Montag, 29. September 2014
Die Lehren des 52. Preises von Europa
Was will uns das Ergebnis des 52. Preises von Europa in Köln sagen? Vielleicht dieses: Vergesse nie die beste Form eines Pferdes. Und das der Dreijährigen-Jahrgang schwer enttäuschte.

Es ist eine komische Zeit im Turfjahr. Die Saison neigt sich dem Ende zu, viele Pferde haben ein anstrengendes Jahr mit schweren Prüfungen hinter sich. Das fordert oftmals Tribut, gerade im September/Oktober kippt die Form nach hinten. Manchmal lohnt es sich, wenig gelaufene Kandidaten zu beachten. Die pausiert haben – aus welchen Gründen auch immer. Eindrücke, die die Kölner Gruppe 1-Prüfung bestätigten.

Die Platzierten
Im letzten Jahr war er nur mit einem Hals geschlagen Zweiter hinter Meandre, diesmal hatte er mit einer halben Länge gegen den Earl of Tinsdal die Nase vorn: Empoli siegte nach einem gut eingeteilten Ritt von Adrie de Vries gegen den tapfer marschierenden Earl und verschaffte damit dem Stall von Trainer Schiergen ein schönes Erfolgserlebnis. Denn so gut ist das sonst so erfolgreiche Quartier in diesem Jahr nicht dabei, es ist eine eher mittelmäßige Saison. Auch weil die Spitzen-Dreijährigen fehlen.
Ein Siegertyp ist Empoli auch nicht unbedingt, erst ein einziges Rennen konnte der Halling-Sohn in russischem Besitz vor seinem Gruppe 1-Treffer gewinnen. Aber er hat einige gute Formen – aus Meydan beispielsweise.
In Europa musste er immer in ganz schweren Aufgaben ran, da war Empoli in diesem Jahr chancenlos. Mein Tipp wäre er nicht gewesen, nach seiner Bestform gehörte der Schiergen-Schützling aber schon zu den chancenreichen Kandidaten.



Nase vorn: Auf den letzten Metern machte Adrie de Vries Empoli noch einmal richtig schnell und gewann das Rennen (Foto: Marc Rühl/German Racing)

Mein Tipp wäre eher der Earl of Tinsdal gewesen. Zum einen sind die Pferde von Trainer Andreas Wöhler aktuell in guter Form, zum anderen ist der Frontrenner in diesem Jahr wenig geprüft. Köln war erst der zweite Saisonstart, das Saisondebüt als Vierter in Hoppegarten war in Ordnung. Am Sonntag lief er ein grandioses Rennen von der Spitze, das eigentlich den Erfolg verdient gehabt hätte. Offenbar ist er nicht mehr ganz so hektisch wie in früheren Zeit, aber ein eigener Geselle ist er immer noch.
Night Wish lieferte die nächste gute Leistung als Dritter ab, ist ein Muster an Formbeständigkeit. Und auch Girolamo kam noch gut ins Rennen, ohne eine Siegchance zu haben.

Die Dreijährigen
Der diesjährige Preis von Europa war ein Desaster für den Dreijährigen-Jahrgang. Wild Chief war als 5. noch der bestplacierte, hatte einen großen Moment, wo er fast schon wie der Sieger aussah. Doch je länger die Distanz wurde, desto schwächer wurde der Hirschberger-Schützling. Vielleicht ist er doch nicht der große Steher, eher ein Pferd für 2000 bis 2200 Meter. Denn auch im Derby baute Wild Chief zuletzt deutlich ab.
Für Amazonit und die Stute Papagena Star sind solche Aufgaben wie der Preis von Europa deutlich eine Nummer zu groß. Und damit sind wir bei den Enttäuschungen: Sirius setzte seine schwache Form aus Baden fort, das Pferd von Trainer Andreas Löwe ist nach einer starken Saison schlicht über den Berg. Allerdings hat er vorher schon in Hamburg und Hoppegarten eindrucksvoll gezeigt, dass er gegen die ältere Pferde bestehen kann.
Die größte Enttäuschung war Guardini aus dem Besitz von Georg Baron von Ullmann. „Beste Schlenderhaner Dreijähriger“ hallte es irgendwann im Frühjahr durch die Gerüchteküche. Im Deutschen Derby lief er nicht, immerhin gewann er eine Gruppe 3-Prüfung im französischen Chantilly. In den schweren Aufgaben des Grand Prix de Paris (Gruppe 1) und Prix Niel (Gruppe 2) war er hingegen völlig ohne Möglichkeiten.
Dennoch reichten diese Formen, dass die deutschen Wetter ihn blind zu ihrem Favoriten kürten. Das Ergebnis war nicht nur für sie ernüchternd: Guardini war nie im Rennen, fand nie ins Rennen und war als Siebter ohne einen besseren Moment.



Donnerstag, 25. September 2014
Die Welt des Felix Magath enthüllt
Das war garantiert keine Werbung für die deutsche Trainergilde: Der englische FC Fulham hat sich von seinem deutschen Trainer Felix Magath getrennt. Von einer „Bilanz des Grauens“ sprach das Fachblatt kicker: 20 Pflichtspiele, vier Siege, zwölf Niederlage und der Abstieg aus der Premiere League. Auch in der Championship wurde es für den Klub nicht besser: Sein neu zusammengestelltes Team holte einen jämmerlichen Punkt aus sieben Spielen.

Wenn jemand Felix Magath erwähnt, dann gehen in Deutschland fast nur doch die Daumen runter. Zu groß war das Chaos, das der einst so elegante Internationale an seinen letzten Stationen in Wolfsburg und Schalke hinterließ. In England wird die Reaktion ähnlich sein. Sein Gastspiel beim FC Fulham endete abrupt – und die Methoden des einstigen Meistertrainers stießen auf deutliches Unverständnis in der englischen Öffentlichkeit.
„Fulham sagt Tschüss zu Magath und der verrückten Welt vom Felix, dem Hirnverbrannten“, titelte der Guardian und der ist kein Boulevardblatt. Die Absonderlichkeiten des Magathschen Regimes in der englischen Hauptstadt – und wenn man dem Autoren so glauben darf, dann ähnelt die Atmosphäre eines von Felix Magath trainierten Clubs dem einer Besserungsanstalt für gefallene Profifußballer. Das kann man hier auch schön beim stern auf Deutsch nachlesen.
Ein Textauszug aus dem Guardian-Text: „….manchmal gab es drei Sessions am Tag, einige waren nur dazu, die Spieler so lange laufen zu lassen, bis sie kurz vorm Umkippen waren. Es war bestrafend und primitiv und langsam, aber sicher, stellten die Fulham-Spieler fest, warum Magath früher den Spitznamen „Saddam“ bei einem seiner früheren Clubs trug."

Vorbilder Zebec und Happel
Das hätten die Verantwortlichen des FC Fulham aber schon früher wissen können, als sie den deutschen Übungsleiter im Februar holten. Jeder soll es erstmal der Assistenztrainer richten.
Beim FC Fulham im Londoner Westen habe ich im Sommer 1997 mein erstes Fußballspiel auf englischem Boden gesehen. Fulham war gerade von der vierten in die dritte englische Profiliga aufgestiegen, Harrod-Boss Mohammed Al-Fayed war der neue Besitzer des Clubs und der Gegner Crystal Palace war neu in der Premiere League. Auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel in der Vorbereitung war, agierten beide Teams mit viel Leidenschaft. Die Fans waren nett und freundlich, das Stadion schön idyllisch, nur den Eintrittspreis von 12 Pfund fand ich damals etwas teuer. Jedenfalls verfolge ich den Londoner Club seit dieser Zeit mehr oder weniger intensiv.
Die Entscheidung für Magath war jedoch ein Fehler. Dabei hat der Trainer auch schon großartige Zeiten mit seinen Methoden erlebt. 2010 feierte ihn das Fachblatt 11 Freunde beispielsweise als Trainer des Jahres, nachdem er 2009 mit Wolfsburg Deutscher Meister und ein Jahre später mit Schalke 04 ehrenvoller Zweiter wurde.
„Der Alchemist“, titelte das Blatt und schrieb im Vorspann „Seit Jahren verwandelt Felix Magath mittelmäßige Kader in Spitzenteams.“ Im Text erzählt die einstige HSV-Legende Hermann Rieger, wie Magath unter den Trainern Branko Zebec und Ernst Happel zum Musterprofi reifte. „Er hat diesen ganz bestimmten Ton in der Stimme, bei dem Menschen einfach zuhören“, meint sein langjähriger Weggefährte. Diesen Ton werden die meisten Fulham-Spieler wohl nicht vermissen.



Dienstag, 23. September 2014
Wenn die Bild am Sonntag mal über Turf schreibt
Es ist nicht so, dass die Bild am Sonntag, Deutschlands auflagenstärkste Sonntagszeitung, regelmäßig über Galopprennen berichten würde. Am letzten Wochenende gab es zum Beispiel das St. Leger in Dortmund, immerhin ein „klassisches“ Rennen. Davon stand keine Zeile im Blatt. Selbst das Deutsche Derby in Hamburg, das wichtigste Rennen des Turfkalenders, schaffte es nicht mehr in den fußball-dominierten Sportteil. Früher gab es mal eine manchmal unfreiwillig komische Derby-Vorschau von Klaus Göntzsche, aber diese Zeiten sind längst vorbei.
So ganz richtig ist das jedoch nicht. Am Sonntag hatte die BamS (nicht online) auf Seite 35 einen Text mit der Überschrift „1,6 Mio. Euro-Pferd nach Beinbruch erschossen“ im Heft, dazu zeigte ein Foto, wie ein Mann dem Rennpferd Wigmore Hall eine Pistole an den Kopf hält. Zum Glück relativ unscharf und etwas versteckt im Heft – aber das Bild ist dennoch schockierend genug.
Warum bringt das Blatt so ein Bild? Der übliche Boulevard-Voyeurismus, die übliche Sensationsmache? Bei den sogenannten Randsportarten zählt das sportliche nicht besonders, dann sind andere Dinge entscheidend. Wenn etwa der Trainer mit der Frau des Besitzers schläft oder eben ein Pferd, das erschossen wird. Und natürlich nennt die BamS die Quelle nicht, wo sie die Geschichte her hat.
Es stammt aus einer Bilderserie der englischen Tierschutz-Organisation Animal Aid, die dann am letzten Samstag die englische Boulevardzeitung Daily Mirror groß auf seiner Titelseite brachte. Ein Mitglied der Animal-Aktivisten hatte die Bilder heimlich hinter der aufgespannten Leinwand gemacht und dann – eine Woche nach dem bedauerlichen Vorfall – an den Boulevard verhökert. Und dabei konnten die selbsternannten Tierschützer dann wieder ihre Mär vom angeblichen so gefährlichen Rennsport loswerden, der die Tiere leiden lässt und verboten gehört.

Brutale Wirkung
Im Text lässt dann der Mirror immerhin die Vertreter des Rennsportes ausführlich zu Worte kommen und jeder, der ein wenig lesen kann, wird zu der Erkenntnis kommen, dass Rennpferde im Vergleich zu anderen Tieren wie Hühnern oder Schweinen doch ein komfortables Leben führen. Zumal es manchmal nach Verletzungen wie etwa Beinbrüchen leider keine Rettungsmöglichkeiten mehr für Pferde gibt.
Dennoch sind die Bilder schon von brutaler Wirkung. Und viele Leser, die nichts oder wenig mit dem Rennsport zu tun, gucken nur auf diese Bilder. Dabei ist, wenn man den Experten glauben darf, der Tod mit der Pistole „kurz“ und „schmerzlos“, wobei ich es eigentlich widerlich finde, von „humanen Tötungsmethoden“ zu schreiben.
Was hat also den Mirror also angetrieben, diese Geschichte zu bringen? „Wir wollte eine Debatte entfachen“, sagt der Mirror offiziell. Debatte über was? Über einen bedauernswerten Todesfall oder die angebliche Brutalität im Rennsport? Animal Aid als Tippgeber gilt zudem nicht gerade als glaubwürdig, ich empfehle dazu diesen sehr lesenswerten Text von Greg Wood vom Guardian.
Nun ist der Wettbewerb zwischen den englischen Boulevardblättern immer noch knallhart, beharken sich Sun, Mirror, Star oder Daily Mail gewaltig mit sogenannten Exklusivgeschichten. Alle verlieren sie Auflage, der Mirror ist schon seit Jahren ein Krisengebiet, da ist man nicht besonders zimperlich. Aber welches Hirn ist so krank, dass man denkt, mit einem Pferd, das gerade erschossen wird, mehr Zeitungen zu verkaufen?
Der Mirror bringt übrigens jeden Samstag eine durchaus gut gemachte Rennsportbeilage, in der die großen Buchmacher regelmäßig inserieren. Tipster David Yates ist jemand, den ich schätze, weil er manchmal sehr interessante Tipps gegen die Favoriten hat. Aber von ihm kommt die Geschichte ja auch nicht.
Und natürlich bedauere ich den Tod von Wigmore Hall. Er war ein großartiges Pferd, sportlich sehr erfolgreich und ein wahrer Globetrotter. Aber egal wie gut er war – jedes tote Rennpferd ist eins zu viel.