Freitag, 3. Juli 2009
Bolivia auf Borgias Spuren
Am Sonntag gegen 17 Uhr 45 ist es soweit: Die Boxen zum 140.Deutschen Derby öffnen sich in Hamburg. 17 Hengste und eine Stute kämpfen um den Derbysieg. Die große Derbyvorschau.....

1 Wiener Walzer (Form 1 - 1 – 6)
Gestüt Schlenderhan/Jens Hirschberger/Frederik Johansson
• Überzeugender Sieger im Union-Rennen nach Verletzungspause beim zweiten Saisonstart. Von der Abstammung eher ein 2000 Meter-Pferd, dennoch sollte der Dynaformer-Sohn mit der 2400 Meter-Strecke keine Probleme haben. Noch weiter steigerungsfähig – einer der heißen Favoriten. Stalljockey Adrie de Vries entschied sich allerdings für den Trainingsgefährten Suestado, Johansson ist aber ein mehr als guter Ersatz, 2007 für den Stall mit Adlerflug erfolgreich.

2 Saphir (1-2-1-4)
Margot Herbert/Peter Schiergen/Andrasch Starke
• Kampfsieger im Bavarian Classic über 2000 Meter gegen Peligroso, Stehvermögen sollte kein Problem sein, dennoch gibt es heißere Anwärter, zumal Peligroso die Form im Union-Rennen nicht aufwertete. Allerdings ist er der Ritt von Schiergen-Stalljockey Andrasch Starke – und wenn einer den Hamburger Derby-Kurs gut reitet, dann ist es der Championjockey.

3 Oriental Lion (2-3-1)
Gestüt Auenquelle/Uwe Ostmann/Daniele Porcu
• Zweiter in der Union, konnte Wiener Walzer nicht gefährden. Die ersten fünf Pferde trennte jedoch nicht viel. Nicht chancenlos, aber ich wäre zuversichtlicher, wenn das Derby etwas später gelaufen würde, weil erst dann die Ostmann-Pferde zu Hochform auflaufen.

4 Panyu (3-2-1)
Carde Ostermann-Richter/PeterSchiergen/Filip Minarik
• Seit der Dortmunder Niederlage bei Trainer Schiergen. Dritter in der Union, Zweiter im Dortmunder Großen Preis der Dortmunder Stadtsparkasse, zeigte immer guten Speed, aber auch Unreife. Vielleicht kommt das Rennen noch etwas zu früh.

5 Egon (4-2-4-3-5)
Stall Domstadt/Waldemar Hickst/Richard Hughes
• Noch sieglos, aber fast schon ein Kult-Pferd mit eigener Homepage. Frontrenner, der seine beste Leistung in der Union zeigte, als er immer wieder zurückkam. Auch vorher war Egon immer hinter guten Pferden, für den Sieg wird es dennoch nicht reichen.

6 Hansom (3-1-4-2)
Capricorn Stud/Erika Mäder/Lanfranco Dettori
• Gut gesteigerter Sohn des einstigen Derbyzweiten Ransom O’War, der seine beste Leistung zuletzt als Dritter im Bavarian Classic zeigte. Obwohl Topjockey Frankie Dettori ihn steuert: 2400 Meter könnten für ihn einen Tick zu lang sein.

7 Bolivia (2-1)
Dr. Christoph Berglar/Waldemar Hickst/Andreas Suborics
• Für 50 000 Euro nachgenannt, einzige Stute unter lauter Hengsten. Kann vorne einen guten Strich gehen, schlug beim Debüt überzeugend Night of Magic, die spätere Oaks Italia-Siegerin und verlor in Hoppegarten nur knapp gegen die überragende Miss Europa. Die 400 Meter längere Strecke dürfte sie als Monsun-Tochter und nach bisherigen Eindrücken können. Das einzige, was stört, ist die für eine Frontrennerin ungünstige Startbox 15.

8 Eliot (5-2-4)
Gestüt Röttgen/Torsten Mundry/Terry Hellier
• Noch sieglos und nach den Vorleistungen etwas enttäuschend nur 5. in der Union. Der Röttgener hatte allerdings auch einen schlechten Rennverlauf, pullte zudem am Anfang ziemlich heftig. Wenn Terry Hellier ihn unterwegs etwas beruhigen kann, sollte der Steher, dem die 2 400 Meter entgegenkommen, eine gute Rolle zu lohnenden Odds spielen. Denn besonders die vorletzte Form nur knapp hinter Suestado war ausgezeichnet.

9 Quo Dubai (4-6-1-3-3-4)
Eckhard Sauren/Mario Hofer/Ted Durcan
• Seine beste Form zeigte der Sohn des einstigen Goldolphin-Pferdes Dubai Destination, als er im Bavarian Classic in München zweieinhalb Längen hinter dem Sieger Saphir war. Auch davon war Quo Dubai schon hinter Gegnern, die er heute wieder trifft. Stehvermögen von der Abstammung auch eher fraglich. Klarer Aussenseiter!

10 Glad Panther (5-1-3-3-1)
Gestüt Auenquelle/Uwe Ostmann/Rene Piechulek
• Sieger im Frühjahrespreis des Bankhauses Metzler in Frankfürt über 2000 Meter gegen Saphir, danach in München aber chancenlos. Galt immer im Ostmann-Stall als Derbypferd, dennoch könnten ihm die 2 400 Meter etwas zu weit war. Sein Vater, der einstige Rekordjährling Seattle Dancer, vererbt zwar auch Stehvermögen, die beste Distanz seiner Nachfahren liegt aber um 2000 Meter. Die Mutter Glady Beauty lief bis zur Meile.

11 Suestado (1-1)
Georg Baron von Ullmann/Jens Hirschberger/Adrie de Vries
• Zweimal gelaufen, zweimal gewonnen. Beim Debüt erfolgreich gegen Eliot und Oriental Lion, danach Sieger in Hannover gegen Toughness Danon. Konnte jedes Mal überzeugen, lief besonders in Hannover wie ein Pferd mit viel Potenzial, das noch zulegen kann, obwohl er im Endkampf auch von der Unreife seines Gegners Toughness Danon profitierte. Der Favorit und die Wahl des Stalljockeys – er sollte das zu schlagende Pferd sein, ist aber nicht unschlagbar, denn dafür waren die Abstände zu knapp.

12 Frantic Storm (3-1)
Gestüt Park Wiedingen/Waldemar Hickst/Daryll Holland
• Halbbruder des hochklassigen Stehers Flamingo Fantasy, der zuletzt in Hamburg auch über 2 400 Meter erfolgreich war. Frantic Storm ist aber ähnlich spätreif wie sein Bruder, das Derby könnte noch etwas zu früh kommen. Auf Dauer ein Pferd, dass in Steherrennen eine gute Rolle spielen könnte.

13 Toughness Danon (2-2-2)
Stall D’Angelo/Andreas Wöhler/Eduardo Pedroza
• Letzter verbliebener Starter aus dem Wöhler-Quartier, nachdem Panyu den Stall verließ und Quamun wegen einer Verletzung passen muss. Beste Form als Zweiter hinter Suestado, aber vor Frantic Storm, beim Großen Preis der Hannoverschen Volksbank. Lief dort noch reichlich grün, eine Formumkehr alleine gegen Suestado kann ich mir allerdings schwer vorstellen.

14 Sordino (3-1-4)
Gestüt Hof Vesterberg/Waldemar Hickst/Johan Victoire
• Die letzte Form – der dritte Platz hinter Serienhoehe beim swb Derby-Trial in Bremen – war schon etwas ernüchternd. Guter Steher, für das Derby reicht es aber noch nicht, auch wenn er noch steigerungsfähig ist.

15 Marlow (3-3-5-8)
Gerhard Sindermann/Mario Hofer/Andreas Helfenbein
• Einer der größten Aussenseiter im Feld, schon mehrfach deutlich von einigen heutigen Gegnern geschlagen. Chancenlos, nur die „berühmte Abkürzung könnte helfen“. Und damit bediene ich mich mal bei Herrn Göntzsche, der das geschrieben hätte, wenn die Bild am Sonntag mal wieder eine Derbyvorschau im Blatt hätte.

16 Ordenstreuer (2-1-3)
German Racing Club/Roland Dzubasz/Alex Pietsch
• Seit langer Zeit mal wieder ein Derbystarter aus einem ostdeutschen Quartier. Ordenstreuer hat sich die Teilnahme durch gute Leistungen redlich verdient. Trifft im Derby aber viel stärkere Pferde als bisher – natürlich nur Außenseiter, der sich trotzdem gut verkaufen könnte.

17 Double Handful (2-5-2-4-6-6-8)
Simon Bold/Michael Figge/William Mongil
• Pferde aus München sind auch nicht alltäglich im Rennen des Jahres. Double Handful ist aber nach sieben Versuchen immer noch sieglos – und das wird er auch nach dem achten Versuch sein.


Mein Tipp
• Viele Pferde haben noch Luft nach oben, dennoch fehlt der überragende Hengst im Jahrgang. Daher gehe ich mit der nachgenannten Bolivia, die allen ein Schnäppchen schlagen kann und 12 Jahre nach Borgias Triumph wieder für einen Stutenerfolg sorgen könnte. Dahinter sehe ich die beide Hirschberger-Pferde Wiener Walzer und Suestado, bestes Pferd zu hohen Odds ist Eliot.



Mittwoch, 1. Juli 2009
Hammerwerfen statt Derby Live
Auftakt geglückt: Finanziell waren die ersten zwei Renntage der Hamburger Derby-Woche, die am Samstag startete, durchaus erfolgreich. Es gab ein Umsatzplus im Vergleich zum (allerdings katastrophalen) Vorjahr, „Super-Umsatz“ (GaloppOnline) ist aber doch etwas übertrieben.
Sportlich standen zwei sehr gut besetzte Grupperennen im Mittelpunkt. Besonders der Hansa-Preis, in dem in manchen Jahren oftmals nur sehr kleine Felder an den Start kamen, entpuppte sich mit Pferden wie Kamsin, Getaway, Ambassador, Adelar oder Poseidon Adventure als richtiges Wettrennen. Am Ende hatte der Top-Steher Flamingo Fantasy die Nase vorn. Samstäglicher Höhepunkt war die Dreierserie von Trainer Werner Baltromei, der zudem mit Earl of Fire das Hauptereignis, das Franz-Günther von Gärtner-Gedächtnisrennen, entschied.
Doch bei allem Top-Sport: Leider war von der Derby-Woche kein einziges Bild auf irgendeinem der zahlreichen Fernsehsender dieser Republik zu sehen – ob privat oder öffentlich-rechtlich. Galopprennen wandeln sich von einer Randsportart zu einer Sportart, die im TV gar nicht mehr stattfindet.
Selbst für das „Rennen der Rennen“, das 140. Deutsche Derby, sieht es in diesem Jahr wegen einer Live-Übertragung – wie schon in den vergangenen Jahren – mal wieder schlecht aus.
Das Problem sei, so Eugen-Andreas Wahler, Vorsitzender des Hamburger Renn-Clubs im Gespräch mit GaloppOnline, dass am Derbytag das ZDF den ganzen Tag über Sport übertrage. Für die Sport-Redaktion des Zweiten Deutschen Fernsehens sind Galopprennen leider ein großes weißes Feld. Ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten Jahren dort mal irgendein Pferderennen lief. Da helfen auch keine bitterbösen Briefe, Faxe oder Mails – das ZDF zeigt sich in Sachen Galopprennen ziemlich dickfellig. So berichten die Mainzer am Sonntag von den Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten und der 2. Etappe der Tour de France. Ab 18 Uhr sind dann doch Pferde im Programm – allerdings Springreiten, irgendein ein großer Preis beim CHIO in Aachen. Bei diesen drei Sportarten kann das ZDF zumindest seine Doping-Kompetenz beweisen.
Überhaupt blickt der Galoppfreund neidisch auf die Spring- und Dressurreiter. Denn das fast zeitgleich stattfindende CHIO in Aachen, das Weltfest des Pferdesports, ist im WDR-Fernsehen wie immer groß präsent. Es begann heute (Dienstag) mit der Eröffnungsfeier – es folgen ausführliche Sendungen am Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag. Der WDR ist über Satellit oder Kabel in ganz Deutschland empfangbar.


Nicht nur gut besucht, sondern auch im TV mehr als präsent: das CHIO in Aachen. Foto: ALRV

Immerhin, so Wahler, hätten einige ARD-Redakteure signalisiert, dass sie sich auf der Redaktionskonferenz für eine Live-Übertragung am Nachmittag einsetzen wollen. Und zumindest am Abend gibt es beim NDR um 23 Uhr wieder die Rivalen der Rennbahn – eine halbstündige Zusammenfassung vom Derby, die in den letzten Jahren eigentlich immer relativ gut war.
Auch der WDR hat am nächsten Sonntag ein Herz für Vollblutfans. Um 13 Uhr läuft dort ein Portrait über Albert Darboven unter dem Titel „Ein Leben für Kaffee+Pferde“. Nur dumm, dass Herr Darboven an diesem Sonntag auf der Rennbahn in Hamburg-Horn ist und die Sendung nicht sehen kann.



Am Ende gewinnen immer die Deutschen
Es ist schon erstaunlich: Jahrelang haben die deutschen Nachwuchs-Nationalmannschaften nie etwas gerissen und jetzt kommen die Titel im Dreierpack: Nach der U 17 und U 19 wurde jetzt auch die U 21 Europameister. Das Team von Trainer Hrubesch gewann den Titel in Schweden durch ein famoses 4:0 gegen den alten Rivalen aus England.
Gründe für diesen Wandel? Für das Fachblatt kicker und Schlussmann Manuel Neuer steht ein Namen für den Aufschwung: Sportdirektor Matthias Sammer. „Der Sportdirektor hat gemeinsam mit Bundestrainer Joachim Löw die personellen und strukturellen Bedingungen reformiert, weiter professionalisiert und extrem an Leistung und Erfolg orientiert. Die Resultate sprechen für sich“, mutmaßt das Zentralorgan des deutschen Fußballs.
Zumindest hat Sammer personell durchgegriffen und den zu diesem Zeitpunkt verantwortlichen Trainer Dieter Eilts nach der sehr glücklichen Qualifikation gegen spielerisch überlegene Franzosen in die Wüste geschickt. Es kam als Interimslösung Horst Hrubesch, Europameister mit der U 19 und als aktiver Spieler das personifizierte Kopfball-Ungeheuer. Als Vereinstrainer war der Westfale allerdings weniger erfolgreich.
Hrubesch haben viele unterschätzt. Als Trainer ist er ein gewiefter Taktiker, der genau weiß, wann er seine Mannschaft loben und tadeln muss. Denn das Auftreten der U21-Kicker glich einer Achterbahnfahrt: Einer sehr guten zweiten Halbzeit gegen Spanien, die aber vom Ergebnis (0:0) nicht belohnt wurde, folgten ein glückliches 2:0 gegen Finnland und ein schmeichelhaftes 1:1 gegen Englands B-Mannschaft.
Doch nach diesem Katastrophenkick stand die Mannschaft wieder auf: Gegen die spielerisch überlegenen Italiener hatte die Mannschaft etwas Glück und einen herausragenden Manuel Neuer im Tor, verdiente sich aber den 1:0-Erfolg in der zweiten Halbzeit durch eine abgebrühte Leistung, die den starken Nachwuchs aus der Serie A zur Verzweiflung brachte.
Im Finale gegen die Premier League-Starlets aus England lieferte der deutsche Nachwuchs dann ein taktisches und spielerisches Meisterwerk ab. Beim famosen 4:0 hatte England nur zu Beginn den Hauch einer Chance, verzweifelte an der kompakt stehenden deutschen Mannschaft und fand kein Rezept gegen den immer wieder klug kombinierenden DFB-Nachwuchs. „Am Ende gewinnen immer die Deutschen“: Gary Lineker hatte doch recht. Und nicht nur der Verantwortliche im 11 Freunde-Liveticker (hier und hier) feierte Mats Hummels, der nach halbjähriger Pause ein großartiges Comeback feierte und neben Mesut Özil aus einer starken deutschen Elf noch herausragte.



Montag, 29. Juni 2009
Der Galopper der Woche: Fame and Glory
Natürlich stellt sich die Frage, was wäre wenn gewesen – wenn Sea The Stars gelaufen wäre? Doch Trainer John Oxx meldete den Hengst wegen des nicht passenden weichen Bodens ab, der Traum vom Triple Englische 2000 Guineas, Englisches Derby und Irisches Derby platzte damit.
So war der Weg frei für den 17:10-Favoriten Fame and Glory, der in Epsom noch Zweiter hinter Sea The Stars war. Der Hengst gewann das irische Derby auf der Curragh leicht vor seinem Stallgefährten Golden Sword. Dritter wurde Mourayan, wiederum ein Stallgefährte von Sea The Stars.
Und natürlich kommt das siegreiche Pferd aus dem Ballydoyle/Coolmore-Imperium: Für seinen Trainer Aidan O’Brien war es bereits der siebte Erfolg im wichtigsten Klassiker der grünen Insel und zugleich der Vierte in Serie, Jockey Johnny Murtagh feierte seinen dritten Sieg.
Diesmal bekam der große Steher Fame and Glory im Gegensatz zu Epsom das passende schnelle Rennen. Sein Stallgefährte Rockhampton setzte vorne einen flotten Takt und als es dann ernst wurde, stand der Sieger schnell fest. Am Ende waren es fünf Längen Vorsprung vor Golden Sword.
Spätestens Ende 2008 war deutlich, dass Fame and Glory ein Derbykandidat und in der Ballydoyle-Rangordnung ziemlich oben war. Nach erfolgreichem Debüt in Navan gewann er zweijährig im November 2008 das Criterium de Saint Cloud auf schweren Boden über weite 2000 Meter. 2009 siegte der Montjeu-Sohn in den Ballysax-Stakes (Gr.3) und im Derrinstown Stud Derby Trial Stakes in Leopardstown – jedes Mal war im übrigen Mourayan hinter ihm. Die einzige Niederlage kassierte der O’Brien-Schützling gegen Sea The Stars im englischen Derby. Und wie beim englischen Derbysieger ist auch bei Fame and Glory die deutsche Vollblutzucht nicht ganz unbeteiligt, denn die Mutter Gryada ist eine Tochter der deutschen Stute Grimpola, die von Windwurf stammt.