Er war der große Spezialist für das Grand National in Aintree: Der englische Trainer Ginger Mc Cain verstarb am 19. September im Alter von 80 Jahren. Vier Mal hat er das schwerste und meist umstrittene Hindernisrennen der Welt gewonnen.
Allein drei Mal triumphierte Red Rum: 1973, 1974 und 1977. In den Jahren 1975 und 1976 war er Zweiter in dem Marathon - kein Wunder, dass heute seine Statur die Rennbahn in Aintree schmückt.
2004 gewann Mc Cain zum vierten Mal mit Amberleigh House nach einem Wahnsinnsritt von Graham Lee - und machte mir so ganz nebenbei die Siegwette mit Clan Royal kaputt. Und es war natürlich eine wunderschöne Geschichte, dass im letzten Jahr sein Sohn Donald Mc Cain mit Ballabriggs im National erfolgreich war.
Der Mann war wohl so etwas, was man in England einen „real character“ nennt. „Er war der beste Showman, den der Rennsport je hatte“, sagte die englische TV-Journalistin Clare Balding der Racing Post.
„Es ist ein fantastisches Rennen, in dem es kaum schlechte Rennverläufe gibt. Nach 2800 Metern hat in der Regel das beste Pferd gewonnen.“ Eine etwas holprige Übersetzung (hard luck stories klingt im Original eben viel spannender als schlechte Rennverläufe) der Worte des englischen Trainers John Gosden, die allerdings den Kern des St. Legers gut treffen. Gosden feierte in der letzten Woche ein bemerkenswertes Double: Mit Masked Marvel(dem Tipp dieser Kolumne) gewann er das englische St. Leger, mit Lugano triumphierte er fast zeitgleich im irischen Pendant auf der Curragh. Dort allerdings gab es nach 2800 Metern ein totes Rennen mit dem auch in Deutschland bestens bekannten Jukebox Jury aus dem Mark Johnston-Stall.
Ich bin ein Freund des St. Legers, dessen deutsche Variante am Sonntag auf der Galopprennbahn in Dortmund ansteht. Das Rennen mag zwar im Prestige weit hinten stehen und schon lange nicht mehr die besten Vertreter des Jahrgangs anziehen, aber Gosden hat recht: Es gewinnt in der Regel das beste Pferd an diesem Tag. Und Steher wie Yeats oder Persian Punch zählten in England zu den populärsten Flachpferden.
In Deutschland ist – im Gegensatz zu England – das Rennen auch für ältere Pferde offen, drei Dreijährige sind dabei. Auf dem Papier sollte der englische Gast Fox Hunt in der Favoritenrolle stehen, doch es gibt einige Opposition. Die Starter in der Einzelanalyse.
Die älteren Pferde Altano: Sehr formbeständiger Wallach, der sich durch die Handicaps nach oben gekämpft hat, Steherdistanzen mag und auch mit fünf Jahren noch Reserven haben könnte. Die letzte Siegform aus Frankreich kann ich schwer einschätzen; der Zweite Angolaner – einst in Deutschland trainiert – gewann einige gutdotierte Handicaps, war davor hinter Lacateno.
Dawn Twister: Die Stallform im Hirschberger-Stall hat deutlich angezogen, zuletzt gab es unter anderem in Düsseldorf zwei beeindruckende Siege in guten Rennen. Weicher oder schwerer Boden wäre für Dawn Twister nicht schlecht, zuletzt war er im Gruppe 1-Rheinland-Pokal in Köln erstaunlich stark gewettet. In Deauville endete er hinter Lacateno, aber war von diesem nicht so weit entfernt.
Earlsalsa: In Bestform durchaus möglich, in Hamburg aber chancenlos gegen Lacateno. Aber besonders Platz 2 im Badener Oleander Rennen im Mai hinter Tres Rock Danon war stark.
Fox Hunt: Sehr formbeständiger Wallach aus dem Quartier von Mark Johnston, der unter anderem in zwei guten Handicaps über 2400 Meter in Ascot und Epsom erfolgreich war. Seine bislang beste Leistung zeigte der Wallach aber im Goodwood Cup über die Leger-Distanz, als er etwas mehr aus der Reserve geritten wurde und noch gut ins Rennen fand. Es ist schon der zehnte Saisonstart, zuletzt im Ebor Handicap in York war Fox Hunt ohne große Möglichkeiten.
Lacateno: Einer von zwei Startern aus dem Quartier von Waldemar Hickst. In diesem Jahr über die langen Wege weiter gesteigert, zuletzt guter Zweiter in einem französischen Listenrennen. Der Sieger Terre Du Vent bestätigte diese Form danach durchaus, ohne zu gewinnen. Auch die Hamburger Siegform im Jungheinrich-Preis in Hamburg sieht ganz gut aus. Dort war der Hengst unter anderem vor Earlsalsa.
Ein Blick zurück ins Jahr 2000: Moonlady mit Kevin Woodburn heißt die überlegene Siegerin. Und der Dortmunder Rasen sieht aus wie frisch gemäht...
Dreijährige Starter Aviator: Erst vier Mal am Start, noch nie über 2800 Meter gelaufen. Die beste Form war Platz 3 in einem Kölner Listenrennen, muss sich steigern.
Fair Boss: Gefiel durch einen guten Schlussakkord hinter Rosello in Baden-Baden. Bislang auch wenig geprüft, an eine Formumkehr gegen Rosello glaube ich aber nicht.
Rosello: Frontrenner, der mich bei seinem Sieg in einem Listenrennen in Baden-Baden richtig beeindruckt hat. Weil er dort wie ein Steher lief, der noch einiges im Tank haben dürfte und Fair Boss deutlich beherrschte. Eine Geschichte über Rosello und sein Team lesen Sie hier.
Urteil
Eine offene Angelegenheit: Aber Rosello hat deutliche Gewichtsvorteile, kann vorne einen guten Strich gehen und könnte seinem engagierten Team einen ersten klassischen Treffer bescheren. Danach gefällt mir Dawn Twister - besonders bei weichem Boden - am besten. Hinter dem Favoriten Fox Hunt liegt eine harte Saison, schon in York fand ich ihn nicht besonders frisch.
Samstag, 16:10, Startzeit englisches St. Leger: Eigentlich bin ich zu diesem Zeitpunkt ganz wo anders. Borussia Dortmund spielt im Signal-Iduna-Park gegen die Berliner Hertha und da bin ich als Dauerkarteninhaber natürlich live dabei. Der letzte englische Klassiker auf der Rennbahn in Doncaster stand gar nicht so auf meiner Agenda. Es ist aber eine Prüfung mit toller Besetzung und einigen Alternativen zum großen Favoriten Sea Moon.
Da wäre zum Beispiel Brown Panther: Wer diese Kolumne regelmäßig liest, weiß, welche hohe Wertschätzung der Hengst hier genießt. Im Juni war ich nämlich reichlich beeindruckt, wie überlegen er ein auf dem Papier gut besetztes Handicap in Royal Ascot gewann. Das Pferd von Fußballer Micael Owen und Trainer Tom Dascombe war mein Typ für das Deutsche Derby in Hamburg. Dort wurde der Scirocco-Sohn 5., scheiterte am schweren Boden und einem sehr offensiven Ritt. Die Form danach in einem Gruppe 3-Rennen in Newbury über weite 2600 Meter war in Ordnung. Stehvermögen hat er, erstmals ersetzt Kieren Fallon Richard Kingscote als Jockey.
In die Boxen rückt in Doncaster zudem Census, der letzte Bezwinger von Brown Panther. Der Schützling von Altmeister Richard Hannon präsentierte sich in den besagten Geoffrey Freer Stakes stark gesteigert, nachdem der Hengst in Royal Ascot noch deutlich hinter Brown Panther war. Dazwischen lag Rang 2 – geschlagen mit einem Kopf und noch etwas unreif gelaufen – hinter Masked Marvel in der Bahrian Trophy in Newmarket. Sein Trainer sieht in dem Cacique-Sohn ein zukünftiges „Cup-Pferd“ für die großen Steherrennen wie etwa den Ascot Gold Cup.
Nächste Alternative ist der bereits erwähnte Masked Marvel. Sein Trainer John Gosden gewann bereits dreimal dieses Rennen (unter anderem im letzten Jahr) und auch die Abstammung offenbart Erfreuliches: Die Großmutter heißt Wurftaube, einst unter anderem überlegene Siegerin im deutschen St. Leger. Die letzte Form in Newmarket gegen Census war richtig gut, nachdem zuvor das englische Derby in Epsom noch eine Nummer zu groß war. Seville vertritt den mächtigen Aidan O’Brien-Stall aus Irland. Seine beste Form war der zweite Platz im irischen Derby hinter dem Stallgefährten Treasure Beach. Der Sohn des großen Galileo traf fast immer auf die Creme des Jahrgangs, aber so recht mag ich an ihn nicht glauben. Zumal er in York schon deutlich hinter Sea Moon war.
Drei Mal Gruppe 1
Eher sollte man da schon mit Blue Bunting rechnen. Das Godolphin-Pferd ist die einzige Stute im Rennen und war bereits in drei Gruppe 1-Rennen (1000 Guineas, Irish Oaks, Yorkshire Oaks) erfolgreich. Den einzigen Flop leistete sich ausgerechnet in den englischen Oaks als Vierte, ansonsten ist die Form tadellos. Stallgefährtin Rumh soll das Tempo für sie machen und im Hause Godolphin ist man reichlich optimistisch, dass die Stute den Hengsten Paroli bieten kann. „Sie ist ein wahrer Star“, sagt Goldolphin-Racing Simon Crisford.
Am höchsten schätzen die Wetter allerdings Sea Moon ein. Ein Grund dafür ist sein Trainer Sir Michael Stoute. Denn der Hengst passt genau in das Raster, mit dem Stoute im Laufe seiner langen Karriere große Erfolge feierte. Sea Moon ist mit vier Starts noch wenig geprüft und steigerte sich von Rennen zu Rennen. Die letzte Form in den Great Voltiguer Stakes in York sah natürlich beeindruckend aus, aber wen hat er dort über 2400 Meter geschlagen? Namibian, der stärkste Gegner auf dem Papier, wirkte indisponiert und Seville ist erfasst. Die 2800 Meter sollten ihm entgegenkommen, aber der Kurs ist mir einfach zu niedrig. Urteil: Ein tolles Rennen mit vielen interessanten Teilnehmern und Optionen. Den besten Kurs verspricht Masked Marvel und der ist auch mein Tipp.
Quelle: Sporting Life
Das waren noch Zeiten, als das St. Leger noch Anziehungspunkt für die ganz Großen des Jahrgangs waren: 1970 siegte Nijinsky im Handgalopp und der gewann immerhin englisches Derby, King George und Arc.