Donnerstag, 28. April 2011
„Sadismus und Brutalismus“ – das Grand National 1954
Kontroversen um das Grand National, das vielleicht schwerste Galopprennen der Welt, sind keine Erfindung der heutigen Zeit. Ein Blick in den Spiegel aus dem Jahr 1954 beweist das nachdrücklich. „Zu viele Kadaver“ titelte das Nachrichtenmagazin auf einer Seite. Vier Pferde verloren in diesem Jahr ihr Leben auf der Bahn in Aintree und der Spiegel lässt ausführlich die Gegner des Rennens zu Wort kommen. Dazu zählen Politiker wie der sozialistische Oberhaus-Abgeordneten Lord Ammon. „Rennen wie das Grand National sind Sadismus und Brutalismus gegenüber diesen herrlichen Tieren“, meint der Lord.
Und auch die Konservativen standen damals nicht alle hinter dem Sport. „Eine nationale Schande“ nannte der Tory-Politiker Howard Johnson das Rennen. Ob dieser Johnson was mit dem späteren fast gleichnamigen Trainer zu tun hat? Der Name Johnson ist allerdings in England so verbreitet wie bei uns etwa Müller.



Mittwoch, 20. April 2011
Von Mode- und echten Fans
War doch klar, dass er wieder auftaucht: Der Mode-Fan. Jetzt wo Borussia Dortmund kurz vor der Krönung einer grandiosen Saison (der besten aller Zeiten) steht, schauen sich manche Stammbesucher im Stadion etwas verwirrt um. Weil um sie herum auf einmal Leute sind, die ansonsten da nicht stehen oder sitzen. Manchmal verhalten sich diese dann auch noch abseits des Fan-Mainstreams. Das Urteil ist dann schnell gefällt: Mode-Fan. Der wahre Fan führt dann gerne entsprechende Diskussionen in den einschlägigen Fan-Foren.
Denn niemanden verachtet der echte Fan mehr wie den Mode-Fan. Der echte Fan ist immer dabei, egal wie gut oder schlecht es dem Verein geht. Sein Fandasein ist für ihn eine Herzensangelegenheit und hat nichts mit Tabellenständen zu tun. Der Mode-Fan kommt hingegen nur, wenn es etwas zu Feiern gibt. Der schnöde Alltag ist ihm so ziemlich egal – Hauptsache Party.

Statussymbol
Nun ist das mit den Mode-Fans in Dortmund so eine Sache. Denn in dieser Stadt hat jeder zu Borussia Dortmund eine Meinung. Selbst wenn die Mannschaft – wie zum Beispiel in den Jahren vor Jürgen Klopp in der unsäglichen Doll-Ära – wirklich grottenschlecht und uninspiriert Fußball spielt, kommen immer noch über 70 000 Zuschauer in den Tempel - mindestens. Die Kracher gegen Bayern und Schalke sind selbstverständlich ausverkauft. Wenn der BVB dann noch wie 2007 Schalke die Meisterschaft versaut, dann gilt die Saison sogar als gelungen.
Die BVB-Dauerkarte ist auch in schlechten Zeiten ein absolutes Muss und für viele ein Statussymbol. Dass dies einige Mode-Fans anzieht, ist leider eine unbestrittene Tatsache. Nur ihre Zahl ist in Hochburgen wie Dortmund im Gegensatz zu anderen Städten wie Stuttgart und Berlin noch recht moderat und durchaus erträglich. Wenn es wie nach den Meisterschaften 1995 und 1996 vorkommt, dass sich ausgewiesene Fans des FC Bayern München Dauerkarten für das Westfalenstadion holten, dann kamen diese aus dem Sauerland. Und die Bayern-Fan waren dann nach ersten Mißerfolgen schnell wieder verschwunden.



Montag, 11. April 2011
Tierquälerei sieht anders aus
Es war mal wieder Grand National-Wochenende in England und mehr Schlagzeilen als der Sieger Ballabriggs machte die Tatsache, dass mit Dooneys Gate und Ornais zwei Pferde nach Stürzen das Rennen nicht überlebten.
Und schon kommen sie wieder, die kritischen Stimmen der Tierschützer. „Wenn Pferde beim Grand National-Meeting getötet werden, dann sind ihre Tode keine Unfälle, sondern komplett voraussagbar. ….Das Grand National ist Tierquälerei wie die Stierkämpfe in Spanien“, erklärte Andrew Tyler, Direktor der Protestgruppe Animal Aid. Auch andere Tierschutzorganisationen möchten das Rennen am liebsten verbieten.
Nun sieht diese Kolumne das Grand National durchaus kritisch. Zu lang, zu schwere Hindernisse, zu viele Starter – was ich vor zwei Jahren hier geschrieben habe, unterschreibe ich heute noch. Und natürlich ist jedes tote Pferd ein totes Pferd zu viel.
Das Argument mit der Tierquälerei ist dennoch daneben : Hindernisrennen sind eben gefährlich – für Pferde und Jockeys. Das Grand National ist vielleicht das gefährlichste Rennen der Welt. Nur sind die Starter erfahrene Pferde – Topathleten, die oftmals bewusst auf das Grand National vorbereitet werden. Sie führen ein Leben, von dem viele ihrer Artgenossen nur träumen dürfen. Das Argument Tierquälerei passt vielmehr zum Leben vieler Tiere, die später als Nahrungsmitteln auf unseren Tellern landen.
Dennoch war das Grand National 2011 keine Werbung für den Sport. Die beiden toten Pferde, ein völlig entkräfteter Sieger, der siegreiche Jockey Jason Maguire enthielt zudem eine Strafe wegen übermäßigem Gebrauch der Peitsche: „Gegner des Rennens hatten einen großen Tag gestern“, schreibt Ex-Jockey Peter Scudamore. Dabei seien die Umstände außergewöhnlich gewesen: Es war heiß, das Geläuf fest, das höhere Tempo erhöhte die Gefahr für Pferde und Reiter, so Scudamore. „Wenn die Rennbehörden entscheiden würden, dass das Rennen auf festem (und damit schnellem) Boden nicht stattfindet, wäre ich nicht dagegen.“ Nur sollte man auch anerkennen, dass diese Risiko-Elemente für Reiter und Pferde Hindernisrennen und speziell das Grand National so attraktiv machen.
Fast neun Millionen Zuschauer (Marktanteil 65 Prozent) sahen bei der BBC in England das Rennen live – Quoten, von denen man hier in Deutschland nur träumen kann. Doch für viele auf der Insel ist es das einzige Pferderennen, das sie im Jahr schauen. Und da stören solche Bilder wie vom Samstag…