Donnerstag, 15. Mai 2014
Der Mai des Grauens für die Bayern
Große Niederlagen des FC Bayern: DFB-Pokalfinale Borussia Dortmund – Bayern München 5:2 (3:1), 12. Mai 2012, Berlin

Unsere kleine Serie über die großen Niederlagen des FC Bayern München pausierte ein wenig. Denn die so mächtigen Bayern kriselten nach der so souveränen Meisterschaft gewaltig und kassierten Niederlagen in Bundesliga und Champions League. Da muss man nicht an Schlappen der Vergangenheit erinnern. Die Dortmunder Borussia leistete mit einem lockeren 3:0 in München einen wichtigen Beitrag zum Bayern-Leiden.
Aber noch schlimmer wog das bittere Ausscheiden im Champions League-Halbfinale gegen Real Madrid. Auf einmal war Trainer Pep Guardiola nicht mehr der Magier, der die Spielkultur der Bayern weiter verfeinert hatte. Das Fachblatt kicker wies nach dem Halbfinale in einem langen Artikel auf die Fehler des Übungsleiters hin und stellte Fragen nach dem System. Ballbesitz ist offenbar nicht alles; zudem meckern inzwischen auch einige Spieler, weil sie nicht ausreichend Einsatzzeiten bekommen. Franck Ribery – zuletzt ganz schwach – beklagte sich noch in dieser Woche.
Wenn die Bayern das Pokalfinale gegen den BVB verlieren, dann wird das Grollen noch größer. Vieles erinnert an das Spiel 2012: Auch damals fuhren sie ziemlich anschlagen nach Berlin.
Denn lange hatten die Münchner unter Trainer Jupp Heynckes eine starke Saison gespielt. Doch sie verloren zweimal in der Liga mit 0:1 gegen das Team von Jürgen Klopp. Der BVB legte eine famose Rückserie hin und distanzierte am Ende den Rivalen um acht Punkte.
Das Pokalfinale sollte da ein wenig die Wunden lindern. Doch dieser 12. Mai 2012 endete als Fiasko, für Bayern-Manager Uli Hoeneß war es eine der größten Demütigungen der Vereinsgeschichte. Mit 5:2 deklassierte der BVB den FC Bayern an diesem Abend in Berlin.

Auch Neuer patzte
Der FCB hatte zwar mehr Spielanteile, aber die Borussia war deutlich effektiver und siegte verdient. Bereits nach drei Minuten stand es 1:0 für Schwarz-Gelb durch den grandiosen Shinji Kagawa. Robben glich zwar per Strafstoß aus, doch Hummels stellte ebenfalls per Strafstoß den alten Abstand wieder her.
Die Münchner machten an diesem Abend haarsträubende Fehler, selbst Torhüter Manuel Neuer blieb davon nicht verschont. Robert Lewandowski traf zweimal und schoss sich damit endgültig auf den Notizzettel des FCB. Und immer wenn Bayern etwas Hoffnung schöpfte, antwortete Borussia. Nach dem 2:4 durch Ribery war wiederum Lewandowski zum 5:2 erfolgreich.
Doch es kam noch schlimmer in diesem Mai für den Klub aus München: Das Finale „dahoam“ verlor die Mannschaft unglücklich nach Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea. Obwohl der FC Bayern die klar bessere Mannschaft war und die Defensivtaktik der Engländer eine Beleidigung für den Zuschauer war. Einmal nicht aufgepasst in der Abwehr – und schon stand es 1:1. Zum ersten Mal hatte ich wirklich Mitleid mit Bayern München.
Nach diesen Enttäuschungen musste Sportchef Christian Nerlinger gehen, dafür kam „Spaßbremse“ Matthias Sammer. Doch am einstigen Feuerkopf lag es nicht, dass die Bayern eine starke Saison 2012/2013 hinlegten und diese mit dem Tripple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League krönten.




Dienstag, 13. Mai 2014
Die Belächelten aus der Provinz sind Bundesligist
Die Liste wächst. Nach Fortuna Düsseldorf, Dynamo Dresden, dem 1.FC Saarbrücken, dem FC St. Pauli und Eintracht Braunschweig ist der SC Paderborn 07 der nächste Verein, den ich sowohl gegen die erste als auch die Zweite Mannschaft von Borussia Dortmund erleben werde. Herzlich willkommen SC Paderborn 07 im Oberhaus des Fußballs.

Als Bewohner der Ruhrgebiets- und Fußball-Metropole Dortmund ist Paderborn eher ein Ort für dumme Scherze. Generell gilt Paderborn als tiefste ostwestfälische Provinz, Bauern-Metropole eben. Hinzu kommt der Spruch „schwarz, schwärzer, Paderborn", weil die Stadt erzkatholisch und Sitz des Erzbistums ist.
Auch fußballerisch nahmen die wenigsten einen Klub wie den SC Paderborn richtig ernst. Ungeachtet der Tatsache, dass der Verein seit einigen Jahren in der zweiten Liga eine gute Rolle spielt. Aber Paderborn hat keine Fußballtradition, es fehlen die Erfolge der Vergangenheit. Wer hochklassigen Fußball sehen wollte, der musste nach Dortmund fahren. Oder Gelsenkirchen. Oder früher nach Bielefeld.
Ja, liebe Freunde des SC Paderborn, mit dieser Geringschätzung musstet ihr immer leben. Und jetzt gibt es auf einmal Lob von allen Seiten. Das kleine Paderborn mit einem Etat von etwas mehr als sechs Millionen hat sie alle – bis auf den 1.FC Köln – in der zweiten Liga abgehängt und ist aufgestiegen. Vor den Namen mit großer Fanbasis wie Kaiserslautern, 1860 München, St. Pauli oder Dynamo Dresden.
Ab August geht es gegen die Großen wie Bayern München, Dortmund, Schalke oder Mönchengladbach. Dabei verbuchten die Ostwestfalen schon einen Achtungserfolg gegenüber dem Rekordmeister aus München. Während im Paderborner Regen 20 000 Fans ihre Aufstiegshelden feierten, waren es am Samstag auf dem Marienplatz in München nur 15000 (Quelle kicker), die ihre Meister hochleben ließen.

Kein Fußballwunder
Statistisch war der Aufstieg eigentlich logisch: Denn seit dem Wiederaufstieg im Jahr 2009 waren die geraden Jahre immer die besten: 2010 belegte man Platz 5, 2012 belegte Paderborn mit Trainer Roger Schmidt erneut Platz 5 und mischte lange mit im Aufstiegskampf. Und 2014 – das Ende ist bekannt.
Dabei waren vor der Saison 2013/2014 die Erwartungen eher gering: Klassenerhalt lautete dass Ziel, der neue Trainer Andre Breitenreiter sollte den Negativtrend der Vorsaison drehen. Das gelang nach anfänglichen Schwächen: In der Rückrunde drehte das Team richtig auf, mit 39 Punkten war der SC das beste Rückrundenteam – noch vor dem 1.FC Köln.
Mit dem Budget lag Paderborn immer im unteren Drittel der Liga. Vielfach kamen die Spieler aus der dritten Liga oder den zweiten Mannschaften der Bundesliga und entwickelten sich in der Provinz. Dazu hatten die Ostwestfalen um Mäzen und Präsident Wilfried Finke sowie Manager Michael Born ein Händchen für junge Trainer, die in Paderborn durchstarteten: Jos Luhukay zum Beispiel. Oder Roger Schmidt, zuletzt Red Bull Salzburg, demnächst Bayer Leverkusen. Und nun Andre Breitenreiter, ein einstiger Profi (unter anderem Hannover und HSV), als Trainer bislang nur beim Regionalligisten Havelse tätig.
In der Bundesliga gibt es ein Wiedersehen mit einigen alten Bekannten, die bei Borussia Dortmund meist in der zweiten Mannschaft aktiv waren: Uwe Hünemeier, Marvin Bakalorz, Mario Vrancic und Mahir Saglik waren wichtige Stützen der Aufstiegsmannschaft.
Der größte Paderborner beim BVB bleibt allerdings Günter Kutowski. Der kam vom Vorgängerverein 1.FC Paderborn, war ein furchtloser Abwehrspieler und bestritt von 1984 bis 1996 288 Bundesligaspiele für Borussia Dortmund. Und kassierte deutlich mehr gelbe Karten als er Tore schoss.

Eine kleine Presseschau zum Aufstieg:

Spiegel Online

11 Freunde

Westfalenblatt



Mittwoch, 7. Mai 2014
Daumen hoch für Atletico
Seit ewigen Zeiten habe ich mal wieder ein „Zweit-Lieblingsteam“ nach dem BVB: Atletico Madrid rockt in dieser Saison nicht nur Champions League und spanische Liga, sondern hat auch einen neuen Anhänger – mich. Nun ist das mit den zweiten Teams so eine Sache. Bei mir ist das meist nur eine temporäre Angelegenheit, im Laufe der Zeit kühlt sich die Sympathie wieder ab. Aber aktuell hat die Beziehung einen Höhepunkt erreicht.



Atletico (rot) und der Stadtrivale Real (weiß) am Madrider Ratshaus. (Foto: Wikipedia Commons/ Laura Hale/)

Sonntag, 17:00, saß ich am Computer. Nicht um Pferderennen zu sehen (oder diese Kolumne zu füllen), sondern um Fußball zu gucken. Die spanische Liga kann man schön bei LaOla TV schauen, für 4,99 Euro im Monat sogar in HD-Bildern.
Atletico Madrid gastierte an diesem Tag bei UD Levante. Die Zeichen standen gut: Barcelona hatte nur Remis gespielt, nach einem Erfolg gegen Levante, dem zweiten Team aus Valencia, hätte sich Atletico drei Spieltage vor Schluss an der Spitze der Primera Diversion absetzen können.
Doch es war einer dieser Tage, an dem alles daneben ging. Bereits nach 7 Minuten sprang Verteidiger Luis Filipe nach einer Levante-Ecke den Ball unglücklich an die Brust und zum Entsetzen der meisten rollte der Ball zum 1:0 für die Heimmannschaft ins Tor.
Das blieb der einzige Angriff von Levante in Halbzeit 1, doch Atletico fehlten die Ideen, um eine gut stehende gegnerische Abwehr zu knacken. Nach der Pause kamen Arda Turan, Adrian und später der Ex-Wolfsburger und Ex-Bremer Diego ins Spiel, die Madrilenen erarbeiteten sich jetzt Chancen um Chancen, doch der Ball wollte – auch dank Levante-Keeper Navas – nicht ins Tor.
Mit dem dritten Angriff machten die Hausherren nach 69 Minuten nach einem schönen Konter das 2:0. Und die Gesichter der vielen mitgereisten Atletico-Fans in ihren rot-weiß- gestreiften Trikots wurden immer länger.

Die beste Saison
Aber trotz dieser Niederlage: Atletico spielt unter Trainer Diego Simeone eine grandiose Saison, vielleicht die Beste der Vereinsgeschichte: Platz 1 in der spanischen Liga vor Barca und dem Lokalrivalen Real. Und als Krönung das Erreichen des Finales in der Champions-League, ausgerechnet ein Madrider Lokalduell gegen Real, sonst die klare Nummer 1 in der Stadt.
Das 3:1 im Halbfinal-Rückspiel bei Chelsea war vielleicht das Meisterstück des Simeone-Teams. Im Hinspiel hatte Coach Jose Mourinho quasi den Mannschaftsbus im Chelsea-Strafraum geparkt und so ein 0:0 ermauert. Es war eines dieser Fußballspiele, nach denen man froh war, sie nicht gesehen zu haben.
Doch im Rückspiel siegte das Gute. Die „Colchoneros“ drehten einen 0:1-Rückstand an der Stamford Bridge und zogen völlig souverän mit 3:1 ins Finale ein. Real mag zwar den tolleren Fußball gegen die Münchener Bayern gespielt haben, aber „mehr Eier“ zeigte Atletico.
Seit Dezember 2011 trainiert der ehemalige argentinische Internationale Diego Simeone Atletico und seitdem geht es mit dem einstigen Skandalclub aufwärts. Dabei spielt das Team nicht unbedingt wahnsinnig attraktiven Fußball, aber es ist eine gut abgestimmte Einheit, bei der ein Rädchen ins andere greift. Diese Einheit muss erst einmal besiegt werden. Und mit Diego Costa, Koke oder Arda Turan hat die Mannschaft auch einige starke Individualisten. Barca oder Real sind deutlich besser besetzt, aber als Underdog liefert Atletico den beiden Top-Teams einen heldenhaften Kampf und hat sie fast in die Knie gezwungen. Das gefällt mir. Zumal das Publikum im Estadio Vicente Calderon deutlich lebendiger wirkt als die Operetten-Kulissen im Camp Nou (Barca) und Santiago Bernabeu (Real).

Der Bürgermeister von Marbella
Natürlich hat Atletico immer noch einen Batzen Schulden, zum Beispiel beim Finanzamt. Es sind Spätfolgen: Einst hatten die Colchoneros mit Jesus Gil y Gil einen der beklopptesten Fußball-Präsidenten aller Zeiten, noch heute bestimmen einstige Weggefährten den Klub. Aber das ist in diesem Fall egal. Auch in der Vergangenheit von Borussia Dortmund gab es schlechten Zeiten und peinliche Gestalten – das negative Format des einstigen Bürgermeisters von Marbellas hatte aber bei weitem niemand.
Allerdings sind meine Zweitsympathien nicht unbedingt eine dauerhafte Sache. In den neunziger Jahren mochte ich besonders Newcastle United, weil diese Stadt ebenso fußballverrückt wie Dortmund ist, und Fulham, weil ich dort mal einen netten Fußball-Nachmittag erlebt habe. Später kam noch Greuther Fürth hinzu, als ich einige Zeit in Nürnberg lebte und dort die Fürther ins Herz schloss.
Heute sind mir die Klubs mehr oder weniger egal. Im Gegenteil: Fulham mit Felix Magath ist wahrlich nicht mein Fall.

Zwei durchaus kritische Artikel über Atletico vom Internetportal goal und aus dem Schweizer Tagesanzeiger.