hier schreibt Dein alter Kumpel Excelebration. Dieser Zweibeiner von einem Blogbetreiber hat mich lange genug bekniet, Dir ein paar Zeilen zu widmen – mach ich ja sonst nich’, aber der Typ war wirklich hartnäckig. Und da meine große Laufbahn ja quasi in Deutschland begann, als ich deren Elite im Mehl-Mülhens-Rennen mal eben schnell die Hacken zeigte, habe ich zugesagt. Auch um zu demonstrieren, dass ich ein guter Verlierer bin.
In Deutschland trainierte mich noch der Marco, doch schon lange bin ich bei Aidan in Irland. Dort habe ich ein cooles Leben, doch manchmal möchten mich meine Kollegen richtig ärgern. Dann sagen sie einfach Frankel – Camelot dieses dreijährige Großmaul etwa, dem zu Glück zuletzt etwas das große Maul gestopft wurde. Dachte schon, er wäre so wie Du.
Aber sie haben schon recht – fünf Mal bin ich gegen Dich gelaufen, fünf Mal bist Du locker an mir vorbeigezogen. Jedes Mal, wenn ich Dich auf den letzten 200 Metern attackieren wollte, hast Du einfach nur gelacht und bist mit dem Kollegen Tom an mir vorbei gezogen. Zuletzt waren es 11 Längen – als wenn ich ein mittelmäßiger Handicapper wäre. Das tat schon weh.
Dabei bin ich der weltbeste Meiler – zumindest immer dann, wenn Du nicht dabei warst. Du hast mir vieles versaut, aber ich bin Dir nicht böse. Na ja, vielleicht etwas: Warum ist Dein Trainer nicht früher auf die Idee gekommen, Dich über 2000 Meter einzusetzen. Mein Stallkollege St. Nicholas Abbey litt nach York jedenfalls unter posttraumatischen Zuständen.
Jedenfalls bist Du – das gebe ich gerne zu trotz Sea The Stars– das beste Rennpferd gewesen, das in den letzten 30 Jahren eine Rennbahn betreten hat. Meint auch der Henry, Dein Trainer, und der muss es wissen, weil er schon viele Klassepferde trainiert hat. Das hat er aber schon sehr früh gesagt und dich hat das extern überhaupt nicht beeinflusst. Intern hat er Dir wohl manchmal die Ohren lang gezogen, weiß ich aus verlässlichen Quellen.
Jedenfalls laufe ich am Samstag eine halbe Stunde vor Dir und vielleicht können wir nach den Rennen mal zusammen einen trinken. Ist ja wohl das Ende deiner großartigen Karriere. Auch ich darf mich danach um die Ladies kümmern. Vielleicht sollten wir uns mal jährlich treffen und an die alten Zeiten erinnern. Du bezahlst jedoch die Drinks, Grund: siehe oben, hat was mit dem besten Meiler zu tun. Unsere Drinks nach dem Rennen gehen allerdings auf den Deckel der Jungs aus Ascot. Denn wer sorgt dafür, das am Samstag ihre Kassen voll sind?
So …wer? war meine erste Reaktion, als ich die blau-weißen Wertheimer Farben erstmals prominent erblickte. Pferderennen auf schwerem Boden ergeben oft die kuriosesten Ergebnisse. So auch im Prix de l'Arc de Triomphe 2012 in Longchamp: Die Siegerin Solemia hätte ich nach Vorformen nie gespielt, in meiner Analyse hatte ich sie gar nicht erwähnt. Als 415:10-Außenseiterin rückte die Stute aus dem Quartier von Carlos Laffon-Parias in die Boxen. Aber wie heißt es so schön nach BVB-Legende Adi Preißler: „Entscheidend ist auf’m Platz“.
Im Vorfeld sprach wenig für die Stute: Zwar war sie mal vor der stark beachteten Shareta, aber da stand sie günstiger im Gewicht. Unter gleichen Gewichten hatte sie gegen Shareta keine Chance. Auf weichem Boden unterlag die Poliglote-Tochter Anfang Mai mit drei Längen Allied Powers – einem 7jährigen Wallach, der davor und danach meist weit in Grupperennen geschlagen war, am Samstag etwa mit 21 Längen in einer Gruppe 3-Prüfung in Ascot. Pferderennen sind schon ein komischer Zeitvertreib.
Höchstens mit einem Platz hatte Trainer Carlos Laffon-Parias gerechnet. „Weicher Boden ist wichtig für sie“, erklärte er nach dem Triumph. „Aber manchmal macht der Jockey den Unterschied und Olivier Peslier war derjenige, der das Rennen gewonnen hat.“ In der Tat war es eine großartige Leistung von Peslier, der Solemia noch einmal schnell machte und auf den letzten Metern den führenden Orfevre noch passierte.
Olivier Peslier wäre der einzige Grund gewesen, die Stute zu wetten. Denn mit dem französischen Meisterjockey habe ich fast immer Erfolg gehabt. Peslier saß bereits 1997 auf Borgia, meinem ersten Derbytreffer. Unvergessen auch sein Ritt auf Cockney Rebel, den er 2007 in den englischen 2000 Guineas als Außenseiter zum Sieg steuerte. Es war sein vierter Erfolg im Arc, mit 39 könnte der Jockey noch ein paar großartige Jahre im Sattel haben.
Armer Orfevre
Trotzdem verdient der unglückliche Zweite Orfevre Mitgefühl. Wieder war es nichts mit einem japanischen Erfolg, der Richterspruch "Hals" sorgte für kollektive Trauer bei der japanischen Fangemeinde. Dennoch zeigte der Triple Crown-Gewinner aus Fernost, warum diese Hymnen auf ihn durchaus Berechtigung haben. Wie er auf der Geraden aus hinterer Position mal eben beschleunigte und außen scheinbar mühelos fast am gesamten Feld vorbeimarschierte, das war schon Weltklasse. Doch dann wanderte der Hengst quasi über die halbe Bahn, lief hinterher fast noch in die Rails und wurde auf den letzten Metern noch gestellt.
Immerhin hatten die ersten Zwei deutlichen Vorsprung auf den Rest des Feldes, angeführt von Masterstroke, dem Monsun-Sohn mit der ach so noblen Abstammung.
Mein Tipp Great Havens wurde Sechste, hatte eigentlich einen sehr guten Rennverlauf, war aber chancenlos. Der Sprung in diese Klasse war doch ein gewaltiger.
Einen Platz dahinter, auf 7, endete Camelot, der englische und irische Derbysieger und „Fast“-Triple Crown-Sieger von der Insel. Nächster Dämpfer für den so hoch gehandelten O’Brien-Schützling, zumal er diesmal Frankie Dettori im Sattel hatte und nicht am Rennverlauf scheiterte. Vielleicht ist er doch nicht so gut wie ursprüngliche viele dachten. Der Primus in einem schwachen Jahrgang. Ich plädiere aber etwas für Milde: zum einen wegen des schweren Bodens, zum anderen hat Aidan O’Brien noch nie seine Dreijährigen so trainiert, dass sie im Herbst den Arc gewonnen. Ihr Saison-Höhepunkt sind die Frühjahrs-Klassiker. Vielleicht kommt die große Stunde von Camelot ja im nächsten Jahr? Immerhin bleibt der Montjeu-Sohn vierjährig im Training.
Ansonsten gab es noch weitere Enttäuschungen in Longchamp: Shareta, die Zweite aus dem Vorjahr etwa. Oder Saonois, der französische Derby-Sieger. Das Pferd des wackeren Bäckermeisters endete völlig abgeschlagen.
Es war eine Woche der schlechten Nachrichten – nicht nur bezogen auf den Prix de l'Arc de Triomphe in Paris-Longchamp. Zuerst meldete Trainer Ed Dunlop seine famose Stute Snow Fairy ab. Dann kam am Montag die Schock-Nachricht von einer infektiösen Anämie auf der Kölner Rennbahn. Folge: Die Pferde aus den Kölner Ställen stehen unter Quarantäne und dürfen für drei Monate das Gelände nicht verlassen. Dazu zählt auch die deutsche Vorzeigestute Danedream, im letzten Jahr bekanntlich noch überlegene Siegerin in Longchamp. Und zu allem Überfluss teilte Trainer John Gosden am Dienstag noch mit, dass Nathaniel das Rennen ebenfalls verpasst. Drei meiner Favoriten und damit ist eine ganze Menge Reiz aus dem Arc. Aber die Besetzung ist immer noch gut, die Prüfung bleibt der Höhepunkt des Turf-Herbstes über die Derby-Distanz. nurpferdeundfussball stellt die wichtigsten Teilnehmer vor.
Orfevre (Besitzer Sunday Racing Co. Ltd/Trainer Yasutoshi Ikee/ Jockey Christophe Soumillon)
Der japanische Triple Crown Sieger 2011 und derzeitige Favorit bei den Buchmachern. Der Stay Gold-Sohn verdiente bereits 9,6 Millionen Euro Preisgeld und trägt die Hoffnungen einer ganzen Nation. Nur wie gut sind seine heimatlichen Formen? Sein Vorbereitungsrennen in Europa, den Qatar Prix Foy, gewann er leicht und locker gegen Meandre. Was mich stört: Orfevre gilt als schwierig, nur schwer zu beruhigen und das kann er sich gegen diese Gegner nicht leisten. Andererseits: Der Hengst ist „schlachtenerprobt“ in den japanischen Klassikern.
Camelot (Derrick Smith &Mrs. John Magnier & Michael Tabor/Aidan O’Brien/Frankie Dettori)
Das überragende Pferd des klassischen Jahrgangs in England und Irland, verpasste die Triple Crown im englischen St. Leger nach unglücklichem Rennverlauf und Ritt. Jetzt sitzt Routinier Frankie Dettori statt Trainersohn Joseph (der das Gewicht nicht reiten kann) im Sattel des englischen und irischen Derbysiegers. Aber auch für den Montjeu-Sohn gilt die Frage, wen er bislang geschlagen hat. So stark scheinen die Dreijährigen auf der Insel nicht zu sein. Diese Woche stark gewettet bei den englischen Buchmachern.
Von wegen, es regnet nie in Japan: Orfevre triumphiert im Regen im japanischen Derby.
Saonois (Pascal Treyve/J.P. Gauvin/……)
Gewann als 25:1-Außenseiter das französische Derby, das über 2200 Meter geht. Zuletzt war Saonois aber über 2400 Meter erfolgreich, als er den guten Bayrir besiegte. Zudem lief er auch immer wie ein Pferd mit viel Stehvermögen. Seine schlechtesten Formen hat der Hengst auf sehr weichem Boden, hat auf diesem aber auch schon gewonnen. Startete als Youngster in kleinen Prüfungen in der französischen Provinz, sein Besitzer ist ein Bäckermeister, der sich bislang standhaft weigert, sein Pferd zu verkaufen..
Shareta (H H Aga Khan/Alain de Royer-Dupre/…..)
Im letzten Jahr sensationelle Arc-Zweite als 66-1-Chance. In diesem Jahr ist die Stute offenbar weiterhin verbessert (denkt auch ihr Trainer), überzeugende Erfolge im Prix Vermeille und den Yorkshire Oaks. Das waren aber reine Stutenrennen, gegen die Hengste hängen die Trauben höher. Dennoch eine sehr interessante Teilnehmerin.
Sea Moon (Khaled Abdulla/Sir Michael Stoute/….:)
So richtig bewiesen, dass er Gruppe 1-Format hat, hat Sea Moon noch nicht. In den King George hatte er letztlich keine Chance gegen Danedream, Nathaniel und St. Nicholas Abbey, die Form aus den Hardwicke-Stakes war gut. Aber das war Gruppe 2. Hat schon auf schwerem Boden gewonnen,
St. Nicholas Abbey (Derrick Smith &Mrs. John Magnier & Michael Tabor/Aidan O’Brien/Joseph O’Brien)
Die größte Stunde von St. Nicholas Abbey schlug im November 2011, als er in Churchills Down den Breeders`Cup Turf gegen Sea Moon gewann. In diesem Jahr eigentlich immer ordentlich gelaufen, gegen Frankel über 2000 Meter in York gab es natürlich keine Opposition. Besonders der Schlussakkord als Dritter im King George sah ganz gut aus.
Masterstroke (Godolphin SNC/Andre Fabre/…)
Stark verbesserter Monsun-Sohn, dessen beste Leistung zuletzt der Erfolg im Grand Prix de Deauville war. Auf so gute Gegner traf er allerdings noch nie, er muss sich noch um einiges steigern. An seiner Verwandtschaft sollte er nicht scheitern: Die Mutter Melikah stammt aus der Arc-Siegerin Urban Sea und ist damit Halbschwester unter anderer zu Sea The Stars (Arc-Sieger 2009) und Galileo. Großvater Lammtarra triumphierte 1995 im Arc.
Meandre (Rothschild Family/Andre Fabre/….)
Im Juli siegte der Fabre-Schützling leicht im Großen Preis von Berlin in Hoppegarten, immerhin auch ein Gruppe 1-Rennen. Aber das war nur der Aufgalopp für den Arc, im letzten Vorbereitungsrennen Zweiter hinter Orfevre. Hochinteressanter Starter zu einem attraktiven Preis.
Bayrir (H H Aga Khan/Alain de Royer-Dupre/…)
Nachgenannter dreijähriger Hengst, noch sehr wenig geprüft, aber schon Gruppe 1-Sieger in den USA. Die Form ist nur schwer einzuschätzen, schon eher der zweite Platz hinter Saonois, den er am Sonntag wieder trifft. So recht kann ich mir eine Formumkehr nicht vorstellen.
Great Heavens (Rothschild Family/John Gosden/William Buick)
Nachgenannte dreijährige Halbschwester von Nathaniel. Bislang eher wenig geprüft, beste Leistung war der Sieg in der irischen Oaks in The Curragh auf weichem Boden. Das war aber schon Ende Juli, so richtig bestätigt wurde die Form auch nicht, dreijährige Stuten haben jedoch eine sehr gute Bilanz in dem Rennen. Ihren Boden hat sie auch.
Urteil
Der Boden in Longchamp wird wahrscheinlich weich sein und da habe ich etwas Bedenken bei meinen ursprünglichen Tipps Shareta und Meandre. Warum also nicht die Nathaniel-Halbschwester Great Heavens mit dem leichten Gewicht? Die Stute kann den Boden, der Kurs lohnt sich und der Stall von Trainer Gosden ist sehr gut in Form. Natürlich muss sie sich weiter steigern.