Mittwoch, 6. März 2013
Chapeau! Borussia
Ausgerechnet Santana! Ausgerechnet der Brasilianer in BVB-Diensten machte das 1:0 gegen Schachtar Donezk und legte den Dortmunder Grundstein für das Erreichen des Viertelfinales in der Champions League. Felipe Santana, Spitzname „Tele“ und nicht „Carlos“, ersetzte den eigentlich unersetzbaren Mats Hummels in der Innenverteidigung des BVB.
Was für eine Kehrtwende: Zuletzt wirkte Santana ziemlich verunsichert und auch gegen Hannover am Samstag unterliefen ihm nach gutem Beginn einige ungewohnte Fehler. Manche auf der Tribüne wollten ihn schon in die 2. Liga schicken, obwohl er vorher doch eindrucksvoll bewiesen hatte, dass er nicht schlechter als Neven Subotic ist. Alles vergessen! Solche Geschichten schreibt nur der Fußball.
Es war ein denkwürdiger Abend: 3:0 schlug die Borussia Schachtar Donezk und zog triumphal in das Viertelfinale der Champions League ein. Und ich sitze zuhause, weil ich keine Dauerkarte mit internationaler Option besitze und verfolge das Spiel beim Social Radio der Sportschau. Das ist zwar ganz nett, aber eine Alternative für das Live-Erlebnis ist es nicht.

Kein Wiedersehen mit Kagawa
Es war eine großartige Leistung der Borussia, schrieb beispielsweise Spiegelonline. Bis auf ein paar Minuten direkt nach der Pause hatte der BVB den gefährlichen Gegner aus der Ukraine gut im Griff hatte. Und Roman Weidenfeller hielt auch diesmal wieder in der "Form seines Lebens", wenn ich den beiden WDR-Reportern Glauben schenken darf.
Das Dortmunder 2:0 war Fußball-Poesie pur: mustergültiger Pass von Reus auf Lewandowski, der Pole wartete so lange bis Götze in Position gelaufen war und dann folgte eine mustergültige Flanke, die Mario Götze in grandioser Leichtigkeit einnetzte.
Mein Wunschgegner für das Viertelfinale verabschiedete sich im anderen Spiel des Abends aus dem Wettbewerb: Manchester United verlor gegen Real Madrid mit 1:2 und ist nach dem 1:1 im Hinspiel draußen. Es wird also kein Wiedersehen mit Shinji Kagawa geben. Den Spielern ist es übrigens auch egal, so wie sich BVB-Kapitän Sebastian Kehl bei WDR 2 äußerte.
Jetzt steht erst mal das Revierderby gegen Schalke an. „Am Tag, als der FC Sch..starb“, stimmte die Hardcore-Fraktion auf der Südtribüne am Samstag an. Ob das am Dienstag auch gesungen wurde? Ich finde den Song übrigens bescheuert.



Ein Lied zu Ehren von Felipe Santana von seinem Namensvetter Carlos Santana. Das ist bestimmt nicht der Musikgeschmack von Dortmunds Brasilianer, aber ich mag den Song.



Montag, 4. März 2013
Viele Fragezeichen in der Ryanair Chase
In den alten Tagen des dreitägigen Cheltenham Festivals gab es nur zwei Rennen für die besten Jagdpferde: Den Cheltenham Gold Cup über lange 5.331 Meter und die Queen Mother Champion Chase über zwei Meilen (ca. 3219 Meter). Für Kandidaten, die ihre Stärken auf einer mittleren Distanz hatten, fehlte eine Grade 1-Prüfung. Seitdem das Festival um einen Tag verlängert wurde, ist das Geschichte. Seit 2005 richtet sich die Ryanair Chase (Distanz 4 224 m) genau an diese Kandidaten – und scheint oft im Vorfeld offener zu sein als die anderen Top-Prüfungen. Auch in diesem Jahr, zumal es mit Sprinter Sacre in der Champion Chase einen deutlichen Favoriten gibt. Dem möchten einige Starter, die ansonsten über die zwei Meilen gelaufen wären, aus dem Weg gehen. Das könnte zu einer auf dem Papier toll besetzten Ryanair Chase werden – wenn sie denn alle ihre Option für dieses Rennen wahrnehmen. Die wichtigsten Starter im Überblick.

Cue Card (Trainer Colin Tizzard): Profitierte zuletzt auf fast gleicher Distanz vom Fehler des Rivalen Captain Chris, hatte aber noch einiges im Tank. Beim vorletzten Start waren drei Meilen auf schwerem Boden in Kempton eindeutig zu lang. Das beste Pferd aus dem Tizzard-Familien-Unternehmen ist inzwischen ein sicherer Springer, Distanz ist kein Problem. Lief eigentlich in seiner Laufbahn in Cheltenham immer ordentliche Rennen. Allerdings hat der Kings Theatre-Sohn noch eine Option für die kürzere Champion Chase.

First Lieutenant (Trainer Mouse Morris): Der Wallach gehört Ryanair-Chef Michael O’Leary, dessen Pferde unter dem Namen Gigginstown Stud laufen. Der Trainer hat den schönen Namen Mouse Morris, sieht aus wie ein Rockstar aus den siebziger Jahren und ist in Cheltenham immer zu beachten. First Lieutenant hat die Festival-Formen 1 und 2, der letzte Sieg datiert allerdings aus dem November 2011. Aber auch danach ist er immer in starker Gesellschaft gut gelaufen, teilweise auf längeren Strecken. Im Frühjahr immer in Bestform, nur bei der Distanz gibt es unterschiedliche Ansichten. Jockey Davy Russell meint, die etwas mehr als 4200 Meter der Ryanair Chase wäre seine beste Distanz, Trainer Mouse Morris hält ihn für einen Steher. Demzufolge gibt es noch eine zweite Cheltenham Option, den längeren Gold Cup.

Sizing Europe (Trainer Henry de Bromhead): Zählt schon fast zum Inventar des Festivals, der 11jährige ist zum vierten Mal dabei. Gewann beim Festival den Arkle und die Champion Chase, im letzten Jahr dort Zweiter. Kennt eigentlich keine schlechten Leistungen, zuletzt fünf Erfolge in Serie. Meist über kürzere Distanzen, die längere Strecke in der Ryanair Chase sollte aber wenig Probleme bereiten. Hat natürlich noch eine Option für die Champíon Chase.

Riverside Theatre (Trainer Nicky Henderson): Der Sieger des Vorjahres nach einem packenden Zweikampf mit Albertas Run. In den Rennen davor auch sehr beständig, doch nach dem Cheltenham-Festival war der Faden gerissen. Beim einzigen Saisonstart in Kempton in den King George sehr weit geschlagen. Danach schickte man den Wallach zur Untersuchung nach Bristol und die Veterinäre fanden Geschwüre, die ihn behinderten. Nun sei Riverside Theatre aber wieder fit.

Champion Court (Trainer Martin Keighley): Ein solides Pferd mit guten Formen, allerdings kein Siegertyp, hat es eher mit zweiten Plätzen. Im letzten Jahr Zweiter in der Jewson Novices Chase hinter Sir des Champ in Cheltenham. Frontrenner, muss sich aber noch steigern.

Menorah (Trainer Philipp Hobbs): Kommt mir manchmal vor wie ein Überraschungspaket, weil er zu dummen Springfehlern neigt. In Bestform hochklassig, ist auch schon in Cheltenham gut gelaufen, die Distanz ist ideal, das Problem aber – siehe Satz 1.

Grand Crus (David Pipe): Hat noch Nennungen für das Ryanair und die World Hurdle, aber Trainer David Pipe wusste Mitte Februar noch gar nicht, ob Grand Crus überhaupt in Cheltenham an den Start kommt. Der Schimmel ist zweifellos ein talentiertes Pferd, aber auch ein wenig fragil. Dritter im King George, danach aber angehalten in der Argento Chase in Cheltenham. Dieses Rennen sei jedoch zu früh gekommen, sagt sein Trainer David Pipe. Aber so richtig hat mich der einstige Top-Hürdler über die Jagdsprünge noch nicht überzeugt. Distanz passt aber.

Albertas Run (Jonjo O’Neill): Der Sieger von 2010 und 2011 sowie Zweite von 2012. Läuft im Frühjahr immer zu großer Form auf. Dies ist jedoch sein erster Saisonstart, hat aber frisch schon gewonnen. Ist aber auch schon 12 Jahre alt, aber vielleicht macht er den ja den „Kauto“ und feiert ein grandioses Comeback. Die Bahn würde rocken.

Urteil
Ist bei den ganzen Doppeloptionen schwierig, aber wenn die Wahl auf die Ryanair Chase fällt, ist Sizing Europe mein Tipp. First Lieutenant und Cue Card sind die stärksten Gegner – wenn sie denn laufen. Ansonsten verdient Albertas Run in seinem Lieblingsrennen immer einen Hinweis.



Donnerstag, 28. Februar 2013
Bayern wieder glücklich
So zwischen 20:55 und 21:20 Uhr am Mittwoch hatte ich ernste Bedenken um Borussia Dortmund: DFB-Pokal-Viertelfinale zwischen dem FC Bayern München und dem BVB, der deutsche „Classico“, und die Münchener drehen so richtig auf, machen nicht nur das 1:0, sondern spielen den BVB regelrecht an die Wand. Die Bayern kombinieren in einem atemberaubenden Tempo, nie in der fünfjährigen Klopp-Ära war der BVB so chancenlos wie in dieser Zeit an diesem Abend. Selten habe ich den Pausenpfiff so herbeigesehnt. „Wenn das so weitergeht, wird das eine Demütigung“, dachte ich – und spätestens bei einem Münchener 3:0 hätte ich den Fernseher aus gemacht.
So kam es zum Glück nicht. Dortmund hatte sich in Halbzeit 2 besser auf den Gegner eingestellt und gestaltete die Partie offener. Vielleicht war den Bayern auch etwas der Schwung ausgegangen. Dennoch hatte der BVB keine richtige Chance, die besseren Möglichkeiten hatten weiter die Münchener. Das Chancenverhältnis von 11:5 (der kicker zählte 11:2, ich habe etwas Borussen-freundlicher notiert) zugunsten der Gastgeber gibt die Überlegenheit des Rekordmeisters deutlich wieder. Was bleibt also im Gedächtnis von diesem Gipfeltreffen der besten deutschen Fußballmannschaften?

Die Erleichterung der Bayern: Torschütze Arjen Robben kniete und trommelte vor Freude auf dem Rasen, auch die anderen Bayern-Spieler wirkten, als wenn sie bereits einen Titel gewonnen hätten. Da konnte der Niederländer durchaus verkraften, dass er „nicht der beste Auswechselspieler der Welt sein“ will, wenn der Kollege Ribery erst wieder da ist.
Zudem waren die Bayern richtig „heiß“ auf das Spiel. Auch die BVB-Spieler wirkten etwas überrascht, wie verbissen etwa Mandzukic oder Thomas Müller noch jedem so ausweglosen Ball nachgingen.

Das Lob des Uli Hoeneß: Nach diesem Erfolg war der Kopf nicht rot, der Blutdruck wohl einigermaßen normal. Der Bayern-Präsident lobte erstmal sein eigenes Team, denn besser als in „der Viertelstunde vor der Pause kann man nicht mehr spielen.“ Und dann bekommt Dortmund noch einen mit vom ehemaligen Manager, der besonders das 2:5 im letzt jährigen Pokalfinale als Demütigung empfand. Aber positiv: „Für uns ist es gut, dass so ein Verein gekommen ist und wir so arbeiten mussten, um uns zu verbessern“, sagte Hoeneß nach dem Spiel bei der ARD. Der BVB also als Wegbereiter für die starke Saison des FC Bayern.

Das Fehlen von Mats Hummels: Natürlich ist das hypothetisch, natürlich ist sein Vertreter Felipe Santana nicht der Schuldige. Aber bei allen Qualitäten, die der Brasilianer schon gezeigt hat: Derzeit wirkt er etwas verunsichert, besonders bei langen Bällen hatten Santana und auch Neven Subotic Probleme. Ob das mit Hummels anders gewesen wäre? Zumindest im Spielaufbau fehlten die Pässe von Hummels, denn er ist der Spieler in der Abwehr, der den präzisen Ball spielen kann. Und das kann kein Abwehrspieler in Deutschland so gut.

Die Leistung von Robert Lewandowski: Davon bleib eigentlich nicht viel hängen, denn über weite Strecken war vom BVB-Top-Stürmer an seiner vielleicht zukünftigen Wirkungsstätte nicht viel zu sehen. Das lag auch daran, dass wenig gescheite Bälle in die Spitze kamen, obwohl Mario Götze viel versuchte, aber der letzte Pass oftmals geblockt wurde. Und der Pole bekam schon mal eindrucksvoll mit, wen er als potenzieller Bayern-Stürmer verdrängen muss. Den Kämpfer Mandzukic beispielsweise und dann gibt es auch noch Mario Gomez und Claudio Pizarro als Konkurrenten. Diese Kolumne rät weiter von einem Vereinswechsel ab.

Für unsere Fachfreunde zwei taktische Analysen, einmal von zonalmarking (in Englisch) und dann von den Autoren der Spielverlagerung eine sehr lange Variante, etwas für das Wochenende.