Am Freitag gastiert der VfB Stuttgart bei Borussia Dortmund. Das hatten wir doch schon mal, auch am Freitag unter Flutlicht. Erinnerungen werden wach an einen Freitag im März 2012, an ein großartiges Fußballspiel zwischen beiden Klubs. „März-Wahnsinn im Signal Iduna-Park“, titelte diese Kolumne nach dem 4:4 zwischen BVB und VfB. „Das war ganz großer Fußball und wenn ich einem Unbeteiligten die Faszination der Sportart erklären müsste, dann würde ich ihm dieses Spiel zeigen“, hieß es auf diesen Seiten.
Der BVB führte 2:0, spielte großartig. Doch Stuttgart gab sich nie geschlagen, suchte immer wieder die Offensive und schoss von der 70. bis zur 80. Minute drei Tore. Das Publikum trieb Borussia nach vorne wie noch nie erlebt, bis zur Nachspielzeit hieß es 4:3, ehe der VfB noch egalisierte. Natürlich hatte Dortmund die besseren Chancen, doch die Stuttgarter verdienten sich das Remis durch ihr mutiges Auftreten.
Zweimal traf Julian Schieber für die Gäste. Heute spielt er beim BVB, so eine Sternstunde hatte er im gelb-schwarzen Dress aber noch nie.
Die Heimbilanz gegen die Schwaben ist aus Dortmunder Sicht in den letzten Jahren nicht besonders gut. Da denke ich gerne an zwei großartige Spiele aus den neunziger Jahren zurück, die 5:0 und 6:3 für die Borussia endeten. Thomas Schneider, der heute Trainer der Stuttgarter, wirkte in beiden Spielen als Spieler mit.
Die Hymne des VfB mag ja nicht unbedingt den aktuellen Musikgeschmack treffen, aber vorher gibt es erhellende Worte des Abwehrspielers Klaus-Dieter Sieloff. Optisch erfüllt dieses Video so und so die höchsten Ansprüche
Aktuelles
Der Start in die Saison ging für den VfB daneben: Drei Niederlagen in der Bundesliga folgte das Aus in der Euro League-Qualifikation gegen den slowenischen Außenseiter NK Rijeka. Und was macht ein Profi-Klub in so einer Situation nach den Regeln der Branche? Richtig, er entlässt den Trainer und genau dieses machten die Stuttgarter. Bruno Labbadia – eh’ umstritten – durfte nach den drei Niederlagen gehen, Thomas Schneider übernahm den Posten. Der Neue ist ein
Mann aus den eigenen Reihen, trainierte zuletzt die B-Junioren des VfB.
Unter Schneider siegten die Stuttgarter dreimal und spielten vier Mal unentschieden. Nur im Pokal in Freibug gab es eine Niederlage. Schneider vertraut dem Rumänen Alexandru Maxim, der im 4-4-2 des VfB hinter Stürmer Vedad Ibisevic agiert, und Maxim dankt das Vertrauen mit sehr guten Leistungen. Zudem verhalf er dem dänischen Nationalspieler William Kvist zum Comeback im defensiven Mittelfeld. Dazu zählt der erst 17jährige Stürmer Timo Werner jetzt fest zum Profikader.
Keine große Rolle spielen derzeit die Neuverpflichtungen Konstantin Rausch und Mohammed Abdellaoue (beide von Hannover 96) sowie auch der vom BVB gekommene Moritz Leitner.
Historisches
Eigentlich hätte der VfB mehr aus seinen Möglichkeiten machen müssen. Aber es fehlte lange Zeit immer ein sportlich starker und kompetenter Mann im Verein, der die oft ein wenig ahnungslose Führung auf die richtige Bahn führte.
Dabei sind die Voraussetzungen für sportlichen Erfolg in der Schwaben-Metropole hervorragend: Die „Roten“ kommen aus einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands mit vielen hocherfolgreichen Unternehmen. Zudem hat der Verein die vielleicht beste Nachwuchsarbeit in der Liga, immer wieder drängen hochtalentierte Spieler in den Profikader.
Dennoch spielt der Klub höchstens um die Europa League denn die Champions League. Auch nach Meisterschaften konnte sich Stuttgart nicht an der Spitze festsetzen. So war es zumindest nach den letzten drei Titeln 1984, 1992 und 2007.
Die Gründe für den Absturz im Jahr danach sind vielfältig. Aber es mag auch daran liegen, dass der VfB immer ein „Überraschungsmeister“ war, der von den Schwächen anderer profitierte. Auch die Verantwortlichen traf der Erfolg reichlich unvorbereitet.
Aus Dortmunder Sicht tut natürlich der Titelgewinn 1992 weh, als sich BVB, VfB und Eintracht Frankfurt ein Dreier-Rennen lieferten und die Meisterschaft erst am letzten Spieltag entschieden wurden. Das Tor von Guido Buchwald in Leverkusen traf die Schwarz-Gelben in der Seele, zumal Stuttgart auch den wenig attraktivsten Fußball aller Titel-Aspiranten spielte. Sie hatten aber mit Fritz Walter einen Stürmer, der immer gegen die Borussia traf und von dem ich zeitweise schlecht träumte.
Meine Lieblingsanekdote über den VfB stammt jedoch aus dem Jahr 2005: Damals entließ der Klub Trainer Matthias Sammer wegen seiner unattraktiven Spielweise. Nachvollziehbar, wer an die letzten Trainerjahre Sammers in Dortmund denkt. Als Nachfolger holten die Verantwortlichen aber ausgerechnet Giovanni Trapattoni. Natürlich ein hocherfolgreicher Trainer, aber auch einer der größten Philosophen des Defensivfußballs. Das zum Thema sportliche Kompetenz der VfB-Führung.
Das Letzte
Ein Teil der Stuttgarter Fans wird den Anpfiff im schönsten deutschen Stadion schon etwas angeheitert erleben. Voraussetzung: Sie reisen mit dem
Partyzug aus dem Schwabenland an.
Die
Bilanz Dortmund – VfB Stuttgart
Fokus-Fußball
In der Serie "Rivalen des BVB" wird immer der Verein portraitiert, der am nächsten Spieltag in Dortmund gastiert. Das Ganze geschieht gewohnt subjektiv und ist gnadenlos persönlich.
Schöner 2:1-Erfolg von Borussia Dortmund beim FC Arsenal in der Champions League. Gut, diesmal war etwas Glück dabei, aber andere nennen das Effektivität. Kein Zweifel – Arsenal ist stark angezählt. Das meinen auch die englischen Kollegen des
Fiver, dem Blog des englischen
Guardian. Den ersten Absatz habe ich mal frei übersetzt.
„Gut euch wieder zu haben, Arsenal. Ihr habt uns für kurze Zeit verwirrt mit all den ganzen Siegen. Aber kein Grund zur Panik: Das normale Leben ist wieder da und es kann mit keiner geringen Sicherheit gesagt werden, dass sich Arsenal nach dieser unglücklichen, chaotischen und unverzeihlichen 1:2-Niederlage gegen Borussia Dortmund in einer Krise befindet. Auch steigen die Zweifel, ob Arsene Wenger in seinem 65. Lebensjahr seinen Job noch beherrscht.
Diese Ein-Spiel-Negativserie ist nicht das, wofür die Fans viel Geld bezahlen. Und die Frage ist jetzt nicht so sehr, ob Arsenal sich erholen kann vor dem furchterregenden Auswärtsspiel bei Crystal Palace. Die Frage ist, ob der Klub Mitte November noch besteht, so wie es jetzt nach unten geht. Erwartet, dass das Emirates Stadium im Januar von einem großen schwarzen Loch geschluckt wird. Und dann gibt es eine neue Möglichkeit für jeden klugen Immobilien-Entwickler.“
Und so geht es dann weiter, den Rest gibt es
hier in englischer Sprache. Tomas Rosicky hat übrigens mitgespielt. Und sogar sehr ordentlich, vom
kicker gab es die Note 2. „Rosicky erinnerte an seine besten Dortmunder Tage", schrieb das Fachblatt.
Diese Woche ist bekanntlich Champions League. Borussia Dortmund gastiert bei Arsenal London, von manchen inzwischen Arsenal Deutschland genannt. Aber ich freue mich nicht so sehr auf Pierre Mertesacker, Lukas Podolski, Mesut Özil oder den Ex-Dortmunder Junior Thomas Eisfeld. Mein Interesse gilt vielmehr Tomas Rosicky, in den Jahren 2001 bis 2006 einer der entscheidenden Spieler im Dress des BVB. Vor zwei Jahren beim Duell BVB-Arsenal fehlte er verletzt, diesmal sitzt er zumindest auf der Bank.
33 Jahre ist der Tscheche inzwischen. 20 war er, als er im Winter 2000/2001 von Sparta Prag zu Borussia Dortmund wechselte. Rosicky galt als großartiges Talent, ein Spielmacher-Typ mit hervorragenden technischen Qualitäten. In Tschechien sah man den Mittelfelspieler als Nachfolger des großen Pavel Nedved, „Fußball-Mozart“ nannte man ihn.
Der Westfale an sich ist jedoch für solche Vergleiche wenig empfangsbereit. „Schnitzel“ tauften ihn die Dortmunder nach seinen ersten Auftritten beim Hallenturnier in den Dortmunder Westfalenhallen – weil er so schmächtig daher kam und unbedingt ein paar zusätzliche Kilos benötigte.
Eigentlich hätte sich Borussia den Tschechen, für den es viele Interessenten gab, gar nicht mehr finanziell leisten können. Im Jahre 2001 war der Klub unter Präsident Gerd Niebaum und Manager Michael Meier schon finanziell ziemlich klamm, der Gang an die Börse war ein Indiz dafür, dass der BVB dringend Geld benötigte. Nur ahnten das damals nur Insider; Borussia Dortmund galt in der Öffentlichkeit als erste Adresse und finanziell potent.
Zudem wiederholten Niebaum und Meier nur die Strategie „Investition in Steine und Beine“, mit denen sie in den neunziger Jahre den Klub zu zwei Meisterschaften und einem Champions League-Titel geführt hatten.
Wie beim Eishockey: Rosicky trifft gegen den HSV ins leere Tor
Im Winter 2001 kam Rosicky (Ablöse 14,5 Mio); im Sommer 2001 folgten der tschechische Sturmtank Jan Koller (12,75 Mio. Euro) und der brasilianische Top-Torjäger Marcio Amoroso (Ablöse 21,5 Mio. Euro.). Außerdem wechselten in diesem Jahr noch Stürmer Ewerthon (Ablöse 7,1 Mio.) und ein junger talentierter Mittelfeldspieler mit dem Namen Sebastian Kehl für 3,2 Mio. Euro zur Borussia.
Besonders der Vertrag mit dem exzentrischen Amoroso galt später als einer der „Sargnägel“ für den klammen BVB. Doch im ersten Jahr zauberte Dortmunds neue Truppe. Rosicky führte gekonnt Regie, brillierte mit tollen Pässen und harmonierte prächtig mit Amoroso. Mit seinem Landsmann Jan Koller verstand er sich so und so prima. 2002 feierte die Mannschaft die Meisterschaft unter Trainer Matthias Sammer, profitierte natürlich auch vom Unvermögen/Pech der in dieser Spielzeit so starken Leverkusener.
Der Unsichtbare
Doch je länger Rosicky in Dortmund spielte, desto schwächer wurden seine Leistungen. Von einem potenziellen Weltklassespieler war er besonders in den Spielzeiten 2003/2004 und 2004/2005 meilenweit entfernt. „Rosicky auch dabei?“ lautete eine beliebte Frage auf der Südtribüne, denn der Edeltechniker versteckte sich gerne, wenn es mal nicht so gut lief. Man nannte ihn auch den Unsichtbaren.
Später, als er schon bei Arsenal spielte, habe ich ein Interview in einer englischen Zeitung/Zeitschrift mit ihm gelesen. Dort kritisierte der Tscheche Trainer Sammer: Er habe ihm den Spaß am Spiel genommen, weil er so viele Defensivaufgaben erfüllen musste. Das mag richtig sein, denn unter der Regie des heutigen Bayern-Sportdirektors spielte der BVB zum Schluss einen fürchterlich unattraktiven Fußball, der oft den Stadionbesuch zur Qual werden ließ.
Trotzdem hätte mehr von ihm kommen müssen. Unter Trainer Bert van Marwijk wurden Rosickys Leistungen dann auch wieder besser, dennoch waren seine Tage in Dortmund gezählt.
2006 wechselte er zu Arsenal London, um die eigene Karriere wieder international ins Rollen zu bringen. Die Jagd nach Titeln blieb aber erfolglos. Bei den Gunners kam der Tscheche nie über die Mitläufer-Rolle hinaus, den Sprung in die absolute Spitzenklasse schaffte er nicht. Nur zeitweise blitzte sein Können auf. Zudem verhinderten oft Verletzungen den Einsatz, seine
Krankenakte liest sich eindrucksvoll.
Auch vor dem erneuten Duell mit dem BVB in der Champions League musste Rosicky kurz passen. Immerhin darf er sich über die öffentliche Zuneigung seines Trainers führen. „Wir alle lieben Rosicky. Darum ist es gut, dass er wieder dabei ist“, sagt Arsene Wenger. Der Mann hat eben Ahnung vom Fußball.
Seine Bilanz beim
BVB
Die Bilanz bei
Arsenal
Fokus-Fußball