Stimmungsvolle Bilder nicht nur aus aus Hamburg-Horn, Epsom oder The Curragh: Derbyreportagen aus der Vergangenheit gibt es bei www.britishpathe.com, zum Beispiel hier vom Deutschen Derby oder hier vom englischen Pendant in Epsom. Auch heute haben diese Filme nichts von ihrem Zauber verloren.
Im übrigen sind die Seiten nicht nur für Freunde des Galopprennsports interessant. Wer sich für historische Filmaufnahmen interessiert, ist dort richtig. British Pathe ist nach eigenen Angaben eines der ältesten Medienunternehmen der Welt und produzierte unter anderem die berühmte Wochenschau im Kino.
Das ist schon ganz großes Kino. Am Wochenende waren die Rennen des Breeders Cup auf der Rennbahn Churchill Downs in Kentucky/USA – von den Amerikanern immer großspurig als World Championchips im Galopprennen angekündigt. Nun fehlt zu einer Weltmeisterschaft noch einiges, reicht es eben nicht aus, wenn ein paar europäische Pferde am Ende einer anstrengenden Saison nach Amerika kommen – auch wenn das Vollblüter der Eliteklasse sind.
Dennoch: Es ist ein fantastisches Spektakel, es sind zwei Abende voller Magie, die mich blendend unterhalten haben. Besonders Teil 1 am Freitag, zumal man dort – über einige Umwege – die Übertragungen des US-Sportsenders ESPN bewundern konnte. Natürlich triefte das alles ziemlich vor Pathos, aber gerade aus deutscher TV-Turf-Diaspora-Sicht faszinierte es, wie die Amerikaner so eine Übertragung aufziehen. Zahlreiche Bills und Bobs im Studio analysierten das Geschehen, es gab Interviews mit dem siegreichen Jockey vom Pferd direkt nach dem Rennen. Und dann immer wieder rührenden Geschichten wie die des Senior-Trainers „Scooter“ Dickey, der im hohen Alter mit Flat Out einen chancenreichen Starter im 5 Millionen-Dollar-Spektakel namens Breeders’ Cup Classic stellte. Dazu packende Bilder voller Siegerglück – es ist eine Top-Veranstaltung und so muss man diese kommunizieren.
Stopshoppingmaria
Tag zwei war eigentlich der sportlich wertvollere, aber leider gab es keinen ESPN-Stream, sondern „nur“ den offiziellen Breeders’ Cup-Stream. Der war auch nicht schlecht, aber es fehlte doch etwas die Magie. Keine Ahnung also, was ESPN aus dem knapp gescheiterten vierten Versuch der großen Goldikova, die Breeders’ Cup Mile Turf zu gewinnen, gemacht hat. Wobei Olivier Peslier auf Goldikova da schon einen reichlich „ruppigen“ Ritt hingelegt hat.
Egal, die Amerikaner lieben die Sieger. Riesenaußenseiter etwa wie den Mile-Sieger Court Vision oder den Classic-GewinnerDrosselmeyer. Was für ein Name: Drosselmeyer klingt nach deutscher Musiklehrerin. Oder Haushaltswaren Drosselmeyer. Oder nach einer Romanfigur: Drosselmeyer stand vor mir und riss die Arme hoch. Sein Leben hatte bislang nur wenige Höhepunkte gehabt. Doch dieser Moment gehörte nur ihm…Und natürlich Jockey Mike Smith, im letzten Jahr mit Zenyatta knapp unterlegen.
In der Namens-Hitliste war der Classic-Sieger aber nicht die Nummer 1. Diese Ehre gebührt Stopshoppingmaria, knapp geschlagene Zweite am ersten Tag im Breeders’Cup Juvenile Fillies' Turf.
Trainer Aidan O’Brien rettete die europäische Ehre mit zwei Erfolgen und wird diesen Tag nicht nur deshalb so schnell nicht vergessen. Denn Trainersohn Joseph legte einen fantastischen Ritt auf St. Nicholas Abbey hin und besiegte meinen Tipp Sea Moon. Ansonsten habe ich immerhin zwei Mal getroffen: My Miss Aurelia und Regally Ready, zwei sehr überzeugende Gewinner und beide im Training bei Steven Asmussen. Seinen Bruder Cash mochte ich nie als Jockey, aber der Bruder ist in Ordnung. Und irgendwann werde ich auch einmal lernen, dass europäische Pferde auf Dirt chancenlos sind gegen die amerikanischen Spezialisten. Auch wenn sie So You Think heißen…
Der Melbourne Cup 2011: Noch ist der ehemalige Schlenderhaner Illo an der Spitze, im Ziel wurde es aber reichlich knapp.
Ich weiß nicht mehr, was ich am 18. Januar 2009 gemacht habe. Oder am 8. März des gleichen Jahres – die Chancen, dass ich an diesen Tagen auf der Galopprennbahn in Dortmund-Wanbel war, sind aber gering. An diesen Tagen lief auf dem Allwettergeläuf ein dreijähriger Hengst, trainiert von Doris Smith und im Besitz von Jetty van der Hulst. Das Pferd hieß Dunaden und wurde bei seinem Debüt im Januar Dritter, deutlich geschlagen von Pferden wie Marito oder Bello Incredible. Im März steigerte der Nicobar-Sohn (ein Deckhengst, der mir eigentlich überhaupt nichts sagt) seine Form und belegte Platz 2 hinter Jenissej, diesmal nur um 1,25 Längen geschlagen.
Während seine damaligen Bezwinger heute längst vergessen sind, machte der Geschlagene hingegen Karriere. Zweieinhalb Jahre später gewinnt eben dieser Dunaden den Melbourne Cup in Australien über lange 3200 Meter. Er triumphierte damit im wichtigsten Pferderennen des fünften Kontinents – eine Prüfung, die ganz Australien Anfang November in Atem hält. Wenn ich in meinem Leben ein Pferderennen mal live sehen möchte, dann ist es dieses. Oder zumindest nur einmal in dieser Zeit dort sein.
Die Version 2011 war ein wahrer Thriller. Im Ziel konnte das bloße Auge Dunaden und Red Cadeaux kaum unterscheiden, am Ende sahen die Zielrichter Dunaden mit einer Nase vorn. Dritter wurde Lucas Cranach, einst trainiert von Sascha Smrczek in Düsseldorf, Gruppe 2-Sieger in Deutschland und nach Australien verkauft, um in den wichtigsten Rennen dort mitzumischen. Mission also fast erfüllt.
Für Dunaden war es ein langer Weg von Dortmund-Wambel nach Melbourne. Nach Doris Smith trainierten den Hengst die Herren Fouin, De Muille und Gibson, ehe er bei seinem jetzigen Trainer Mikel Delzangles landete. Beste Form in Europa war der Erfolg im Prix de Barbeville, einem Gruppe 3-Rennen in Longchamp. Durch den Sieg im Geelong-Cup in Australien avancierte Dunaden aber schon zum Mitfavoriten.
Etwas leid tut mir allerdings Ed Dunlop, Trainer des Zweitplacierten Red Cadeaux. Denn auch seine Top-Stute Snow Fairy findet immer irgendwie einen Bezwinger.