Sie siegen und siegen und siegen – die Schützlinge von Trainer Willie Mullins. Viele sind absolute Top-Pferde und ihr Betreuer ein wahrer Meister. Nur der Kolumnist findet das nicht so gut. Weil zu viele 18:10-Sieger nicht sein Ding ist.
Irgendwie sprach aus diesem Post schon ein wenig Verzweiflung. „Ich kann es nicht länger ertragen: Mullins gewinnt alles. Wo sind die Gegner? Langweilig“, postete der Kolumnist im englischen Cheltenham-Forum auf Facebook. Es war der letzte Samstag. Gerade hatten zwei Schützlinge des irischen Trainers Willie Mullins in einer Grade 2-Hürdenprüfung im englischen Warwick ihre englischen Kontrahenten deutlich abgehängt. Bereits zwei Rennen vorher hatte Black Hercules ein Jagd-Listenrennen mit dem berühmten „Finger in der Nase“ gewonnen.
Dabei handelt es sich bei den siegreichen Pferden zwar um leistungsstarke Kandidaten, aber nicht unbedingt um die erste Garde aus dem mächtigen irischen Quartier. Auch ihre englischen Gegner waren zwar talentiert, aber keine Top-Klasse.
Selten dominierte ein Trainer so den englisch-irischen Hindernissport wie der 59jährige Willie Mullins. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass etwa ein Martin Pipe oder später ein Paul Nicholls zu den seligen Zeiten von Kauto Star, Big Bucks oder Denman so die Szenerie beherrscht haben.
Legenden
Der Mann aus dem irischen Closutton im County Kildare kommt aus einer Rennsport-Familie, sein Vater war der legendäre Trainer Paddy Mullins. Aber der Sohn ist selbst auf dem Weg zur Legende. Schon im letzten Jahr feierten die Mullins-Starter beim Cheltenham-Festival gigantische acht Siege.
In diesem Jahr scheinen die Karten noch besser zu sein. Es könnte sein, dass Mullins alle Grade 1-Prüfungen des Festivals gewinnt.
Manche Buchmacher auf der Insel haben schon Alpträume am ersten Meetings-Tag, wenn manche Wetter die große Mullins-Sieg-Schiebe durchbekommen würden. Diese würden bestehen aus Min (Favorit in der Supreme Novices Hurdle, Racebets-Kurs 2,37), Douvan (Arkle Chase, Rb-Kurs 1,66), Faugheen (Champion Hurdle, Rb-Kurs 1,57) und Annie Power (Rb-Kurs 1,80, David Nicholson Mares Hurdle). Ergebe bei 10 Euro Einsatz rund 111 Euro.
Auch sonst hat Mullins allererste Chancen beim Gipfeltreffen der besten Hindernispferde im März. Un De Sceaux (Champion Chase, Rb-Kurs 2,5), Vautour (Ryanair Chase Rb-Kurs 2,5) sind weitere heiße Kandidaten. Dazu kommen weitere potenzielle Stars in den Novice-Hurdle-Prüfungen und dem Champion Bumper. Und selbst im Gold Cup sind mit Djakadam (Kurs 4,5) und Don Poli (Kurs 6,5) Mullins-Pferde an der Spitze des Wettmarkts.
Tierarzt
Woher kommt diese Dominanz? Seit Jahren geht es nur noch aufwärts, in Irland ist Willie Mullins schon seit Jahren unangefochten Champion. Auch in England beherrschen die Mullins-Pferde die Festivals in Cheltenham und Aintree.
Zum einen profitiert der Trainer davon, dass führende englische Quartiere in diesem Jahr relativ schwach an vierbeinigen Stars sind: Nicky Henderson etwa hatte schon deutlich stärkere Teams, bei Paul Nicholls sieht es noch düsterer aus. Und auch David Pipe hat bislang eine eher ruhige Saison.
Doch der entscheidende Grund für diesen Aufstieg sind Besitzer wie Rich Ricci, Graham Wylie oder Ryanair-Chef Michael O’Leary, dessen Pferde unter dem Namen Gigginstown Stud laufen. O’Leary hat allerdings auch Pferde bei anderen Trainern wie etwa Gordon Elliott.
Eng mit dem Aufstieg verbunden ist etwa Rich Ricci. Der Vorname ist hier Programm. Ein ehemaliger Banker, der mit einer Riesenabfindung in den Ruhestand ging. In den Nach-Zeiten der Bankenkrise kam das damals nicht gerade gut an.
Ricci hält sich zu diesem Thema eher bedeckt und investierte lieber in Pferde wie Faugheen, Douvan oder Annie Power. Dabei zeigt er Konsequenz: Alle seine Pferde werden in Irland und von Willie Mullins trainiert.
„Was mich am meisten an Willie beeindruckte, dass er mich nie wie einen weiteren Idioten mit Geld behandelte“, sagte Ricci über seinen Trainer. „Er war geduldig, offen, konnte nicht hilfsbereiter sein, nahm sich Zeit, Dinge zu erklären.“ Zum Beispiel über die Anatomie von Pferden. „Er könnte auch Tierarzt sein”. Es ist eine Beziehung mit beidseitigem maximalen Nutzen: der Trainer erkennt die Talente, der finanzkräftige Besitzer kauft die Pferde.
Teamwork
Mullins Fähigkeiten, Pferde zu entwickeln und dann zur Spitze zu führen, gelten als unvergleichlich. Hinzu kommt ein starkes Team zuhause und draußen.
„Harold Kirk wählt unsere Pferde aus. Er ist einer dieser heimlichen Helden bei Willie“, sagt Ricci. Er sei brillant, der Erfolg spreche für ihn.
Natürlich ist der Mullins-Stall der FC Bayern München des Hindernissports. Aber Geld alleine macht nicht erfolgreich. Manche Pferde entwickeln sich ungemein: Min etwa, der Favorit in der Supreme Novice Hurdle, lief bei zwei Starts in Auteuil eher schwach, kam für gerade mal 6 000 Euro nach Irland und wurde dort zur Nachwuchskraft der besonderen Güte. Aber so schön finde ich diese Dominanz bei allem Respekt nicht. Weil ich etwa ungern Unter-Pari-Favoriten für kleines Geld wette. Weil nicht immer der Favorit gewinnen muss. Sechs Leute mochten das immerhin bei Facebook.
Charmante Dokumentation aus Frankreich über den Champion-Trainer. Acht lohnende Minuten
Er kokettiert schon sehr mit seinem Außenseiter-Image und seiner Herkunft aus einem Problemviertel. „Ich bin Zlatan Ibrahimovic“, nennt der schwedische Weltklasse-Stürmer seine Biografie. „Meine Geschichte erzählt vom (Journalisten) David Lagercrantz.“ Bester Spruch: „Du kannst einen Typen aus dem Ghetto holen, aber du holst niemals das Ghetto aus einem Typen.“ nurpferdeundfussball hat das Werk gelesen. Ein Fazit in sechs Punkten.
Philosophie
„Es ist okay, nicht so zu sein wie alle anderen. Glaubt nur immer an euch selbst, für mich ist es trotz allem gut ausgegangen.“
Inhalt Das Werk beginnt mit einem Schlüsselerlebnis beim FC Barcelona im Herbst 2009. „Du“, sagte der damalige Barca-Coach Pep Guardiola. „Hier bei Barca stehen wir mit beiden Füßen auf dem Boden. Und hier kommen wir nicht mit Ferraris und Porsches zum Training.“ Peng, das saß beim aus armen Verhältnissen stammenden Zlatan, der gerne seinen automobilen Reichtum zeigte. Doch das Verhältnis Ibrahimovic und Guardiola wurde noch schlechter.
Danach geht es streng chronologisch weiter:
- die schwere Kindheit im Malmoer Problemviertel Rosengard. Die Eltern kommen aus dem damaligen Jugoslawien, leben getrennt und schlagen sich mit diversen Jobs durchs Leben.
- Die ersten fußballerischen Gehversuche bei diversen Klubs. Dort gilt der junge Zlatan als hochtalentiert, ist aber nur schwer ins Team integrierbar. Später wechselt Ibrahimovic dann zu Malmö FF. Ein Verein mit viel Tradition, 18facher schwedischer Meister und in den 80er Jahren mal Finalist in der Champions League, die damals noch Europapokal der Landesmeister hieß.
- Die anderen Profistationen, allesamt erste Adressen des Weltfußballs: Ajax Amsterdam, Juventus Turin, Inter Mailand, FC Barcelona, AC Mailand. Nur das letzte Gastspiel bei Paris Saint Germain kam zu spät für die Biografie.
Beifall
Ibrahimovic/Lagercrantz reden nichts schön und benennen im Gegensatz zu anderen Büchern dieser Art die Probleme knallhart. „Mit Küsschen oder so war nichts bei uns“, schreibt er über eine Jugend in Rosengard. „Du musstest die Zähne zusammenbeißen, und es gab Chaos und Streit und Schläge und Ohrfeigen.“ Das macht hart im Schmelztiegel der Nationen in Malmö.
Inhaltliche Höhepunkte sind die Jugendjahre und die erste Profistation bei Ajax Amsterdam sind sehr spannend zu lesen. Der Weltklub Ajax etwa, er holt seine Neuverpflichtungen und verfrachtet sie in ein ödes Apartment in den Vororten, ohne sich weiter um seine jungen und teuren Spieler zu kümmern. Ibrahimovic eckt bei vielen an, zieht sein Ding gnadenlos durch. Er will nach oben und landet bei Trainer Fabio Capello, dessen gnadenloser Siegeswille ihn mächtig beeindruckt.
„Ihr seid faul, ihr seid Scheiße“, sagt Capello einst zu seinen Spielern. Ibrahimovic schätzt Capello danach noch mehr.
Pfiffe
Je weiter im Text, desto langweiliger wird es. Profileben im Luxus. Die Journalisten belagern ihn, Ibrahimovic mag sie nicht. Und immer lockt mehr Geld: Zlatan ist auch nur einer dieser Söldner, der von Verein zu Verein zieht und sein Gehalt dabei immer wieder erhöht. Immerhin ist er so ehrlich und sagt nichts über Vereinsliebe und die besten Fans der Liga. Aber die selbstherrliche Art des Zlatan Ibrahimovic nervt manchmal gewaltig.
Lieblingsfeind
Ganz klar Pep Guardiola, der heutige Trainer des FC Bayern München und damalige Coach des FC Barcelona. Zwei Welten trafen offenbar aufeinander: der asketisch und bescheiden wirkende Guardiola, der nach „Ghetto-Art“ gerne mit seinem Reichtum protzende Zlatan. Am meisten ärgert „Ibra“, dass Guardiola ihn quasi wie Luft behandelt und nicht mit ihm spricht. Er könne mit starken Persönlichkeiten nicht zurechtkommen, schreibt der Schwede über Pep. Oder mit Leuten, die nicht ins Barca-System passen.
Urteil
Eine Biografie wie die Spielweise des Zlatan Ibrahimovic: Oft herzerfrischend unkonventionell, manchmal ein wenig daneben. Der Mann ist eben eine ehrliche Haut und kennt nur Vollgas.
Am zweiten Weihnachtstag um 16:10 deutscher Zeit schon was vor? Eine Alternative zu Printen und Plätzchen ist wie immer die King George VI Chase (natürlich Grade 1, Distanz 4.828 m) auf der Rennbahn in Kempton. 2015 ist die Prestigeprüfung so offen wie schon lange nicht mehr. Starter und Chancen.
Al Ferof (Trainer Dan Skelton): Der markante Schimmel war in den letzten Jahren zweimal Dritter im King George, jedes Mal deutlich hinter dem damaligen Stallgefährten Silviniaco Conti. Damals trainiert von Paul Nicholls, seit dieser Saison aber heißt der Betreuer Dan Skelton. Überzeugende Generalprobe in der Peterborough Chase, profitierte aber auch vom Sturz seines stärksten Gegners. Ein Top-Pferd, das aber noch nie über drei Meilen gewonnen hat.
Ballynagour (Trainer David Pipe): Immer hoch geschätzt im Pipe-Stall, aber auch in Bestform immer ein Stück hinter den Besten. Stärkste Form war ein zweiter Platz in der Aintree Bowl hinter Silviniaco Conti. Zuletzt jedoch wieder deutlich geschlagen in Haydock in der Lancashire Chase (Gr.1).
Cue Card (Trainer Colin Tizzard): Ob es am neuen Stallgebäude liegt? Oder beflügelt der neue Steuermann Paddy Brennan? Cue Card präsentiert sich in dieser Saison so gut wie noch nie. Man muss nur das Strahlen in den Augen von Trainer Colin Tizzard sehen, wenn er über den Wallach spricht. Zwei Erfolge zuletzt und besonders der Treffer in den Lancashire Oaks gegen Silviniaco Conti war eine grandiose Vorstellung. Es ist der vierte Versuch in der King George Chase, das beste war bislang ein zweiter Platz. Das soll besser werden, der Tizzard-Stall ist zudem gut in Form.
Ein Blick zurück ins Jahr 1999: Es siegte der hochklassige See More Business mit Jockey Mick Fitzgerald. Es war sowohl der zweite Erfolg für See More Business als auch Trainer Paul Nicholls nach 1997. Nicholls blieb bekanntlich nicht bei zwei King George-Triumphen stehen
Don Cossack (Trainer Gordon Elliott): In acht seiner letzten neun Starts blieb Don Cossack teilweise sehr überlegen vorne, nur in der Ryanair Chase in Cheltenham langte es nach einem Fehler und einem schlechten Rennverlauf „nur“ zu Platz 3. 200 Meter weiter und er hätte gewonnen, so beschleunigte er noch. Danach aber machte der im Gestüt Etzean aufgewachsene Sholokhov-Sohn keine „Gefangenen“ mehr, siegte unter anderem gegen Cue Card und Al Ferof. Zwei leichte Erfolge in dieser Saison, die Distanz sollte passen.
Irish Cavalier (Trainer Rebecca Curtis): Talentiertes Pferd, kommt aus dem Nachwuchs-Bereich und zeigte dort einige gute Formen. Mit seinen sechs Jahren steht er zudem am Anfang seiner Karriere. Die King George Chase ist die bislang schwerste Aufgabe, der Wallach müsste sich schon deutlich steigern. Zudem scheiterten die zwei Versuche über drei Meilen. Immerhin läuft es am Stall wieder besser.
Silviniaco Conti (Trainer Paul Nicholls): Spezialist, der den dritten Sieg in Folge im King George anstrebt. Trainer Paul Nicholls ist zudem der Experte für diese Prüfung, denn davor war das Prestige-Rennen fest in Händen des mächtigen Kauto Star. Aber ist Silvianico noch so gut wie in den Jahren zuvor? Die diesjährigen Vorstellungen waren in Ordnung, allerdings war er beispielsweise in Haydock deutlich hinter Cue Card. Auch die Trainerform war schon mal besser.
Smad Place (Trainer Alan King): Das Pferd mit dem besten Stehvermögen im Feld, immer hoch eingeschätzt im Stall. Der Schimmel lieferte seine bislang beste Vorstellung mit einem Start-Ziel-Erfolg im Hennessy in Newbury ab. Das Rennen mag zwar nur ein Handicap sein, aber wird in der Regel von sehr guten Pferden gewonnen. Davor war der King-Schützling mehrmals in Grade 1-Aufgaben deutlich geschlagen. Zudem könnte Smad Place auf dem flachen Kurs in Kempton gegen Pferde mit mehr Speed den Kürzeren ziehen.
Valseur Lido (Trainer Willie Mullins): Ein Sohn des einst in Frankfurt von Dave Richardson trainierten Anzillero. Auch schon Grade 1-Gewinner in der Novice-Klasse, kommt mit soliden Formen, war aber mehrfach hinter dem Stallgefährten Vautour.
Vautour (Trainer Willie Mullins): Letzte Saison ein überragender Newcomer, gewann die J L T Novices Chase in Cheltenham wie ein Pferd anderer Klasse. Kennt nur die Plätze 1 und 2, der Saisonauftakt war eher ein Arbeitssieg. Jetzt geht es gegen die großen Jungs. Die Klasse sollte Vautour haben, die Distanz ist aber so weit wie noch nie.
Urteil Silviniaco Conti wäre natürlich ein Champion der Herzen, wenn er den Hattrick in diesem Rennen schaffen würde. Sein Trainer ist ein Meister, wenn es darum geht, Pferde punktgenau zu trainieren. Doch im Vergleich zu den Vorjahren sind die Rivalen besser in Form: Cue Card und Smad Place kommen mit großartigen Formen, Vautour sollte noch längst nicht alles gezeigt haben. Aber mein Tipp heißt Don Cossack, ebenfalls gut in Schuss und ein Kandidat mit weiteren Reserven.