Irgendwie hat Borussia Dortmund in der sonst so erfolgreichen Ära Jürgen Klopp international das Glück nicht gepachtet. Das späte 1:1 beim englischen Meister Manchester City in der Champions League-Gruppenphase war ein gutes Beispiel für diese These.
Da beherrschte der BVB die Millionenauswahl von Manchester City besonders in der zweiten Halbzeit in allen Belangen und lieferte eine ganze starke Leistung ab. Doch die Dortmunder führten nur 1:0 durch Marco Reus, vergaben dabei beste Möglichkeiten. Zudem widerlegte City-Keeper Paul Hart mit einer großartigen Leistung alle negativen Urteile über englische Torhüter. Und es kam wie so häufig bei Borussia international: In der 90. Minute fiel Neven Subotic der Ball an den Arm und der Schiedsrichter aus Tschechien pfiff Elfmeter: Balotelli glich aus – City kassierte einen unverdienten Punkt. Und der BVB und seine Anhänger sind die Frustrierten.
Dabei begann es eigentlich ausgeglichen: In der ersten Halbzeit hatten die Blauen aus Manchester auch gute Chancen, doch Roman Weidenfeller hielt ebenfalls großartig. In der zweiten Halbzeit dominierte aber nur noch Schwarzgelb – nicht nur auf dem Rasen, sondern auch bei den Fans, die deutlich lauter waren als das Heimpublikum.
Lehrstunde im eigenen Hinterhof
Am Ende gab es aber nur Komplimente von allen Seiten für Dortmund, die englischen Medien lobten die Leistung der Gäste. „Die starken Deutschen gaben Manchester City eine Champions-League-Lehrstunde im eigenen Hinterhof“, schrieb etwa die Sun.
„Es war ein Unentschieden, dass City nicht verdient hatte, so wie sie von Dortmund an die Wand gespielt wurden“, urteilten die Tabloid-Kollegen vom Mirror.
„Es war extrem hart für eine dynamische und spielstarke Mannschaft von Borussia Dortmund, die ihren Gegner klar beherrschte. Sie scheiterte nur an einem Torhüter in herausragender Form und einem Schiedsrichter, dem City danken sollte“, meinte der Guardian.
Der Telegraph zitierte einen Tweet von Wayne Rooney. „Joe Hart war unglaublich, für mich der beste Keeper der Welt“, twitterte der Stürmer von Citys Stadtrivalen United. Dann ist Roman Weidenfeller nach diesem Abend der zweitbeste Schlussmann der Welt.
Interessantes lässt sich zudem in den Kommentaren der Telegraph-Leser finden. „Ich sehe Dortmund fast jede Woche, aber diese Vorstellung war erstaunlich“, erklärte Leser Chinghome. „Weil sie etwas haben, was 80 Prozent der anderen Fußball-Klubs nicht haben: einen guten Trainer.“
„Werden sie durch die Champions League marschieren?“, fragte User fivefeetfurrystuff und lobt vorher schon die Strategie des BVB, verstärkt auf junge heimische Spieler zu setzen. Die Antwort gibt er selbst: „Wahrscheinlich nicht, weil sie immer noch etwas grün sind und von den Erfahrungen lernen müssen. Ich wünsche ihnen viel Erfolg. Jedenfalls macht ihr Weg mehr Sinn als der von City und Chelsea, die nur Schecks ausstellen.“
Ruhrgebiets-Barde Adolf Tegtmeier hätte daran seine Freude gehabt. „Dem Fußball sein zuhause“ betitelte Ben Redelings sein 2009 erschienenes Werk. Dort präsentiert er allerhand kuriose Geschichten aus der Welt des Ruhrgebietsfußballs – aus einer Gegend, wo der „Fußball noch gelebt wird“, wie es immer so schön heißt. Doch auch im Revier leiden viele Vereine aus den unteren Ligen unter Zuschauer- und Spielerschwund, allerdings boomen Dortmund und Schalke weiter.
In einer Angelegenheit ist jedoch der VfL Bochum seinen großen Ruhrgebiets-Rivalen BVB und S 04 überlegen. Literarisch haben diese gegen den „kleinen“ VfL keine Chance. Da ist einerseits Frank Goosen (das einzige, was mich an ihm stört, dass ansonsten humorlose Süddeutsche seinen Witz gut finden); andererseits eben Redelings, der mit Scudetto auch im Netz gut vertreten ist und dessen gleichnamiges Bühnenprogramm durchaus empfehlenswert sein soll.
Der Konjunktiv ist hier angebracht, denn ich habe einen Scudetto-Abend noch nie live gesehen. Jedenfalls hat sich Redelings mit seinen Geschichten außerhalb des Sportlichen einen guten Namen gemacht. Auch für „Dem Fußball sein zuhause“ hat er Fleißarbeit geleistet und ordentlich Kurioses aus der bunten Kickerwelt ausgegraben.
Seine Liebe zum Sport hat familiäre Wurzeln: Schon als Kind beantwortete er Quizfragen seines Vaters zum Fußball im allgemeinen und zu Westfalia Herne im Besonderen. Manche Kinder werden dann später ganz anders, aber Redelings Liebe zum Fußball blieb. Immer wieder taucht autobiografisches auf: wie sie den Trainer ihres Jugendteams an den Pfosten gebunden haben (pfui) oder über erste zarte Hooligan-Anwandlungen auf den Stehplätzen des VfL Bochum.
Ekstase mit Wolle
Manche Geschichten sind wirklich schön. Etwa die über Max Merkel und seine Zeit bei Schalke 04 im Ruhrgebiet (Quizfrage: Welche Spieler montierte die Reifen seines Fahrzugs ab). Oder die Story über die Stadionsprecher alter Güte. „Und nach dem Spiel ein Spielchen in Jürgen Köpers Megaplay. Besuchen Sie unseren verdienstvollen ehemaligen Spieler, mittlerweile elf Mal in Bochum“, las einst Erwin Steden, Sprecher beim VfL Bochum, vom Blatt ab. Doch dann hatte der VfL die Moderne entdeckt und schickte den Schlagermoderator Frank Papke ins Rennen. Und der sorgte für die erste „Hände zum Himmel“-Euphorie im Bochumer Stadion. Redeling: „Wenn ich mich an diese Zeit erinnere, wippe ich immer noch ekstatisch im Takt eines Wolle-Petry-Hits.“ So ein Stadionbesuch war früher eben viel gefährlicher als heute. „Ich heiße Uwe und bin von Beruf asozial“, sagt einer der Protagonisten einer Hooligan-Geschichte aus dem Jahr 1983.
Und dann räumt Redeling noch mit einer alten Mär auf: der doppelten Beerdigung des Schalke-Idols Ernst Kuzorra. Zumindest war es nicht so, wie die BILD-Zeitung schrieb, sagt der ehemalige Schalke-Präsident Günter Eichberg. Der Fototermin war eine Idee des Boulevardblattes – der Text allerdings (wir hätten "den ausgebuddelt, noch einmal hoch gehoben und fallen gelassen“, so Eichberg) völlig erlogen. Der einstige Schalker Sonnengott würde es jedenfalls nicht noch einmal so machen.
Nicht jede Story hat dieses Format, manche wirkt etwas aufgewärmt. Dennoch ein nettes Buch für lange Winterabende, auch wenn man schon auf den ersten Seiten erfährt, wer Wandolek war.
“Who scores goals – Paul Scholes” (Wer schießt Tore – Paul Scholes)”, sangen einst die Fans von Manchester United – und singen es heute noch, wenn sie denn noch singen. Paul Scholes, englischer Mittelfeldspieler in Diensten von Manchester United, absolvierte vor kurzem seinen 700. Einsatz für United, inzwischen sind es 702 Spiele (Stand 26.9.2012, 19:30). Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Über 700 Begegnungen für einen Verein. Allerdings wird Scholes noch getoppt von seinem Kollegen Ryan Giggs, der über 800 Mal für den Club von Manager Alex Ferguson im Einsatz war.
Aber Scholes war immer einer meiner persönlichen Favoriten: klein, rothaarig, giftig, zweikampfstark, allerdings auch technisch versiert und sehr torgefährlich. „Das wahre Herz von Old Trafford“, schreib einst die FAZ und zitierte damit United-Legende Bobby Charlton, der zudem „sein Köpfchen und seine Killerpässe“ lobt.
Scholes zählt zu der berühmten United-Generation mit David Beckham, den Neville-Brüdern Gary und Phil sowie Nicky Butt, die einst gemeinsam aus der United-Jugend kamen. Doch im Gegensatz zu David Beckham war und ist das Privatleben von Paul Scholes ziemlich unbekannt. Interviews sind ihm offenbar ein Gräuel – was dieses Dokument eindrucksvoll beweist.
Seinem Manager Alex Ferguson ist das durchaus recht. Der überredete den heute 37jährigen zum Comeback nach seinem bereits erfolgten Rücktritt – mit Erfolg.