Die Freunde von Hannover 96 mögen es mir verzeihen: Aber bislang ist die Europa League im europäischen Klubfußball so ziemlich an mir vorbei gelaufen. Der Nachfolger des UEFA-Cups, in dem die Gruppenphase heute zu Ende geht, bleibt deutlich hinter der Champions League – finanziell und sportlich.
Die Anhänger von Hannover 96 sehen das verständlicherweise etwas anders: Für sie ist der Wettbewerb nach ewiger europäischer Abstinenz ein grandioses Erlebnis. Besonders der Auftritt der Niedersachsen in Kopenhagen entwickelte sich zu einer großen Vereins-Klassenfahrt.
In meinen unparteiischen Augen war die Vorrunde hingegen wenig attraktiv. Bislang habe ich zweieinhalb Spiele des Wettbewerbs gesehen, mehr ist auch nicht geplant. Beides Male waren es komplett die Partien zwischen Hannover und Standard Lüttich. In beiden Spielen gab es schon so etwas wie Europacup-Flair: Die Stimmung war jedes Mal sehr gut, das Spiel dann aber eher mau. Nicht verschwiegen werden soll zudem, dass 96 – im Gegensatz zum BVB im letzten Jahr und natürlich auch anders als die Dortmunder in der diesjährigen Champions League – die Gruppenphase überstand und die Ausscheidungsspiele erreicht hat.
Fürchterlich bis grauenhaft
Eine Runde weiter ist ebenfalls der FC Schalke 04. Von den Knappen habe ich ein halbes Spiel gesehen: eine Halbzeit bei Steaua Bukarest. Die war fürchterlich bis grauenhaft, was aber nicht am Dortmunder Erzrivale lag. Die Heimmannschaft wollte nur kein Tor kassieren und so entwickelte sich der Nichtangriffspakt von Bukarest, bei dem mir selig die Augen zufielen.
Schalke quälte sein Publikum in diesem Wettbewerb weiter mit einem Heim-Remis gegen die wackeren Zyprioten aus Larnaca. In diesem Jahr erreichte Königsblau immerhin das Halbfinale in der Champions League – dem gemeinen Turnhallen-Besucher bleibt da nur ein schaler Trost.
Im Frühjahr folgt der nächste Wahnsinn: Da kommen die Drittplacierten der Gruppen der Champions League. Das ist so und so ein mehr als schaler Witz: Da scheitern Mannschadten sportlich in einem anderen Wettbewerb und dürfen dann in einer anderen Konkurrenz ihr Glück versuchen. Schon einige Male kam der Gewinner aus dem Kreis der ausgeschiedenen Mannschaften. Damit werten die Verantwortlichen der UEFA die Euro League natürlich deutlich ab, machen den Wettbewerb zur zweiten Wahl.
Entsprechend ist das Image bei den regelmäßigen Champions League-Teilnehmern: Beim deutschen Rekordmeister Bayern München gilt das Wort Europa League quasi als Schimpfwort und ist der Alptraum nicht nur der Herren Rummenigge und Hoeneß.
Einige dumme Sprüche kassierte Sir Alex Ferguson, nachdem sein Club Manchester United diesmal bereits in der Gruppenphase der Königsklasse ausschied und damit in die Euro League muss. Turf-Freak Ferguson will allerdings den Wettbewerb ernst nehmen und nicht eine permanente B-Elf ins Rennen schicken. Dieses B-Team war 2011 im Halbfinale der Champiosn League aber immer noch eine Nummer zu groß für den FC Schalke 04.
Vor einigen Wochen brachte die englische
Racing Post eine nette Geschichte. Das Fachblatt portraitierte die Betreuerin des großen
Kauto Star aus dem Stall von Trainer Paul Nicholls. Kauto Star charakterisierte die Frau als einen „netten und freundlichen, immer gutgelaunten Typen.“
Denman hingegen, der alte Rivale, sei ein „grimmiger alter Herr“, der meist „grummelnd“ in seiner Box steht. So ähnlich habe ich es zumindest im Gedächtnis – und wohlgemerkt, es handelt sich um Rennpferde, präziser: um zwei der besten Hindernispferde dieser Epoche auf der Insel. Der gutgelaunte Kauto Star feierte vor kurzem ein grandioses Comeback, der mürrische Denman
beendete jetzt wegen einer Sehnenverletzung seine große Karriere. Wer diese Kolumne regelmäßig verfolgt, weiß, dass der in den Ruhestand wechselnde zu meinen absoluten Favoriten gehört.
Es war an einem trüben Tag Ende November 2007, als der schon als Nachwuchssteepler sehr erfolgreiche Wallach quasi zum Erwachsenen wurde. Der Hennessy Gold Cup in Newbury, eines der großen Wettrennen der englischen National Hunt-Saison, stand auf dem Programm. Denman trug Höchstgewicht und die Gegner waren auf dem Papier sehr stark. „Das geht nicht“, dachte ich mir. Es folgte eine Sternstunde des englischen Hindernissports, eine Vorstellung, die all das verkörpert, was die Anhänger so an diesem Sport fasziniert. Der Wallach spielte mit seinen Gegner, glitt fehlerlos über die großen Sprünge und deckte gnadenlos die Schwächen der Gegner auf. Er „lachte“ quasi die Opposition aus. Am Ende siegte Denman hoch überlegen und wer ihn da noch nicht kannte, der kannte ihn spätestens jetzt. Vier Monaten später gewann er den
Cheltenham Gold Cup mit einer beeindruckenden Vorstellung gegen den alten Rivalen Kauto Star.
Der Tank
Schwere Herzprobleme stoppten dann die Laufbahn des Spitzensteeplers und eigentlich, sagte sein Trainer Paul Nicholls, sei es ein Wunder, dass Denman überhaupt wieder eine Rennbahn betrat. Noch einmal triumphierte der Wallach mit Höchstgewicht im Hennessy gegen den Stallgefährten
What a Friend, aber auch die zweiten Plätze im Cheltenham Gold Cup waren aller Ehren wert. Es gab eben mit Kauto Star noch ein weiteres Ausnahmepferd. Im März belegte Denman nach einer fantastischen Leistung noch einmal den Ehrenplatz im Cheltenham Gold Cup hinter dem deutlich jüngeren Long Run.
„He was a tank of an horse“ , twitterte Tony Mc Coy martialisch – ein Panzer von einem Pferd. „Es war seine schiere Größe, die herausstand“, schrieb Sam Thomas, der im Gold Cup 2008 sein Reiter war, in der
Racing Post. Ein herausragender Springer und ein Kraftpaket mit Speed, an guten Tagen sprang er so präzise wie ein Uhrwerk. Thomas: „Kein anderes Pferd gab mir so ein Gefühl von Stärke, so wie er sprang und sich im Rennen bewegte.“ Und auch zur Charakterisierung „mürrischer Typ“ hat Sam Thomas was zu sagen: „Wenn Denman ein Mensch wäre, wäre er der Typ, den du als besten Freund haben möchtest, weil er immer für dich da ist.“
Das letzte Spiel in der Champions League gegen Olympique Marseille war noch einmal typisch für das Auftreten von Borussia Dortmund in der europäischen Königsklasse: 2:0 führte die Borussia gegen die Franzosen und beherrschte den Gegner eindeutig. Und wenn Arsenal vielleicht mitgespielt hätte und mit seiner B-Elf in Piräus gewonnen hätte, hätte es vielleicht das berühmte Fußballwunder gegeben. So aber verkürzten die Franzosen mit ihrer ersten Chance noch vor der Pause auf 1:2 und drehten sogar mit zwei Treffern kurz vor Schluss die Begegnung noch. Dadurch erreicht OM das CL-Achtelfinale, Piräus geht nur in die Europa League (die Griechen werden stocksauer auf den BVB sein) und dem BVB bleibt mit gerade mal vier Punkten und einem Torverhältnis von 6:12 der letzte Platz.
Die Komplimente, die Dortmund auch nach der letzten Partie erhielt, kann ich bald nicht mehr hören. „Wohl kaum jemals ist eine Mannschaft in der Champions League auf so sympathische Weise derart grandios gescheitert“, schreibt etwa der Kollege von
schwatzgelb.de.
Das ist alles richtig, aber Fakt ist auch: Der BVB war noch zu doof für die Champions League. Die Mannschaft machte Fehler, die sie in der Bundesliga nicht macht und die gnadenlos von den Arsenals, Olympiques und Olympiakosses bestraft wurde. Und zumindest Piräus und Marseille waren Gegner, die schlagbar waren.
Nun besteht kein Grund zur Panik, weil Dortmunds Spielern die Zukunft gehört. Hummels, Subotic, Schmelzer und co. werden aus ihren Erfahrungen lernen und dies erfolgreich umsetzen. Auch der Trainer-Stab um Jürgen Klopp wird es aus den schlechten Erfahrungen die richtigen Schlüsse ziehen. Diese Lernfähigkeiit war bislang eine große Stärke des Übungsleiters Klopp. Wie gesagt: Kein Grund zur Panik, aber ärgern darf man sich als Fan dennoch….