Montag, 2. Mai 2016
Himmelfahrt gleich Rennbahn
Wenn das Wetter mitspielt, wird es am nächsten Donnerstag wieder Menschenmassen auf die Dortmunder Rennbahn ziehen. Es ist Sparkassen-Renntag: Seit 39 Jahren verteilt das örtliche Geldinstitut Freikarten und das lässt sich der Dortmunder nicht nehmen. Doch was bleibt nach so einem Tag außer langen Schlangen und genervten Stammbesuchern? Der Versuch einer Antwort.



So war es 2011 an Himmelfahrt in Wambel

In Dortmund brauchen die Verantwortlichen keine Hilfen vom ortsansässigen Fußball-Erstligisten Borussia Dortmund. Simple Freikarten der Sparkasse Dortmund füllen auch so die Rennbahn. Und so pilgern viele Dortmunder Himmelfahrt nach Wambel und gucken sich den Randsport Galopprennen an. Zumal auch sportlich einiges geboten wird. Im Blickpunkt steht der Große Preis der Sparkasse Dortmund, ein Listenrennen über schnelle Pferde über 1200 Meter.
Bis 2010 gab es sogar mal eine schöne Derby-Vorprüfung. Ein würdiger Höhepunkt der Veranstaltung, bis die damals neuen Veranstalter in Baden-Baden auf die Idee kamen, ebenfalls eine Derby-Vorprüfung während ihres Frühjahrsmeetings auszuschreiben. Badens Gewinn war Dortmunds Verlust, so viel zum Thema Solidarität im deutschen Turf.
Himmelfahrt war oft der Ausnahmezustand in Dortmund: Lange Schlangen vor Wettkassen und in Gastronomie, betrunkene Vatertagsausflügler, Familien mit Kindern machten viele Dinge auf einer Rennbahn zur Geduldsprobe. Dazu kam eine direkt am Führring stehende Musikbühne – strategisch nicht gerade günstig bei den oftmals sensiblen Vollblütern.
Der Stammbesucher fühlte sich bei diesem Trubel oft ein wenig genervt. Besonders die wenig kommunikative Gruppe, die zudem auf die Anfänger mit Arroganz herabblickte. Ja, solche Leute gab es viele, die eine gutgemeinte Frage als persönliche Beleidigung betrachteten.
Heute scheint das ein wenig anders zu. Allerdings war das Wetter in den letzten Jahren auch durchwachsen, zudem veranstaltete Baden Baden zeitgleich und zog viele Fachbesucher an. Außerdem werden viele Stammbesucher immer älter, damit lichten sich automatisch die Reihen.

Allein gelassen
Aber auch früher, als die Welt im deutschen Turf scheinbar noch in Ordnung war, waren diese Renntag zwar Publikumsrenner, der Wettumsatz aber eher enttäuschend. Vieles in Sachen Wetten wirkt kompliziert, der Wettschein ist für Anfänger eine Herausforderung. Dazu die ganzen verschiedenen Wettarten – der Erstbesucher kämpft mit einer Vielzahl an Informationen, die er erstmal verdauen muss.
Dazu haben Pferde-Wetten immer noch etwas Halbseidenes an sich. Früher war Deutschland eine Nation der Lotto-Spieler. Wer auf Pferde wettete, galt quasi als suchtgefährdet. Das ist heute zum Glück ein wenig anders, aber der Galoppsport konnte davon nicht profitieren. Zudem wird es, wenn der Sport als Familien-Amüsement verkauft wird, nicht zu gigantischen Wettumsätzen kommen.
Was bleibt von diesen ganzen Renntagen mit den vielen freien Eintrittskarten? Sind aus Gelegenheits-Besuchern Stammbesucher geworden? Oder schrecken diese überbesuchten Renntage mit ihren langen Wartezeiten und organisatorischen Pannen nicht eher ab? Zumal die Gastronomie auf vielen Rennbahnen – darunter auch Dortmund – höchst mittelmäßig ist.
Die Antworten fallen zwiespältig aus. Natürlich gibt es einige, die zu Dauergästen wurden, aber viele kommen auch nur einmal im Jahr. Weil die Rennvereine ihre neuen Besucher auch ein wenig im Regen stehen lassen. Ein „Mister Turf“, der Wetten erklärt, reicht leider nicht aus. Ansagekassen, bei denen der Besucher nur seine Wette ansagt, wären eine weitere Möglichkeit. Ich habe neue Leute lieber zu anderen Terminen auf der Rennbahn mitgenommen, weil es da nicht so voll war.
Für den Dortmunder Rennverein aber lohnt sich der Tag allein schon aus Imagegründen. Fast 40 Jahre unterstützt die Sparkasse den Galoppsport in Dortmund. Diese Tatsache alleine verdient schon Respekt.
Sportlich im Blickpunkt: Der Große Preis der Sparkasse Dortmund ist ein interessantes Listenrennen für schnelle Pferde über 1200 Meter. „Diese Prüfungen sind so etwas wie die Europa League des Rennsports“, sagt Rennvereins-Präsident Andreas Tiedtke. Darüber stehen nur noch die Gruppe-Rennen, quasi die Champions League. Mit Shining Emerald und Donnerschlag sind zwei Top-Sprinter genannt. Weitere Hohepunkte: zwei Sieglosen-Prüfungen für den Derbyjahrgang, zu dieser Zeit immer sehr interessant.



Dienstag, 26. April 2016
Lieber Manuel Neuer,
wie ist das eigentlich als Fußball-Profi, wenn man wie sie jedes Jahr Deutscher Meister wird? Wird das nicht auf Dauer langweilig, wenn der FC Bayern, ihr Verein, immer die Liga anführt? Und macht das Spaß, wenn man dann auch noch so fürchterlich langweilige Interviews dem Fachblatt kicker gibt? „Ich bin nur ein Mensch, keine Maschine“, titelt das Fachblatt und meint sie. Ehrlich, hätte ich nicht gedacht.
Ansonsten ist jede Saison anders, ist es gut, einen Wettbewerber in der Liga zu haben (er meint Dortmund), zudem müsse man immer versuchen, seinen besten Fußball zu spielen. Persönlich finden sie, lieber Manuel Neuer, einen spannenden Titelkampf nicht so schlimm, vorausgesetzt, man wird am Ende Meister. Und so geht dann immer weiter: Sie sind ihrem Verein sehr dankbar, sind bei Bayern ein besserer Torwart geworden. Nur die Brötchen schmecken in Gelsenkirchen besser. „Das habe ich nicht gesagt“, protestieren sie. Aber sie haben das zumindest gedacht.

Sohn aus dem Rotlicht
Wo sie doch, als sie von Schalke nach München gingen, durch ein „Stahlbad“ gegangen sind. Doch sie haben es geschafft – dank Philipp (Lahm), Schweini, Mario (Gomez) und Miro (Klose), ihren Kollegen von der „Mannschaft“. Aber diese Schmähgesänge der Schalker Fans tun immer noch weh. Sie haben kein Verständnis, dass die Schalker sie immer noch „Hurensohn“ nennen. Aber die Fans müssen doch auch erkennen, dass der Schritt nach München ein richtiger Schritt gewesen sei. Beruflich und personell. Nicht nur wegen des Geldes, auch wegen der vielen Titel.
Und dann wird in diesem Interview nur noch rumgesabbert. Der Junge aus dem Ruhrgebiet, der zur Identifikationsfigur des großen FC Bayern wurde. Der der perfekte Fußballer sein will. Und sich von Fehlern nicht beeinflussen lässt. Mache ich auch nicht, bringt aber nicht viel. Ich drücke aber Atletico Madrid die Daumen in der Champions League. Darf ich auch als Lüdenscheider.
Lieber kicker, ich schätze dich durchaus. Zumal wir vieles gemeinsam erlebt haben. Aber diese belanglosen Interviews müssen einfach nicht sein.

Schöne Grüße aus Lüdenscheid



So war das damals 2011: Ein Abschied mit Tränen, traurigen Fans, einfach Emotion pur. Manuel Neuer, der Torwart-Titan, verlässt den FC Schalke 04. Und geht ausgerechnet zu den Bayern, was Campino bekanntlich nie machen würde.



Mittwoch, 20. April 2016
Als Andy Boschert meine Wette ruinierte
Es gibt Rennen, die vergisst man sein ganzes Leben nicht. Der Tod des Rennpferdes und Deckhengstes Piccolo brachte die Erinnerungen zurück. An einen Sonntag auf der Kölner Rennbahn im Mai 1994 mit den Hauptdarstellern Royal Abjar, Prince Firebird, Jockey Andreas Boschert und eben jenem Piccolo.

Der 15. Mai 1994 muss ein trockener Tag gewesen sein, denn sonst wäre ich nicht von Dortmund auf die Rennbahn nach Köln-Weidenpesch gefahren. Ich habe diese Renntage gerade in Köln immer gemocht: ein sportlich großartiges Programm, das neben dem üblichen Turf-Volk auch andere Besucher anzog. Und der Rheinländer, um mal ein wenig klischeehaft zu werden, war so und so für einen Spruch gut. Dazu war die Erbsensuppe auf der Bahn ganz hervorragend. Also viele Dinge, die einen Besuch zum Erlebnis werden ließen.
Totalisator-Umsätze von mehr als einer Millionen DM waren an solchen Renntagen die Norm. Die deutsche Wirtschaft schwächelte damals nach der beendeten Wiedervereinigungs-Euphorie gewaltig, aber im deutschen Galopprennsport schien es nur eine Richtung zu geben: aufwärts.
Höhepunkt der Karte an diesem Mai-Sonntag war das Mehl-Mülhens-Rennen, damals noch nicht mit den Zusatz Deutsche 2000 Guineas versehen, aber eben ein Klassiker, der die besten Hengste des Jahrgangs über die 1600 Meter anzog. Die Dreijährigen 1994 waren der Jahrgang nach der berühmten Klasse des deutschen Turfs von 1990 mit Könnern wie Lando, Monsun, Sternkönig oder Kornado. Letzterer hatte 1993 das Mehl-Mülhens-Rennen gewonnen.
Neu war 1994, dass die berühmte Maktoum-Familie aus Dubai ein paar Pferde nach Deutschland ins Training geschickt hatte. Die meisten trugen die blauen Farben von Jaber Abdullah und einige kamen zu Trainer Andreas Wöhler, damals noch in Bremen ansässig.


Die Klasse von 91
Es war ein internationales Feld, das sich im Mehl-Mülhens-Rennen 1994 traf. Mick Channon, ein ehemaliger Fußballprofi (der später auch viele Abdullah-Pferde trainierte), schickte Piccolo mit Jockey Wendyl Woods ins Rennen, zudem hatten prominente englisch-irische Trainer wie John Dunlop, Peter Chapple-Hyam und Dermot Weld Starter.
Aus Deutschland waren besonders die drei Wöhler-Pferde chancenreich: Royal Abjar und Dyhim standen im Besitz des oben erwähnten Herrn Abdullah, im Sattel von Prince Firebird aus dem Gestüt Wiedingen saß Stalljockey Andreas Boschert.
Ich weiß nicht mehr, wer als Favorit ins Rennen ging. Auf dem Papier sah die Prüfung sehr offen aus, der Kolumnist schrieb jedenfalls eine Zweierwette mit Royal Abjar und Prince Firebird für fünf DM, natürlich hin und zurück. Das war in dieser Zeit, als die Felder in Deutschland noch viel Raum für Spekulationen boten, in der Regel eine Wette mit lukrativen Quoten. Ein Treffer reichte meistens, um mit einem finanziellen Plus nach Hause zu fahren.
Das Rennen wurde zu einer Prozession für Royal Abjar. „Überlegen, sechs Längen“, lautete der Richterspruch. Eine beeindruckende Vorstellung, der Hengst war an diesem Tag einfach viel zu gut. Jockey Willie Ryan musste nicht viel tun.
Ein gutes Rennen bescherte auch Wendyl Woods Piccolo von der Spitze. Und auch wenn die 1600 Meter deutlich zu lang wurden, verteidigte der Channon-Schützling den zweiten Platz. Denn leider kam Prince Firebird viel zu spät angeflogen, 50 Meter weiter hätte es zu Platz 2 gereicht und mein Einlauf wäre drin gewesen. Ich war stocksauer auf Jockey Andreas Boschert, der den Prinzen meiner Meinung viel zu spät eingesetzt hatte. Der Reiter war für mich als Jockey erst einmal erledigt.
Vielleicht würde ich anders urteilen, wenn ich das Rennen heute noch mal sehen würde. Vielleicht war es gar nicht die Schuld von Andreas Boschert, der ansonsten ein sehr erfolgreicher Jockey in Deutschland war. Vielleicht habe ich ihn ja zu Unrecht getadelt.

Die Zeit danach
Allerdings wurden meinen Beobachtungen später bestätigt: Piccolo entwickelte sich in England zu einem Top-Sprinter, der unter anderem in den Gruppe 1-Nunthorpe Stakes in York über schnelle 1000 Meter triumphierte. Später wurde der Warning-Sohn zu einem sehr erfolgreichen Deckhengst auf der Insel, der bekannt war für schnelle Sprinter und frühreife Youngster.
Royal Abjar griff nach seinem Kölner Triumph in den St. James’s Palace Stakes (Gruppe 1) während Royal Ascot nach den Sternen, war aber gegen die internationale Meilen-Elite (Sieger Grand Lodge) letztlich chancenlos. Danach wurde er als Sieger in Hoppegarten (Gr.2) disqualifiziert, siegte als deutlicher Favorit im Oettingen-Rennen (Gruppe 3) und zeigte noch mal auf internationaler Ebene eine hervorragende Leistung, als er in Longchamp (Gruppe 2) guter Dritter hinter Missed Flight und Green Tune wurde. Später hatte das Pferd mit Verletzungen zu kämpfen, als Deckhengst war (und ist?) Royal Abjar lange in der Türkei aktiv.
Prince Firebird siegte danach im Großen Preis der Dortmunder Wirtschaft (Gruppe 3) über 1800 Meter und lief im Deutschen Derby über 2400 Meter unplatziert. Nach seiner aktiven Laufbahn wirkte der Alzao-Sohn als Deckhengst in Skandinavien.