Donnerstag, 13. Oktober 2011
„Ruhrpottler“ soll den HSV erwecken
Er wird wissen, was er sich da antut: Thorsten Fink wird neuer Trainer des krisengeplagten Fußball-Bundesligisten Hamburger SV und verlässt damit die beschauliche Schweiz. Wobei so ruhig dürfte das Arbeiten beim FC Basel, dem Topklub der Eidgenossen, auch nicht gewesen sein. Erfolgreich war er zumindest dort: 2010 und 2011 Schweizer Meister, 2010 zudem Schweizer Pokalsieger.
In der Alpenrepublik ist man voll des Lobes über den 43jährigen. „Fink gewinnt nicht nur Titel, er lässt sogar noch einen spektakulären Fußball spielen“, zitiert der kicker Marcel Rohr, den Sportchef der Basler Zeitung. Der FC Basel untermauerte das zuletzt mit einer eindrucksvollen Vorstellung in der Champions League bei Manchester United, als das Team erst in der Schlussphase das 3:3 kassierte und Fink quasi den Trainer-Ritterschlag in Form eines Lobes von Alex Ferguson erhielt. „Ich habe in zweieinhalb Jahren kein schlechtes Wort über den Trainer gehört. Das habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt“, meint Alex Frei, einst in Diensten von Borussia Dortmund, über den gebürtigen Dortmunder.
Beim HSV, dem letzten Gründungsmitglied der Bundesliga, erwartet ihn eine schwierige Aufgabe. Dem Bundesliga-Dino droht der Abstieg und wie ein Absteiger präsentierte sich die Mannschaft auch in den ersten sieben Spielen. Zehn Trainer haben die Hanseaten in den letzten zehn Jahren verschkissen, zuletzt musste Michael Oenning gehen, der diesen Job auch erst seit März 2011 innehatte.
Spätestens nach dem Abgang von Dietmar Beiersdorfer leistete sich die HSV-Führungsspitze Peinlichkeiten im Dauerpack.
Seit Sommer ist der neue Manager Frank Arnesen da, die Mannschaft befindet sich im Neuaufbau. Der verläuft allerdings schwierig: Die etablierten Spieler wie etwa Aogo, Westermann, Janssen, Jarolim oder Petric enttäuschten bislang, die geholten Nachwuchsleute kommen so in ein nicht funktionierendes Mannschaftsgefüge. „Ich bin ein echter Ruhrpottler, ich habe gelernt zu kämpfen“, sagt Thorsten Fink.

Technisch gut, aber zu weich
Und damit sind wir bei dem, was Fink für diese Kolumne interessant macht. Denn ich verfolge den Weg des einstigen Mittelfeldspielers schon seit seinen Anfängen bei Borussia Dortmund. Besonders intensiv seit Ende der achtziger Jahre, nachdem ein Studienkollege, der Thorsten Fink aus der Berufsschule kannte, diesen als „arroganten, hohlen Schönling“ bezeichnete.
Fink begann seine Karriere beim längst vergessenen Dortmunder Vorortklub Roland Marten (der 1993 mit dem etablierten Ortsrivalen Arminia fusionierte) und wechselte dann zu Borussia Dortmund. Dort wurde er deutscher B-Juniorenmeister, spielte in der Jugend und in der Amateurmannschaft (die damals auch noch so hieß). Er galt damals als „technisch begabt, aber zu weich“, den Sprung ins Profiteam schaffte er nicht.
Erst bei Wattenscheid 09 gelang ihm der Durchbruch in der Bundesliga, etablierte sich beim Karlsruher SC und setzte sich dann überraschend beim FC Bayern München durch. Der FC Bayern hatte damals eine völlige „Unsympathentruppe“ mit Matthäus, Kahn, Effenberg oder Jancker, die ich regelrecht gehasst habe. Weil sie so erfolgreich waren, weil sie so arrogant auftraten, weil der BVB zu diesem Zeitpunkt mit den Bayern konkurrierte - vieles sprach dafür, den bayerischen Klub nicht zu mögen. Jedenfalls gewann er mit den Münchenern 2001 die Champions League, war aber auch maßgeblich am berühmten 1:2 gegen Manchester United im Champions League-Finale 1999 beteiligt.
Als Trainer ist Fink in Deutschland kaum zu bewerten: Er stieg zwar mit dem FC Ingolstadt 04 2008 in die 2. Liga auf. Im April 2009 wurde er dort allerdings nach einer Negativserie gefeuert, die Ingolstädter stiegen dennoch ab.
Fink bevorzugt den Offensivfußball. Das erstaunt wiederum, weil einer seiner Lehrmeister in Salzburg Giovanni Trappatoni war. Und der gilt nun wahrlich nicht als Prophet der gepflegten Attacke.



Dienstag, 4. Oktober 2011
Superstar Danedream


Dem ist zudem nichts mehr hinzuzufügen: “Winner is a bloody superstar” kommentierte User gazovic in der Racing Post. Das übersetze ich mal nicht, weil es jeder versteht. Die deutsche Stute Danedream triumphierte im Prix De Arc de Triomphe in Paris-Longchamp. Und wie: Die Stute des Stalles Burg Eberstein und Neubesitzer Teruya Yoshida distanzierte dieses hochklassige Feld und sorgte damit für eine Sternstunde des deutschen Turfs.
Es waren beeindruckende Bilder, die dem Sieg folgten: Die Besitzer außer sich vor Freude; Trainer Peter Schiergen und seine Söhne auf dem Geläuf; die Freudetränen der Pferdeführerin und natürlich Jockey Andrasch Starke nach dem größten Triumph seiner Karriere. Grandios, wie ihn erst „Konkurrent“ Olivier Peslier umarmt und dann Frankie Dettori mit einer Euphorie um den Hals fällt, als wenn er selbst gewonnen hätte.
Ich habe diese Bilder erst heute gesehen, weil ich zwei Tage weit weg von Rennbahnen, Buchmachern und Internet war. Immerhin hat diese Kolumne einen großen Stuten-Tag im Arc vorausgesagt und zumindest damit recht gehabt. Zweiter wurde die Außenseiterin Shareta, Dritte unser Tipp Snow Fairy. Danedream habe ich diesen Triumph aber nicht zugetraut. Egal: „Deutschland wird verrückt werden“, meinten BBC-Moderatorin Clare Balding und Jockey-Legende Willie Carson nach dem Rennen und prophezeiten, dass der kriselnde deutsche Turf davon profitieren wird. Dann hoffen wir mal, dass die zwei Recht behalten.



Freitag, 30. September 2011
Stuten an die Macht im Arc


So war es 2010: England vor Japan, Workforce besioegt knapp Nakayama Festa, das Pferd aus Asien (Foto: France Galop).

Der gute alte Prix de l'Arc de Triomphe! Satte vier Millionen Euro Preisgeld gibt es in diesem Prestigerennen über 2400 Meter in Paris-Longchamp - nur ich bin wahrscheinlich nicht dabei: Lang geplanter Kurzurlaub, wahrscheinlich kein Internet und damit keine Möglichkeit, das Rennen zu sehen. Schade ist, dass meine ursprüngliche Idee eines Siegers – nämlich Nathaniel – nicht an den Start kommt, weil der Boden zu trocken ist.
Der fantastische Spot des Veranstalters macht aber richtig Appetit auf die Prüfung. Deutsche Interessen sind zudem dabei: Danedream wurde für viel, viel Geld ebenso wie Masked Marvel und Meandre nach genannt. Ob jedoch ganz Turf-Deutschland mit der Stute zittert, sei mal dahingestellt...

Die Franzosen
Ganz vorne im Wettmarkt steht Sarafina. Eine hochklassige Stute im Besitz des Aga Khan, die im letzten Jahr klassische Siegerin im Prix De Diane und Dritte im Arc war. In diesem Jahr gab es drei Siege bei vier Starts, zuletzt im Prix Foy schlug die Stute von Trainer Alain De Royer-Dupre knapp den japanischen Gast Hiruno D’Amour. Den wird sie im Arc wieder treffen, ebenso St. Nicholas Abbey und Nakayama Festa. So richtig kann ich diese französischen Formen wie zuletzt im Prix Foy nicht einschätzen: kleine Felder, wenig Tempo und hinterher wird das Rennen zum Sprint. Speed hat sie zweifellos, aber der Kurs ist mir einfach zu niedrig.
Die dreijährige Galikova gewann zuletzt eindrucksvoll auf sehr weichem Boden den Prix De Vermeille. Allerdings sollte man Formen auf diesem Untergrund mit etwas Skepsis betrachten, dennoch war ich von ihrem Speed sehr beeindruckt. Am Sonntag wird der Boden eher das Gegenteil sein, dennoch glaubt Trainer Freddy Head, dass die Halbschwester der großen Goldikova genau der richtige Typ für den Arc ist. Zumal sie deutliche Gewichtsvorteile hat.
Reliable Man gewann im Juni etwas überraschend das französische Derby, enttäuschte dann im Grand Prix de Paris als Dritter hinter Meandre, drehte dann aber gegen diesen den Spieß im Prix Niel um. Trainer Alain De Royer-Dupre ist skeptisch wegen des festen Bodens, erst am Sonntag entscheidet sich, ob der Hengst überhaupt in die Boxen einrückt.
Kein Bedenken wegen des Bodens hat man hingegen im Lager von Meandre, der nach genannt wurde. Offensichtlich ein deutlich verbessertes Pferd: Im Mai gewann er noch ein Listenrennen unter anderem gegen den Schlenderhaner Ibicenco, dann kam der Triumph im Gruppe 1-Grand Prix De Paris. Normalerweise sollte zwischen ihm und Reliable Man nicht viel liegen.

Die Starter von der Insel
Drei Starter schickt wahrscheinlich Ballydoyle ins Rennen: Nummer 1 unter den Pferden von Aidan O’Brien ist So You Think, hinzu kommen St. Nicholas Abbey und Treasure Beach. O’Brien denkt ja Wunderdinge von Australien-Import So You Think, in den Irish Champion Stakes musste er gegen die tapfere Snow Fairy ziemlich kämpfen. Das war über 2000 Meter, zweifelhaft ob die 400 Meter längere Distanz im Arc ideal ist. Der interessanteste Starter ist quotenmäßig Treasure Beach, immerhin klassischer Sieger im Irischen Derby und Zweiter auf gut bis festem Boden im englischen Pendant in Epsom. Ich befürchte, dass er den Tempomacher für den Stallkollegen So You Think spielen muss. Er lief aber in Epsom von der Spitze aus ein großes Rennen, nur Pour Moi fing ihn noch ab.
Eigentlich wäre der Vorjahressieger Workforce der ideale Kandidat gewesen. 2400 Meter ist seine beste Distanz, sein ständiger Reiter Ryan Moore ist wieder fit und Trainer Sir Michael Stoute weiß genau, wie man in großen Rennen die Nase vorn hat. Nur: Der feste Boden ist nicht passend, Sir Michael äußert große Bedenken.
Richtig angesagt bei den englischen Buchmachern war in den letzten Wochen b>Snow Fairy. Der Kurs fiel auf 10:1. Dreijährig war die Stute aus dem Quartier von Ed Dunlop die überragende Stute ihres Jahrgangs; vierjährig dauerte es aber etwas, bis sie ins Rollen kam. Die letzte Form, als sie über 2000 Meter So You Think fast noch überraschte, war sehr gut. Die 2400 Meter sollten optimal sein.
Masked Marvel tat dieser Kolumne kürzlich einen großen Gefallen, als er im englischen St. Leger die Nase vorn hatte. Offensichtlich ist er noch in blendender Form, sonst hätte man ihn nicht nach genannt. Ein sehr interessanter Starter mit einigem Potenzial nach oben, aber hat er die Qualität gegen diese Gegner?

Deutschland und Japan
Nicht unterschätzen sollte man die beiden japanischen Teilnehmer Nakayama Festa und Hiruno D’Amour. Erstgenannter war im letzten Jahr immerhin Zweiter zu Workforce, ist in diesem Jahr aber weit von dieser Form entfernt. Der stärkere Teilnehmer sollte Hiruno D’Amour sein, Trainer Mitsugui Kun ist jedenfalls mehr als nur zuversichtlich. Beide Starter wird offensichtlich zielgerichtet auf den Start in Europa vorbereitet.
Und dann ist da natürlich noch Danedream, aktuell wohl das beste deutsche Pferd und als dreijährige Stute günstig im Gewicht. Die letzten Erfolge in Baden-Baden und Hoppegarten waren hoch überlegen, nur sind die Gegner im Arc deutlich stärker als die in den deutschen Grupperennen. Das Schiergen-Pferd ist eine gefährliche Außenseiterin, mehr aber nicht. Immerhin kennt sie die Bahn in Longchamp, weil sie 2010 (unplaciert) im Prix Marcel Boussac startete.

Urteil: Ein offene Angelegenheit, aber es könnte ein großer Stutentag werden. Snow Fairy war immer ein Pferd mit viel Potenzial und zeigte zuletzt großen Aufwärtstrend. Größte Gegner sind Galikova und Sarafina. Freunde einer sehr hohen Quote sollten sich mit Treasure Beach beschäftigen.

Quellen:
Racing Post
Galopponline

Videos der letzten Rennen von Sarafina und Galikova.