlig.
Argentinien: Das Team um Top-Spieler Lionel Messi galt schon vor der WM als wacklige Sache. Zu enttäuschend waren Qualifikation und Vorbereitung, Trainer Jorge Sampaoli stand schon vorher im Kreuzfeuer. Die ersten zwei WM-Spiele bestätigten die Skepsis: Nur 1:1 gegen Außenseiter Island und dann diese Demütigung gegen spielstarke Kroaten. Die Kritiker – allen voran Altstar Diego Maradona – ließen kein gutes Haar an der Mannschaft. Die Apokalypse nahte, doch dann zog sich die Albiceleste mit einem 2:1 gegen Nigeria aus dem Sumpf. Und Messi war spielfreudig wie beim FC Barcelona – zumindest teilweise.
Spanien: Schlagzeilen machten die Iberer schon vor der WM, als sie kurz vor der WM ihren Trainer Julen Lopetegui feuerten, weil dieser die Chupze besaß, nach der WM bei Real Madrid anzuheuern. Die alte Real-Größe und jetzige Sportdirektor Hierro übernahm und nach einem begeisterndem 3:3 gegen Nachbar Portugal (dem bislang besten Spiel dieser WM) waren alle zufrieden. Diego Costa hatte getroffen, Iniesta, David Silva und Isco ließen den Ball schön laufen und Sergio Ramos hatte niemanden verletzt. Doch gegen die Außenseiter Iran und Marokko war von spanischer Spielkultur wenig zu sehen. Gegen Marokko gab es dank Videobeweis noch ein Remis, gegen den Iran biss sich La Roja erst an der gegnerischen Deckung die Zähne aus und wackelte später gewaltig in der Abwehr.
Portugal: Es begann gut gegen den Nachbarn Spanien. Cristiano Ronaldo in großer Form, der Top-Star rettete seiner Mannschaft mit drei Toren das Unentschieden. Doch gegen Mannschaften wie Marokko und Iran, die als schwächer galten, spielte Portugal diesen langweiligen Fußball, der schon bei der EM so nervte. Ohne Inspiration, ohne Mut – und selbst CR7 wirkte davon angesteckt und ließ sich gegen den Iran zu einer Tätlichkeit hinreißen, für die er eigentlich Rot hätte sehen müssen. Sie hatten einfach nur Glück. Leider ist Portugal mit diesem Anti-Fußball 2016 Europameister geworden. Aber jetzt kommt es zum Duell mit den anderen Anti-Angreifern aus Uruguay. Wir sind gespannt.
Brasilien: Von allen Top-Favoriten haben sich die Brasilianer noch am schadlosesten gehalten. Zum Auftakt gab es zwar nur ein 1:1 gegen die Schweiz (die Eidgenossen haben aber ein gutes Team) und beim 2:0 gegen Costa Rica fielen die Treffer in der Nachspielzeit. Gegen Serbien aber zeigten sie ansatzweise, welch gute Einzelspieler sie haben und wozu sie in der Lage sein können. Auch wenn Serbien Schwächen in der Abwehr deutlich aufdeckte. Und „Flugschule“ Neymar brauche ich nicht unbedingt.
Degas gewinnt den 31. Großen Preis der Wirtschaft auf der Dortmunder Rennbahn. 28-mal davon war ich bei diesem Rennen dabei und auch diesmal live vor Ort. Einige Beobachtungen an einem Sonntagnachmittag.
Es gibt sie, die Oasen der Ruhe an einem Renntag. Zum Beispiel am Führring direkt nach einem Rennen, wenn die Pferde gerade von der Bahn kommen, die Leute entweder zum Absattelring laufen und/oder das Rennen diskutieren. Dann hat der Besucher den Platz fast alleine, hört sogar die Vögel zwitschern und vernimmt nur entfernte Geräusche von außen. Während 100 Meter weiter entfernt das Leben tobt.
So war es am Sonntag vor dem 31. Großen Preis der Dortmunder Wirtschaft. Ein Moment der Stille. Die ersten Pferde für die nächste Prüfung werden hereingeführt. Sonst passiert hier nichts. Das Geschehen spielt woanders: Der AS-Antriebs- und Systemtechnik-Preis, ein Ausgleich III über 2000 Meter, war gerade gelaufen. Elegant Maxime siegte soeben vor All About Me, ein Ergebnis mit Dortmunder Bezug: Das Pferd von Alt-Präsident Hans-Hugo Miebach (Elegant Maxime, Gestüt Wittekindshof) gegen das von Manfred Ostermann (All About Me, Gestüt Ittlingen). Oder Maschinenbau schlägt Möbelhandel.
Der Preis der Dortmunder Wirtschaft ist neben Sparkassen-Renntag an Himmelfahrt und St. Leger Mitte September das Aushängeschild des Dortmunder Turf Programms. Und solange sie diese Renntage noch veranstalten und nicht nur öde PMU-Ware an trüben Wintertagen auf der Sandbahn bieten, ist die Turf-Welt zumindest hier noch in Ordnung.
Die drei obigen Renntage sind eigentlich die einzigen, die ich seit Jahren in Deutschland live erlebe. Das hat einerseits gesundheitliche Gründe, andererseits gibt es England mit deutlich interessanteren Rennen. Ich habe ich mich in Sachen Rennsport zu so einer Art Couch-Potato entwickelt - leider. Lieber zuhause am PC gucken, ist doch deutlich komfortabler.
Bukowski las Zeitung
Jedenfalls habe ich zwischen den Rennen auf der Rennbahn auf einmal so etwas Langeweile. Weil eben 30 Minuten nichts passiert. Literat und Turf-Freund Charles Bukowski kannte das Problem auch, der hat immer zwischendurch die Los Angeles Times gelesen. Die muss früher am Wochenende auch ziemlich dick gewesen sein.
In Zeiten der Zeitungskrise ist das aber keine Alternative. So stehe ich am Führring, schaue mir die Pferde an. Das habe ich früher sehr intensiv gemacht, aber in Smartphone-Zeiten fehlt die Geduld. Zumal ich den Eindruck habe, dass in vergangener Zeit Pferde nicht so lange vor den Sattelboxen geführt wurden und früher in den Kreis kamen.
Auch sonst hat sich einiges verändert: Man trifft deutlich weniger bekannte Gesichter, dafür wird der Besucher permanent auf der Rennbahn akustisch unterhalten. Zwischen den Rennen wird viel erzählt: Uli Potofski macht Interviews mit Bekannten und Unbekannten, Sprecher Pan Krischbin informiert über die Pferde. Die beiden machen das professionell, aber manchmal könnte weniger mehr sein. Aber die dringend benötigten „neuen Zielgruppen“ wollen das wohl so.
Acht Euro Eintritt mit Programm sind ein fairer Preis, die Sport-Welt wird von diesem Koppelangebot nicht begeistert gewesen sein. Dadurch wird das Fachblatt auf der Bahn deutlich weniger verkauft. Das Rennprogramm sieht dick aus, ist voller Anzeigen der Dortmunder Wirtschaft. Da hätten die Verantwortlichen das Ganze auch noch mit ein wenig Inhalt füllen und neben Formen auch ein paar Tipps anbieten können.
Scharfe Bilder
Stark in Dortmund ist die Leinwand auf der Rennbahn, die gestochen scharfe Bilder liefert. Keiner guckt mehr auf das eigentliche Rennen, alle gucken auf die Übertragung. Und dann ist der Betrachter ganz verblüfft, wenn die Pferde live an einem vorbei laufen.
Ansonsten ist in Dortmund noch Improvisation gefragt, die Wetthalle ist immerhin verglast und hat Glastüren, aber abgeschlossen sind die Arbeiten noch nicht. Die Bahn ist gut gefüllt (5500 Zuschauer laut Dortmunder Rennverein), lange Schlangen vor den Wettschaltern sind mir nicht aufgefallen. Die Leute wetten ja angeblich nicht mehr.
Sportlich gab es mit Degas einen Sieger, den nicht nur ich übersehen habe. Der „ewige Zweite“ kam nach einem typischen Adrie de Vries-Ritt aus dem Hintertreffen. Wie schon in der letzten Woche in der Union mit Weltstar machte der Jockey das auch diesmal perfekt.
Die Pferde von Markus Klug haben gute Form derzeit, Manipur siegte im Ausgleich 2. In einem Rennen, indem die ersten vier Pferde quasi auf einer Linie endeten – so spannend kann der Sport sein.
Immerhin beendete Molly Sunshine meine derzeitige Treffer-Misere. Im Großen Preis lag ich aber mit Potemkin und Theo voll daneben. Wie das Leben so ist.
Das Siegerteam im Großen Preis von Dortmund mit Trainer Markus Klug, Degas und Jockey Adrie de Vries (Foto Dortmunder Rennverein)