Freitag, 26. Mai 2017
Der erste Frankel-Sohn auf deutschem Boden
Himmelfahrt in Dortmund – und wo verbringen viele Dortmunder traditionell diesen Tag? Auf der Rennbahn im östlichen Stadtteil Wambel. Auch der Kolumnist war in den letzten dreißig Jahren bestimmt über 25-mal auf diesem Renntag, der gesponsert wird von der örtlichen Sparkasse. Das Geldinstitut verteilt zu diesem Zweck ordentlich Freikarten. 14 000 Besucher sollen es an diesem sonnigen Donnerstag gewesen sein. Eine Bilanz.

Für den Kolumnisten war es allerdings ein besonderer Tag. Zum ersten Mal seit seiner Krankheit besuchte er wieder eine Rennbahn. Fazit: Alles wunderbar, auch wenn ich es persönlich etwas zu voll fand und nach dem sechsten Rennen nach Hause fuhr. Aber da waren die wichtigsten Prüfungen auch schon Vergangenheit.
Manches war aber noch ein wenig ungewohnt. Zum Beispiel die Pausen zwischen den Prüfungen, die mir erst mal wieder richtig lang vorkommen. Andererseits ist es schön, wenn sich die Spannung so langsam vor einem Rennen aufbaut. Da kann noch so viel Trubel auf der Bahn sein.



Der Himmel so blau, die Rennbahn voller Besucher - Himmelfahrt in Dortmund. (Bilder (2): uk)

Sportlicher Höhepunkt
Ich trauere ja immer noch der Derby-Vorprüfung nach. Diese wurde lange an Himmelfahrt in Dortmund gelaufen und oft von sehr talentierten Pferden gewonnen. Aber dann kam irgendwann der große Meetings-Veranstalter Baden-Baden und meinte, auch am Himmelfahrt-Tag veranstalten zu müssen. Die hart arbeitenden Menschen im ökonomisch starken Baden-Württemberg sollten am Feiertag die Chance haben, Pferderennen live zu sehen. Dummerweise für Dortmund kamen die Veranstalter zudem auf die Idee, eine Derbyvorprüfung für dreijährige Pferde anzubieten. Das war das Ende des Dortmunder Rennens. So zu viel zum Thema Solidarität im deutschen Turf, aber was rege ich mich auf?
In diesem Jahr war der Große Preis der Sparkasse ein Listenrennen für ältere Stuten über 1600 Meter, im Jahr davon war es ein Sprint. Mit Princess Gibraltar triumphierte ein Pferd aus Frankreich. Die etwas unscheinbar wirkende Stute gewann letztlich souverän vor dem tschechischen Gast Partyday und Flemish Duchesse, die lange führte, blendend aussah und beste deutsche Teilnehmerin war. Partyday gefiel optisch sehr gut, eine kräftige Stute, die einem Steepler ähnelte.
Wetttechnisch habe ich es leider vermasselt, indem ich zwei Einläufe spielte, nur leider die falschen Pferde kombinierte. Meine Tipps waren Princess Gibraltar und Flemish Duchesse (Erste und Dritte) sowie Partyday und Lbretha (der andere französische Gast, leider geschlagen).

Der Nachwuchs
Der Papa Frankel das wohl beste Pferd der letzten Jahre in England, die Mutter Queen’s Logic eine mehrfache Gruppe 1-Siegerin – blaublütiger als King’s Advice kann kein Rennpferd gezogen sein. Optisch allerdings sieht der Hengst eher durchschnittlich aus, sein Trainer Andreas Wöhler stuft ihn zudem als eher spät ein. Es dauerte auch eine Weile, bis beim King der Groschen fiel, aber dann beschleunigte er noch sehr gut. Die Gegner sollten zudem nicht schlecht gewesen sein, auf die Laufbahnen etwa von Marillion, der Stute Near Big sowie Nachito darf man gespannt sein. Mal sehen, wie viele Sieger aus diesem Rennen kommen. King’s Advice war übrigens der erste Frankel-Nachkomme auf einer deutschen Rennbahn. Baden-Baden wird neidisch sein.
Auf den letzten Drücker wurde ebenfalls das Maidenrennen für die Stuten entschieden. Doch hier hatte der Wöhler-Stall mit Wadia das Nachsehen, Gen Chi aus dem Stall von Pavel Vovchenko zeigte starken Speed und fing Wadia noch ab. Auch hier sollten potentiell gute Vollblüter am Start gewesen sein, mir gefiel speziell die Debütantin Noble Rose, die bald noch mehr zeigen dürfte.

Und sonst?
Leider gab es überwiegend kleine Felder speziell in den unteren Handicaps. Das verwundert ein wenig, sind diese Prüfungen meistens quantitativ gut besetzt. Ansonsten war es – wie gesagt – proppenvoll auf der Bahn. Das ist es an diesem Renntag eigentlich immer, wenn das Wetter gut ist. Kinderspektakel, lange Schlangen an den Imbissständen und auch an den Wettschalter – es ist schon ein besonderes Flair. Manchmal nerven die Schlangen, aber besser so als diese trostlosen Winterveranstaltungen.
Wenn es nach mir gehen würde, sollte Dortmund viel mehr im Sommer veranstalten. Oder mal was zusammen mit dem BVB machen. So wie das Bahnen in Köln und Hannover mit ihren Fußball-Profiklubs erfolgreich praktizieren. Da würde man die Zuschauerzahl 14000 noch mal locker übertreffen. Jede Wette.



Zugegeben: Das Bild ist nicht besonders gut. Aber es zeigt King's Advice, den Sieger des vierten Rennens und ersten Frankel-Nachkommen im deutschen Turf.



Freitag, 19. Mai 2017
Lockheed eine harte Nuss für Dragon Lips und co.
Der erste Klassiker in der deutschen Turfsaison steht bevor. Und da wartet auf die deutschen Starter im Mehl Mülhens-Rennen (Sonntag 21. Mai), den German 2000 Guineas in Köln, ein starker Gast aus dem Vereinigten Königreich. Starter und Chancen im Showdown über 1600 Meter.

1. Dia Del Sol (Trainer Markus Klug/Jockey Ioritz Mendizabal): Im Dr. Busch-Memorial völlig unter Wert geschlagen, hatte jedoch einen schlechten Rennverlauf. Der Röttgener war ein ganz starker Zweijähriger, gewann unter anderem das Badener Auktionsrennen gegen Dragon Lips. Nach dieser Form sollte er auch in Köln weiter vorne sein.

2. Dragon Lips (Trainer Andreas Suborics/Jockey Andrasch Starke): Ein wenig unterschätzt im Busch-Memorial, aber der Erfolg fiel dort sehr überlegen aus. Zu den Geschlagenen in Krefeld zählten Savile Row, Fulminato, Shinzaro und Dia Del Sol, auch wenn manche sowohl am Rennverlauf als auch ihrer Unerfahrenheit scheiterten. Zudem profitierte der Suborics-Schützling vom Start vorher. Auf dem Papier die deutsche Nr. 1.

3. Empire Of The Star (Trainer Andreas Wöhler/Maxime Guyon): Zeigte zuletzt als Sieger und Zweiter zwei gute Leistungen auf den französischen Top-Bahnen in Chantilly und Maisons-Laffitte. So genau sind die Formen nicht einzuschätzen, das Pferd hinter dem Wöhler-Schützling in Maisons-Laffitte gewann danach in der französischen Provinz. Nach oben sollte der Siyouni-Sohn aber noch einige Reserven haben, zumal er in den letzten Rennen wichtige Erfahrungen sammelte.

4. Fulminato (Trainer Andreas Suborics/Jockey Filip Minarik): Eigentlich war er der höher eingeschätzte Starter aus dem Suborics-Quartier im Dr. Busch-Memorial. Doch im Rennen blieb er chancenlos als Fünfter, deutlich hinter dem Stallgefährten Dragon Lips. Zweijährig zeigte er seine beste Form als Zweiter im Winterfavoriten. Diese Leistung gibt ihm durchaus Möglichkeiten.

5. Lockheed (Trainer William Haggas/Jockey Pat Cosgrave): Starker Kandidat aus England, der im Vorjahr zur erweiterten Spitze des dortigen Jahrgangs zählte. Besonders der dritte Platz in den Vincent O’Brien-Stakes (Gruppe 1, Curragh) war bärenstark, denn es siegte der spätere englische 2000 Guineas-Triumphator Churchill. Der letzte Start 2016 in Newmarket über 1600 Meter verlief hingegen etwas enttäuschend. Der Schimmel gibt sein Jahresdebüt, Trainer Haggas hat seinen Stall gut in Schuss.

6. Poetic Dream (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Eduardo Pedroza): Zweiter Starter aus dem Wöhler-Quartier, die letzte Form war ein guter dritter Platz in Maisons-Laffitte. Sein Bezwinger Mankib lief danach unplatziert in den französischen 2000 Guineas. Die Düsseldorfer Siegform von Poetic Dream Ende März wurde durchaus aufgewertet. Jetzt muss er einen weiteren Sprung machen, vielleicht kommt der Klassiker noch etwas früh.

7. Rostam (Trainer Andreas Wöhler/Jockey Jozef Bojko): Der dritte Aspirant aus dem Wöhler-Stall. Auf längerem Weg im Bavarian Classic ohne Chance, davor war er zweijährig bei drei Starts dreimal Zweiter. Es wäre eine große Überraschung, wenn der Hengst ausgerechnet in den 2000 Guineas seinen ersten Sieg feiern würde.

8. Savile Row (Trainer Erika Mäder/Jockey Koen Clijmans): Die Überraschung im Dr. Busch Memorial, als er mit gutem Speed noch auf Platz 3 stürmte. Das war beim bereits sechsten Start die bislang beste Leistung. Diese muss er jetzt bestätigen. Der Kolumnist ist ein wenig skeptisch und denkt, dass Savile Row eher ein Pferd für längere Wege ist.

8. Shinzaro (Trainer Dominik Moser/Jockey Oliver Wilson): Der Halbbruder des guten Shimrano scheiterte im Busch-Memorial am Rennverlauf und seiner fehlenden Rennerfahrung. Daraus wird er gelernt haben, dennoch sind die 2000 Guineas noch eine Nummer zu groß.

Urteil
Wenn ein englischer Top-Trainer wie William Haggas ein Pferd nach Deutschland schickt, dann verdient das große Beachtung. Bei Lockheed gibt es vielleicht kleine Fragezeichen wegen der Distanz, dennoch ist er ein klarer Siegkandidat. Ich werde trotzdem eine Zweierwette (natürlich hin und zurück) mit dem Haggas-Pferd und Dia Del Sol machen, der sich für sein Pech im Busch-Memorial rehabilitieren wird. Ansonsten sind noch Dragon Lips, Empire Of The Star und Fulminato Kandidaten für die vorderen Plätze.



Mittwoch, 17. Mai 2017
Peta macht jetzt auch Fernsehen
Rennpferde haben ein schlechtes Leben, leiden unter permanenten Stress und kommen als seelische und gesundheitliche Krüppel aus dem Trainingsbetrieb. Gequälte Geschöpfe, die unter anderem mit Scheuklappen, Zungenbändern und der Peitsche malträtiert wurden. Und natürlich dienen die Rennpferde nur der Profitmaximierung ihrer reichen Besitzer. Das ist kurz zusammengefasst die Kernbotschaft der Reportage „Das kurze Leben der Rennpferde“, die am Montag im NDR-Fernsehen lief.

Eigentlich ist der Freund des Galopprennsports ja froh, wenn sein Lieblingssport mal im TV vorkommt. Aber diese Sendung von den Autoren Antonia Coenen und Wilm Huygen war kein Aushängeschild des öffentlich-rechtlichen Journalismus. Im Gegenteil: Der Film war sehr tendenziös und schilderte nur die negativen Seiten des Galopprennsports.
Immerhin kamen auch Vertreter des Turfs zu Wort: Jan Anthony Vogel vom Direktorium für Vollblutzucht und Rennen (DVR), Philipp Heinz, Geschäftsführer des Kölner Renn-Vereins oder die Trainer Christian von der Recke und Markus Klug. Ist ja eine Grundtugend des Journalismus, ein Problem von beiden Sachen aufzubereiten. Doch Vogel, Heinz, von der Recke und Klug waren nur Staffage, ihre Aussagen wirkten nichtssagend und wurden teilweise hinterher von den Autoren widerlegt. Nicht gerade die feine Art, mit Gesprächspartnern umzugehen.
Dafür durfte Dr. Maximilian Pick, einst Rennbahn-Arzt in München und inzwischen so eine Art Chefkritiker des deutschen Turfs, seine Thesen verbreiten: Rennpferde laufen nur schnell, weil sie Angst haben. Sie haben psychische Schäden, weil sie 23 Stunden in der Box stehen und leiden unter der Boxenhaltung und und…. Diese Ausführungen blieben leider unkommentiert, die Gesprächspartner aus dem Turf kamen dazu nicht zu Wort.

Brutale Bilder
Zudem wurde die traurige Geschichte von Asantau erzählt. Einem Galopper, der einst 136.000 Euro (oder Pfund oder Guineas) auf der Auktion kostete, einmal als Zweijähriger für Trainer Markus Tregoning in England unplatziert am Start war und dann für kleines Geld zu Trainer Christian von der Recke ins Training kam. Dort gewann er zwei kleinere Rennen und kam dann als „völlig kaputtes Pferd“ zu seiner neuen Besitzerin Sabrina H. Wenn man der einmal glauben darf. Dazu gab es teilweise brutale Bilder von verunglückenden Pferden, von nervösen Zweijährigen, von arg schwitzenden Vollblütern vor der Startbox.
Ich gehe seit mehr als 30 Jahren auf Rennbahnen, aber diese Eindrücke sind doch zum Glück nicht die Norm. Aber wenn ich so etwas finden möchte, finde ich das auch. Macht die sogenannte Tierschutzorganisation PETA auch immer.
Angeblich haben die Autoren eine Saison lang recherchiert. Dass die meisten Pferde durchaus Spaß am Laufen haben, ist ihnen offenbar entgangen. Auch, dass Todesfälle zum Glück nicht die Regel sind.
Natürlich gibt es genügend Kritisches im deutschen und internationalen Turf. Gerade um die ausscheidenden Pferde und ihr Schicksal sollte sich die Branche mehr kümmern, das ist immer noch bei vielen ein Tabu-Thema.
Immerhin hat German Racing schnell reagiert und entsprechendes Material auf ihre Seite gestellt. Das ist positiv. Auch in den sozialen Netzwerken – zum Beispiel auf der Facebook-Seite des NDR – bekommt der Beitrag mehrheitlich harte Kritik. Ich empfehle zudem den Beitrag von Andrea Glomba, ehemalige Rennreiterin, auf Facebook. Da wird einiges zurecht gerückt.

Nachtrag
Wie die Autoren gearbeitet haben, zeigen zudem die Erfahrungen von Rebecca Danz. Kommentar überflüssig