Donnerstag, 30. April 2015
Derby-Watch: Wieder alles Wöhler
Derby-Watch Teil 2: Im Blickpunkt am kommenden Wochenende steht der Metzler-Preis über 2000 Meter in Frankfurt. Eine Gruppe 3-Prüfung, in der in den letzten Jahren immer sehr gute Pferde die Nase vorn hatten. 2014 triumphierte der spätere Derbysieger Sea The Moon, das Gleiche schaffte auch Kamsin im Jahr 2008. Und auch sonst zieren die Siegerliste illustre Namen: Novellist etwa, der spätere King George-Heroe. Auch Earl of Tinsdal, Scalo, Prince Flori oder Königstiger waren sehr gute Pferde.


Der wahrscheinliche Favorit im Metzler-Preis:
Rogue Runner (Foto German Racing/Ruehl)


Dem gilt es am Sonntag nachzueifern. Nur der vielversprechende Mohadjer hat von den acht Startern keine Derbynennung hat. Das Pferd aus dem Stall von Waldemar Hickst ist ein interessanter Kandidat, auch wenn die Siegform aus Argentan schwer einschätzbar ist.
Doch das meiste Interesse bekommt wie so häufig in diesem Jahr ein Pferd aus dem ostwestfälischen Quartier von Trainer Andreas Wöhler. Rogue Runner gewann seine beiden Starts, zuletzt im April in Hoppegarten als heißer Favorit über 1600 Meter. Da zog der Hengst nach einigen Umwegen auf den letzten Metern noch richtig gut an, dennoch war es eine knappe Angelegenheit.
„Er ist mental zuweilen schon noch ein ziemlicher Kindskopf und viel Routine hat er auch noch nicht - umso mehr wissen wir diesen Sieg zu schätzen“, schrieb der Trainer nach dem Hoppegartener Sieg auf seiner Homepage. Die längere Strecke in Frankfurt werde ihm entgegenkommen. Rogue Runner steht im Besitz von Qatar Racing, den Ritt in Frankfurt übernimmt Oisin Murphy, eines der größten Talente im englischen Turf. Wenn ich nicht in Dortmund wohnen würde und Frankfurt nicht gerade in der Nachbarschaft liegt, wäre das alleine ein Grund, diesen Renntag zu besuchen.
Auch der zweite Favorit kommt mit Fair Mountain aus dem Wöhler-Stall. Der Hengst des Stalles Margarethe siegte Start-Ziel im Figge+Schuster AG Derby Trial in Bremen und imponierte dabei sehr, zumal der klebrige Boden gar nicht nach seinem Geschmack war. Er schlug dabei Agosteo, den er am Sonntag wiedersehen wird.
Schauen wir mal, ob die gute Wöhler-Serie hält: Denn in der letzten Woche rückte Karpino nach seinem überzeugenden Erfolg im Dr. Busch-Memorial in Krefeld in eine prominente Derby-Position.

Ein Kollege von Sea The Moon
Doch die Gegner für Rogue Runner und Fair Mountain sind nicht gerade Pappkameraden: Da wäre etwa Space Cowboy aus dem Stall von Roland Dzubasz in Hoppegarten. Sehr interessanter Teilnehmer, nicht nur weil der Hengst die Farben des Vorjahressiegers Sea The Moon trägt. Seinen einzigen Start absolvierte er zweijährig über 1900 Meter in Dresden und besiegte dabei unter anderem Fair Mountain. Seitdem steht er im Derby-Langzeitmarkt sehr weit oben.
Auch die anderen Kandidaten haben ihre Meriten: Molly Le Clou war zweijährig immerhin schon Listensieger und Gruppeplatziert, die Bilanz des Stallgefährten Areo liest sich 2-2-1. Shadow Sadness vervollständigt das Feld, zuletzt war er in Köln chancenlos gegen Isidor über 2200 Meter.
Schon knapp Stunden vorher gibt es im Metzler Japan-Rennen Derbyhinweise. Sieglose Pferde kommen an den Start, sein Lebensdebüt gibt beispielsweise der gut gezogene Ittlinger Strato, Halbbruder des Gruppe 1-Siegers Scalo. Eine Derbynennung hat zudem noch Summer Paradiese, zuletzt in Köln ein wenig enttäuschend, und der Röttgener Ausblick.
In Düsseldorf stehen am Sonntag zwar die Damen im Henkel-Stutenpreis im Fokus, aber auch in Richtung Hamburg könnte es Hinweise geben. Im Somat-Rennen haben fünf der acht Starter noch das Derby als Langzeitziel. Die beste Formen hat der Schiergen-Schützling Nordic Flight, ihre bisherigen Leistungen müssen Aigual, Shining Rules und Well Kept steigern. Sein Lebensdebüt gibt der Ittlinger Novano.
Schon am Maifeiertag rücken einige Hamburg-Kandidaten in die Boxen. So zum Beispiel im Preis der Wettannahme Riem in München über 2000 Meter, wo der Sprengel-Schützling Iraklion und Lokalmatador Edington, der sein Lebensdebüt gibt, starten.
Und selbst in Mannheim läuft ein Derby-Kandidat: Savelletri müsste die Aufgabe am Freitag schon gewinnen, wenn sein weiterer Weg Richtung Hamburg führen soll. Beim Debüt in Bremen war er Sechster und weit geschlagen von Fair Mountain, doch sein Trainer Christian von der Recke weiß, wie man mit einem Außenseiter in Hamburg überrascht. Eric wurde 2014 immerhin Vierter.



Mittwoch, 29. April 2015
Lahm und Alonso rutschen ins schwarz-gelbe Glück
Nicht nur die Engländer haben Probleme mit den Elfmetern. Auch dem großen FC Bayern München widerfuhr ähnliches Leid am Dienstag im Halbfinale des DFB-Pokals. Lahm und Xabi Alonso schossen über das Tor und rutschten dabei mysteriös weg, Götze scheiterte an BVB-Keeper Mitch Langerak und Neuer ballerte gegen die Latte. Bei Borussia Dortmund trafen hingegen Gündogan und Kehl, Neuer hielt nur den Strafstoß von Hummels. Damit hatte der BVB die Sensation geschafft und zog nach einem 1:1 nach Verlängerung und einem 2:0 im Elfmeterschießen ins DFB-Pokalfinale ein.

Fußball ist schon ein komischer Sport. Bis zur 75. Minute wirkte Borussia Dortmund an diesem Abend in der Münchner Arena ziemlich chancenlos. Nun war es nicht so, dass die Bayern viele Torchancen hatten und ein offensives Spektakel wie gegen Porto boten. Aber der frisch gekürte Deutsche Meister schaffte es immer wieder, Nadelstiche über ihre starken Außen zu setzen.
Und sie führten 1:0 – ausgerechnet durch Lewandowski und durch ein selten dämliches Tor. Denn da hatte der BVB mal eine gute Offensivaktion, doch Kagawas Pass war viel zu kurz und wurde abgefangen. Die Bayern konterten: Ex-Borusse Lewandowski traf erst die Querlatte; der Nachschuss trudelte zwischen Langerak und Sokratis ins Tor.
Dortmund presste zwar stark, aber ohne Erfolg. Bayern hatte gefühlte 80 Prozent Ballbesitz und wenn die Borussia mal nach vorne spielte, dann war der Pass schlampig und kam nicht an. Oder die Stürmer verloren den Ball. In den ersten 75 Minuten hatte ich den Eindruck, dass Dortmunds Offensivkräfte Aubayemang, Reus und Kagawa keinen einzigen Zweikampf gewonnen hatten.
Der BVB, dachte ich, mag zwar Mannschaften wie Paderborn und Frankfurt schlagen, aber gegen die Top-Teams wie Bayern München reicht die Klasse einfach nicht. Dazu nervte der ARD-Kommentator Gerd Gottlob, der an diesem Abend – trotz norddeutscher Herkunft – scheinbar ein Bayern-Trikot trug und manche Münchner Aktionen peinlich hoch lobte. Obwohl er – zugegeben - manche Schwäche im BVB-Spiel durchaus treffend analysierte.

Langerak bewirbt sich
Doch alles wurde gut: Großartiger Pass von Blaszczykowski auf Mkhirtaryan, ebenso stark dessen Vorarbeit und Aubayemang schloss artistisch zum 1:1 ab. Danach war es ein Spiel auf Augenhöhe: Borussia erarbeitete sich Torchancen, Marco Reus kam besser in die Partie und der eingewechselte Henrikh Mkhirtaryan zeigte eindrucksvoll, welch großartiger Fußballer er doch sein kann, wenn es mal läuft bei ihm.
Es ging in die Verlängerung und Borussia rettete das Unentschieden auch mit 10 Mann nach Kampls gelb-roter Karte ins Elfmeterschießen. Ein Grund war Torhüter Mitch Langerak, der einige Male großartig parierte. Mit seiner Vorstellung bewarb sich der Australier eindrücklich für die Nachfolge von Roman Weidenfeller im BVB-Tor.
Im Elfmeterschießen musste aber Langerak nur einmal gegen den ehemaligen Kollegen Götze retten. Der Rest siehe oben – Erinnerungen an Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß und seinen Elfmeter-Fehlschuss in den Nachthimmel von Belgrad wurden wach.
Was bleibt also nach diesem Zittersieg für den BVB? Die Optionen auf einen Titel und internationalen Fußball in der Europa League bleiben trotz verkorkster Saison. Zudem sind die Chancen auf ein Abschiedscorso von Jürgen Klopp am Dortmunder Borsigplatz gestiegen.
Außerdem zeigte das Spiel, dass die Borussia mit jedem Gegner mithalten kann. Aber zu häufig wirkte das Team in dieser Saison völlig leblos, auch in München war der BVB lange Zeit deutlich unterlegen und wirkte mutlos.

Barca
Und was bleibt für Bayern München? Erst einmal Glückwünsche auch von dieser Kolumne zur souveränen Meisterschaft. Das aktuelle Team ist die stärkste Bayern-Mannschaft, die ich je erlebt habe. Und ich habe schon unter mancher Truppe des Rekordmeisters gelitten.
Mit dem Dreifach-Triumph Meisterschaft, Pokal und Champions League wird es nun aber nichts. In der Champions League kommt der FC Barcelona; ein Wiedersehen für Pep Guardiola mit dem Verein, bei dem er die meiste Zeit seiner Laufbahn als Spieler und Trainer verbracht hat. In meinen Augen ein Duell auf Augenhöhe, in dem die Tagesform entscheiden wird.
Wenn die Bayern aber verlieren, werden die Diskussionen wieder losgehen. Um Pep und seine Taktik, um die Qualität einiger Spieler etc. Da ist es völlig egal, wie überlegen der nationale Titel ausfiel. So ist das in München – die Ansprüche sind dort ähnlich wie in Madrid oder Barcelona. Nur der nationale Titel reicht nicht aus.



Erinnerungen werden wach: Ex-Bayern-Manager Uli Hoeneß schießt im EM Finale 1976 seinen Elfmeter in den Belgrader Nachthimmel



Montag, 27. April 2015
AP McCoy: Toller Abschied eines Champions
Es müssen bewegende Momente gewesen sein: Der letzte Renntag zum Abschied des großen AP McCoy. Eine ausverkaufte Rennbahn in Sandown Park. Einer der schönsten Hinderniskurse auf der britischen Insel. Der Rahmen war perfekt, nur mit dem Abschiedssieg klappte es leider nicht für McCoy. Aber das ist höchstens ein ganz, ganz winziger Makel in einer ansonsten perfekten Laufbahn.

Es war das Ende einer großartigen Abschiedstour nach der Verkündigung seines Abschieds im Februar. Überall im Lande hatten die Besucher den Ausnahmejockey frenetisch gefeiert. McCoy zeigte sich geehrt. „Es ist sehr schön, dass ich den Respekt des ganzen Landes habe“, sagte er am Sonntag nach seinem Karriere-Ende dem Sender ATR.
„Ich wollte aufhören, wenn ich noch gut reiten kann“, hatte Coy den Zeitpunkt seines Rücktritts begründet. Einerseits schön, wenn jemand auf der Höhe seiner Leistungskraft aufhört. Denn nichts ist schlimmer als einen alternden Champion zu erleben, der nur noch ein Schatten vergangener Jahren ist. Dieses blieb der Rennwelt zum Glück erspart.
Andererseits wird er natürlich fehlen: McCoy, dieser Dynamiker im Sattel. Der Endkämpfe reiten konnte wie kaum ein anderer und noch mal unerklärliche Reserven aus seinen vierbeinigen Partnern herauslockte.

Dauer-Champion
Man muss sich das mal vorstellen: 1995/1996 gewann McCoy sein erstes Championat der Hindernisjockeys in England. Damals ritt er noch gegen Koryphäen wie Richard Dunwoody, Adrian Maguire, Graham Bradley oder Jamie Osborne. Das Internet war noch in den Kinderschuhen. Wer in Deutschland englische Rennen sehen wollte, musste zum Buchmacher gehen oder auf die Insel reisen.
Vieles änderte sich, doch eines nicht: Bis heute gewann kein anderer Hindernisjockey den Meistertitel in England. 20-mal hieß es: Erster Anthony Peter McCoy. Der arme Richard Johnson – er konnte als ewiger Zweiter einem schon ein wenig leid tun.
Aber sein ewiger Rivale brach alle Rekorde, ritt jedes Jahr weit über 100 Sieger. Das heißt neben allem Ruhm auch: Dauerstress, Kilometer ohne Ende im Auto, weil es fast jeden Tag in England Hindernisrennen gibt. Und immer reitet die Gefahr mit.
McCoy, der am 4. Mai 41 wird, war nicht nur auf den großen Festivals und in den großen Samstags-Veranstaltungen erfolgreich. Die Basis seiner Meisterschaften waren Prüfungen mit Preisgeldern von 5000 Pfund oder weniger. Auf Rennbahnen wie Towcester, Taunton oder Exeter.

Pridwell
Mein „Lieblings McCoy-Ritt“ stammt aus dem Jahr 1998 in der Aintree Hurdle. Eigentlich galt Istabraq (in den Farben des späteren McCoy-Patrons J P McManus) als unschlagbar, eine Niederlage schien ausgeschlossen. Doch Pridwell und Tony McCoy schafften an diesem Tag die Sensation auf schwerem Boden.
Mit einem Jockey in Top-Form. Dieser Ritt (siehe Video unten) zeigt noch mal alle seine Qualitäten: Taktisches Geschick, Gefühl und Willensstärke. Wie er im Finish noch an Istabraq und Charlie Swan vorbeizog, war einfach nur grandios.
Denn Pridwell, trainiert von Martin Pipe, war ein etwas schwieriges Pferd. Wenn der Wallach Lust hatte, konnte er richtig gut laufen. Doch manchmal hatte Pridwell keine Lust: Dann blieb er einfach am Start stehen. Auch das hatte McCoy schon erlebt.
Alles Gute, Mister McCoy. Und erst ein Mal alles sacken lassen.