Donnerstag, 8. September 2011
Glücklich in Cottbus
Viele Anhänger von Borussia Dortmund blicken seit einiger Zeit interessiert nach Cottbus. Besonders die Leute, die kontinuierlich die zweite Mannschaft und den Nachwuchsbereich verfolgen. Denn beim Zweitligisten Energie kicken mit Markus Brzenska, Marc Andre Kruska (beide seit 2009) sowie Uwe Hünemeier (seit 2010) drei Spieler aus dem Dortmunder Nachwuchsbereich. Während Brzenska (27) und Kruska (24) immerhin beide fast 100 Bundesligaspiele für den BVB bestritten, kam Hünemeier (25) nur auf ganze fünf Bundesligaspiele. Dabei hatte der Innenverteidiger von den dreien eigentlich die besten fußballerischen Voraussetzungen.
Der gebürtige Ostwestfale, der mit 14 Jahren nach Dortmund kam, ist das klassische Beispiel, dass der Prophet im eigenen Land nichts gilt. Oder er hatte einfach das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Denn spätestens seit Beginn der Ära Jürgen Klopp ist der BVB auf der Innenverteidiger-Position mit Mats Hummels und Neven Subotic sehr gut aufgestellt. Da bleibt selbst einem Spieler wie Felipe Santana, der fast in jeder anderen Bundesliga-Mannschaft im Zentrum gesetzt wäre, nur die Ersatzbank.
Gegen diese Hochkaräter, die zudem jünger waren, hatte Hünemeier keine Chance – trotz herausragender Leistungen in der 2. Mannschaft in Liga 3 und Regionalliga. Dennoch schaut er nicht im Zorn zurück. Er sei weder „traurig noch neidisch“ etwa auf Mats Hummels, verriet er im Spox-Interview. „Ich verfolge den Weg der Jungs (vom BVB) mit Freude. Man muss ja auch festhalten, dass er (Hummels) und Subotic ein überragendes Niveau haben. Sie sind zu Recht dort, wo sie sind.“

Offensivstark
In Cottbus fühlt sich Hünemeier wohl. Nach kurzen Anfangsschwierigkeiten akklimatisierte er sich schnell: Mit einem Notenschnitt von 3,27 im Fachblatt kicker zählt er zu den besten Abwehrspielern in Liga 2. Besondere Stärke: die Torgefährlichkeit bei Standardsituationen. Neun Tore in 30 Spielern sind für einen Defensivspieler außergewöhnlich.
In dieser Saison läuft es bislang ganz ordentlich, obwohl sein Partner Brzenska derzeit nach einem Achillessehnen-Abriss ausfällt. Energie steht auf Platz 4 mit vier Siegen, einem Remis und einer Niederlage. Nur die 0:5-Heimniederlage gegen 1860 München stimmte Energie-Trainer Klaus-Dieter, genannt „Pele“, Wollitz etwas missmutig. Vielleicht schafft ja Cottbus mit den drei Ex-Dortmunder Nachwuchskickern wieder den Sprung in die Bundesliga. Zumal mit Dimitar Rangelov ein weiterer ehemaliger Borusse das Energie-Trikot trägt. Der Bulgare spielte allerdings nie beim BVB-Nachwuchs, dafür aber schon mal von 2007 bis 2009 in der Lausitz.



Montag, 5. September 2011
Drei unter einer Decke
Trotz Großer Woche in Iffezheim, trotz Großem Preis von Baden, trotz Irish Champion Stakes in Leopardstown: Mein Rennen der Woche war der Betfred Sprint Cup im englischen Haydock, eine Gruppe I-Prüfung für die schnelle Brigade über etwas mehr als 1200 Meter. Am Start waren die besten englischen Spezialisten für die Kurzstrecke: Dream Ahead und Bated Breath zum Beispiel, die beiden Erstplacierten des July Cups in Newmarket; Hoof It, das Pferd von Seniortrainer Mick Easterby, das durch die Handicaps marschierte. Hinzu kamen Cracks wie Delegator, Kingsgate Native, Sole Power, Society Rock oder der ewig unterschätzte Genki, Stallgefährte von Bated Breath. Letzterer war dann auch mein Tipp: Das Pferd besitzt ähnlich großes Potenzial wie Dream Ahead und Hoof It, zudem hat Trainer Roger Charlton ein gutes Händchen für Sprinter (im Rennen zuvor noch untermauert durch den überlegenen Sieger Zero Money). Die letztere schwächere Form aus York war zu streichen, weil Boden und Startbox nicht passend waren.
Am Ende war es eines dieser Rennen, das der Beobachter so schnell nicht vergessen wird. Im Ziel war es reichlich eng auf den ersten drei Plätzen. Letztendlich gewann Dream Ahead mit Nase gegen Bated Breath, dahinter folgte Hoof It auf Platz 3 mit einem Kopf Abstand. „Er hat einen großen Kopf, das hilft in solchen Fällen“, sagte Jockey William Buick nach dem Rennen über den Sieger. Ich hatte mich allerdings schon gefreut: Weil auf den Racing UK-Bildern Bated Breath vorne zu sein schien. Diese Perspektive zeigte aber leider nicht genau den Zieleinlauf, die Zielrichter entschieden anders. Jedenfalls war das Charlton-Pferd Zweiter und den Trainer wird es wenig trösten, dass sein 260:10-Schuss Genki nach einem ziemlich verkorksten Rennverlauf noch auf Platz 4 kam.
Dream Ahead ist das beste Pferd, das David Simcock bislang in seiner Karriere trainierte. 2004 sattelte er seinen ersten Sieger, für Aufsehen sorgte er erstmals mit dem Cesarewitch-Sieger Darley Sun. Doch der Diktat-Sohn Dream Ahead brachte Simcock erst richtig auf die Landkarte: Der knappe Sieg in Haydock war bereits der vierte Gruppe 1-Erfolg des Dreijährigen. Zweijährig zählte er früh neben einem gewissen Frankel zur Elite des Jahrgang, doch zweimal hatte der Simcock-Schützling gegen Frankel über 1600 Meter keine Chance. Die Umstellung auf Sprintdistanzen erwies sich als erfolgreich: Der Hengst gewann den July Cup in Newmarket, enttäuschte danach aber als Favorit im französischen Deauville.



Donnerstag, 1. September 2011
Minarik und Shamalgan gaben „Vollgasch"
Tag 4 der Großen Woche im beschaulichen Örtchen Iffezheim in der Nähe von Baden-Baden steht vor der Tür: nurpferdeundfussball ist live (am PC) dabei.

15:05: Es geht los, im Hintergrund hört man Stimmen im badischen Dialekt. Kameraschwenk auf den Führring, bei Sonnenschein erwarten die Zuschauer das erste Rennen, einen Ausgleich IV über die Minimum-Distanz von 1000 Metern. Die Sprinter sind gefragt und mit dabei ist jemand, den wir in dieser Kolumne noch am Dienstag sehr lobend erwähnt haben: Bahnspezialist Mack Summerland gewann vor nicht mal zwei Tagen und jetzt läuft er wieder mit Aufgewicht und der stattlichen Bürde von 69 kg. „Das geht nicht“, werden manche jetzt sagen: Zwei Rennen in so kurzen Abständen. Bei englischen Trainern ist so etwas allerdings nicht selten. Der Wallach aus den Niederlanden hat das außerdem schon erfolgreich praktiziert: 2008 und 2009 gewann er zweimal während der Großen Woche, 2010 belegte er die Plätze 1 und 2. Jedenfalls geht er nicht mehr zum Toto 108 ab. Einer seiner Gegner ist Xi und von dem dachte man im Winter, dass er doch mehr als nur als ein Handicapper ist, als er auf der Sandbahn quasi spazieren ging. Ein Start in einem Listenrennen im englischen Lingfield stand auf der Agenda, dieses Vorhaben klappte jedoch nicht. Immerhin ist der Spezialist für die schnellen 1000 Meter frischer Sieger.

15:35: Rennbahnsprecher Manfred Chapman hatte das richtige Näschen und gab vor dem Rennen noch mal einen dicken Hinweis auf Wild Bill Tracey. Der Wallach hatte genau vor zwei Jahren ebenfalls in Baden-Baden über die gleiche Distanz gewonnen, stand jetzt aber erheblich günstiger im Gewicht, weil danach die Form eigentlich ziemlich mau war. Doch diesmal klappte es wieder, Wild Bill Tracey gewann zudem innen, nachdem die Tage vorher immer außer gewonnen wurde. 160 gab es für den Sieger und auch dahinter waren Außenseiter. Und Mack Summerland? Der lief wieder ein gutes Rennen, aber die 69 Kilo drückten dann doch etwas. Immerhin landete er auf Platz 4.


15:50: Die erste Wette des Tages steht an: Schauen wir mal, was die guten Auslandsformen und die Form in einem Düsseldorfer Listenrennen von Boa Vista wert sind. Kombiniert habe ich die Stute im Einlauf mit Isolda aus dem Löwe-Quartier. Favorisiert wird allerdings La Concha aus dem Mundry-Quartier, ist jedoch erst ihr zweiter Start. Experte Daniel Delius weist auch auf Boa Vista und Isolda hin – hoffentlich hat er Recht, bislang lag er meist daneben.

16:10: Was ein bescheuertes Rennen, ich weiß schon, warum ich lieber in England wette. Aber da muss ich heute durch. Es siegt Demerara (konnte man spielen) vor der Debütantin Double Birthday, Isolda wird Vierte, Boa Vista von der Spitze aus nur Sechste. Stall Amtsschimmel, so der Name des Besitzers, passt irgendwie zum Badischen Gemeindederby.

16:25: Früher dachte ich immer, dass Kronimus vielleicht der erste Gewinner dieser Traditionsprüfung sei. Ganz daneben, denn Kronimus ist der Name eines Betonsteinwerkes aus dem Badischen. Die gleichnamige Firma sponsert schon seit Ewigkeiten das Listenrennen für zweijährige Pferde, der Senior ist schon seit 40 Jahren bei den Rennen dabei. So richtig Meinung habe ich nicht: Chica Loca hat hier schon gewonnen und dann die Form in Frankreich noch aufgewertet. Der Kurs ist jedoch völlig uninteressant. Etwas Lust habe ich auf Alpha, aber siegen? Ist doch ein großer Sprung....

16:45: Die Favoritin Chica Loca vor der zweiten Favoriten Paraisa - reich werden die nicht, die diese Wette getroffen haben. Aber das sah schon nach Rennpferd aus, wie die Stute von Trainer Michael Figge gewann. Kurz war der Weg versperrt, doch als sich die Lücke öffnete, ritt sie Christophe Lemaire nur mit den Händen nach hause. Allerdings rückte Paraisa noch näher. Schauen wir mal, ob die Besitzer mit zerrissener Jeans auf dem Siegespodest stehen. Die Antwortet lautet Nein: Jeans, aber ohne Löcher.

17:00: „Entdecken Sie das schillernde Leben von St. Moritz“ verspricht der Werbespot des Sponsors Kempinski vor dem Rennen. Wer hier die Viererwette trifft, der kann vielleicht über den Schweizer Nobelort nachdenken - zumindest für ein verlängertes Wochenende. Es ist ein Ausgleich IV mit 18 Pferden, von denen - erstaunlich für Rennen dieser Klasse - viele durchaus gute Form haben. Neun der 18 Starter habe ich mir in der Sport-Welt angekreuzt, ich versuche es mit Tamburini, zuletzt als Sieger disqualifiziert in Saarbrücken. Trainer Hans-Albert Blume hat früher mal Pferde ganz anderer Klasse im Stall gehabt.

17:25: Der 52:10 Favorit hat gewonnen: Mon Rose aus dem Quartier von Christian Sprengel vor der tapferen Senorita Lomita und den Außenseitern Black Jackund Valenziani. Es ist der 500 Erfolg für Trainer Christian Sprengel – Glückwunsch! Tamburini lief ganz passabel, war aber chancenlos. Und im Hintergrund erzählt jemand etwas von „Vollgasch geben“.

17:45: Ich befürchte, jetzt sind Pferde vorne, die ich überhaupt nicht auf der Rechnung habe. Engai zum Beispiel aus dem Sauer-Quartier: Ich bin immer skeptisch, wenn Pferde wie Engai von 1800 auf 1400 Meter in der Distanz runter gehen, weil diesen Mitteldistanzler oft die Spritzigkeit fehlt. Ich rechne auch nicht mit Welcome Life, die erstmals mit Scheuklappen läuft. Mein Mumm heißt Golden Riviera.

18:05: Der erste Treffer des Tages: Golden Riviera siegt leicht gegen Eastern Warrior. Andreas Suborics reitet derzeit mit viel Zuversicht und machte auch hier wieder alles richtig. Trainer Markus Klug hat zudem seine Pferde gut in Schuss. Für Engai war die Distanz wahrlich etwas kurz: Zuerst konnte er nicht folgen, dann kam er viel Speed noch auf Platz 4.

18:20: So richtig Mumm habe ich in diesem Ausgleich 3 nicht: Pickwick aus dem Hofer-Stall ist der verdiente Favorit, zudem laufen die Schützlinge des Krefelder Trainers ganz ordentlich bei diesem Meeting. Formpferde lassen sich schwerlich finden. Ich versuche es mal mit Sir Areion zum lukrativen racebets-Festkurs 80.

18:40: Herzschlag-Finale, fünf Pferde auf einer Linie und keiner der Jockeys zeigt irgendeine Gefühlsregung. Mein Tipp Sir Areion ist dabei, liegt innen – und wird 5. Wie so häufig, wird außen und in der Mitte des Geläufes gewonnen: New Yorker vor Nightdance Tiger sowie Kaliba und Zarrentin im toten Rennen. Nase-Hals-totes Rennen-Nase lautet der Richterspruch.

18:50: Es folgt der sportliche Höhepunkt des Tages: Das Darley-Oettingen-Rennen, ein Rennen der Gruppe 2 über die Meile. In den letzten drei Jahren waren immer die Ausländer vorne, in diesem Jahr allerdings kommt der klare Favorit mit Alianthus aus Deutschland. Allerdings sind die Hirschberger-Pferde nicht besonders in Form. Gegner? Ich versuche es mit Sir Oscar und Blue Panis.

19:05: Wenn die PMU übertragt, dann sind die Deutschen pünktlich. Der Sieg im Darley-Oettingen-Rennen geht wieder ins Ausland, aber nicht nach England oder Frankreich. Trainer und Besitzer stammen aus Kasachstan, das Pferd Shamalgan wird trainiert in Tschechien und schlägt den Favoriten Alianthus leicht. Eine Überraschung war dies nicht, denn einige Formen des Sohns von Footstepsinthesand waren richtig gut. Nur ich hatte den Sieger nicht auf der Rechnung. Guter Ritt zudem von Herrn Minarik, der genau auf den richtigen Moment wartete. Der Sieg zahlt 86, ein Vermögen. „In Frankreich war er zuletzt immer am langsamen Renntempo gescheitert“, meinte Siegjockey Filip Minarik nach dem Rennen.

19:20: Einer mache ich noch, ich versuche es mal mit Quezon Star von Trainer Norbert Sauer. Der wird erstaunlich stark gewettet, obwohl die Formen auf Gras zu wünschen lassen. Und wegen der PMU geben die Organisatoren richtig Gas, damit die Prüfung pünktlich abgeht.

19:40: Mal wieder ist der bekannte Stall Molenhof und Trainerin Nadine Verheyen vorne. Die Stallgefährtin Pria machte das Tempo, Slona hängte sich immer daran und gewann leicht gegen Duty and Destiny. Und irgendwie läuft es für Topjockey Andrasch Starke nicht besonders, aber immerhin war er diiesmal Zweiter. Mein Tipp Quezon Star wurde Letzter - und das ist doch ein treffender Grund, diesen Live-Blog zu beenden. Ach ja - schöne Werbung von Longines. Optisch zumindest, eben Dolce Vita.