Freitag, 22. Januar 2016
Die Dominanz des Willie Mullins
Sie siegen und siegen und siegen – die Schützlinge von Trainer Willie Mullins. Viele sind absolute Top-Pferde und ihr Betreuer ein wahrer Meister. Nur der Kolumnist findet das nicht so gut. Weil zu viele 18:10-Sieger nicht sein Ding ist.

Irgendwie sprach aus diesem Post schon ein wenig Verzweiflung. „Ich kann es nicht länger ertragen: Mullins gewinnt alles. Wo sind die Gegner? Langweilig“, postete der Kolumnist im englischen Cheltenham-Forum auf Facebook. Es war der letzte Samstag. Gerade hatten zwei Schützlinge des irischen Trainers Willie Mullins in einer Grade 2-Hürdenprüfung im englischen Warwick ihre englischen Kontrahenten deutlich abgehängt. Bereits zwei Rennen vorher hatte Black Hercules ein Jagd-Listenrennen mit dem berühmten „Finger in der Nase“ gewonnen.
Dabei handelt es sich bei den siegreichen Pferden zwar um leistungsstarke Kandidaten, aber nicht unbedingt um die erste Garde aus dem mächtigen irischen Quartier. Auch ihre englischen Gegner waren zwar talentiert, aber keine Top-Klasse.
Selten dominierte ein Trainer so den englisch-irischen Hindernissport wie der 59jährige Willie Mullins. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass etwa ein Martin Pipe oder später ein Paul Nicholls zu den seligen Zeiten von Kauto Star, Big Bucks oder Denman so die Szenerie beherrscht haben.

Legenden
Der Mann aus dem irischen Closutton im County Kildare kommt aus einer Rennsport-Familie, sein Vater war der legendäre Trainer Paddy Mullins. Aber der Sohn ist selbst auf dem Weg zur Legende. Schon im letzten Jahr feierten die Mullins-Starter beim Cheltenham-Festival gigantische acht Siege.
In diesem Jahr scheinen die Karten noch besser zu sein. Es könnte sein, dass Mullins alle Grade 1-Prüfungen des Festivals gewinnt.
Manche Buchmacher auf der Insel haben schon Alpträume am ersten Meetings-Tag, wenn manche Wetter die große Mullins-Sieg-Schiebe durchbekommen würden. Diese würden bestehen aus Min (Favorit in der Supreme Novices Hurdle, Racebets-Kurs 2,37), Douvan (Arkle Chase, Rb-Kurs 1,66), Faugheen (Champion Hurdle, Rb-Kurs 1,57) und Annie Power (Rb-Kurs 1,80, David Nicholson Mares Hurdle). Ergebe bei 10 Euro Einsatz rund 111 Euro.
Auch sonst hat Mullins allererste Chancen beim Gipfeltreffen der besten Hindernispferde im März. Un De Sceaux (Champion Chase, Rb-Kurs 2,5), Vautour (Ryanair Chase Rb-Kurs 2,5) sind weitere heiße Kandidaten. Dazu kommen weitere potenzielle Stars in den Novice-Hurdle-Prüfungen und dem Champion Bumper. Und selbst im Gold Cup sind mit Djakadam (Kurs 4,5) und Don Poli (Kurs 6,5) Mullins-Pferde an der Spitze des Wettmarkts.

Tierarzt
Woher kommt diese Dominanz? Seit Jahren geht es nur noch aufwärts, in Irland ist Willie Mullins schon seit Jahren unangefochten Champion. Auch in England beherrschen die Mullins-Pferde die Festivals in Cheltenham und Aintree.
Zum einen profitiert der Trainer davon, dass führende englische Quartiere in diesem Jahr relativ schwach an vierbeinigen Stars sind: Nicky Henderson etwa hatte schon deutlich stärkere Teams, bei Paul Nicholls sieht es noch düsterer aus. Und auch David Pipe hat bislang eine eher ruhige Saison.
Doch der entscheidende Grund für diesen Aufstieg sind Besitzer wie Rich Ricci, Graham Wylie oder Ryanair-Chef Michael O’Leary, dessen Pferde unter dem Namen Gigginstown Stud laufen. O’Leary hat allerdings auch Pferde bei anderen Trainern wie etwa Gordon Elliott.
Eng mit dem Aufstieg verbunden ist etwa Rich Ricci. Der Vorname ist hier Programm. Ein ehemaliger Banker, der mit einer Riesenabfindung in den Ruhestand ging. In den Nach-Zeiten der Bankenkrise kam das damals nicht gerade gut an.
Ricci hält sich zu diesem Thema eher bedeckt und investierte lieber in Pferde wie Faugheen, Douvan oder Annie Power. Dabei zeigt er Konsequenz: Alle seine Pferde werden in Irland und von Willie Mullins trainiert.
„Was mich am meisten an Willie beeindruckte, dass er mich nie wie einen weiteren Idioten mit Geld behandelte“, sagte Ricci über seinen Trainer. „Er war geduldig, offen, konnte nicht hilfsbereiter sein, nahm sich Zeit, Dinge zu erklären.“ Zum Beispiel über die Anatomie von Pferden. „Er könnte auch Tierarzt sein”. Es ist eine Beziehung mit beidseitigem maximalen Nutzen: der Trainer erkennt die Talente, der finanzkräftige Besitzer kauft die Pferde.

Teamwork
Mullins Fähigkeiten, Pferde zu entwickeln und dann zur Spitze zu führen, gelten als unvergleichlich. Hinzu kommt ein starkes Team zuhause und draußen.
„Harold Kirk wählt unsere Pferde aus. Er ist einer dieser heimlichen Helden bei Willie“, sagt Ricci. Er sei brillant, der Erfolg spreche für ihn.
Natürlich ist der Mullins-Stall der FC Bayern München des Hindernissports. Aber Geld alleine macht nicht erfolgreich. Manche Pferde entwickeln sich ungemein: Min etwa, der Favorit in der Supreme Novice Hurdle, lief bei zwei Starts in Auteuil eher schwach, kam für gerade mal 6 000 Euro nach Irland und wurde dort zur Nachwuchskraft der besonderen Güte. Aber so schön finde ich diese Dominanz bei allem Respekt nicht. Weil ich etwa ungern Unter-Pari-Favoriten für kleines Geld wette. Weil nicht immer der Favorit gewinnen muss. Sechs Leute mochten das immerhin bei Facebook.



Charmante Dokumentation aus Frankreich über den Champion-Trainer. Acht lohnende Minuten