Im Herzen gehört er noch immer zur schwarz-gelben Familie: Jürgen Klopp, von 2008 bis 2015 Trainer bei Borussia Dortmund. Der Mann, der den BVB wieder zu ungeahnter Größe führte und nicht nur dem Kolumnisten die schönsten Jahre seines Fandaseins bescherte. Jetzt also der FC Liverpool in der englischen Premiere League. Auch ein Verein mit großartiger Vergangenheit. Und genau der Klub, den ein Mann wie Klopp zu neuer Größe führen kann. Zeit für eine erste Bilanz nach mehr als 100 Tagen.
Zumindest von den Resultaten war es eine großartige letzte Woche für Liverpools Trainer Jürgen Klopp. Zuerst das hochdramatische 5:4 bei Norwich City, bei dem die Brille in alter Dortmund-Manier zu Bruch ging: 1:3 hinten gelegen, daraus machten die Reds ein 4:3, kassierten in der Nachspielzeit das 4:4 und siegten letztlich durch Adam Lallanas Tor nach 95 Minuten. Und dann der Dienstagabend: Da gab es im Halbfinale des Liga-Pokals ein 6:5 nach Elfmeterschießen gegen Stoke City, das Liverpool ins Finale nach Wembley bringt und bei Klopp natürlich Erinnerungen an 2013 weckt. Damals unterlag sein BVB in der Londoner Kultstätte im Finale der Champions League dem FC Bayern knapp.
Der FC Augsburg freut sich auf Klopp in der Europa League
Es ist zwar nur der League Cup, der Pokalwettbewerb auf der Insel mit dem geringsten Renommee, in den früher Top-Klubs wie Manchester United oder Chelsea meist nur ihre zweite Garnitur schickten. Klopp mag das öffentlich egal sein und auch die Tatsache, dass die Reds spielerisch noch einiges zulegen müssen und allenfalls kämpferisch überzeugten, wird dem Fußball-Lehrer bewusst sein. „Noch ist es ein langer Weg zu alter Größe“, attestierte das Fachblatt kicker dem traditionsreichen Club.
Durchwachsene Bilanz
Seit dem 8. Oktober ist Jürgen Klopp jetzt Manager in Liverpool, löste Brendan Rodgers ab. Zeit für eine kleine Zwischenbilanz, obwohl diese ein wenig zwiespältig ausfällt. Denn die englische Premiere League kickt seit Oktober durch, eine Winterpause gibt es bekanntlich auf der Insel nicht. Aufgrund des dichten Spielplans mit mehreren Pokalwettbewerben hatten Klopp und sein Trainer-Team eigentlich noch gar keine Möglichkeit, neue Dinge einzustudieren. Sportlich sieht die Bilanz in Zahlen eher stagnierend aus: In der Liga lag das Team am Ende der Rodgers-Ära auf Platz 10 mit 12 Punkten (Drei Siege, drei Remis, zwei Niederlagen), seit dem Einstieg von Klopp gab es sechs Siege, vier Unentschieden und fünf Niederlagen. Gesamtbilanz: Platz 7, Punkte 34, Torverhältnis 30:32.
Neben dem League Cup sind die Roten auch noch im FA Cup (auch wenn man sich gegen den Viertligisten Exeter City nicht gerade mit Ruhm bekleckerte) und der Europa League (nächster Gegner FC Augsburg). Taktisch: „Die Reds mit Trainer Brendan Rodgers sind eines der taktisch interessantesten Teams“, schrieben die Taktik-Experten von der Spielverlagerung Ende Juli 2015. Doch die vorherige Saison war sportlich schwach. Gründe unter anderem laut Portal: „Weder das 4-2-3-1 noch das 4-1-4-1 funktionierten. ….Das ballorientierte Verschieben, die Kompaktheit und die Struktur im Übergang ins zweite Drittel sowie das Gegenpressing öffneten den Gegnern viele Möglichkeiten für effektive Angriffssituationen.“
Die Bilanz unter Klopp: „Liverpool präsentiert sich mittlerweile sehr solide im Spiel gegen den Ball. Unterschiedliche Varianten im Pressing und kleinere gegnerspezifische Anpassungen finden regelmäßig Anwendung. Schnelle Umschaltaktionen und Konter bespielen die Reds gut und überzeugen hier vor allem durch freie und passende Bewegungsmuster.“ Als Schwächen nennt das Portal unter anderem zu wenig Torchancen und die Anfälligkeit bei Standardsituationen.
Das Lachen kam zurück
Den größten Eindruck macht allerdings der Typ Jürgen Klopp. Medien und Fans feierten ihn wie den Messias. Schon vorher galt er auf der Insel als Kult-Trainer, „The Normal One“ feuerte das mit Witz und Charme noch an.
Die positive Stimmung blieb vorwiegend. „Er brachte den Spaß zurück nach Anfield“, titelte das Boulevardblatt Mirror. Das Lachen sei zurück in Anfield – und nicht nur beim Fußball. Es folgt eine Lobeshymne von Reporter Jim Boardman. Die hartgesottenen britischen Journalisten mögen den Mann aus Deutschland. Dabei kann Klopp gegenüber Pressemitarbeitern durchaus fies sein, wenn er sich schlecht behandelt fühlt. Aber im Vergleich zu vielen wortkargen englischen Managern, die die Presse als notwendiges Übel ansehen, ist dieser Trainer ganz anders.
Auch viele Fans waren anfangs sehr euphorisch. Allerdings: „Liverpool braucht mehr als nur Jürgen Klopp“, schrieb Fan Duncan Oldham im KopTalk Ende Dezember. „Wunderdinge seien mit diesem Kader allerdings nicht zu erwarten.“
Und ich sage mal, die Stimmung in Dortmund wird Klopp fehlen. Die Atmosphäre in Anfield dürfte deutlich gedämpfter sein: keine Stehplätze, die legendäre Kop ist längst Sitz-Tribüne. Schauderhaft, aber passend für das Event-Publikum, das die hohen Eintrittspreise zahlt. So motzte der Trainer schon über die Zuschauer, die gegen Crystal Palace frühzeitig das Stadion verließen. Das gab es jedoch in Dortmund auch schon – allerdings vor den Klopp-Zeiten.
Sie siegen und siegen und siegen – die Schützlinge von Trainer Willie Mullins. Viele sind absolute Top-Pferde und ihr Betreuer ein wahrer Meister. Nur der Kolumnist findet das nicht so gut. Weil zu viele 18:10-Sieger nicht sein Ding ist.
Irgendwie sprach aus diesem Post schon ein wenig Verzweiflung. „Ich kann es nicht länger ertragen: Mullins gewinnt alles. Wo sind die Gegner? Langweilig“, postete der Kolumnist im englischen Cheltenham-Forum auf Facebook. Es war der letzte Samstag. Gerade hatten zwei Schützlinge des irischen Trainers Willie Mullins in einer Grade 2-Hürdenprüfung im englischen Warwick ihre englischen Kontrahenten deutlich abgehängt. Bereits zwei Rennen vorher hatte Black Hercules ein Jagd-Listenrennen mit dem berühmten „Finger in der Nase“ gewonnen.
Dabei handelt es sich bei den siegreichen Pferden zwar um leistungsstarke Kandidaten, aber nicht unbedingt um die erste Garde aus dem mächtigen irischen Quartier. Auch ihre englischen Gegner waren zwar talentiert, aber keine Top-Klasse.
Selten dominierte ein Trainer so den englisch-irischen Hindernissport wie der 59jährige Willie Mullins. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass etwa ein Martin Pipe oder später ein Paul Nicholls zu den seligen Zeiten von Kauto Star, Big Bucks oder Denman so die Szenerie beherrscht haben.
Legenden
Der Mann aus dem irischen Closutton im County Kildare kommt aus einer Rennsport-Familie, sein Vater war der legendäre Trainer Paddy Mullins. Aber der Sohn ist selbst auf dem Weg zur Legende. Schon im letzten Jahr feierten die Mullins-Starter beim Cheltenham-Festival gigantische acht Siege.
In diesem Jahr scheinen die Karten noch besser zu sein. Es könnte sein, dass Mullins alle Grade 1-Prüfungen des Festivals gewinnt.
Manche Buchmacher auf der Insel haben schon Alpträume am ersten Meetings-Tag, wenn manche Wetter die große Mullins-Sieg-Schiebe durchbekommen würden. Diese würden bestehen aus Min (Favorit in der Supreme Novices Hurdle, Racebets-Kurs 2,37), Douvan (Arkle Chase, Rb-Kurs 1,66), Faugheen (Champion Hurdle, Rb-Kurs 1,57) und Annie Power (Rb-Kurs 1,80, David Nicholson Mares Hurdle). Ergebe bei 10 Euro Einsatz rund 111 Euro.
Auch sonst hat Mullins allererste Chancen beim Gipfeltreffen der besten Hindernispferde im März. Un De Sceaux (Champion Chase, Rb-Kurs 2,5), Vautour (Ryanair Chase Rb-Kurs 2,5) sind weitere heiße Kandidaten. Dazu kommen weitere potenzielle Stars in den Novice-Hurdle-Prüfungen und dem Champion Bumper. Und selbst im Gold Cup sind mit Djakadam (Kurs 4,5) und Don Poli (Kurs 6,5) Mullins-Pferde an der Spitze des Wettmarkts.
Tierarzt
Woher kommt diese Dominanz? Seit Jahren geht es nur noch aufwärts, in Irland ist Willie Mullins schon seit Jahren unangefochten Champion. Auch in England beherrschen die Mullins-Pferde die Festivals in Cheltenham und Aintree.
Zum einen profitiert der Trainer davon, dass führende englische Quartiere in diesem Jahr relativ schwach an vierbeinigen Stars sind: Nicky Henderson etwa hatte schon deutlich stärkere Teams, bei Paul Nicholls sieht es noch düsterer aus. Und auch David Pipe hat bislang eine eher ruhige Saison.
Doch der entscheidende Grund für diesen Aufstieg sind Besitzer wie Rich Ricci, Graham Wylie oder Ryanair-Chef Michael O’Leary, dessen Pferde unter dem Namen Gigginstown Stud laufen. O’Leary hat allerdings auch Pferde bei anderen Trainern wie etwa Gordon Elliott.
Eng mit dem Aufstieg verbunden ist etwa Rich Ricci. Der Vorname ist hier Programm. Ein ehemaliger Banker, der mit einer Riesenabfindung in den Ruhestand ging. In den Nach-Zeiten der Bankenkrise kam das damals nicht gerade gut an.
Ricci hält sich zu diesem Thema eher bedeckt und investierte lieber in Pferde wie Faugheen, Douvan oder Annie Power. Dabei zeigt er Konsequenz: Alle seine Pferde werden in Irland und von Willie Mullins trainiert.
„Was mich am meisten an Willie beeindruckte, dass er mich nie wie einen weiteren Idioten mit Geld behandelte“, sagte Ricci über seinen Trainer. „Er war geduldig, offen, konnte nicht hilfsbereiter sein, nahm sich Zeit, Dinge zu erklären.“ Zum Beispiel über die Anatomie von Pferden. „Er könnte auch Tierarzt sein”. Es ist eine Beziehung mit beidseitigem maximalen Nutzen: der Trainer erkennt die Talente, der finanzkräftige Besitzer kauft die Pferde.
Teamwork
Mullins Fähigkeiten, Pferde zu entwickeln und dann zur Spitze zu führen, gelten als unvergleichlich. Hinzu kommt ein starkes Team zuhause und draußen.
„Harold Kirk wählt unsere Pferde aus. Er ist einer dieser heimlichen Helden bei Willie“, sagt Ricci. Er sei brillant, der Erfolg spreche für ihn.
Natürlich ist der Mullins-Stall der FC Bayern München des Hindernissports. Aber Geld alleine macht nicht erfolgreich. Manche Pferde entwickeln sich ungemein: Min etwa, der Favorit in der Supreme Novice Hurdle, lief bei zwei Starts in Auteuil eher schwach, kam für gerade mal 6 000 Euro nach Irland und wurde dort zur Nachwuchskraft der besonderen Güte. Aber so schön finde ich diese Dominanz bei allem Respekt nicht. Weil ich etwa ungern Unter-Pari-Favoriten für kleines Geld wette. Weil nicht immer der Favorit gewinnen muss. Sechs Leute mochten das immerhin bei Facebook.
Charmante Dokumentation aus Frankreich über den Champion-Trainer. Acht lohnende Minuten
Er kokettiert schon sehr mit seinem Außenseiter-Image und seiner Herkunft aus einem Problemviertel. „Ich bin Zlatan Ibrahimovic“, nennt der schwedische Weltklasse-Stürmer seine Biografie. „Meine Geschichte erzählt vom (Journalisten) David Lagercrantz.“ Bester Spruch: „Du kannst einen Typen aus dem Ghetto holen, aber du holst niemals das Ghetto aus einem Typen.“ nurpferdeundfussball hat das Werk gelesen. Ein Fazit in sechs Punkten.
Philosophie
„Es ist okay, nicht so zu sein wie alle anderen. Glaubt nur immer an euch selbst, für mich ist es trotz allem gut ausgegangen.“
Inhalt Das Werk beginnt mit einem Schlüsselerlebnis beim FC Barcelona im Herbst 2009. „Du“, sagte der damalige Barca-Coach Pep Guardiola. „Hier bei Barca stehen wir mit beiden Füßen auf dem Boden. Und hier kommen wir nicht mit Ferraris und Porsches zum Training.“ Peng, das saß beim aus armen Verhältnissen stammenden Zlatan, der gerne seinen automobilen Reichtum zeigte. Doch das Verhältnis Ibrahimovic und Guardiola wurde noch schlechter.
Danach geht es streng chronologisch weiter:
- die schwere Kindheit im Malmoer Problemviertel Rosengard. Die Eltern kommen aus dem damaligen Jugoslawien, leben getrennt und schlagen sich mit diversen Jobs durchs Leben.
- Die ersten fußballerischen Gehversuche bei diversen Klubs. Dort gilt der junge Zlatan als hochtalentiert, ist aber nur schwer ins Team integrierbar. Später wechselt Ibrahimovic dann zu Malmö FF. Ein Verein mit viel Tradition, 18facher schwedischer Meister und in den 80er Jahren mal Finalist in der Champions League, die damals noch Europapokal der Landesmeister hieß.
- Die anderen Profistationen, allesamt erste Adressen des Weltfußballs: Ajax Amsterdam, Juventus Turin, Inter Mailand, FC Barcelona, AC Mailand. Nur das letzte Gastspiel bei Paris Saint Germain kam zu spät für die Biografie.
Beifall
Ibrahimovic/Lagercrantz reden nichts schön und benennen im Gegensatz zu anderen Büchern dieser Art die Probleme knallhart. „Mit Küsschen oder so war nichts bei uns“, schreibt er über eine Jugend in Rosengard. „Du musstest die Zähne zusammenbeißen, und es gab Chaos und Streit und Schläge und Ohrfeigen.“ Das macht hart im Schmelztiegel der Nationen in Malmö.
Inhaltliche Höhepunkte sind die Jugendjahre und die erste Profistation bei Ajax Amsterdam sind sehr spannend zu lesen. Der Weltklub Ajax etwa, er holt seine Neuverpflichtungen und verfrachtet sie in ein ödes Apartment in den Vororten, ohne sich weiter um seine jungen und teuren Spieler zu kümmern. Ibrahimovic eckt bei vielen an, zieht sein Ding gnadenlos durch. Er will nach oben und landet bei Trainer Fabio Capello, dessen gnadenloser Siegeswille ihn mächtig beeindruckt.
„Ihr seid faul, ihr seid Scheiße“, sagt Capello einst zu seinen Spielern. Ibrahimovic schätzt Capello danach noch mehr.
Pfiffe
Je weiter im Text, desto langweiliger wird es. Profileben im Luxus. Die Journalisten belagern ihn, Ibrahimovic mag sie nicht. Und immer lockt mehr Geld: Zlatan ist auch nur einer dieser Söldner, der von Verein zu Verein zieht und sein Gehalt dabei immer wieder erhöht. Immerhin ist er so ehrlich und sagt nichts über Vereinsliebe und die besten Fans der Liga. Aber die selbstherrliche Art des Zlatan Ibrahimovic nervt manchmal gewaltig.
Lieblingsfeind
Ganz klar Pep Guardiola, der heutige Trainer des FC Bayern München und damalige Coach des FC Barcelona. Zwei Welten trafen offenbar aufeinander: der asketisch und bescheiden wirkende Guardiola, der nach „Ghetto-Art“ gerne mit seinem Reichtum protzende Zlatan. Am meisten ärgert „Ibra“, dass Guardiola ihn quasi wie Luft behandelt und nicht mit ihm spricht. Er könne mit starken Persönlichkeiten nicht zurechtkommen, schreibt der Schwede über Pep. Oder mit Leuten, die nicht ins Barca-System passen.
Urteil
Eine Biografie wie die Spielweise des Zlatan Ibrahimovic: Oft herzerfrischend unkonventionell, manchmal ein wenig daneben. Der Mann ist eben eine ehrliche Haut und kennt nur Vollgas.