Mittwoch, 12. Februar 2014
Deutsche Hindernisrennen: Ein schleichender Tod
Was für eine grandiose Vorstellung: Last Instalment gewann am Sonntag auf der Rennbahn im irischen Leopardstown den Hennessy Gold Cup, ein Jagdrennen der höchsten Kategorie. Der Wallach, der über ein Jahr wegen einer Verletzung pausiert hatte, sprang auf schwerem Geläuf wie ein junger Hirsch über die hohen Hindernisse. (das Video)
Eine Leistung, die nicht nur die Herzen der Anhänger höher schlagen ließ. Denn Last Instalment demonstrierte alle Qualitäten eines Hindernispferdes: Sprungvermögen, Mut, Ausdauer und dann diesen Schuss Beschleunigung, der gute Rennpferde auszeichnet.
Es war eine Werbung für den Sport, weil auch die anderen tadellos sprangen. Aber so ist es häufig, wenn Pferde von hohem Format aufeinander treffen und die besten Jockeys des Landes im Sattel sitzen. Dann sind Hindernisrennen die hohe Kunst des Galopprennsports.
In England und Irland dominiert der National Hunt-Sport die Wintermonate. Die Festivals in Cheltenham, Aintree und Punchestown sind die Höhepunkte der Saison und schaffen von Jahr zu Jahr neue Stars. Alte Helden wie Arkle, Red Rum oder Desert Orchid kennt in Großbritannien und Irland jedes Kind, aktuell sind etwa Sprinter Sacre oder Big Buck´s nicht nur Insidern ein Begriff.
Ihre Popularität verdanken viele National-Hunt-Pferde auch der Tatsache, dass sie über eine lange Zeit aktiv sind. Nicht wie ihre blaublütigen Geschwister von der Flachbahn, die oft – besonders wenn sie gut sind - mit drei oder vier Jahren aufhören und in die Zucht gehen. Gut, letzteres ist im Sport über die Sprünge nicht mehr möglich, weil 99,99 Prozent der männlichen Teilnehmer sich bereits im Wallachstatus befinden.

Nächster Tiefschlag
In Deutschland befindet sich der Hindernissport hingegen schon seit Jahren im kontinuierlichen Flug nach unten. Vor kurzem kam der nächste Tiefschlag: Hamburg verzichtet künftig während des Derbymeetings auf die Rennen über die Sprünge. Darunter fällt auch das traditionelle Seejagdrennen, eigentlich immer eine Attraktion für die Besucher.
Die Entscheidung ist keine Überraschung nach den schrecklichen Unfällen des letzten Jahres. Tote Pferde und verletzte Jockeys sind natürlich eine sehr traurige Sache. Aber wenn der Hindernissport eine Lobby in Deutschland hätte, dann hätten die Verantwortlichen in Hamburg einfach mal die Hecken schneiden lassen, um eine besseren Überblick zu gewährleisten.
Es ist ein schleichender Tod. Denn welche Rennbahnen veranstalten eigentlich noch Hindernisrennen? Mir fallen da nur noch Bad Harzburg, Krefeld, Mannheim, Bremen und Quakenbrück ein. Hannover zum Beispiel, noch vor gar nicht langer Zeit eine Hochburg des Sports, erklärte Ende 2012 den Ausstieg. Eine der ersten Entscheidungen, die die neuen Veranstalter in Baden-Baden trafen, war das Aus für Jagd- und Hürdenrennen.
Es ist ein Teufelskreis: Weniger Rennen bedeutet weniger Praxis und natürlich auch weniger Verdienstmöglichkeiten für Besitzer, Trainer und Jockeys. Dabei ist Erfahrung gerade im Hindernissport das A und O. Unsichere Teilnehmer machen Fehler und stürzen – manchmal mit fatalen Konsequenzen.
Machen wir uns doch nichts vor: Viele deutsche Hindernisprüfungen in den letzten Jahren waren eine Katastrophe. Schlecht springende Pferde, fehlerhafte Jockeys ohne viel Praxis, Zwischenfälle ohne Ende – das ist abschreckend und gibt den Gegnern des Sports nur neue Munition.
Wie kann also dem deutschen Hindernissport geholfen werden? Gegenfrage: Will man dies überhaupt in Deutschland? Im deutschen Turf gibt es akutere Baustellen, obige Frage wird da eher zur Randnotiz.

Lieber Golf
So lange ich mich erinnern kann, standen Hindernisrennen hier in der Diskussion. Weil es immer zahlenmäßig weniger gab, weil immer mehr Rennvereine auf sie verzichteten. Diese Rennen brachten keinen Umsatz, waren mehr Negativwerbung für den Sport.
Außerdem lagen viele Jagdbahnen im Innenraum einer Rennbahn; dieser wurde spätestens ab den neunziger Jahren auf vielen Bahnen als Golfplatz anderweitig genutzt.
Wenn es in Deutschland mal Initiativen gab, dann beruhten sie auf dem Engagement Einzelner wie etwa der Stall Jenny-Cup eines engagierten Besitzers. Der Erfolg blieb leider aus.
Es besteht nur sehr wenig Hoffnung auf Heimspiele für die deutschen Enthusiasten dieses großartigen Sports. Ihnen bleibt nur der Blick auf die Insel (oder nach Frankreich). Immerhin tauchen in England und England verstärkt erfolgreiche Pferde deutscher Abstammung auf. Well Chief oder Twist King etwa triumphierten in großen Prüfungen. Aktuell sei der im Gestüt Fährhof gezogene The Giant Bolster # genannt. Oder der Superstar Sprinter Sacre, ein Sohn des hier fast vergessenen Deckhengstes Network.
Übrigens sind Hindernisrennen nicht unbedingt gefährlicher als Flachrennen. Es geht eben nicht immer über Marathondistanzen und tückische Hindernisse wie beim Grand National. Allerdings hat man diese bekanntlich auch schon entschärft.



Dienstag, 4. Februar 2014
„Spielverderber“ Twain, Seriensieger Kronerbe
Heute war PMU-Renntag in Dortmund, leider habe ich es nicht mehr auf die Rennbahn geschafft. Da blieb nur der Stream von Racebets, dem offiziellen Partner des Deutschen Rennsports. Es wurde ein Abend mit anfangs eingeschränktem Unterhaltungswert, woran der meist stockende Internetstream bei Racebets wesentlichen Anteil hatte. Ab Rennen 3 lief dann alles reibungslos.

Ärger des Tages
Ursprünglich stand hier „Dilettanten des Tages“ als Überschrift. Das war dann doch ein wenig harsch, aber unsere Freunde von Racebets verdienen schon Kritik. Denn offenbar läuft der Stream bei anderen Anbietern ohne große Probleme, beim Partner des DVR jedoch nicht.
Dabei habe mich gegen 16 Uhr 30 bereits gefreut: Da kamen die Bilder aus dem Führring noch ohne Unterbrechung auf den Schirm. Doch je näher es Richtung Start des ersten Rennens ging, desto wackeliger wurden die Bilder. Die erste Prüfung war schon Stopp and Go am Bildschirm. Dann blieb das Bild auf einmal ganz stehen – mitten auf der Gegengerade. Und nichts ging mehr, kein Bild, kein Ton. Das Ergebnis war nur zu ahnen.
Rennen 2 war wenigstens zu erkennen, das Bild stoppt aber alle naselang. Haben Sie schon einmal eine 2500 Meter-Prüfung mit ungefähr zehn Stopps gesehen? Wahrlich kein Vergnügen, fast schon seelische Grausamkeit.
Nun ist das mit dem fehlerhaften Stream nichts Neues bei Racebets. Keine Ahnung, woran es liegt. Aber offensichtlich bekommt man das Problem nicht in den Griff. Ist das Unfähigkeit, ist das Gleichgültigkeit? Ich tue mir das nicht mehr länger an, verwette noch mein Guthaben – und dann auf Wiedersehen, Racebets.
Immerhin lief der Stream danach einigermaßen störungsfrei – ähnlich wie an den meisten anderen Tagen.

Spezialist des Tages
Er hatte schon vorher den großartigen Bahnschnitt von 1,6, der siebenjährige Wallach Kronerbe. Nach dem Erfolg im Sport der Könige-Rennen, dem Ausgleich 3 über 1200 Meter, wird dieser Schnitt noch besser. Im letzten Moment zog Lena Mattes den Bahn-Spezialisten am lange führenden Sharp Bullet vorbei, ein cooler Ritt der jungen Reiterin. Es war der fünfte Erfolg von Kronerbe auf der Dortmunder Sandbahn. Die Form aus diesem Feld voller Formpferde dürfte einigen Wert besitzen. .
Beim Thema Sandbahn-Spezialisten denke ich immer noch an einige Namen aus meiner Rennbahn-Anfangszeit ein. Taikron zum Beispiel, trainiert von Werner Krbalek. Der muss in den 80erJahren gefühlte zehn Rennen hintereinander gewonnen haben. Oder später Cheraky, Besitzer Stall Club 15 (oder so ähnlich), Trainer Andreas Löwe. Oder Stars and Stripes, der Halbbruder von Sternkönig, trainiert in Dortmund von Arnold Zweifel. Der Fuchs mit der weißen Blesse siegte am liebsten Start - Ziel.

Jockey des Tages
Diese Auszeichnung hat sich Lena Mattes reichlich verdient. Nicht nur der Ritt auf Kronerbe war eine coole Nummer, auch der Erfolg mit Super Kenny war eine wohldosierte Angelegenheit, so sehr sich Eddy Pedroza auf dem heißen Favoriten Dutch Master (17:10) auch bemühte. Doch diesmal war Dutch Master reell geschlagen, die einzige Parallele zur letzten unglücklichen Niederlage: Beide Pferde waren wieder deutlich vor dem Rest des Feldes.
Wie so häufig in den letzten Wochen nutzte der Nachwuchs auch an diesem Abend seine Chancen: Nicht nur Amateur Mattes trumpfte auf, auch Alexandra Vilmar feierte mit Thirsty Bear im sechsten Rennen einen überlegenen Erfolg. Jana Oppermann schaffte nach zwei zweiten Plätzen einen überlegenen Erfolg mit Twain. Während sie beim zweiten Platz mit Gods Gift ein wenig unglücklich agierte, lieferte sie auf Twain danach einen taktisch ganz versierten Ritt ab.

Trainer des Tages
Zwei Erfolge mit Gabrial The Prince und Super Kenny, ein zweiter Platz für Ciccomia, Brunello wurde Dritter: Es lief nicht schlecht für Trainer Sascha Smrczek an diesem Tag. Besonders Super Kenny überraschte, seine Formen waren nur schwer zu bewerten. Das französische Publikum sah es ähnlich, ignorierte die guten Leistungen aus Le Croise Laroche (Platz 2) und Argentan (Platz 4). So zahlte der Wallach hohe 203:10 für den Sieg.

Trend des Tages
Fast alle Rennen wurden von Pferde aus dem Vordertreffen gewonnen; Speedpferde spielten an diesem Tage auf dem Geläuf nur eine untergeordnete Rolle. Nur Twain gewann in der letzten Prüfung als eigentliches Speedpferd; allerdings hatte Jana Oppermann den Mäder-Schützling diesmal schon früher nach vorne geschickt und ihn nicht so extrem aus der Reserve wie beim letzten Start geritten.

Wettbilanz des Tages
Eigentlich könnte Twain zu meinem Sandbahn-Lieblingspferd werden. Zweiter Erfolg in diesem Jahr – und jedes Mal hatte ich ihn gespielt. Aber diesmal wurde er ein wenig zum „Spielverderber“, denn eigentlich wollte ich mein Guthaben bei Racebets ja reduzieren. Die Siegwette auf Twain verhinderte dies, ansonsten waren ein zweiter Platz von Andreotti (Re. 2) und zwei vierte Plätze von Tasmeem (Re. 3) und Audientia (Re. 4) die beste Ausbeute.



Freitag, 31. Januar 2014
Hurricane Fly gegen die junge Brigade
Es ist die Zeit im Jahr, in dem alle Signale im englisch-irischen Hindernissport nach Cheltenham zeigen. Noch rund sechs Wochen bis zum Festival (11. bis 14. März), dem Ereignis im Hindernissport, dem alle – Besitzer, Trainer, Wetter – entgegen fiebern. Am letzten Wochenende gab es den Trials Day in Cheltenham mit dem Comeback von Big’s Bucks in der Cleeve Hurdle und dem Erfolg unseres alten Freundes The Giant Bolster in der Argento Chase. Ein Tag später wehrte Hurricane Fly in der Irish Champion Hurdle in Leopardstown die Attacke des jungen Herausforderers Our Conor ab.
Es war ein Rennen zum Genießen; ein Finish, das alles hatte, was den Rennsport faszinierend macht. Die beiden Protagonisten treffen auch in der Champion Hurdle aufeinander, dem Höhepunkt des ersten Tages.
nurpferdeundfussball stellt auch in diesem Jahr die wichtigsten Kandidaten vor. Erstes Fazit: 2014 scheint ein packendes Treffen zwischen alten Helden und jungen Herausforderern zu werden.

Hurricane Fly (Trainer Willie Mullins): Das ist schon ein reichliches Brett, was dieser Montjeu-Sohn hier vorlegt. 20 Siege bei 22 Starts ist eine großartige Bilanz; viermal siegte er in der Irish Champion Hurdle, zweimal triumphierte der Schützling von Willie Mullins in der Champion Hurdle in Cheltenham. Zuletzt im letzten Jahr, unschlagbar ist er in Cheltenham aber nicht: 2012 unterlag er gegen Rock on Ruby.
Natürlich ein würdiger Favorit, der sich aber in der Irish Champion Hurdle am Sonntag gegen Our Conor ziemlich strecken musste. Dennoch zeigte sich Trainer Mullins sehr zufrieden, weil Hurricane Fly vorher „die schlechteste Arbeit seiner Karriere abgeliefert hatte.“

My Tent Or Yours (Trainer Nicky Henderson): Eine der englischen Hoffnungen. Zum ersten Mal fiel er mir auf, als er ein großes und stark besetztes Handicap in Newbury sehr leicht gewann. Danach folgte eine knappe Niederlage gegen Champagne Fever in der Supreme Novices Hurdle (Jezki Dritter). Zuletzt erfolgreich gegen The New One. Erste Chancen, soll noch mal in der Kingwell Hurdle in Wincanton am 15. Februar laufen. Sehr beständig.

The New One (Trainer Nigel Twiston-Davies): Der Stolz des Stalles Twiston-Davies, mag Cheltenham, hätte My Tent or Yours vielleicht in Kempton geschlagen, wenn er am letzten Hindernis keinen Fehler gemacht hätte. Zwischen ihm und dem Henderson-Schützling liegt nicht viel, beide sind aktuell die besten englischen Hürdler. Vielleicht hat der jüngere The New One noch etwas mehr Potenzial nach oben. Auch dieser Wallach kennt nur gute Formen.



Champion Hurdle 1978: Monksfield schlägt Sea Pigeon

Our Conor (Trainer Dessie Hughes): Einer der irischen Herausforderer; 2013 deklassierte er das Feld in der Triumph Hurdle in Cheltenham. Jetzt geht es gegen die „großen Jungs“, letzten Sonntag hatte er den großen Hurricane Fly am Rande einer Niederlage. Das war die bislang beste Leistung seiner Karriere und ich gehe davon aus, dass er sich in Cheltenham noch eine Spur besser präsentieren wird. Er ist ja auch erst fünf Jahre.

Annie Power (Trainer Willie Mullins): Noch ungeschlagene Scirocco-Tochter (10 v. 10), würde hier aber auf ihre bislang besten Gegner treffen. Ihre Siege jedoch waren sehr leicht, zweimal distanzierte sie immerhin den guten Zarkandar, 2013 Vierter in der Champions Hurdle. Allerdings hat sie noch zwei weitere Optionen für das Festival: Die World Hurdle und die David Nicholsen Mares Hurdle. Noch ist alles offen. Annie Power wäre übrigens die erste Cheltenham-Siegerin, bei der ich die Mutter Anno Luce in Deutschland live auf der Rennbahn gesehen habe.

Jezki (Trainerin Jessica Harrington): Nur Vierter in der Irish Champion Hurdle, aber so weit geschlagen war er auch nicht. „Er rannte zu frei“, analysierte danach Jessica Harrington. Im letzten Jahr Dritter in der Supreme Novice Hurdle unter anderem hinter My Tent Or Yours, danach folgten drei Siege, unter anderem in Punchestown. Könnte noch etwas im Tank haben, aber für andere Kandidaten spricht mehr.

Un de Sceaux (Trainer Willie Mullins): Das „dunkle“ Pferd in der Champion Hurdle, noch ungeschlagen, noch weiß zum Beispiel Ruby Walsh gar nicht, wie gut dieser Wallach ist und wo dessen Grenze liegt. Gegen Pferde der Champions-Klasse ist er jedoch noch nie gelaufen. Soll am Samstag in Sandown starten.

Urteil
Der Nachwuchs jagt den Champion. Hurricane Fly trifft auf die junge Brigade mit My Tent or Yours, The New One oder Our Conor. Letzterer ist mein Tipp für einen Favoritensturz, weil ich die irischen Formen etwas höher einschätze.

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