Sonntag, 30. August 2009
Der Galopper der Woche: Wiesenpfad
Der 29. August 2009 wird ein Tag sein, den Trainer Waldemar Hickst und sein Team so schnell nicht vergessen werden: Zuerst gewann Wiesenpfad den 54. Preis der Sparkassen-Finanzgruppe (Gr. III) zum Auftakt der Großen Woche in Baden-Baden und dann war Salve Germania am Abend auf der Rennbahn in Saratoga/USA im mit 200.000 US-Dollar dotierten Ballston Spa Handicap über 1700 Meter erfolgreich. Zwei große Erfolge auf zwei Kontinenten – es war ein denkwürdiger Tag für den Trainer aus Köln-Weidenpesch.
Dabei spielt der sechsjährige Hengst Wiesenpfad eine besondere Rolle im Trainerleben des Waldemar Hickst. Am 8. Oktober 2006 siegte der damals dreijährige Waky Nao-Sohn im Großen Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf und holte sich damit den ersten Gruppesieg seiner Karriere. Knapp drei Jahre später summiert sich die Zahl seiner Gruppe-Erfolge auf sechs. Und besonders auf der Bahn an der Oos läuft Wiesenpfad zu großer Form auf: Bei acht Starts war er fünf Mal in Iffezheim erfolgreich, unter anderem gewann er vor zwei Jahren schon einmal den Preis der Sparkassen-Finanzgruppe.
„Er gibt nicht viele Pferde, die auch noch sechsjährig Grupperennen gewinnen können“, erklärte Waldemar Hickst nach dem Rennen. Andreas Suborics hatte den Hengst, der zuletzt beim Frühjahrsmeeting in Baden-Baden etwas enttäuscht hatte, aus dem Hintertreffen durch alle Lücken sicher bugsiert und als dann Walzertraum auf den letzten Metern sich näherte, zog Wiesenpfad noch einmal gut an.
In der Arbeit durfte Suborics den Hengst allerdings nicht reiten, zwei junge Mädchen aus dem Hickst-Stall übernahmen das. „In der Arbeit galoppiert er wie ein Dackel“, flachste Hickst nach dem Rennen, obwohl die letzten Arbeitsleistungen schon sehr gut gewesen wären.
Besitzerin des Hengstes ist Heide Harzheim, Tochter des Trainers Harro Remmert. Und hier schließt sich quasi der Kreis: Denn Hickst, der in der ehemaligen Sowjetunion geboren wurde (entweder in Kasachstan oder in Kirgisien – da sind sich die Quellen nicht einig) und 1991 nach Deutschland kam, arbeitete lange Zeit als Arbeitsreiter, Jockey und Futtermeister am Remmert-Stall. Harro Remmert hatte von seinem Mitarbeiter immer eine hohe Meinung – kein Wunder, dass Hickst für viele Besitzer trainiert, die bereits bei Remmert Pferde hatten.



Freitag, 28. August 2009
Genie und Wahnsinn: Fallon kommt



Die Große Woche in Baden-Baden ist um eine Attraktion reicher: Der sechsfache englische Championjockey Kieren Fallon wird am nächsten Sonntag im Großen Preis von Baden Youmzain aus dem Quartier von Mick Channon reiten und soll zudem auch im Rahmenprogramm noch einige Ritte absolvieren.
Der inzwischen 44jährige, im Ort Crusheen im irischen County Clare geboren, gehört ohne Zweifel zu den schillerndsten Persönlichkeiten der internationalen Jockey-Szene. Die Liste seiner Skandale ist fast so lang wie die seiner Erfolge. So endet erst am nächsten Freitag (4.9) die 18monatige Sperre, nachdem Fallon im französischen Deauville positiv auf eine unerlaubte Substanz (unbestätigte Quellen sagen Kokain) getestet wurde.
Sportlich ist Fallon eine der überragenden Jockeys dieser Epoche. Er verfügt über ein exzellentes taktisches Verständnis, macht im Rennen wenig falsch und ist sehr stark im Endkampf. Kein anderer Jockey reitet in meinen Augen zum Beispiel auf dem englischen Derbykurs in Epsom – einer Berg- und Talbahn, die hohe Anforderungen an Ross und Reiter stellt – so gut wie Fallon. Dreimal siegte er dort im englischen Derby, vier Mal war er in den Oaks erfolgreich.
In England und Irland dürfte er in allen wichtigen Gruppe I-Rennen triumphiert haben, weitere Highlights sind zudem die zwei Erfolge im Prix de l’Arc de Triomphe mit Hurricane Run (2005, siehe Video) und Dylan Thomas (2007). Und auch im Großen Preis von Baden steht sein Name in der Siegerliste, weil er 1997 Borgia zum Sieg steuerte. Der Ire ritt als Stalljockey für Henry Cecil, Sir Michael Stoute und zuletzt Aidan O’Brien – drei der besten Adressen der englischen und irischen Turfszene. 1997, 1998, 1999, 2001, 2002 und 2003 war er englischer Championjockey.

„Verschwörung zum Betrug“
Entsprechend gut dürfte er verdient haben – und darum habe ich mich gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hat, als die Vorwürfe des Wettbetrugs auftauchten. Im Frühjahr 2004 behauptete das englische Skandalblatt News of the World, dass Fallon Rennen verschoben habe. Im September 2004 verhaftete die englische Polizei ihn und fünf weitere Personen, darunter mit Fergal Lynch und Darren Williams zwei Jockeys. Die sechs wurden angeklagt wegen „Verschwörung zum Betrug“. Im Juli 2006 verlor Fallon dann seinen Einspruch, musste seine Jockey-Lizenz abgeben und durfte nicht mehr in England reiten, konnte allerdings in Irland weiter aktiv bleiben.
Im November 2006 dann der nächste Rückschlag: France Galopp sperrte ihn wegen Einnahme einer verbotenen Substanz von Dezember 2006 bis Juni 2007. Im Bereich der angeblichen englischen Rennmanipulation sprach allerdings das englischen Gericht Old Bailey am 7. Dezember 2007 Fallon und seine Mitangeklagten aus Mangel an Beweisen frei, einen Tag später berichte die Daily Mail, dass er wiederum in Frankreich auf eine verbotene Substanz positiv getestet wurde.
Und jetzt nach 20 Monaten Pause ist er wieder da, nachdem er sich zuletzt bei seinem alten Arbeitgeber Sir Michael Stoute in Form brachte. „Ich habe mich verändert“, sagte Fallon in einem Interview mit der Times. Der 44jährige sieht sich körperlich und mental in besserem Zustand als zu dem Zeitpunkt, als seine Pause begann. Zumal nicht nur Stoute Unterstützung anbot – auch Trainer wie Ed Dunlop und Luca Cumani sagten, dass sie ihm Ritte offerieren werden. Und bei den meisten englischen Buchmachern notiert er bereits 4-1 für das nächste englische Jockey-Championat.



Dienstag, 25. August 2009
„Auf einsamer Höhe“ in Westdeutschland
Am Samstag beginnt die Große Woche 2009 in Baden-Baden. Was den Besucher alles an den sechs Renntagen auf dem Rennplatz in Iffezheim erwartet, darüber weiß GaloppOnline bzw. die Presseabteilung des Internationalen Clubs einiges zu berichten. nurpferdeundfussball blickt hingegen 35 Jahre zurück und bedient sich dabei eines Artikels der Wochenzeitung Die Zeit, die unter der Überschrift „Badener Rennwoche ein Erfolg“ auf die Große Woche des Jahres 1974 zurückblickt.
Dieses Jahr war ein ganz besonderes, nicht nur weil Deutschland zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister wurde. 1974 war der Große Preis von Baden-Baden, seit ewigen Zeiten der Höhepunkt des Meetings, so begehrt, dass 22 Pferde starteten und das Rennen in zwei Abteilungen gelaufen wurde. Die erste Abteilung gewann der Franzose Meautry, in der zweiten Abteilung triumphierte der damalige deutsche Derbysieger Marduk.
Autor W.F Kleffel berichtet von einer ebenso „großzügigen wie souveränen Entscheidung“ des Präsidenten des Internationalen Clubs, das Preisgeld auf eine halbe Million DM zu erhöhen und lobt, dass nach dem „Verlust von Berlin mit all seinen rennsportlichen Einrichtungen der Badener Rennplatz in dem noch verbliebenen westdeutschen Raum auf einsamer Höhe steht“.